als seit Langem. Im Badischen, im Hessischen, in Bayern,am Rhein haben wir den Zentrumsleuten Terrain abgewon-nen, haben wir— die Gegner selbst gestehen es zu— vieleStimmen aus rein bäuerlichen Distrikten erhalten.Haben wir auch keine Ursache, nunmehr in stiller Beschau-lichkeit auf unseren Lorbeern auszuruhen, so sind wir dochberechtigt, uns aus vollem Herzen der Freude über den er-rungenen Sieg hinzugeben. Getrosten Muthes schauen wir indie Zukunft: was auch die Gegner gegen uns planen mögen,sie finden uns auf Alles gerüstet. An unserer Festigkeit undEntschlossenheit werden ihre Anschläge zunichte werden. Dererste Sturm ist abgeschlagen, das Verdikt ist gesprochen. DieSozialdemokratie hat über das Sozialistengesetz gesiegt, der28. Oktober 1884 war, um mit der„Berliner Volkszeitnng"zu reden:der Tag der Revanche für die deutsche Sozial-dem okratie.Wie die Sozialisten des Auslandesschreiben.„Recht voor Allen", das Organ unserer holländischen Genossen,bringt in großen Lettern folgende Anzeige:„Vorläufiger Bericht, Sieg der deutschen Sozialisten ander W ä h l u r n e. Im ersten Wahlgang 8 Sozialisten gewählt undbereits 15 Sozialisten in Stichwahl. Ein dreifaches Hurrah unserendeutschen Genossen! Wir theilen ihre Freude, denn ihr Sieg ist auchder unsere!"„De Toekomst(Zukunft), das Organ unserer vlSmischen Genossen,die an ihrer Spitze eine Sammlung für den Wahlfond der„muthigendeutschen Sozialisten" hat, bringt einen vortrefflichen Leitartikel, demwir folgende Stellen entnehmen:„Bismarck hatte außerdem, um die Schlacht zu gewinnen, sich nichtgeschämt, unser Programm zu bestehlen und den Arbeitern als Wählerneinen sozialistischen Köder hingeworfen.„Sein Staatssozialismus sollte ihm die Arbeiter retten und denSozialismus tödten. Aber die Arbeiter haben sich nicht fangen lassen.Sie haben ihm die gebührende Antwort in der Form von Hundert-taufenden sozialistischer Stimmzettel in's Gesicht geworfen....„Bismarck ein Freund des arbeitenden Volkes? Welcher Hohn!....„Der Sozialismus siegreich, und wo? Bei den Hotlentoten, in derTürkei, am Nordpol? Nein, im Herzen Europas, in dem nach Rußlandautoritärsten Staate der Welt. In Deutschland, dem großen Militär-staat, der Frankreich besiegte; in dem großen Handelsland, das Frank-reich, England, Amerika, Belgien, alle auf dem Weltmarkt tödtet odertödten wird: in Deutschland, dem mächtigen Kolonialstaat der Zukunft,bei dem Volk, von dem man sagte, daß es Frankreich geschlagen habedurch seine Bildung.„Also nicht bei Barbaren; nein, nein, der Sozialismus siegt bei demmächtigsten, dem gebildetsten Volke seiner Epoche.„Kann man eine vielsagendere Rede zur Verherrlichung unserer Sachehalten, als sie die Thatsachen reden?......„Wir schließen diesen Artikel nicht nur mit dem Ruf: Es lebendie deutschen Sozialisten, es lebe die Internationale, sondern auch: Eslebe das deutsche Sozialistengesetz!"„Justice", das Organ der englischen Sozialdemokratie, schreibt:....„Ein größerer Schlag konnte dem Liberalismus und dem Bis-märckerthum nicht zugefügt werden als diese große Vermehrung dersozialistischen Stimmen....„Ein solcher Sieg— und da wir schreiben, scheint der Sieg gestchert— sollte unsere Freunde in der ganzen Welt aufrütteln. Wenn diedeutsche Partei des revolutionären Sozialismus, des Versammlungs-rechtes, der freien Presse beraubt, jeden Augenblick der Verhaftung undAusweisung ausgesetzt, im Stande ist, Wahlsiege über Wahlstege zu erringen. was müßten nicht die Sozialisten von England, Frankreich, Amerikain Bezug auf revolutionäre Organisation zu leisten im Stande sein?"Die„Arbeiter-Wochenchronik", das Organ der„Ungar-ländischen Arbeiterpartei", schreibt:„Die eisernen Deutschen. Der 28. Oktober ist nicht nur fürDeutschland allein, sondern für die Sozialdemokratie aller Länder gleichbedeutsam. Die hart- und vielgeprüften Genossen in Deutschland be-wiesen durch ihre letzte Stimmabgabe bei den Reichstagswahlen neuer-dings, daß die sozialdemokratische Partei unüberwindlich ist und dürftediese Strammheit, welche unsere Genossen in Deutschland geoffenbart,selbst den verbissensten Gegnern Bewunderung abgerungen haben. Wirhaben aber die sicherste Gewähr geschöpft, daß der Sieg der Sozialdemo-kratie unausbleiblich ist....„Ihr deutschen Heroen, wir begrüßen Euch zu Eurem, nein, zu unserem Siege!"„Ja, zu unserem Siege, denn Euer Sieg, er ist ja auch unser!"Die Brüsseler„Voix de rouvrier"(Arbeiterstimme) schreibt:„Ein Hurrah unseren deutschen Brüdern!„Trotz aller Versolgungen, trotz aller gegen sie ausgeübten Polizei-Infamien gehen sie stärker aus dem Wahlkampfe hervor als jemalszuvor."Die stark anarchistisch angehauchte„Bataille" Lissagara y's,die erst kürzlich noch sich über die„Gesetzlichkeit" unserer Parteimoquirte, schreibt jetzt:Feuilleton.Die Geschwister.Eine dramatische Episode aus der Jetztzeit.Ao» E. er.III. T h.e il.(Szene: Ein Lokal mit Tischen und Stühlen. Beck mit dreiArbeitern tritt herein.)Beck: Ah, wir sind die ersten. Ra, das ist ein Freudenrausch! Erwiegt den harten Kampf voll und ganz auf. Was?(Cr klopft einemder Drei derb aus die Schulter.)Der Geklopfte: Das will ich meinen. Singer mit 25,338 Stim-men gesiegt und unser Wilhelm in Stichwahl!(Sie sehen einander mitfreudestrahlenden Augen an.)E h l e r t(mit mehreren Genossen): Wißt Ihr, Genossen, in Hamburghaben Bebel und D i e tz im ersten Wahlgang gesiegt!(Laute Beifalls-bezeugungen von allen Seiten.) Und habt Ihr erfahren, wie es gesternden drei Verhafteten erging?Mehrere: Rein, erzähle doch!E h l e r t: Run, sie wurden gründlich untersucht, und da nichts ge-funden wurde, nach Hause geschickt. Greiner's Schwester wurde unbehelligt gelassen, denn der Lieutenant muß Gefallen an ihrem energischenWesen gefunden haben und behandelte sie sehr höflich.Beck: Klärchen hat sich gestern wirklich ganz tapser benommen undbei ihrem ersten politischen Abenteuer sehr korrekt betragen. Und siehat vollkommen Recht, wenn sie sagt, es liegt nur an den Männern,daß die Frauen so unwissend über die politischen Verhältnisse dahin-leben.Klein kommt mit Mehreren herein. Er verkündet einen weiterenSieg, der mit ungebundener Lust aufgenommen wird. Nachdem sich derSturm gelegt.)Klein: Wißt Ihr auch, wie es dem Spion Albert ergangen ist?Vi e h r e r e: Nein, was ist passirt?Klein: Er hatte sich den ganzen Tag nirgends sehen lassen, amAbend aber schlich er sich aus die Straßen, wahrscheinlich um zu horchenund irgend welche in der natürlichen Ausregung fallen gelassenen unbe-dachten Aeherungen aufzuschnappen. So war er auch in die Reichen-bergerstraße gelangt, wo es am lebhaftesten zuging. Cr muß nun von...„Vielleicht finden sich unter unseren Kameraden Leute, die dasStimmrecht bekämpfen und da sagen, daß soviel Kraft besser zum offenenKampf angewendet würde; diesen antworte ich: Geduld! Diejenigen, dieihren Willen so zu konzentriren wissen, werden auch in der Stunde derGewalt bereit sein.„1881 tadelte man die deutschen Sozialisten, daß sie sich mit Wahl-kämpfen beschäftigen; dieselben haben ihnen gedient, ihre Zahl zu verdoppeln.Ist die in drei Jahren geworbene gewaltige Armee nicht mehr werth,als wenn man den Kern derselben in einem verfrühten Kamps hättevernichten lassen?„Niemand unter uns hat heute das Recht, ihnen einen Vorwurf zumachen, dagegen haben wir eine Pflicht: die Blicke auf uns zu lenken.... Welche Entschuldigung haben wir, daß wir seit vier Jahren, seit1881, versumpfen? Keine."Im„Cri du Peuple" von Paris schreibt Jules Guesdemit der Ueberschrist!„Es lebe das arbeitende Deutsch-l a n d":„Die deutsche Arbeiterpartei, die sich 1871 durch den Mund vonBebel und Liebknecht mit der Pariser Kommune solidarisch erklärte undmit den„für die Sache der Menschheit kämpfenden und sterbendenfranzösischen Sozialisten" fraternisirte, hat einen alle Erwartungen über-treffenden Triumph erzielt....„D a S ist die Frucht der wildesten Verfolgungen, verbunden mitjenen Versuchen, die Arbeiter zu korrumpiren, als welche sich Bismarck'sUnfall- und Krankenversicherung erwiesen! Während sieben Jahren hatman den Pelion aller Arten von Almosen auf den Ossa aller Artenvon Gewaltakten wider die deutschen Arbeiter gewälzt, um was zu er-zielen? Daß sie ihre Vertreterzahl verdoppelten, vielleicht gar verdrei-fachen und im Stande sind, im Reichstage selbst, d. h. im Herzen deskapitalistischesten aller Länder, den Feldzug zu führen!"„Die erworbenen Sitze", fährt Guesde fort,„setzen die Sozialdemokratie in den Stand, ihr parlamentarisches Geschütz, wenn ich michso ausdrücken darf, zu entnageln. Vom Wort können sie zur Thatübergehen. Sie können Gesetze einbringen, mit denen sie die der Gegnerim Schach halten; bisher A m b o s gewesen, werden sie jetzt Hammersein können....„Diese Waffe, welche ihnen bis heute fehlte, und von der unserFreund Vaillant täglich dem Gemeinderath von Paris beweist, welchenGebrauch man damit machen kann, hat unseren deutschen Brüdern der letzteWahlkampf geliefert.(Guesde setzt voraus, daß wir über 15 Sitze erhalten.)„Und des Gebrauches, den sie von derselben machen werden, sicher,beglückwünschen wir uns, daß sie sie errungen, und antworten unserenRegierenden ä la Ferry, deren schwindsüchtigem Patriotismus die Wahlkanonisirender Kanonikusse ä la Guerber und patronisirender Patroneh la Dollfuß den Ruf:„Es lebe Elsaß-Lothringen!" entlockt, unsererseitsmit dem Rufe: Es lebe das arbeitende Deutschland!"Außer der in voriger Nummer bereits abgedruckten Depesche unsererNewyorker Genossen gingen uns noch folgende Glückwunsch-Telegramme zu:Von New york, 2g. Oktober 1884.„Redaktion des„Sozialdemokrat", Zürich.Sektion Newhaven beglückwünscht die deutsche Sozialdemokratie.—Exekutive der Sozialistischen Arbeiterpartei sendet Glückwunsch zum Wahl-sieg. R o s e n b e r g."Von Mailand, 1. November 1884:„Die heutige Versammlung des Vereins„Die Söhne der Ar-b e i t" sendet den deutschen Brüdern gelegentlich ihres Wahlsiegesherzlichen Glückwunsch und wünscht ihnen weitere Erfolge."Die neue Schrift von Fr. Engels.ii.„Das Privateigenthum also ist es", fährt K a u t s k y fort,„dessen Macht die moderne Ehe und Familie geschaffen hat. Aber auchdie ursprüngliche kommunistisch-demokratische Organisation des Gemein-wesens erstirbt, sobald das Privateigenthum zur gesellschaftsbeherrschen-den Macht wird, und an ihre Stelle tritt der Staat.Wir haben oben von den Blutoerwandtschaftskreisen, den Gentes,�)gesprochen, die sich mit dem Entstehen der Gruppenehen innerhalb desStainmes bildeten. Auf diese Gentes ging ein gut Theil des ursprünglichen Stammeskommunismus über, der von ihnen, der höheren Kultur-stufe gemäß, die sie repräsentiren, eigenartig weiter entwickelt wurde.Die irokesische Gens ist von Morgan am eingehendsten untersucht wor-den; indeß finden wir bei allen anderen Völkern auf gleicher Kulturstufeeine ähnliche Organisation der Gens, wir dürfen daher die irokesischeGens als typisch annehmen.Die Leiter der Gens, sowohl der Friedensvorsteher(Sachem) als der Kriegs-Häuptling, wurden von ihr gewählt, und zwar wählten bei den Irokesennicht nur die Männer, sondern auch die Weiber. Doch unterlag dieWahl der Bestätigung des gesammten Stammes. Kein Mitglied durfteinnerhalb der Gens Heirathen. Das Verniogen Verstorbener fiel an dieGentilgenossen, diesen fiel aber auch die Pflicht der Blutrache zu. Dieentscheidende Gewalt in der Gens war die demokratische Versammlungaller männlichen und weidlichen Gentilgenossen, alle mit dem gleichenStimmrecht.Das war die Organisation einer typischen indianischen Gens.„Alleihre Mitglieder", sagt Morgan,„sind freie Leute, verpflichtet, einer des*) Im Deutschen Sippen, Geschlechter ic. genannt.irgend Jemand erkannt worden sein; denn plötzlich drängte sich um ihnherum eine Menschenmenge zusammen, Einer stößt, drängt den Andern.Man hört allerhand Rufe durcheinander, dazwischen auch Schmerzens-laute. Endlich geräth die Menge wieder in Bewegung, die Passage wirdfrei, da bemerken die Nachdrängenden einen Mann, der, blutüberströmt,bewußtlos am Boden lag. Es war der Schuft Albert. Zwei Polizisten,welche durch den Lärm herbeigezogen wurden, hoben ihn auf und trugenihn in das nächste Haus. Der wird wohl genug gespitzelt haben indiesem Leben.(Die Genossen stehen in kleinen Gruppen und machen unter-einander ihre Bemerkungen.)Hübner(kommt mit Mehreren): Genossen, jetzt haben wir imGanzen sechs. Hurrah!(Alle rufen Hurrah! Der Tumult, die Freude erhöht sich.)H ü b n e r zählt, nachdem es einigermaßen ruhig geworden, die Re-sultate aus Berlin IV, Hamburg 1 und II, Zwickau, Leipzig-Land undGlauchau-Meerane auf.Hart(mit Mehreren) kommt, verkündet abermals einen Sieg.Horn(mit Mehreren) meldet verschiedene Stichwahlen(Barmen-Elberfeld, Magdeburg, Nürnberg.)(Die Genoffen umarmen sich, die Begeisterung nimmt überhand.)Hugo mit Klärchen am Arme treten ein. Mehrere der Anwesen-den reichen Klärchen freundlich die Hand.Hugo: Genossen, hier habt Ihr das Endresultat! Neun gewähltund über 20 in Stichwahl!(Ein brausendes Hurrah ist die Antwort.)Hugo(indem er auf einen Stuhl springt): Einen Augenblick Ruhe,Genossen!(Es wird stille. Sie umdrängen ihn.) Brüder! Es war einharter Kampf, ich danke Euch im Namen aller unserer Freunde, imNamen der fortschreitenden Entwicklung. Haltet treu und und unentwegtzur Fahne, dann muß und wird der Sieg bald dauernd unser sein—der Sieg für das gesammte ausgebeutete Proletariat. Hoch die Sozial-demokratie!Alle(stürmisch): Hoch die Sozialdemokratie! Nieder mit Ausbeutung,Volksverdummung und politischer Knechtschaft!Massengesang der Marseillaise als Ausbruchder höchsten Begeisterung.(Der Vorhang fällt.)Schluß.andern Freiheit zu schützen; gleich in persönlichen Rechten— wederSachems noch Kriegssührer beanspruchen irgend welchen Vorrang; siebilden eine Brüderschaft, verknüpft durch Blutbande. Freiheit, Gleichheit,Brüderlichkeit, obwohl nie formulirt, waren die Grundprinzipien derGens, und diese war wiederum die Einheit eines ganzen gesellschaftlichenSystems, die Grundlage der organisirten indianischen Gesellschaft. Daserklärt dm unbeugsamen Unabhängigkeitssinn und die persönliche Würdedes Auftretens, die Jedermann bei den Indianern anerkennt."Und Engels sagt:„Es ist eine wunderbare Verfassung in all' ihrer Kindlichkeit undEinfachheit, diese Gentilverfassung I Ohne Soldaten, Gendarmen undPolizisten, ohne Adel, Könige, Statthalter, Präfekten oder Richter, ohneGefängnisse, ohne Prozesse geht Alles seinen geregelten Gang. AllenStreit entscheidet die Gesammtheit Derer, die es angeht, die Gens oderder Stamm oder die einzelnen Gentes unter sich— nur als äußerstes,selten angewandtes Mittel droht die Blutrache, von der unsere Todes-strafe auch nur die zivilisirte Form ist, behaftet mit allen Vortheilenund Nachtheilen der Zivilisation. Obwohl viel mehr gemeinsame Ange-legenheiten vorhanden sind als jetzt— die Haushaltung ist einer Reihevon Familien gemein und kommunistisch, der Boden ist Stammesbesitz,nur die Kärtchen sind den Haushaltungen vorläufig zugewiesen—, sobraucht man doch nicht eine Spur unseres weitläufigen und verwickeltenVerwaltungsapparates. Die Betheiligten entscheiden, und in den meistenFällen hat jahrhundertelanger Gebrauch bereits Alles geregelt. Armeund Bedürftige kann es nicht geben— die kommunistische Haushaltungund die Gens kennen ihre Verpflichtung gegen Alte, Kranke und imKriege Gelähmte. Alle sind gleich und frei— auch die Weiber. FürSklaven ist noch kein Raum, für Unterjochung fremder Stämme in derRegel auch noch nicht."„Das war die Organisasion, welche dem aufkeimenden Privateigen-thume ei liegen sollte. Die Entwicklung des Hirtenlebens brachte denersten Zwiespalt in die Harmonie der Gentilverfassung. Die Frau wurdegeknechtet. Dasselbe brachte auch ein neues Element in das Gemeinwesen,für welches die Gensilversassung keinen Raum hatte: die Sklaverei.Die fortschreitende technische Entwicklung führte weitere Elemente derZersetzung mit sich. Die Klassengegensätze zwischen Ackerbauer ur.d Hand-werker, zwischen Stadt und Land, zwischen Produzenten, Konsumenten undZwischenhändler, zwischen Schuldner und Gläubiger, zwischen Arm andReich, zwischen Adel und Volk entwickeln sich in rascher Folge. Jnter-essen und Gegensätze treten auf, welche die alte Gentilverfassung nichtkennt und die sie nicht zu zügeln im Stande ist. An Stelle der Gleich-h e i t und Brüderlichkeit tritt die Ausbeutung der einen,die U e b e r m a ch t der anderen, an Stelle der Demokratie tritt eineüber der Gesammtheit stehende Macht, welche bald von der einen Klaffe,bald von der anderen Klasse erobert und ihren Zwecken dienstbar ge-macht wird.Und gleichzeitig treten eine Menge Elemente im Gemeinwesen auf,für die in der Gentilverfassung kein Raum ist. Die Zahl der Sklavensteigt in's Ungeheure, ganze Völkerschaften werden unterworfen mitHilfe der obenerwähnten Macht, und wieder Ursache, dieselbe zu stärken.Fremde lassen sich inmitten der Gentilgenossen nieder, diese selbst ver-lassen ihre alten Sitz- und suchen sich neue, Jeder nach seinen persön-lichen Interessen. So werden sie bunt durcheinander gewürfelt, und dieGentilorganisation verliert jede Bedeutung und jeden politischen Werth.Eine neue Eintheilung wird nothwendig, nicht nach Blutbanden, son-dern nach territorialen Grenzen. Früher wurde das Land den Menschenzugetheilt; jetzt theilt man die Menschen dem Lande zu. So sehen wirneben und über der alten Gentilverfassung die neue Organisation desGemeinwesens stehen, den Staat.Seine wesentlichen Eigenthümlichkeiten bestehen darin, daß er eineterritoriale Organisation darstellt und gleichzeitig eine Macht, dieüber dem Volke steht und von einzelnen Klassen zu deren Gunsten aus-gebeutet wird. Die Entstehung des Staatswesens ist begleitet von derErrichtung eines Kriegsheeres und einer Polizei zur Gewin-nung und Niederhaltung von Sklaven und Unterworsenen und zurJmzaumhaltung einzelner Mitglieder der herrschenden Klassen, welchedurch die Gentilverfassung nicht mehr gehindert werden, auch ihreneigenen Klassengenossen unangenehm zu werden. Damit stellt sich derStaat auf einen Boden, der den Traditionen der Gentilverfassung auf'sschärfste widersprach. In der That galt das Gewerbe der Polizeibei den Athenern bei deren Einführung für so infam, daß kein freierMann sich dazu hergeben mochte. Sklaven mußten den Polizeidienstveriichten. Die alle Gentilgesinnung mußte vollständig in der allgemeinenKorruption untergegangen sein, wie im kaiserlichen Rom, bis das Hand-werk des Polizisten als ein ehrliches angesehen wurde.Di- Entpehung des Staates— des historischen Staates, nichtdie des begrifflichen, von einzelnen Philosophen aus ihrem Kopfeherauskonstruirten: die Entstehung solcher Slaatsbegriffe zu erklären,ist Sache der Psychologie— die Entstehung des Staates hat Engelsan drei für unsere historische Entwicklung besonders einflußreichen Bei-spielen dargelegt, indem er die Entstehung des athenischen, römischen undchristlich-germanischen Staates untersuchte.Der athenische und römische Staat gingen zu Grunde; die Charakter-eigenschuften, welche der ursprüngliche Koinmunismus gezüchtet hatte, ver>fielen nach und nach, als dieser in Fortfall kam. An Stelle der ursprüng-lichen Tapferkeit, einer Tapferkeit, von der uns kürzlich noch die Suva-nefen ein heroi>ches Beispiel gegeben haben, trat Feigheit, an Stelle desUnabhängigkeitssinnes Servilität. Das Volksheer wird ersetzt durch einSöldnerheer, an Stelle der Republik tritt die Monarchie— in Athendie makedonische, in Rom der Zäsarismus. Die Sklaverei ächtet diefreie Arbeit, die Latisundienwirthschaft zersetzt den alten Bauernstand.Aber nicht Lohnarbeiter werden die freigefetzten„freien" Leute, sondernLumpenproletarier. Das Land entvölkert und wird eine Beute derBarbarei.Ein neues Element gesellt sich zum antiken Staat in den G e r m a-nen. Sie verjüngen denselben, nicht, wie unsere chauvinistischen Histo-riker meinen, weil die Germanen das auserwählte Voll Gottes seien,dem allein die höchste sittliche und geistige Begabung innewohnt, sondernweil bei ihnen die alte Gentilverfassung noch nichterloschen war und sie sich noch die ganze Frische und Liebenswür-digkeit des urwüchsigen Kommunismus bewährt hatten. Noch war beiihnen die Sklaverei nicht so entwickelt, daß die Arbeit als entehrend ge-gölten hätte, noch galten bei ihnen Solidarität, Tapserkeit, Stolz undAchtung vor dem Weibe. Wohl erlagen sie dem römischen Kuttureinflusse,wohl nahmen sie die von den Römern— oder besser gejagt, Romanen— überkommene Produktionsweise auf und entwickelten sie selbftftändigweiter im Feudalismus. Aber die unterworfenen Klassen bewahrten nochin etwas die urwüchsige Kraft, die Gentilverfassung und der urwüchsigeKommunismus wußten sich mindestens in sieberresten noch so lange zubehaupten, bis die technische Enlwickelung das moderne Proletariat schufund damit die Keime emes neuen Kommunismus.Das Buch von Engels reicht in feinen Ausführungen nicht bis inletztere Epoche hinein. Es schließt mit der Entstehung des Feuoalstaatesab. Indeß besitzen wir ebenfalls von Engels eine Broschüre, welche unsdie Zeit schildert, in welcher die Reste des ersterbenden urwüchsigen Kom-munismus mit den Keimen des modernen Kommunismus zufammenankämpfen gegen die Klassenherrschaft, den Staat. Diese Broschüre,welche ein neues Licht erhält durch die neuest- Engels'jche Publikation,und die hoffentlich auch jetzt wieder in einer neuen Auflage erscheinenwird, ist eine Darstellung des Bauernkriegs. Im deutschen Bauern-kriege erheben sich die Reste des ländlichen Gemeinde-KommuniS-mus, wie er sich in der Schweiz theilweise noch erhallen, gegen die zer-setzenden Einflüsse von Adel, Pfaffen, römischem Recht und städtischer«ausmannsyerrschast. Mit ihnen aber auch die Anfange des inodernenKommunismus, vertreten in der Münzer'schen Richtung. Dieselbe Ver-bindung von urwüchsigem Kommunismus mit modernen revolutionärenElementen beherrschte die englische Revolution von 1649; ja, heute noch,vor unseren Augen, bildet sie das Element des Widerstandes gegen dieStaatsgewalt in Serbien und Rußland. In der Schweiz hat sich eineeigenthüinliche Staatsorganisation ergeben aus der Mischung der allenGentilverfassung mit der modernen Staatsverfassung und blickt dieeistere noch vielfach durch die letztere durch. Auch in die Neuengland-Staaten wurden durch die englischen und schottischen Emigranten des17. Jahrhunderts einige kümmerliche Reste der alten Gentilverfassungmit hinüdergenommen.So sehen wir, daß die Kenntniß der menschlichen Vorgeschichte nichtnur für das Verständniß der allgemeinen menschhettlichen Entwickelungsehr förderlich ist, sondern sich auch als nothwendig erweist, um mancheErscheinung unserer Zeit zu erklären.