Ueberzeugung kommen, daß sie sich bisher mit der Gewerkschaftsbeweguna| und solange in einem Zirkel drehen, als sie nicht eine politische Partei bilden, in einem solchen Augenblicke es als wünschenswerth hinzustellen, daß in Deutschland , wo eine Gewerkschaftsbewegung gleich der englischen gar nicht mehr möglich ist, die politische Propaganda in den Hintergrund gedrängt werde. Wir verwerfen jede leichtfertige Anwendung des Wortes: Verrath, es liegt uns auch heute ferne, eine schlechte Absicht unterstellen zu wollen, sachlich aber können wir ein solches Bestreben nicht anders als mit Verrath unserer Prinzipien bezeichnen.
Wir sind von jeher eifrige Freunde und Fürsprecher der Gewerkschaften gewesen und find es auch heute noch, wie unsere Haltung gegenüber der augenblicklich sich in Deutschland auf diesem Gebiet vollziehenden Bewegung beweist. Niemand kann den Aufschwung der gewerkschaftlichen Organisationen wärmer begrüßen, als wir es gethan. Aber wir halten es auch für unsere Pflicht, jeder Ueberschätzung dieser Bewegung entgegenzutreten. Wer auch nur einigermaßen die Geschichte der deutschen Gewerkschaften tennt, dem wird nicht entgangen sein, daß die Arbeiter der eigentlichen Fabrikindustrie in derselben, eine ganz kurze Zeit ausgenommen, so gut wie gar nicht vertreten find, und zwar aus dem ganz einfachen Grunde, weil sie meist gar nicht im Stande sind, sich gewerkschaftlich zu organifiren, sei es infolge sogenannter Wohlfahrtseinrichtungen", wie Fabriktaffen, Arbeiterwohnungen und dergleichen, sei es infolge ihrer miserablen Bezahlung, der Konkurrenz weiblicher Arbeitskräfte 2c. Nur die Arbeiter der mittleren und Kleinindustrie sind heute noch im Stande, fich gewerkschaftlich zu organisiren und durch ihre Organisationen Erfolge zu erzielen. Ein Schreinermeister, der 5, 10 oder 20 Gesellen beschäftigt, hat weder die nöthigen Mittel, dieselben durch die oben gekennzeichneten Einrichtungen an sein Geschäft zu feffeln, noch steht der Arbeiter ihm gegenüber im gleichen Abhängigkeitsverhältniß als der der Großindustrie. Der Arbeiter ist in diesen Branchen noch nicht zum bloßen Maschinentheil herabgesunken, seine Person gilt noch etwas, und er hat außerdem, infolge der noch nicht vollzogenen Konzentrirung der Industrie, auch eine größere Chance, bald anderswo Arbeit zu finden. Nicht nur in den Gewerkschaften, sondern auch in den Mitgliedschaften unserer Partei finden wir daher fast ausschließlich Arbeiter dieser Branchen und eingestandenermaßen vorzugsweise die besseren Arbeiter. Das Fabrikproletariat ftimmt für uns, es wird auch im gegebenen Falle für uns tämpfen, aber in unseren Organisationen ist es nicht oder nur verschwindend vertreten.
Auch in England setzen sich die Gewerkschaften im Wesentlichen aus den beffer fituirten Elementen der Arbeiterklasse zusammen, bilden fie sozusagen eine Arbeiteraristokratie. Aber selbst diese sogenannte„ Elite" der Arbeiterschaft konnte es nur deshalb zu so großartigen Organisationen bringen, weil diese sich in einer Zeit ausbildeten, wo England auf dem Weltmarkte eine dominirende Stellung einnahm, wo die Produktion Englands sich in einer Weise steigerte, wie in gleichem Verhältniß in feinem anderen Lande der Welt. Und es ist sicher kein Zufall, daß gerade jetzt, wo diese dominirende Stellung Englands immer mehr erschüttert wird, die Gewerkschaften nur geringe Fortschritte, wo nicht Rückschritte machen. So weist der Kassenbestand der großartigen ,, Vereinigten Gewerkschaft der Maschinenbauer"( amalgamated Society of engeneers) in den letzten Jahren folgenden Rückgang auf:
Ende 1877
275,270 Pfd. Stlg.
1878
"
1879
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" 1880
251,675 141,116" 130,074"
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Dieser Rückgang ist zwar keinem Rückgang der Mitgliederzahl geschuldet, die sich eher um ein Geringes gehoben hat, aber er beweist doch, wie sehr die Leistungen dieser Gewerkschaften und damit ihre Kraft und ihr Einfluß von den Gestaltungen des internationalen Konkurrenztampfes abhängen.
Deutschland ist zu einer Zeit in diesen Konkurrenzkampf eingetreten, wo das Fett eigentlich schon abgeschöpft war. Es ist absolut undenkbar, daß es je auf demselben eine Rolle spielen wird, wie England fie gespielt hat. Nur mit äußerster Anspannung seiner Kräfte hat es, den Platz erobert, den es heute einnimmt, und wird es ihn behalten. Es ist also geradezu ausgeschlossen, daß die deutschen Arbeiter es ihren englischen Kollegen werden nachmachen können, und es gehört, wir wiederholen es, eine ganz eigenartige Auffassung der Dinge dazu, wenn der betreffende Artikelschreiber schließt:
,, Das Sozialistengesetz ist gegenwärtig das schwerste Hemmniß, das die deutsche Arbeiterbewegung hindert, in die Bahnen der eng. lischen Gewerkvereine zu treten. Befreit man fie davon, dann kann man mit Zuversicht erwarten, daß die Gewerkvereinsorganisation der englischen Form auch auf deutschem Boden eine triebkräftige Stätte finden und wenn man die Blüthe nicht wieder durch politische Chikanen verhindert dieselben gesunden und nützlichen Früchte zeitigen wird wie in England."
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Je eher die deutschen Arbeiter von der schmachvollen Beeinträchtigung ihrer politischen Rechte durch das Sozialistengesetz und verschiedene andere Gesetze befreit werden, um so beffer für eine gesunde Entwicklung der Arbeiterbewegung, die nun heute einmal nicht mehr verhindert werden kann, das ist selbstverständlich auch unsere Meinung. Wenn aber die Abschaffung des Sozialistengesetzes dadurch erkauft werden soll, daß die Arbeiterklasse aufhört, eine politische Partei zu bilden, wenn man den deutschen Arbeitern einreden will, daß ihnen auf dem rein gewerkschaftlichen Gebiete erhebliche Erfolge in Aussicht stehen, dann müssen wir auf das Entschiedenste Verwahrung dagegen einlegen.
Derartige Argumente gegen das Sozialistengeset mag man den Liberalen überlassen, Sozialisten hätten, dächten wir, bessere dagegen in's Feld zu führen. Wir verstehen die Taktik, zu schweigen, wo Reden Schaden bringt; unwürdig und im höchsten Grade schädlich aber ist es, das Gegentheil von dem zu sagen, was man denkt.
Damit betrügt man nur die eigenen Anhänger!
Sozialpolitische Rundschau.
Leo.
-An die Parteigenossen! Mitte August brachte die„ Norddeutsche Allgemeine" bekanntlich einen Actikel, in welchem die französische Presse der systematischen Hezzerei gegen Deutschland beschuldigt und ihr einige Winte mit dem Zaunpfahl zum Ruhehalten gegeben wurden, wenn fie Deutschland , d. h. den friedliebenden" Reichskanzler, nicht zum Kriege reizen wolle.
Dieser Artikel der Nordd. Allg. 3tg." fügte fich auf die chauvinistischen Auslassungen einiger französischer Breßorgane, die weder als die eigentlichen Repräsentanten der öffentlichen Meinung Frankreichs , noch als Gesinnungsausdruck der französischen Regierung angesehen werden fonnten.
Gleichwohl machte der Artikel der ,, Nordd. Allg. 3tg." überall das größte Aufsehen und in Frankreich einen peinlichen Eindruck, weil man fich gewöhnt hat, das erwähnte Blatt als das Organ des deutschen Reichskanzlers anzusehen, durch das er seinen Wünschen und seiner Mißstimmung Ausdruck verleiht.
Wie immer dem sei, kein Zweifel ist, daß jener Artikel als eine Jusulte Frankreichs aufgefaßt werden mußte und, wenn er die Meinung des Reichskanzlers wirklich ausdrückte was bei einem Bedientenblatte wie die„ Nordd. Allg. 3tg.", die oft die widersprechendsten Meinungen vertritt, nicht bestimmt zu sagen ist, den Glauben erwecken mußte:
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es sei demselben nur darum zu thun, einen Streit vom Zaune zu brechen, um die Gelegenheit zu einem großen Kriege zwischen beiden Nationen zu haben. In Frankreich ist diese letztere Auffassung allgemein verbreitet und sie hat sich auch insbesondere der französischen Sozialisten bemächtigt.
Von letzterer Seite wurde der Vertretung der deutschen Sozialdemokratie der Wunsch ausgesprochen, gegen das zum Kriege hetzende Treiben der ,, Nordd. Aug. 3tg." eine öffentliche Manifestation zu erlassen, durch welche die Vertretung der Partei im Namen derselben ihr Urtheil über dieses Treiben abgebe und den französischen Arbeitern die Berficherung gebe, daß die Partei gegen jeden Eroberungskrieg protestire und nur den Frieden und die Verbrüderung der Nationen wünsche.
Diese Angelegenheit ist der Parteivertretung unterbreitet worden und hat dieselbe mit an Einstimmigkeit grenzender Mehrheit entschieden:
bei allem Einverständniß im Wesen der Sache aus rein formellen Gründen von einer öffentlichen Manifestation abzusehen."
Und zwar war der entscheidende Grund, daß der Artikel der„ Nordd. Allgem. 3tg.", in Rücksicht auf den Charakter des Blattes, kein genügend ernster Anlaß zu einer solchen Manifestation sei, die erst dann am Blaze wäre, wenn offiziell Absichten fundgegeben würden, wie sie das Blatt offiziös nur vermuthen lasse. Ein anderer Grund aber, eine solche Manifestation zu erlassen, liege nicht vor; denn daß die deutsche Sozialdemokratie Feindin jeden Krieges sei, der im dynastischen Interesse oder im Interesse der herrschenden Klassen geführt werde, habe sie oft genug und speziell Frankreich gegenüber dokumentirt, und dafür sei auch die Haltung ihres offiziellen Preßorgans Beuge.*) Es sei Sache unserer französischen Gesinnungsgenossen, dahin zu wirken, daß die Gesinnungen der deutschen Sozialdemokratie auch den Arbeitern Frankreichs genügend bekannt würden.
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Nette Frücht chen. Bekanntlich beglückte der alte Wilhelm am 27. September die Stadt Frankfurt a. M. mit seinem Besuche, Darob große Galavorstellung, Festdiner im Palmengarten mit Toast vom Oberbürgermeister und weiland Kommunisten Miquel, so triechend demüthig, daß ein Hund sich darüber das Wedeln abgewöhnen
tönnte
" Wollen Ew. Kaiserliche und Königliche Majestät allergnädigst zu geftatten geruhen, daß ich im Namen der Bürgerschaft dieser Stadt den tiefempfundenen Gefühlen des Dankes und der Freude über die huldvolle Annahme unserer Einladung ehrfurchtsvollen Ausdruck gebe. Wir wagen, in derselben ein neues to ft bares Pfand der gnädigen Gesinnungen und der so oft bewiesenen landesväter lichen Huld Ew. Majestät für unsere Stadt zu erblicken" 2c. 2c. Abends natürlich große Jllumination, bei welcher Gelegenheit einige Straßentümmel Herrn 2. Sonnemann die Fenster einwarfen, weil er nicht illuminirt hatte. Zwei derselben wurden von einem Verwandten des Herrn Sonnemann erwischt, und entpuppten sich als guter Leute Kind", nämlich ein Sohn des fteinreichen Fabrikanten Meister( in Firma Meister, Lucius u. Brünning) und ein Sohn des Sanitätsrath Spieß. Die Sorte wird einmal gut!
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Beiläufig war die Adresse der patriotischen Demonstration herzlich schlecht gewählt. War auch das Haus des Herrn Sonnemann nicht erleuchtet wie die Frankfurter Zeitung " erklärend, wo nicht entschuldigend hinzusetzt, war Herr Sonnemann gar nicht in Frank furt anwesend, so hatte die Zeitung desselben in der gleichen Nacht um so besser illuminirt. Das Morgenblatt vom 28. September brachte einen Artikel zu Ehren der Enthüllung des Nationaldenkmals" auf den Niederwald, der das nationalmiserabelfte Gemüth zufrieden stellen mußte. Mit peinlichfter Sorgfalt ist in dem ganzen Hymnus selbst das Wort Freiheit vermieden Einheit, Einheit und wieder Einheit tönt es uns von A bis Z entgegen.
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Ach Einheit ist nur leerer Schall, Wenn sie nicht Einheit ist im Guten!"
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Die fortschrittliche Berliner ,, Volkszeitung" wagte es doch wenigstens, daran zu erinnern, daß, was 1870 in Noth und Tod„ mit blutigen Heldenthaten" erkämpft werden mußte, bereits im friedlichen Programm des großen Voltsjahres 1848 erstrebt wurde tein Wort davon in der demokratischen Frankfurter Zeitung ". Die fortschrittliche Ber liner Boltszeitung" wagte es, schüchtern darauf hinzuweisen, daß der Tag tommen wird, da an die Stelle der alten zerrissenen europäischen Verträge- ,, neue und haltbarere, volksthümlich
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freie und national naturgemäße europäische Verträge treten werden in der demokratischen„ Frankfurter Zeitung " heißt es:
,, Rufe man nur das letzte Jahrzehnt zum Zeugen auf, was befundet es anders, als das unablässige Bemühen Deutschlands , den Frieden zu erhalten und zu feftigen. Hat unser Bündniß mit mit Defterreich- Ungarn , haben die intimen Beziehungen zu anderen Staaten, die wir gesucht und gefunden haben, einen anderen Zweck? Fürwahr, der kennt das deutsche Volk schlecht, wer da fürchet, es tönne abenteuerlichen Gedanken Raum geben, es werde sich durch Aussicht auf Ehre und Vergrößerung zu Angriffen hinreißen lassen, es werde den chauvinistischen verheßenden Stimmen, die vereinzelt aus seiner Mitte ertönen, ein williges Ohr leihen. Kein Land ringsum reizt unsere Begierde, wir sind im Vollbesitz dessen, was wir brauchen, um unsere Pflicht als Nation erfüllen und uns des Daseins freuen zu können, und in der Erfüllung jener Pflicht und in dem Genuß dieser Freude finden wir die reichste Befriedigung unferes Ehrgeizes.
Aber diese Güter wollen wir uns auch erhalten, und wehe der Hand, die sie uns antasten, versehren oder gar entreißen will. Sie find unsere Krone, und wenn diese bedroht wird, hört das Schwert auf, eine Stüße zu sein und wird zur Wehr, wie vor dreizehn Jahren."
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„ Einheit und Frieden, darin ist unser Wünschen beschlossen, darin gipfeln die Feste, die wir als Nation feiern, das künden die Denkzeichen, die wir den Todten zum Daut, den Lebenden zur Erinnerung, den kommenden Geschlechtern zur Mahnung aufrichten.-
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Was kann Bismarck noch mehr verlangen? Das Bündniß mit dem verrottetster aller europäischen Staatswesen, Desterreich, verherrlicht, die Annexion von Elsaß- Lothringen , dieses beständigen Bankapfels zwischen Frankreich und Deutschland , gepriesen, und für fortgesetzte Rüstungen Reklame gemacht, was fehlt da eigentlich noch?
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*) Es sei hier nur an unseren Leitartikel in Nr. 36 des ,, Sozialdem." erinnert, in welchem in der denkbar schärfsten Weise gegen die Kriegshezzerei Proteft erhoben wurde und in welchem es am Schluffe heißt: Nur dadurch, daß die Grundsätze der Demokratie wieder zur Geltung gebracht werden, kann das drohende Unheil eines blutigen Krieges abgewendet werden. Sehen wir daher der Politik der Herrscher die Politik der Beherrschten entgegen! Mögen die Regierenden in Frankreich und Deutschland sich befehden, die deutschen Arbeiter reichen ihren französischen Brüdern, die Unterdrückten diesseits des Rheins den Unterdrückten jenseits des Rheins die Hand zum gemeinsamen Kampf gegen alle Unterdrückung, zum energischen Proteft gegen die Politik der nationalen Verhebung."
Nein, die„ Frankfurter Zeitung " ist unverdient zu der Ehre getommen, daß ihrem Besitzer von Kulturlümmeln die Fenster eingeworfen wurden. Ein Fackelzug gebührt ihr von Rechtswegen für die Preisgebung aller Grundsätze, für die fte einst eingetreten.
Hat das deutsche Volk wirklich keine andere Möglichkeit, seine Einheit und den Frieden zu erhalten als durch stete Kriegsbereitschaft, wie sie die Germania auf dem Niederwald verkörpert? O gewiß, es hat fte. Es gibt eine bessere Friedensstifterin als alle Kanonen und Repetirgewehre, und diese Friedensstifterin heißt die Freiheit. An dem Tage, da Deutschland frei sein wird, da Elsaß- Lothringen , um mit Liebknecht zu reden, weder Deutschland noch Frankreich , sondern sich selbst gehören wird, an diesem Tage wird auch der Friede gesichert sein, und nicht eher, trotz Bismarck , Moltke und der„ Frankfurter Zeitung ."
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Wozu das stehende Heer gut ist. Auf der Haide in Mülheim am Rhein wurde am 23. September eine geheime Versammlung von der Polizei unter Hinzuziehung von Soldaten aufgelöst, bei welcher Gelegenheit auch mehrere Verbaftungen vorgenommen wurden. Ist es nun schon unerhört, daß sich die Polizei überhaupt erfrechen darf, Männern, die im Vollbesit ihrer bürgerlichen Rechte find, die Berathung ihrer Angelegenheiten zu verbieten, so ist die Mitwirkung des Boltes in Waffen" doppelt geeignet, Jeden, deffen politische Denkweise noch nicht ganz verpreußt, oder sagen wir beffer verhohenzollert ist, auf's Aeußerste zu erbittern. Wie die ,, Kölnische Zeitung " schreibt, tamen denn auch Tags darauf etwa 20, anscheinend dem Arbeiterstand angehörige Männer" zu den Schießständen der Mülheimer Haide und hielten den dortigen Wachtposten das Schmachvolle der Rolle vor, die sie und ihre Kollegen da gespielt ,, insultirten sie", heißt es im Jargon des offiziösen Blattes. Infolge davon, heißt es weiter, hat das Gouvernement die Posten für die Nacht verstärken laffen und befohlen, daß sämmtliche Posten an den Schießständen fortan mit scharfen Patronen zu versehen sind, zugleich mit der Weisung, daß dieselben bei etwaigen Angriffen auf sie von ihrer Feuerwaffe Gebrauch machen."
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Mit anderen Worten, die Soldaten sollen ihre Brüder aus dem Volke in Zukunft ohne Weiteres niederschießen.
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Und diese Notiz läuft ohne jeden Kommentar durch die deutsche Preffe die Frankfurter Zeitung " bringt sie unter„ Bermischtes". Dahin haben sie es glücklich im preußischen Reiche deutscher Nation gebracht!
Diejenigen Theilnehmer an der aufgelösten Versammlung, welche bei den Königlichen Zentralwerkstätten angestellt waren, find Knall und Fall aus der Arbeit entlassen worden. Sie mögen nun verhungern oder bettelnd zu Kreuze kriechen.
Es gibt noch ein Drittes, und Ihr werdet's noch dahin bringen, daß auch die deutschen Arbeiter davor nicht zurückschrecken! Euer schlechtes Gewissen sage Euch, was wir meinen.
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Ein Wiz der Provinzialtorrespondenz", die noch nie einen gemacht hat, ist sicherlich ein„ Ereigniß", das wir notiren müffen, zumal er speziell zu unserer, der Sozialdemokraten, Unterhaltung gemacht wurde. In einem Artikel über( und natürlich für) die Verlängerung des Sozialistengesetzes, gibt das Leiborgan des Tugendboldes Puttkamer zu, daß dieses Gesetz weder der sozialdemokratischen Agitation" noch der„ Verbitterung der besitzlosen Klaffen" ein Ziel gesetzt habe- indeß das sei auch von den verbündeten Regierungen gar nicht beabsichtigt worden; dagegen habe es seinen eigentlichen Zweck vollständig erreicht, indem es die, durch die bösen Sozialdemo fraten um die Freiheit ihres Handelns gebrachten Arbeiter wieder auf sich selbst gestellt und mit den geschichtlichen Mächten des deut schen Voltslebens wieder in Verbindung gebracht habe."
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Nun wiffen wir's.
Was die geschichtlichen Mächte des deutschen Volkslebens" find, sagt uns das Leiborgan des Tugendboldes Puttkamer zwar nicht, aber wir kennen ja die Weltanschauung dieses Herrn und seiner Konsorten. Bibel und Schnaps die Bibel ausgelegt vom Hofprediger Stöcker und zu frischen, fröhlichen Judenhetzen fruttifizirt der preußische Schnaps, Judenhetzen, fruftifizirt der, wie Junker Bismarck( ,, auch ich bin Schnapsbrenner!") seinem Freunde„ Büschchen anvertraute, dem deutschen Volke besser konvenirt, und als das revolutionäre Bier und der noch revolutionärere Wein als dritter im Bund noch der Prügel- diese heilige Dreieinigkeit ift's natürlich, was der Tugendbold Puttkamer unter den geschichtlichen Mächten des deutschen Volkslebens" versteht. Und wir müssen sagen: " Der Jung' hat einen guten Geschmack."
Schade nur, daß der Geschmack der plebejischen deutschen Arbeiter nicht ganz mit dem ihrer aristokratischen Beglücker übereinstimmt, und daß sie in ihrer Verblendung meinen, die Herren möchten ihre„ ge schichtlichen Mächte: Bibel, Schnaps und Prügel für sich behalten.
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- Die Nationalliberalen werden ordentlich nervos, daß die Reichsregierung sich noch nicht in unzweidentiger Weise für die Berlängerung des Sozialistengesetzes ausgesprochen hat. Auch der famose Artikel der Provinzialkorrespondenz" von den„ geschichtlichen Mächten des deutschen Volkslebens" ist ihnen noch nicht klar und unumwunden genug. Mit Schrecken denken sie an die Möglichkeit, daß Fürst Bismard, um die Bourgeoisie zu ärgern, das Sozialistengefetz ,, aus Bosheit" aufheben, und daß die sozialdemokratische Presse wieder erstehen fönne, vor welcher die Herren Nationalliberalen( und noch andere Leute) fich fürchten, wie vor dem höllischen Feuer. Es ist aber auch in Wirk lichkeit höllisches Feuer von der„ Sorte", wie nach Heine die Hölle des Dante, in der die Schurken nach Verdienst bestraft werden und aus der es keine Errettung gibt. Um den vermeintlich schwankenden Bismarck zum richtigen, gesellschaftsrettenden Entschluß zu bringen, tischen die nationalliberalen Blätter jeden Tag allerhand Schaudergeschichten über die Sozialdemokraten auf. Doch das interesfirt uns wenig. Mehr interesfirt uns die Dummheit, welche die nationalliberale Preffe dabei an den Tag legt.
So wird jetzt z. B. erzählt, daß in Walded, wo niemals eine sozialdemokratische Stimme abgegeben worden ist, einzelne Ortschaften don London aus mit Exemplaren des„ Sozialdemokrat" ,, förmlich überschwemmt worden seien." Der Bericht schließt mit den geistreichen Sägen: ,, Wir zweifeln nicht, daß ähnliche Einschmuggelungsversuche überall in Deutsch land vorkommen werden. Gerade aus ihnen aber läßt sich am besten erkennen, was das Sozialistengesez in der That genügt hat." Also, daß die sozialdemokratischen Zeitungen nach Deutschland eingeschmuggelt werden, ist ein„ Nutzen des Sozialistengesetzes". Die Angst muß den Leuten ihr bischen Verstand genommen haben. Sie haben übrigens gar teine Ursache fich zu ängstigen die Verlängerung des Sozialistengesetzes ist ihnen gewiß.
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- Zur ,, Verrohung des Boltes." In einem historischen Aufsatze der in den Magdeburg erscheinenden Blätter für Handel, Ge werbe und soziales Leben", Beiblatt der„ Magdeburgischen Zeitung", wird der große Wendenaufstand des Jahres 983 behandelt, und bei dieser Gelegenheit des Grafen Gero, der etwa 50 Jahre vor jenem Aufstand gegen die Wenden thätig gewesen war, wie folgt gedacht:„ Er war ein harter Mann, der vor furchtbaren Thaten nicht zurüc scheute, sobald er deren Nothwendigkeit einmal erkannt hatte. Bei einem Gastmahle ließ er 30 wendische Fürsten, nach dem er sie trunten gemacht, erschlagen, da er fich eines Gleichen von ihnen zu versehen hatte. Die Thaten dieser beiden vortrefflichen Männer( Gero's und Herzog Hermann's, von weit würde zu dem vorher die Rede war) im Einzelnen zu verfolgen,