kanntlich herrscht zwischen Preußen und Desterreich die dickste Freundschaft, aber diese Freundschaft" hindert, wie Figura zeigt, nicht, daß Jemand, dessen Wiege in Desterreich stand, in Preußen der krassesten Polizeiwillkür ausgesetzt wird und umgekehrt. Preußen oder Deutsch land , denn das ist ja jetzt dasselbe, und Desterreich bedeuten in der Sprache der landesläufigen Politik lediglich die Regierungen Preußens und Desterreichs, und die„ Freundschaftsbündnisse" zwischen denselben und Gott weiß welchen Ländern noch sind nichts anderes als Kabinetsverschwörungen gegen einen gemeinsamen Feind", als welchen man heute eingestandenermaßen die beglückten Angehörigen dieser selben durch enge Freundschaft verbündeten Staaten von dem Augenblick an betrachtet, wo sie verzweifelt ausrufen: Zuviel des Glücks! Eine Verschwörung der Kabinette wider die Völker, das ist das erhabene Ziel der vielberühmten Friedenspolitik der mitteleuropä= ischen Mächte. Und die große Masse derer, gegen welche sie gerichtet ist, läßt sich von dazu angestellten Preßsöldlingen und der großen Masse von ebenso denkfaulen wie feigen ,, unabhängigen" Journalisten Sand in die Augen streuen und greint gerührt, wenn sie in den Schaufenstern die Thronerben von Desterreich und Preußen Arm in Arm abkonterfeit fieht. Ihr Schwachköpfe! Hier blickt her, seht, wie der Arbeiter Wesely im harten Winter mit Frau und drei Kindern per Schub über die Grenze gebracht wird, weil es[ der Polizei so gefällt, das ist die passende Illustration für das deutsch österreichische Freundschaftsbündniß!
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Eine ganze Reihe von Wahlerfolgen können wir heute unsern Lesern melden. Bei der Gemeinderathswahl in Eßlingen setzte die Arbeiterpartei von sechs ihrer aufgestellten Kandidaten drei durch, die übrigen unterlagen mit geringem Minus( durchschnittlich 550 Stimmen). In Heilbronn , wo bei der letzten Reichstagswahl nur 108 Stimmen für uns abgegeben waren, erhielt diesmal Gen. Kittler, Schreinergehilfe, 578 Stimmen. Jm Städtchen Besigheim brang trot Machinationen der Gegner Gen. Max Luz, Fabrikant, durch, was allerdings zum Theil nicht auf Ronto ſeiner Gesinnung, sondern seiner persönlichen Beliebtheit gesezt werden muß. In Heppens bei Wilhemshaven siegten bei den Gemeindewahlen die Arbeiterkandidaten mit doppelter Majorität über die Gegner.
Bei den Nachwahlen zum Berliner Stadtverordneten: Kollegium fiegten in den Bezirken, wo Tugauer niedergelegt hatte, die Arbeiterkandidaten Görki und Ewald; im 24. Bezirk brachte es der Tischler Herold zur Stichwahl mit dem Kandidaten der Bürgerpartei.
Diese fiegreichen Scharmüßel lassen auf günstige Erfolge in der bevorstehenden Reichstagswahlschlacht hoffen. Mögen die Genossen aller orts aus ihnen frischen Muth schöpfen und sich kräftigst rühren. Wer weiß, wie bald wir in's Feuer zu gehen haben wir dürfen uns auf feinen Fall überraschen lassen!
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Zu den nächstjährigen Reichstagswahlen. An den meisten Orten treffen die Genossen bereits ihre Vorbereitungen, und es gereicht uns zur besonderen Genugthuung, daß man möglichst bemüht ist, Doppelkandidaturen oder gar Massenkandidaturen vorzubeugen. Zwar konnte der Kopenhagener Kongreß, gleich früheren Kongressen, es nicht absolut verbieten, daß ein und derselbe Kandidat in mehreren Wahlkreisen aufgestellt werde, allein man sprach fich in Kopenhagen allseitig so energisch gegen den Kandidaturen- Kumul ( die Häufung mehrer Kandidaturen auf eine Person) aus, daß über die Stimmung innerhalb der Partei gar kein Zweifel obwalten kann. Es ist nun nöthig, daß diese Stimmung auch praktischen Ausdruck finde. Jede Doppelwahl hat uns bisher einen Wahlkreis gekostet, und zwar denjenigen, der abgelehnt werden mußte: Altona , Mainz und GlauchauMeerane( letzteres allerdings nicht unmittelbar, wie die beiden ersten Kreise). Eine ähnliche Kalamität muß nach Möglichkeit verhütet werden. Wir Sozialdemokraten haben keine Wahlkreise, die gleich einer Anzahl fortschrittlicher, klerikaler und junkerlicher rotten boroughs( fauler Wahlflecken, die dem Inhaber fest gehören), eine Art von eisernen Partei. bestand bilden und auf's Kommando Jeden wählen, der ihnen präsentirt wird.
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Die sozialdemokratischen Wähler sind kein Stimmvieh, das sich zur Befriedigung der Eitelkeit ehrgeiziger Demagogen gebrauchen läßt; sie wählen, um das Interesse der Partei zu fördern. Und durch Doppelwahlen wird das Interesse der Partei entschieden nicht gefördert, im Gegentheil, wie die bisherigen Erfahrungen gezeigt haben, nur geschädigt.
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Es freut uns deshalb, daß die Genossen bei Zeiten ihre Maßregeln treffen, um überall mit geeigneten Kandidaten ins Feld rücken zu können, welche das Mandat auch sicher annehmen. So werden neue Leute in
Bahl nicht minder schmutziger und abgezehrter junger Kinder, in Lumpen gehüllt, die ganz fett sind von dem Del, das aus den Maschinen auf sie herabtropft, wenn sie arbeiten. Diese Kinder, welche die Undurchdringlichkeit ihrer Bekleidung beffer vor den Regen schüßt, haben nicht einmal wie die Frauen einen Korb mit Lebensmitteln für den Tag im Arm, sondern sie tragen in der Hand oder verstecken unter ihrem Kamisol oder wo sie sonst können, das Stück Brod, von dem sie leben müssen, bis sie wieder nach Hause kehren.
,, So gesellt sich zu der Ermüdung durch einen übermäßig langen- denn er hat mindestens 15 Stunden Arbeitstag für diese Unglücklichen noch die durch die langen, oft so beschwerlichen Wege. Infolgedessen kommen sie übermüdet nach Hause und gehen Morgens, noch ehe sie ordentlich ausgeschlafen, fort, um, wenn die Fabrik geöffnet wird, wieder da zu sein." en
Und über die Quartiere, in denen Diejenigen sich einpferchen mußten, die in der Stadt wohnten: Ich habe in Mülhausen , in Dornach und den umliegenden Häusern die elenden Zimmer gesehen, in denen zwei Familien schliefen, jede in einem Winkel auf Stroh, welches auf dem Fußboden ausgebreitet lag und nur durch zwei Bretter zusammengehalten wurde.... Das Elend, in welchem die Arbeiter der Baumwollindustrie im Departement Oberrhein leben, ist so groß, daß, während in den Familien der Fabrikanten, Kaufleute, Werkdirektoren 2c. 50 Prozent der Kinder das 21. Jahr erreichen, derselbe Prozentsaz in den Familien der Weberei und Spinnereiarbeiter bereits vor vollendetem zweiten Jahre stirbt...."
Ueber die Arbeit in den Werkstätten sagt Villermé :„ Es ist keine Arbeit, kein Tagewert, es ist eine Tortur, und man halft dieselbe Kindern von 6 bis 8 Jahren auf.... Diese lange tägliche Dual ist es hauptsächlich, welche die Arbeiter in den Baumwollspinnereien entkräftet." Und mit Bezug auf die Arbeitsdauer bemerkt Villermé , daß die Sträflinge in den Bagnos nur 10 Stunden, die Sklaven auf den Antillen nur 9 Stunden durchschnittlich arbeiteten, während in Frankreich , das die Revolution von 1789 gemacht, das die pomphaften Menschen= rechte proklamirte, es Manufakturen gibt, wo der Arbeitstag 16 Stunden beträgt, von denen den Arbeitern nur 1½, Stunden Eßpausen bewilligt werden."*)
*) 2. R. Billermé:„ Ein Bild von dem physischen und moralischen Zustand der Arbeiter in den Seiden-, Wollen- und Baumwollfabriken." ( 1840.) Nicht etwa weil die Dollfus, die Köchlin und andere elsässische Fabrikanten Republikaner, Patrioten und protestantische Philanthropen waren, behandelten sie ihre Arbeiter so; denn die Herren Blanqui , der Akademiker, Reybaud und Jules Simon haben ein gleiches Wohlleben bei den Arbeitern dersehr katholischen und sehr monarchischen Fabrikanten in Lille und Lyon konstatirt. Das sind kapitalistische Tugenden, die in entzückender Weise mit jeder politischen Richtung, mit jeder Religion harmoniren.
den Vordergrund gebracht und kommt frisches Blut in die parlamentarischen Parteikreise.
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In Dresden Neustadt( dem 4. sächsischen Wahlkreis), wo uns bei den letzten Wahlen nur durch schmähliche Beeinflussungen und Ver gewaltigungen der Sieg entrissen werden konnte, wurde neuerdings Genoffe Kaden zum Kandidaten ernannt, nachdem Liebknecht , der bisherige Kandidat, erklärt hatte, daß er für den Fall einer Wiederwahl in seinem jezigen Wahlkreise in Offenbach - Dieburg das Dffenbacher Mandat anzunehmen verpflichtet sei, und daß es unter solchen Umständen nicht zweckmäßig wäre, ihn noch in einem weiteren Wahlkreis, wo der Sieg so wahrscheinlich sei wie in dem Dresden - Neustädter, als Kandidat aufzustellen. Gen. Liebknecht wird nach den Feiertagen im Wahlkreis einige Versammlungen gemeinschaftlich mit Kaden abhalten, um die Wähler von dem Kandidatenwechsel allgemein in Kenntniß zu setzen; und Kaden ist ein so tüchtiger Genosse, das es ihm voraussichtlich gelingen wird, den Wahlkreis schon bei der nächsten Wahl für die Partei zu erobern.
-„ Die Sozialdemokraten sollen erklären, daß sie keine Revolution machen wollen, und ich stimme für die Aufhebung des Sozialistengeseßes", sagte neulich Herr Windthorst im preußischen Abgeordnetenhaus. Genau dasselbe war vor einigen Wochen von Stöcker in London gesagt worden. Die schönen Seelen finden sich zu Wasser und zu Lande. Als Herr Windthorst im Februar d. J. bei Verhandlung des sozialdemokratischen Antrags auf Abschaffung aller Ausnahmegesete sich dieselbe unverschämte Albernheit erlaubte, wurde ihm von Liebknecht die nöthige und verdiente Abfertigung zu Theil. Bei den bevorstehenden Reichstagsdebatten über die Verlängerung des Sozialistengesetzes werden unsere Genossen ein weiteres Wörtchen mit der Perle von Meppen " zu sprechen Gelegenheit haben.
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ausgelacht. Unser Puttkamer hat einen Puttkamer großen Erfolg zu verzeichnen. In der Sigung des preußischen Landtages vom 12. ds.( Mittwoch) ist er ausgelacht worden, und zwar zweimal. Und wodurch sicherte er sich diesen wunderbaren Erfolg? Das ist gerade das Interessante. Es handelte sich um die Berliner Gemeinderathswahlen, und die Fortschrittler ritten auf ihrem Steckenpferd herum, daß die Regierung den Sozialdemokraten, bezw. der Arbeiterpartei freie Hand gelassen habe, um die Fortschrittler in die Enge zu treiben. Da gab es denn eine ziemlich hitzige Debatte, in die auch Herr Puttkamer , dessen Munddiarrhoe bedenkliche Proportionen anzunehmen beginnt, mehrmals das Wort ergriff und sich zweimal in pathetischer Weise als Vertreter der Ordnung und Moral aufspielte. Beim Worte ,, Moral" brach jedesmal ein elementares Gelächter aus, so daß Herr Puttkamer ganz verblüfft war und das bekannte Bocksgesicht den schon öfters bemerkten Schafsausdruck annahm. Herr Puttkamer scheint bis zuletzt von der Ursache dieses Lachausbruches keine Ahnung gehabt zu haben. Und doch hätte er- wenn er nicht mit der bekannten( uns überaus nüßlichen) Polizeiblindheit geschlagen wäre und doch hätte er vor nicht allzulanger Zeit im offenen Reichstage sehen können, wie ein dickes Packet von Abdrücken aus dem„ Sozialdemokrat" vertheilt wurde, und wie diese Abdrücke, welche ein erbauliches Bruchstück seiner( von Buttkamer'schen) Biographie enthielten, unter den Abvon ihnen wahrhaft vergeordneten reißenden Absah fanden und schlungen wurden. Und nicht bloß von denen der Linken! Genug, im deutschen Reichstag und preußischen Abgeordnetenhaus ein großer gibt es nicht
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Theil der Mitglieder gehört beiden Häusern zugleich an Ein Mitglied, das nicht jene biographische Skizze gelesen hätte, und als Herr Puttkamer die Unvorsichtigkeit beging, das Wörtchen Moral in den Mund zu nehmen, da dachte ein jeder seiner Zuhörer unwillkührlich: ,, Der Junge hat einen guten Geschmack!" und das homerische Gelächter war die naturnothwendige Folge.
Jm Grunde war also der Doppelerfolg des Hrn. v. Puttkamer ein Erfolg des Sozialdemokrat".
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Der liebe Gott, schreibt man uns aus Sachsen , dem die Menschen so viel aufbürden, ist jetzt auch noch Parlamentarier geworden. Der bekannte sächsische Hofrath Ackermann, welcher das Glück der Welt in Arbeitsbüchern und Sozialistengeſetzen sieht, faltet beständig seine Hände über der unschuldigen weißen Weste und zitirt den lieben Gott in den sächsischen Landtag, damit er das Land schützen möge vor den bösen sozialdemokratischen Abgeordneten, die dort auf der linken Seite sitzen und unserm kleinen Puttkamer, dem Minister von Nostiz , fortwährend Nüsse zu knacken geben, an denen sich selbst so gute Nußknacker, wie es die sächsischen Staatsbeamten sind, elendiglich die Zähne ausbeißen. Auch als Liebknecht kürzlich tadelte, daß die Sachsen beinahe 10,000 Mark jährlich für die Anschaffung von Orden ausgeben sollen, rief Ackermann, der für sein eigenes Knopfloch Angst hatte, den lieben Gott an, damit er ,, uns", nämlich die sächsischen Hofräthe, vor einer Regierung von Liebknecht und Genossen in Gnaden behüten möge, weil eine solche Regierung höchstwahrscheinlich die Bandfabritation zu anderen Zwecken verwerthen dürfte, als zu der Herstellung von Abzeichen für Leute, die den Befähigungsnachweis im Schweifwedeln erbracht haben. Als nun Liebknecht gar vorschlug, die Leute, die ,, nicht alle werden", und die an Orden Freude finden, mit einer Steuer zu belegen, da drehte sich Ackermann's fönigstreues Herz im Leibe um und fiel ihm fast in die Hosen. Er jammerte, da der angerufene liebe Gott nicht augenblicklich erschien, daß die Prärogative der Krone angetastet würde, wenn man die Knopflöcher besteuere, die der König auszuzeichnen für gut finde, und bedauerte, daß er nicht auch den König in die Debatte ziehen dürfe, weil das in der Geschäftsordnung verboten sei. Natürlich hinderte diese Verzweiflung Ackermann's unsern Genossen Liebknecht nicht, an der Hand historischer Thatsachen zu beweisen, daß die Kronrechte im rapiden Rückgang begriffen sind und daß sich der liebe Gott gar nicht darum gekümmert hat, als 1866 die königlich preußischen Truppen an den königlich sächsischen Kronrechten ganz gehörige Reduktionen vornahmen.
Anarchistisch e s. Und es gibt sentimentale Seelen, welche diese„ abscheulichen gemeinen Verbrechen" tadeln, welche die Irländer begangen haben sollen, indem sie zwei unterirdische Eisenbahnzüge in die Luft sprengten. In der That, welcher logisch denkende Mensch kann ihnen einen Vorwurf daraus machen, wenn sie nicht nur der englischen Regierung den Krieg erklären, sondern auch dem englischen Volke, das seine Regierung im Kampfe gegen diese aufgeregten und hirnlosen Köpfe" so wader unterstützt!"
Also der Revolté" in seiner neuesten Nummer. Schade, daß der Edle, der das geschrieben, nicht in einem der in die Luft gesprengten Züge gesessen! Verdient hat er's reichlich. Warum duldet er es, daß die englische Regierung die irischen Revolutionäre verfolgt!
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Herr Formanet in St. Gallen hat die Unverfrorenheit, uns in einer Erklärung im St. Galler Tagblatt " der Lüge und Verläumdung zu zeihen und seine Beziehung zu dem Raubmörder Kumitsch, dem er mit anarchistischem Muthe plötzlich das Beiwort berüchtigt anhängt, abzuläugnen.
Auf eine Polemik mit dem traurigen Helden lassen wir uns nicht ein. Fest steht, daß er bis zur Abreise Kumitsch's mit diesem verkehrt und sogar dessen Schulden bezahlt hat, damit derselbe abreisen konnte. Und daß, wenn er heute von Kumitsch nichts wissen will, nicht prin zipielle Gründe ihn dazu veranlassen, geht daraus hervor, daß Herr Formanet mit besonderem Eifer das Budapester Schimpfblatt ,, Radikal" verbreitet, in welchem die Stuttgarter und Frankfurter Heldenthaten folgendermaßen glorifizirt werden:
,, Von einer anarchistischen Gruppe aus Deutschland kam uns über das Attentat gegen das Polizeipräsidialgebäude in Frankfurt folgendes Schreiben zu: ,, Mittel zum Ziel". Die Gefertigten erklären der ganzen Welt offen und frei, daß sie die revolutionäre Propaganda der That bereits begonnen und die Explosion im Polizeigebäude in Frankfurt a. M., dies der Name des Büttelnestes, nur ein Versuch, eine Probe war, um die Kraft unseres vortrefflichen Kampfmittels, des Dynamits und Nitroglyzerins, das uns in reichlichem Quantum zur Verfügung steht, zu prüfen und zu beweisen, daß wir fest entschlossen sind, diese Art der revolutionären Propaganda mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln überall hin, namentlich aber im Reiche der Gottesfurcht und frommen Sitten, auf die schrecklichste Art und Weise, unbekümmert um das Urtheil der blöden Verzeihung gebildeten Welt und unnachsichtlich gegen alle unsere Feinde und Denunzianten, in immer größerem Maßstabe fortzupflanzen.
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Und indem wir die terroristische Propaganda als dasjenige Mittel erkannt haben, welches die herannahende soziale Revolution beschleuniget, kann uns weder Galgen noch Beil von der Vernichtung aller Tyrannen und der Ausrottung der bestehenden korrumpirten gesellschaftlichen Zustände abschrecken, um etwa dadurch nicht zur so lange ersehnten wahren Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu gelangen. Hoch die soziale Revolution."
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,, Wie wir aus den Tagesblättern entnehmen, wurde in Stuttgart ein privilegirter Räuber, d. h. Bankier, überfallen und ihm das dem Volke durch Börsenschwindel geraubte Geld wieder abgenommen, und da die Beschädigten nicht aufzutreiben sind, wird dieses Geld im Interesse des beraubten Volkes verwendet. Wir erhielten hierüber eine Korrespondenz von einem deutschen Genossen, aus der wir entnehmen, daß die Genossen Deutschlands bereits mit allen Waffen, gegen welche die gesammte Militärmacht ohnmächtig ist, den Kampf führen. Wir haben, schreibt der Betreffende Chloroform, Dynamit, Bomben, Geld und Presse 2c., furz Rampfmittel in Hülle und Fülle, nicht nur für uns, sondern auch für andere Länder. Es wurden bereits Thaten, wenn auch Anfangs mißlungen, vollbracht, und zwar in Straßburg , Frankfurt a. M. und Stuttgart .
Möge die herrschende Bande zittern! Wenn auch unser Genosse Kumitsch in Pforzheim verhaftet wurde, so wird er gewiß fürchterlich gerächt werden. Der Kampf hat begonnen, wir schrecken selbst vom Schaffot nicht zurüc; ja wir speien noch im letzten Augenblicke unsern Peinigern ins Gesicht, damit sie sehen, wie tief wir sie verachten. Die Züricher Bande wird wohl wieder alles Mögliche uns nennen, aber für diese Schurken, die im Verdrehen der Thatsachen, im Denunziren und Heucheln aus Feigheit das Größte leisten, wird auch in kurzer Zeit der Tag der Rache des Proletariats, das sie betrügen und verrathen, kommen! Aus all dem ist zu ersehen, daß die deutschen Genossen die Propaganda der That auf der ganzen Linie begonnen haben. Und das sind die Folgen der gewaltsamen Unterdrückung jeder Vereinigung, sowie des freien Wortes, der Presse, und des gewaltsamen Zurüddrängenwollens in vergangene Zeiten."
Wer sich mit solchem Geschreibsel durch Kolportage desselben solidarisch erklärt und im selben Athem ,, unsern Genossen Kumitsch" den berüchtigten Kumitsch" nennt, der zeigt allerdings, daß er die Anarchie in ihrer ganzen Größe erfaßt hat.
In Wien ist am vergangenen Sonnabend der Polizeikommissär Holubek auf dem Nachhauseweg von einer Arbeiterversammlung, die er überwacht hatte, hinterrücks erschossen worden. Als der That verdächtig ist der mehrfach wegen seiner Gesinnung gemaßregelte Arbeiter Schaaffhausen verhaftet worden. Näheres über die Angelegenheit ist uns nicht bekannt, und enthalten wir uns daher vorläufig jeden Kommentars. Unsere Leser wissen, wie wir über den politischen Mord denken.
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Frankreich . Das yo n'er Schwaraeridt hat den i in Ganshoven bei Brüffel verhafteten nor Eypoct her Theil nahme an dem Dynamitattentat im Bellecour fur huldig er kannt, worauf ihn der Gerichtshof zum ove verurtheilte. Gyport.te wiederholt seine Unschuld betheuert, auch sein Alibi nachzuweisen versucht und auf's lebhafteste seinem ,, Abscheu gegen der. artige feige Gewaltakte" Ausdruck gegeben. Die Geschwornen selbst scheinen sich über die Tragweite ihres Spruches nicht klar ge= wesen zu sein, denn sie unterzeichneten hinterher ein Gesuch um Begnadigung.
Die französische Bourgeoisie fühlt sich gewaltig. Namentlich die Kohlenbarone in Monceau les Mines, in Anzin und anderen Orten spielen sich als die unumschränkten Pascha's auf, indem sie alle Arbeiter, die Syndikatskammern angehören, kurzerhand entlassen. Die Ausbeuter wissen ja, daß wenn die Kanaille" zu mucksen wagt, sofort Truppen bei der Hand sind, sie zur Raison zu bringen. Eine Regierung, die einer Handvoll Spekulanten zu Liebe einen Krieg anzettelt, der, wie der chinesische, Millionen über Millicnen verschlingt, Hekatomben von Menschenopfern erfordert, wird auch die Ausbeuter in Frankreich nicht im Stich lassen. Nur soll sie sich nicht beklagen, wenn die entsprechende Antwort von unten eines Tages erfolgt. Die Arbeiter wollen keine Republik , die sie der Ausbeuterwillkür preisgibt, sie wollen eine Republik , die ihner Existenz und Freiheit garantirt.
- England. D'Donnel ist am Montag durch Henkershand programmgemäß ermordet worden aus Gründen der Staatsraison. Herr Shipton kann zufrieden sein.
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Jetzt wird auch England eine voll und ganz sozialistisch geschriebene Zeitschrift erhalten. Vom 1. Januar ab übernimmt Herr E. Belfort Bar die Redaktion der Revue To Day"( Heute) und wird dieselbe im Sinne des vorgeschrittenen Sozialismus führen. Als Mitarbeiter sind u. A. genannt: Dr. Aveling, W. Liebknecht, Fr. Engels, Lawroff, Henry George , Eleonore Marg, P. Lafargue, Andr. Scheu, P. Krapottin, Rev. S. D. Healam 2c. 2c. Der Preis der Revue ist pro Heft 6 Pence.
P.
-Rußland. Ein Dpfer des russischen Despotis mus. Aus Odessa , 13/7. November sendet man uns folgenden Nachruf:
Diese Woche erhielten wir die traurige Nachricht von dem Tode einer Genossin, deren Name mit besonderer Hochachtung und Liebe von ihren Freunden genannt wird und deren Andenken uns unvergeßlich sein wird. Lydia Klein ist im 25. Lebensjahr in Jenisseist an der Schwindsucht gestorben. Sie war ein reines holdes Mädchen von ungewöhnlich zartem Charakter und edlem Geist. Von hoher Begabung und mit den schönsten Eigenschaften ausgestattet, hatte sie, fast noch ein Kind, das Gymnasium absolvirt und, von der Idee der Frauenemanzipation erfaßt, sich nach Petersburg begeben. Als Studentin hatte sie dort Berdnikow und Weimar kennen gelernt, die sie mit den Bestrebungen der russischen Sozialisten bekannt machten. Selbstverständlich gab sich Lydia der Sache der Volksbefreiung mit der ganzen Leidenschaft ihres tiefempfindenden Wesens hin, sie legte ihre Bücher bei Seite, die bisher ihr ganzes Leben ausmachten, trat aus der Hochschule aus und wurde ein thätiges Mitglied der sozialistisch- revolutionären Partei. Zwar widerstrebte ihrer sanften Natur die terroristische Richtung, doch mußte sie die Nothwendigkeit derselben anerkennen, und sie unterstützte den Terrorismus, wenn auch nur indirekt, mit derselben Energie, wie sie es gegenüber den Volksthümlern gethan.
Als es den geheimen Druckereien an Kräften zu mangeln begann, trat Lydia in eine Typographie ein, um die Segerkunst zu lernen, wurde aber kurz darauf verhaftet, lange Zeit in Moskau und in der Peter Paulsfeftung gemartert und dann nach Jenisseisk verbannt. Ihre