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haben Restaurationslokal der größten Restauration unseres sächsischen Man­gemäße hefter"( dem neuen Schlachthof- Etablissement) hatte sich eine Anzahl tragen, Gäfte, zumeist, jedoch nicht alle, Sozialdemokraten, zusammengefunden, liche um gewiffe, seit längerer Zeit obschwebende Privatdifferenzen, auszu die theilweise, obgleich sie die Partei nicht berührten, einen ziemlich ver­bitterten Charakter angenommen hatten, zu schlichten. Auf Einladung t, die der streitenden Parteien war Genosse Liebknecht   gewissermaßen als unsten Friedensrichter oder Unparteiischer anwesend. Tents

Um jeden Schein einer geheimen Versammlung" zu vermeiden, ver­ringen ließ man einen kleineren Raum, der von den Betheiligten ganz aus­

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gefüllt worden wäre, und begab sich in den Saal, in welchem auch rbeiter unbetheiligte Gäste saßen und dessen Thüren fortwährend offenstanden, so daß Publikum und Kellner frei zirkuliren konnten. Von Politik, fetten Parteiorganisation u. s. w. wurde mit keiner Silbe gesprochen; man besprach ausschließlich die betreffenden Differenzen, und als es nach etwa aber einer halben Stunde hieß, im Nebenzimmer size Polizei, da krähte kein Hahn Fabris danach und Alles verlief ruhig bis gegen 11 Uhr, wo Jemand ankün­Falle digte, Be cer komme im Lauf­der besagte Wurst- Annexander rechen, fritt mit einem Schwarme   Polizisten. Dies gab leider für einige der Anwesenden das Signal zu einer tollen Ausreißerei, der Liebknecht mit Sblickt. Nachdruck entgegentrat, jedoch ohne sie ganz hindern zu können. In­den: zwischen erschien Wurstannexander mit seinen Myrmidonen und erklärte Jahre fofort Liebknecht für verhaftet. Er glaubte jedenfalls einen glücklichen Griff und guten Fang gemacht zu haben. Und, offen ge­der standen, wir halten uns Freunden wie Feinden gegenüber zur Wahr­hier heit verpflichtet man muß unserem Wurst- Annexander ,, mildernde eis Umstände" zubilligen. O Mt. Wurst- Annexander hat zwar das Pulver ebensowenig erfunden wie af ein die Wurstfabritation, aber soviel Verstand hat er doch, daß er eine ver: Privatgesellschaft, die im größten Restaurationssaale von Chemnik, bei offenstehenden Thüren und in Gegenwart anderer Gäfte, der Kellner und enzen des Wirthes zusammengekommen ist, nicht für eine geheime Versamm­e sich lung" im Sinne des Sozialistengesetes halten kann. Wenn er aber arten sieht, daß der Anblick seiner, gewiß höchst harmlosen Person bei einigen der Anwesenden panischen Schrecken hervorruft, so kann man es ihm faum übelnehmen, wenn sich in seinem aufgeregten Polizeigehirn das Bild einer Pulververschwörung aufbaut.

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Erwähnt muß werden, daß eine derartige Szene überhaupt nur da­durch möglich wurde, daß es eben nicht eine Parteiversammlung war, welche am 24. v. M. im Schlachthof- Restaurant statthatte.

Wie aus der Natur des Zweckes sich ergibt, waren Elemente zugegen, die theilweise in gar keinem oder nur in seinem sehr losen Verhältniß ur Partei stehen. Immerhin ist es eine Blamage, deren Erinnerung hoffentlich gut wirkt. Thatsache ist, daß Liebknecht nur in Folge dieses albernen Gebahrens verhaftet wurde und die Nacht und den ungen größten Theil des folgenden Tages im Polizeigewahrsam( sicherlich kein angenehmer Aufenthalt) zubringen mußte.

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Selbstverständlich hob die Staatsanwaltschaft sofort die Haft auf und Ein Streifte mit grausamer Hand die Lorbeeren vom Haupte unseres Wurst­Annexander."

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Aus Leipzig  , 1. August, schreibt man uns: Der Schützenjubel ist vorbei und auch der Schüßen dusel, doch an dem Schüßen kater wird Mancher noch lange zu laboriren haben, denn es ist übermenschlich getrunken worden, so daß selbst die bayrischen Schüßenbrüder erklärten, Aehnliches noch nicht erlebt zu haben. Doch davon wollte ich nicht reden, blos von einem spaßigen Duidproquo, das unserm ehrsamen Hrn. Polizeidirektor Bretschneider heißt er am legten Tage des Schützenfestes passirt. Beim Abschiedsfest vergaß sich der betreffende Herr so sehr, daß er folgende Rede vom Stapel ließ:

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,, Als Vorsitzender des Ordnungs- und Verkehrsausschusses stimme ich für freudig ein in das Hoch, welches den( mit Aufrechterhaltung der Ruhe auf dem Festplatz betraut gewesenen) Turnern dargebracht worden ist; denn ich weiß es am Besten, was sie geleistet haben, und ich danke ihnen von ganzem Herzen. Aber wir dürfen einen andern Dank nicht vergessen, den ich hiermit ausspreche: dem altbe= Sahre währten Ordnungssinn der Leipziger Einwohnerschaft, der sich blich in den Tagen des Festes wieder so glänzend bewährt hat; ihm weihe ich mein Glas!"

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Von dieser Leipziger Einwohnerschaft, auf deren ,, altbewährten Drd­nungssinn" unser Herr Polizeidirektor toastirt hat, sind gut zwei Fünftel Sozialdemokraten; unser Herr Polizeidirektor hat sich also so sehr ver­gessen, daß er auf die Mordbrenner" von Sozialdemokraten, gegen die er in seiner amtlichen Eigenschaft den ,, Kleinen" zu handhaben hat, einen Toast ausbrachte.

Dder sollte hier das Sprichwort: in vino veritas", im Weine ist Wahrheit, zur Geltung gelangt sein, und der Herr Polizeidirektor in fröhlicher Wein- oder Bierlaune das offenherzige Geständniß abgelegt haben, daß das ganze Gerede von der Bedrohung des öffentlichen Friedens durch die Sozialdemokraten, und die dadurch nothwendig gewor dene Verhängung des kleinen Belagerungszustandes nichts anderes ift als eine neue ,, t onventionelle Lüge", erfunden von Schuften, um Dummköpfe und Hasenfüße ins Bockshorn zu jagen?

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Nun wie auch immer das Vorkommniß zu erklären: Thatsache ist, daß der oberste Polizeibeamte der guten Seestadt Leipzig   die offiziellen rität Argumente zur Rechtfertigung des Kleinen" in drastischster Form für Humbug und Schwindel erklärt hat.

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16:

Ob ihm Herr Nostiz- Wallwig das nicht ankreiden wird?

Von dem übermenschlichen Trinken beim Schüßenfest habe ich schon wiederholt geredet. Mit dem übermenschlichen Trinken ging während des Festes und namentlich auf dem Festplatz eine übermenschliche Ge­müthlichkeit" Hand in Hand, die indeß sehr häufig entweder in den reinsten Jdiotismus oder eine bodenlose Rohheit auslief. Da das Ge­tränke entsetzlich theuer was( das nominelle Liter Bayrisch, in Wirklichkeit bloß zwei Drittel Liter, foſtete 60 Pfennige!) und der Preis des Essens geradezu unerschwinglich, so konnten es nur Mitglieder der besitzenden und gebildeten" Klasse sein, die sich an diesen widerlichen Orgien be­theiligten.

Apropos, das geniale Wah I manöver, zu dem unsere national­liberalen ,, Drathzieher" das Schüßenfest benügt, hat bis dato doch nichts genügt. Die Konservativen halten an der Kandidatur Schill's feft, obgleich dieser die Annahme eines Mandats ausdrücklich verweigert hat, und nun stehen die Macher am Berge. Was thun?

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Unser abgetackelter und theuerer Vizebürgermeister Stephany hat seinen Wählern Rechenschaft erstattet- nicht in offener Volksver­sammlung das wäre zu viel von ihm verlangt; nicht hinter ver­schloffenen Thüren auch das wäre zu gefährlich, denn es könnte ja trog aller Sicherheitsmaßregeln doch ein Sozialdemokrat sich einschleichen, und ein tödtliches Interpellations- Attentat begehen, nein, so unvorsichtig ist unter tostspieliger Vizebürgermeister nicht: da ihm keine Kirche zur Verfügung steht, wo er von der Kanzel herab ein Redemonopol aus: üben könnte, hat er sich für seine Berichterstattung den, nach jeder Rich­tung hin am Besten passenden Ort ausgesucht: die Spalten des Leip­ziger Tageblattes". In diesem Klassischen Moniteur des schweins­fnöchernen Pfeffersack Patriotismus und Nationalliberalismus hat er einen Rechenschaftsbericht seiner parlamentarischen Thätigkeit veröffent­licht, der zwei Großfolioseiten füllt und durch Quantität reichlich ersetzt, was ihm an Dualität abgeht. niandid

Natürlich reitet Herr Stephany die Rosionante des kulturkämpferischen Chauvinismus, und, variirt in allen Tonarten:

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Freund, ich bin zufrieden,

Geh' es, wie es will,

Haben wir den Bismarck, Dann schweig Jeder still. " Schweig

Ich weiß nicht, ob ich

Verse richtig zitirt habe; der Sinn ist's

Herr Stephany ist zufrieden, er ist mit Bismarck   zufrieden und mit Allem, was Bismarck   thut und nicht thut. Blos mit Denen ist er nicht zufrieden, die mit Bismarck unzufrieden sind: mit bösen Deutschfrei­sinnigen", den böseren Zentrumsleuten und den Bösesten der Bösen, den Sozialdemokraten.

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Die Sozialdemokraten liegen ihm arg im Magen, und das ist sehr begreiflich, sintemalen sie ihn um die Anwartschaft auf ein neues Mandat gebracht und seine Wiederaufstellung als Reichstagskandidat unmöglich gemacht haben. Der Zorn macht den Rebner, jagt ver Lateiner Zorn, den Herr Stephany auf die Sozialdemokraten hat, macht diesen trockenen Schleicher, dieses Urbild des politischen Tartüffe, beinahe be­redt. Welches Glück, daß das Sozialistengesetz verlängert worden ist! Welch namenloses Unheil, wenn es der Koalition der Unzufriedenen ge=

lungen wäre, die Verlängerung dieses staatsmännischen und wohl thätigsten aller Gesetze zu hintertreiben!

Herr Stephany ist ein ehrenwerther Mann und gibt der Wahrheit die Ehre es ist wahr, positiven Nußen hat das Sozialistengesetz nicht gehabt, insofern haben die Gegner desselben Recht; das Sozialistengeset hat das Anwachsen der Sozialdemokratie nicht zu hindern vermocht, das steht fest und läßt sich mit Händen greifen, kann also nicht geleugnet werden. Wer kann aber wissen, was geworden wäre, wenn wir nicht das Sozialistengesetz gehabt hätten? Das läßt sich keck darauf Los behaupten, ohne daß man zu befürchten braucht, Lügen gestraft zu werden.

Gut denn, hübsch darauf los behauptet: ohne das Sozialistengesetz wäre die sozialdemokratische Bewegung heute noch viel bedrohlicher und hätte namentlich der Anarchismus eine weit größere Verbreitung. Darin besteht der Segen des Sozialistengesetzes nach Herrn Stephany, auf dessen Miste übrigens, wie die Leser ja wissen, auch dieser staatsmännische Wenn und Aber- Sophismus nicht ge= wachsen ist.

Mit anderen Worten: für die Wirksamkeit des Sozialistengesetzes spricht nicht das, was man sehen und kontroliren kann, sondern das, was man nicht sehen und nicht kontroliren kann. Argumentation, würdig eines bankrotten Politikers und einer bankrotten Sache!

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Uebrigens glaube man nicht, Herr Stephany werfe die Sozialdemo kratie mit der Anarchisteret oder sagen wir richtiger: der Stell= macherei in einen Topf bewahre; Herr Stephany ist ein ehrenwerther Mann und unfähig, zu lügen. Pfui doch!

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Nein, Herr Stephany gibt auch hier der Wahrheit die Ehre: es wäre Unrecht, die Sozialdemokraten mit den Anarchisten zu identifiziren und ihren Protesten gegen diese Jdentifizirung den Glauben zu versagen aber Herr Stephany ist ein ehrenwerther Mann und Herr eine geistige Verwandtschaft zwischen Stephany sagt es Sozialdemokratie und Anarchismus ist unzweifelhaft, und gerade dem anarchistischen Auswuchs ist durch das Sozialistengesetz der Boden ent­zogen worden. Daß wir in Deutschland   vom Anarchismus so ziemlich verschont geblieben sind, verdanken wir dem Sozialistengeset."

Dixit. Der kostspielige Vizebürgermeister hat's gesagt, und er ist ein ehrenwerther Mann!

Nun, theurer Herr Vizebürgermeister und abgesetzter Kandidat: um= gekehrt wird ein Stiefel daraus. Das bischen Anarchisterei, das wir in Deutschland   haben, und obendrein das bischen viel Anarchisterei, das sie in Desterreich haben oder hatten, ist durch das Sozialisten: gesez und die wohlweise Polizei künstlich erzeugt worden und förmlich großgezogen, auf daß ehren werthe Leute wie Sie Herr Stephany dem deutschen  Philister das Rothe Gespenst zeigen und die Nothwendigkeit der Bismarck Madai'schen Spigelwirthschaft vordemonstriren können im Interesse des verkrachten Liberalismus und zur Rettung der heutigen Ausbeuter gesellschaft!

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Für Freunde des Staatssozialismus  . Der in Gera   erscheinenden Politischen Wochenschrift für das deutsche Volk" schreibt man aus Königsberg   über das Lohnreduktionssystem in den Werkstätten der ,, königlichen" Ostbahn unter Anderem folgendes:

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Bis vor zwei Jahren erhielten die Hilfsarbeiter genannter Hauptwerkstätte einen Taglohn von Mt. 1 75. Angeblich weil den betr. Beamten die Lohnberechnung zu viel Arbeit mache, wurde da einem Theile der Hilfsarbeiter je 5 Pfennige vom täglichen Lohn gestrichen und den anderen Theile zugelegt, so daß Lohnsäge von Mk. 1 70 und 1 80 bestanden.

,, Heute nun geht man damit vor, den Letzteren, die sich also auf Mt. 1 80 stehen, den Lohn um 10 Pfennige pro Tag wieder zu ver­fürzen und beginnt mit der Reduzirung bei Leuten, die 10, 20 und mehr Jahre in der Werkstätte thätig sind und gegen deren persönliche Brauchbarkeit nichts einzuwenden ist. Daß die Andern allmählich alle an die Reihe kommen, ist vorauszusehen.

,, Statt also die Gleichmäßigkeit der Löhne, wenn sie erforderlich ist, dadurch herzustellen, daß man Allen Mr. 1 80 zahlt, findet es die Staatswerkstätte auch hier in echt manchesterlicher Weise viel einfacher, daß man alle gleich niedrig stellt, unbekümmert darum, daß schon Mt. 1 80 ein miserabler Lohn ist, bei dem eine Familie nur vegetiren, nicht entfernt aber auch nur" standesgemäß" leben kann. Kein Wunder, daß die Leute unter solchen Umständen es als ein Glück betrachten, wenn sie die tägliche Arbeitszeit hin und wieder um ein paar Stunden verlängern dürfen, um so wenigstens die Kosten der Selbsterhaltung herauszuschlagen."

Der heutige Staat will eben Profit machen, fette Ueberschüsse ein­streichen womöglich noch fettere als die Bourgeoisie. Der Sozialis­mus des heutigen Klassenstaates heißt nichts anderes als potenzirte Ausbeutung der Arbeiter.

Der Streift, richtiger Arbeitsausschluß, in Crimmitschau  , von dem wir in Nr. 31 berichteten, dauert noch fort, und es ist dringend geboten, daß den Streitenden die Hilfe ihrer auswärtigen Kollegen zu Theil werde. Da sich in unserer ersten Notiz leider einige Frrthümer eingeschlichen haben, so lassen wir im Nachstehenden einige Stellen aus dem Aufrufe der Arbeiter folgen:

,, Etwa 2000 Fabrikarbeiter der Vigogne- Spinnerei und Färberei sind im Streit, resp. Arbeitsausschluß begriffen, und zwar weil man eine elf, resp. zwölfstündige Arbeitszeit und eine kleine Lohn­aufbefferung fordern wollte. Nachdem sich ein Komite an die Herren Etablissementsbefizer gewendet, um mit denselben sich hierüber zu be­sprechen, wiesen die Herren dies zurück und legten dann den Arbeitern einen Vertrag vor, den diese unterschreiben sollten. Hierauf konnten die Arbeiter indeß nicht eingehen, indem der Vertrag nur zu Gunsten der Arbeitgeber lautete und nicht beide Theile entsprechend be­rücksichtigte. Nunmehr wurden von den Herren besondere Maßregeln getroffen, und wer sich weigerte, sich denselben zu fügen, wurde ent­lassen; Manche verließen die Arbeit auch selbst."

Wie man sieht, waren die Forderungen der Arbeiter weit beschei­dener, als wir seinerzeit berichtet haben, und trotzdem erfolgte der Ausschluß!

Da unter den Streifenden, resp. Ausgeschlossenen viele Familienväter sich befinden, welche zahlreiche Familie und auch nur 8 bis 13 Mark pro Woche verdient haben, daher der Unterſtüßung dringend bedürftig sind, so sehen dieselben einer zahlreichen Unterstützung seitens der Ar­beiterschaft entgegen.

Schnelle Hilfe ist doppelte Hilfe!

Gelder sind zu senden an Hermann Thurm, Krimmitschau, Werdauerstraß 274 I.

3uzug ist fernzuhalten.

Das angebliche Komplott in Warschau   stellt sich, wie wie wir vorausgesagt, zum größten Theil als Polizeimythe heraus; die Mehrzahl der Verhafteten hat bereits wieder entlassen werden müssen, von den noch in Haft befindlichen Personen ist nichts weiter bekannt, als daß sie Sozialisten und Revolutionäre sind.

Die Haltung derselben ist eine würdige und energische. Als zum Beispiel der vielgenannte Friedensrichter Bardowski beim Verhör dem Vorsteher der Friedensrichterforporation gegenübergestellt wurde und dieser so niedrig war, ihm sein und seiner Kollegen tiefes Bedauern auszudrücken, daß sie so lange Zeit mit einem Menschen von so ver­worfener Gesinnung zusammengearbeitet haben, da antwortete ihm Bardowski:

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Zusammengearbeitet? D nein, mein Herr. Ich habe immer nur für die Sache gearbeitet, der ich mein Leben geweiht. In Ihr Kollegium bin ich nur eingetreten, um dieser Sache besser dienen zu können, aber mit Schurken wie Sie und Ihresgleichen habe ich nie etwas gemeinsam gehabt. Sehr schofel, wie stets in solchen Fällen, benimmt sich die polnische Bourgeoisie und ihre Presse. Ihr sind alle Verhafteten nur Agenter. der russischen Polizei und im selben Moment entsendet sie Deputa tionen nach Petersburg  , die den Czaren beschwören, doch ja nach Warschau   zu kommen, um sich zu überzeugen, daß er keine getreueren Unterthanen habe als die Polen  . Pfui!

- Gehettes Rothwild. Der aus Wien   wegen angeblich anarchistischer Umtriebe ausgewiesene Drechsler Ko bozky ist auch aus Nürnberg  , wo er Arbeit in der Ott'schen Pfeifenfabrik gefunden,

ausgewiesen worden. Robotky hatte sich, wie die Fränkische Tages­post" schreibt, in Nürnberg   jeder politischen Thätigkeit enthalten und soll, bevor er seine Familie, Frau und zwei Kinder, nachkommen ließ, erst bei den Behörden angefragt haben, ob sein Aufenthalt unbeanstandet bleiben werde, worauf er eine bejahende Antwort erhalten habe. Nach­dem seine Angehörigen kaum acht Tage in Nürnberg   angekommen waren, erhielt er die Ausweisungsordre, gegen welche er zwar Beschwerde er heben kann, die aber keine aufschiebende Wirkung hat.

Die deutsche   Polizei scheint es darauf abgesehen zu haben, Akte der Verzweiflung zu provoziren. Eine andere Erklärung für eine so nieder­trächtige Chitanirerei ist absolut ausgeschlossen.

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Erheiternde s. Die Bemerkung des Revolté" über den tonfusen Anarchismus seines Freundes Most haben diesen, der Kritik ebensowenig vertragen kann wie die Nähe von veritablem Dynamit, nicht wenig verdrossen. Er quittirt die Zurechtweisung daher wie folgt:

" Der Revolté" hat uns in jüngster Zeit in höchst unmotivirter Weise benörgelt. Wir nehmen an, daß unser Kampfesbruder in hies figer Stadt einen ebenso dummen wie boshaften Gewährsmann hat" u. s. m. drin

Die Bemerkung des Revolté" betraf nun leider eine Notiz aus der " Freiheit".

Wer mag also wohl der ebenso dumme wie boshafte Gewährsmann" in New- York   sein? Armer Hans!

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Das, Kapital" verboten. Desterreich muß Deutschland  gegenüber immer etwas voraus haben nämlich auf dem Gebiete der Polizeieseleien. Die deutsche   Polizei hat sich ja auch nicht über Mangel au Genialität zu beklagen, aber doch reicht sie in diesem Punkte nicht entfernt an ihre österreichische Kollegin heran. Was in Rußland  , wo die Presse rechtlos ist, was in Preußen, wo das Sozialistengesetz herrscht, nicht geschehen ist, hat eine österreichische Behörde anzuordnen für gut gehalten: die Oberlandespolizei in Prag   hat für Böhmen   das ,, Kapital" von Karl Mary verboten. Einen Lorbeerkranz diesen Pfiffikussen!

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Reichstagskandbaturen. Jehoe Meldorf( 6. holsteinischer Wahlkreis): Stephan Heinzel  ; Randow Greis fenhagen: Priez, Ausgewiesener aus Berlin.  ( Infolge eines Mißverständnisses unsererseits seinerzeit nicht bei Angabe der Kandidatur für Stettin   miterwähnt.) Berlin  : I. G. Vollmar; II. F. Zuzauer; III. J. H. W. Diet; IV. Paul Singer: V.. Grillenberger; VI. W. Hasenklever.

- Italien  . Die Sozialisten der Romagna haben einen Kongres abgehalten, der von 80 Delegirten sowie von zwei nicht der Organisation angehörigen Personen besucht war. Den Letzteren wurde berathende Stimme gewährt.

Es ward beschlossen, den Titel: Romagnolische sozialistisch- revolutio­näre Partei" in:" Italienische sozialistisch revolutios näre Partei" abzuändern, da die Partei nunmehr zahlreiche Sek tionen in den übrigen Theilen des Landes besitzt.

Der Kongreß beschloß ferner, an dem nächsten Kongreß der italienischen Demokratie theilzunehmen, im Sinne der von den Sozialisten auf dem Kongreß von Bologna   abgegebenen Erklärung.

( Wir haben diese Erklärung, die auf einen Kartell unter voller Wahrung der Selbstständigkeit hinausläuft, seinerzeit veröffentlicht.)

Dem Abgeordneten Andrea Costa   wurde bestätigt, daß ihn die Partei als ihren Vertreter im Parlament betrachte.( Costa war auf einer gemeinsamen Liste mit den Republikanern gewählt worden.) Der nächste Kongreß der Partei soll in Rom   stattfinden. Alle diese Beschlüsse wurden einstimmig gefaßt.

So berichtet man dem Pariser Proletariat."

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Korrespondenzen.

Posen, Ende Juli. Auch in unserem Kreise, in welchem bisher nur die Fraktion der klerikal- junkerlichen Polen und die deutschen   Libe ralen mit einander rivalisirt und verbitterndes Nationalitätsgezänke ge­trieben haben, wird unsere Partei in den Wahlkampf eintreten. Als 1881 zuerst die polnischen Arbeiter durch die Agitation des Przedswit" in die Bewegung gezogen worden waren, sollte die polnische wie die deutsche Arbeiterschaft in einem zweisprachigen Aufruf aufgefordert wer den, für Bebel zu stimmen. Indessen wurde die ganze Auflage von der Polizei weggenommen, und das Uebrige that der hier unvergleich­liche Terrorismus der Behörden, so daß wir nur 35 Stimmen erhielten, die ausschließlich von dem alten Stamme deutscher   Arbeiter herrührten. Mittlerweile hat sich aber die Lage geändert. Die Agitation unserer polnischen Genossen ist unermüdlich fortgeschritten und namentlich haben die beiden Sozialistenprozesse mit ihren barbarischen Verurtheilungen günstig für unsere Sache gewirkt, so daß uns die polnische Arbeiter­bevölkerung nicht mehr so fremd gegenübersteht. Auch sind wir diesmal vorbereitet und der Name unseres Kandidaten Janiszewski- eines der Opfer des ersten Prozesses und zur Stunde noch im Gefängniß Plögensee wird am Wahltage hinreichend bekannt sein. Selbstver ständlich können wir dies erste Mal, unter dem Unterdrückungssystem der Polizei und bei den vorhandenen nationalen Gegensägen auf keine große Stimmenzahl rechnen. Allein schon einige hundert Stimmen wer den sowohl der Regierung als der Polenfraktion Schrecken genug machen und ihnen zeigen, daß es ihren Prahlereien zum Trotz nicht nur einige wenige Sozialdemokraten gibt, sondern daß dieselben auch nicht ohne Einfluß auf die Arbeiterbevölkerung sind. Und dann wird die dadurch erfolgte Anregung weiter wirken, und die Arbeiter beider Zungen zum Nachdenken veranlassen, ob es nicht ihrem Interesse zuträglicher ist, statt des nur zum Vortheil der Herrschenden gereichenden nichtigen National­gegensatzes den Klassengegensatz in's Auge zu fassen. An dem endgiltigen Erfolg kann es bei einigem Fleiß der Agitation dann nicht fehlen.

Bis jetzt freilich hat es vielfach an der Verbindung und dem Zusam menhalt der Genossen gefehlt, wovon auch die Expeditionen beider Partei­organe, namentlich die des" Sozialdemokrat", erzählen können. Es ist zu hoffen, daß die Anregung der Wahlzeit hierin gründlichen Wandel schaffen wird.

-Aus dem 6. sächsischen Wahlkreis( Dresden- Land und Plauenscher Grund). Es wird endlich Zeit, daß auch wir wieder einmal etwas von uns hören lassen, sonst könnten die Genossen denken ,,, unser" Ackermann, quasi abgefallener Reichstags- Vizepräsi dent, hätte uns und unsere Interessen im Reichstage so vertreten, daß wir gar keine Ursache haben, uns zu regen, daß Noth und Elend, Polizei­druck und Niedertracht hier böhmische Dörfer seien. D nein, so glänzend steht es weder mit der Arbeiterfreundlichkeit Ackermann's noch mit den sozialen und politischen Zuständen in unserem Kreise. Was speziell ,, unser" Ackermann seit dem Jahre 1878 auf politischem und wirthschafts lichen Gebiete geleistet, macht ihm als Stockreaktionär, wie er im Buche steht, alle Ehre.

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Der arbeiterfreundlich e" Herr Hofrath war bekanntlich im Jahre 1878 so sehr von Arbeiterfreundlichkeit" durch­drungen, daß er sich zum eifrigsten Vertheidiger und Befürworter des Ausnahmegesetzes aufwarf, durch welches zahllose brave Arbeiter schutz­und schonungslos der Polizeiwillkür preisgegeben und, wie die Thatsachen bezeugen, gleich geheztem Wild in Elend und Tod getrieben wurden. Damit die Polizei ja ihrem Berufe voll und ganz gerecht werden könne, plädirte er im Landtage für Vermehrung der Polizei und da mit im Zusammenhang für Vermehrung der Steuern. Die 150 Millionen, die er 1879/80 in Gestalt von Zöllen und Verbrauchssteuern bewilligte und die der arme Mann zu tragen hat; sein Plaidoyer für Einführung obligatorischer Arbeitsbücher, um den Polizeis und Fabrikantenschuftereien Thür und Thor zu öffnen; die Rückwärts­schraubung der Gewerbeordnung, das neue Krankenkassengesetz, sein Ein­treten für Beschneidung des Wahl-, Vereins- und Versammlungsrechtes und für verschiedene andere Repressivmaßregeln gegen die Arbeiter, bei wel­cher Gelegenheit die Arbeiter von ihm als unreife Burschen" be= zeichnet wurden, sowie neuerdings sein Antrag auf Beschränkung der