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Erscheint
wöchentlich einmal
in
Berlag
Der Sozialdemokrat
der Boltsbuchhandlung
Poffendungen und
franto gegen franto
Gewöhnliche Briefe
№ 2.
Donnerstag, 8. Januar
Avis an die Abonnenten und Korrespondenten des„ Sozialdemokrat." D
Da der Sozialdemokrat" sowohl in Deutschland als auch in Defterreich verboten tt, bezw. verfolgt wird und die dortigen Behörden fich alle Mühe geben, unsere Verbindungen nach jenen Ländern möglichst zu erschweren, resp Briefe von dort an uns and unsere Zeitungs- und sonstigen Speditionen nach dort abzufangen, so ist die äußerste Borsicht im Poftverkehr nothwendig und darf teine Borfichtsmaßregel versäumt werden, die Briefmarder über den wahren Absender und Empfänger, sowie den Inhalt der Sendungen ju täuschen, und letztere dadurch zu schützen Haupterforderniß ist hiezu einerseits, daß unsere Freunde so selten
Abonnements
werden bei allen schweizerischew Postbureaux, sowie beim Verlag und dessen bekannten Ajenten entgegengenommen, und zwar jum voraus zahlbaren Vierteljahrspreis von
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mt 3 für Deutschland ( Coudert) fl. 1.70 für Oesterreich( Couvert) Fr. 2 50 für alle übrigen Länder des Weltpoftvereins( Kreuzband).
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die dreigespaltene Petitzeile 25 Cts. 20 Pfg
1885
als möglich an den Sozialdemokrat, resp. dessen Verlag selbst adreffiren, sondern sich möglichst an irgend eine unverdächtige Adresse außerhalb Deutschlands und Oesterreichs wenden, welche sich dann mit uns in Berbindung setzt; anderseits aber, daß auch uns möglichst unverfängliche Zustellungsadressen mitgetheilt werden. In zweifelhaften Fällen empfiehlt sich behufs größerer Sicherheit Refommandirung. Soviel an uns liegt, werden wir gewiß weder Mühe noch Koften scheuen um trok aller entgegen stehenden Schwierigkeiten den Sozialdemokrat unseren Abonnenten möglichst regelmäßig zu liefern
t.
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Zur Dampfersubvention.
Allseitig wird zugestanden, daß es sich bei der Dampfersubbention nicht um eine Prinzipienfrage im strengen Sinne des Wortes handle. Die verschiedenen Parteien des Reichstags, mit Ausnahme der rein gouvernementalen, die nach Befehl abstimmen, haben deshalb auch sämmtlich ihren Mitgliedern die Abstimmung " freigegeben", das heißt Jebem erlaubt, so zu stimmen, wie er für gut hält.
Wie unseren Lefern bekannt, hat die sozialdemokratische Fraktion einen ähnlichen Beschluß gefaßt. Dieser Beschluß hat in nun unter den Genossen des In- und Auslandes ein gewisses erer Aufsehen erregt und eine sehr verschiedenartige Beurtheilung geim funden. Hier und da hat man sogar eine Verletzung der Kopenirth hagener Kongreßresolution, welcher der Fraktion in allen Prinim ipienfragen geschlossene Abstimmung zur Pflicht macht, in sich jenem Beschlusse zu erblicken geglaubt. Allerdings mit Unrecht, ent benn was schon bemerkt- um eine Prinzipienfrage im em strengeren Sinn des Worts handelt es sich hier nicht. icht Wir halten es unter gewöhnlichen Verhältnissen aus taktischen est Gründen nicht für zweckmäßig, daß derartige Beschlüsse vor der mer Ausführung im Parteiorgan diskutirt werden. Allein im vor= liegenden Fall liegt zwischen dem Beschluß und der Ausführung or ein so großer Zeitraum, daß unbeschadet der Parteiinteressen eine öffentliche Besprechung, vorausgesetzt, daß sie ganz sachlich ist, nichts schaden tann. Und sachlich werden wir sein. Ja eigentlich blos referirend.
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Zunächst sei konstatirt, daß gerade gegen die getheilte Abstimmung sich besonders ernste Bedenken erheben: wo bleibe da, en fragt man, bie gerühmte Einheit der Partei? Und man erinnert nd an den üblen Eindruck, den seinerzeit das getheilte Abstimmen chgelegentlich der Schutzölle hervorbrachte.
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Es ist das ein Punkt, der auch von den Abgeordneten sicher wohl erwogen worden ist und wohl auch noch erwogen werden h. wird.
ch.
4.
Fr.
Ferner wird geltend gemacht, daß die Dampfersubvention ja 50 ein Stück Bismard'scher Sozialreform sei, und die Partei ur mindestens ebensoviel Gründe habe, gegen dieses Stück Sozialreform zu stimmen, wie weiland gegen das Krankenkassengesetz und gegen das Unfallversicherungsgeset. Durch die„ Staatshilfe" -h. dürfe man sich nicht blenden lassen, denn es sei ja blos Staats. hilfe für die Reichen, denen sowieso genug und zuviel Staatshilfe zufließt.
ch.
20.
t.
u.
Wir wollen dies nicht näher erörtern, denn das ist gerade t. der streitige Punkt. Daß der Löwenantheil der besitzenden Klasse zugedacht ist, das wird gewiß von keinem unserer Abgeordneten in Zweifel gezogen, allein manche sind der Ansicht, dem Handel und der Industrie, und damit indirekt auch den Arbeitern, . würden durch die Dampfersubvention Vortheile verschafft, die - nicht von der Hand zu weisen seien.
g.
et.
r. Erwähnt sei hier, daß die Abgeordneten, welche sich der Vorut. .lage gegenüber nicht a limine von vornherein ablehnend 0 berhalten, keineswegs an eine unbedingte Gutheißung und Bewilligung denken, sondern ihre Zustimmung erst von Garan tien abhängig machen, welche die Regierung sowohl in politischer als in ökonomischer Beziehung zu geben hat.
1.
Und das bringt uns zu einem Vorschlag, welchen einer it unserer bewährtesten und kompetentesten Parteigenossen macht ein Vorschlag, der vielleicht zu einer Verständigung innerhalb der Fraktion führen könnte.
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Will", so schreibt unser Genosse, will die Fraktion sich 5. nicht einfach ablehnend verhalten, so tann fie nach meiner Meinung zu dieser Staatshilfe für die Bourgeoiste, die möglicher weise( was freilich erst zu beweisen) den Arbeitern indirekt zu Gute kommen kann, nur dann ihre Einwilligung geben, wenn ebensolche Staatshilfe für die Arbeiter zugesichert wird." Gebt Ihr uns 4-5 Millionen jährlich für Arbeitergenossenschaften( nicht Vorschuß, sondern Schenkung, wie für die Rheder), dann laffen wir mit uns reden. Gebt Ihr uns Garantien, daß in Preußen die Domänen statt an Großpächter oder an Bauern, die ohne Taglöhnerarbeit existenzunfähig sind, an Arbeitergenossen: schaften ausgepachtet werden sollen, daß öffentliche Arbeiten an Arbeitergenossenschaften statt an Rapitalisten berbungen werden, gut, wir wollen ein Uebriges thun. Wenn nicht, nicht."
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" Wenn die Fraktion solche Vorschläge macht, wofür natürlich bie richtige Form gefunden werden muß, dann wird Niemand den sozialdemokratischen Abgeordneten vorwerfen können, fie vernachlässigten über der Zukunft die gegenwärtigen Bedürfnisse der
Arbeiter."
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Wir glauben, das ist ein sehr beachtenswerther und sehr praktischer Vorschlag.
W. L.
Umfange auf die Käufer abwälzen wird, ja sogar wiederum mit einer Abrundung auf ganze Pfennige bei den kleinsten Einkäufen? In diesem
Parteigenossen! Vergeßt der Verfolgten Falle, wo die orbd. Allg. 3tg." einmal das Intereſſe ber konsu
und Gemaßregelten nicht!
Von
Splitter und Balfen.
Die„ Norddeutsche Allgemeine" brachte vor einigen Tagen einen aus Bayern datirten Artikel, der sich mit der Frage beschäftigte, wie dem notorischen Uebelstande abgeholfen werden könne, daß der kleine Mann seine Lebensmittel viel theurer bezahlen muß, als ihr eigentlicher Marktpreis beträgt. Höchst charakteristischer Weise erblickt das Leiborgan Bismarck's den Fehler darin, daß es an einem Geld stück mangelt, welches den Bruchtheil eines Pfennigs darstellt.
Der heutigen Geldwährung in Deutschland , meint der Einsender," fehlt es an einer Geldsorte, durch welche die Werthe derjenigen Unterabtheilungen der Maße, nach denen die nothwendigsten Lebensmittel von den ärmeren Klassen gekauft zu werden pflegen, zu einem genauen Ausdruck gebracht werden könnten, und die Folge davon ist, daß diese Unterabtheilungen, wie z. B. das Quart oder der fünfte Theil eines Pfundes von dem Konsumenten über ihren Werth bezahlt werden müssen. Das Liter Bier kostet 22 Pfennige, das Duart müßte hiernach 5½ Pf. toften. Da die Summe nicht darstellbar ist, so rundet der Bierhändler fie nach oben zu ab auf 6 Pf. und der Konsument eines Duarts muß also ½, Pf. zu viel bezahlen. Das Pfund Rindfleisch gilt 56 Pf.; für ½ Pfund muß der Käufer aber 12 Pf. zahlen, also/ Pf. zu viel. Daffelbe wiederholt sich bei allen übrigen Konsumtionsartikeln. Die Theile sind zusammengenommen theurer als das Ganze, weil es an einer entsprechenden Scheidemünze fehlt, wie Bayern sie früher in dem Heller besaß."
Dazu bemerkt die Norddeutsche Allgemeine":
,, Welch' weittragende Bedeutung dieser Mangel für die Arbeiter und den kleinen Mittelstand hat, zeigt eine Berechnung, welche ein mit den ökonomischen Verhältnissen der ärmeren Klassen vertrauter Beamter auf Grund monatelanger Beobachtungen und Nachfragen angestellt hat. In den verschiedenen von Arbeitern besten Bierschenten sowie in den Wirthschaften der Brauereien in München werden im Laufe eines Tages bis zu dreihundertmal ein oder drei Duart*) getrunken, beziehungsweise über die Gaffe geholt. Das ergibt einen Verlust von ebensoviel halben Pfennigen auf das Quart zum Schaden der Konsumenten. Der Verlust, den die ärmeren Klassen auf diese Weise beim Einkauf der einzelnen Lebensmittel zusammen erleiden, beläuft sich nach der obenerwähnten Rechnung auf mindestens 20 Mark im Jahr pro Kopf. Schätzt man nun den Bestand dieser Klassen in ganz Deutschland auf 30 Millionen, so ergibt sich ein Verlust von 600 Millionen Mark jährlich. Diese 600 Millionen fließen heute in die Tasche des Zwischenhändlers. Bedenkt man, daß der Gewinn des letteren schon ein sehr hoher ist, wenn man denselben nach den im Zwischenhandel für die ganzen Maße üblichen Preisen berechnet, so scheint die Frage der Wiedereinführung des Hellers, durch welche jene 600 Millionen für den armen Mann erspart werden würden, einer gründlichen Erwägung wohl werth zu sein."
Das klingt sehr plausibel, und zweifelsohne wandert so mancher Pfennig aus der Tasche des armen Mannes in die Tasche des Krämers, weil es keine halben Pfennige gibt; und noch schlimmer ergeht es dem armen Mann an verschiedenen Orten in Norddeutschland, wo nicht nach Pfennigen, sondern nach Fünfpfennigstücken abgerundet wird, ähnlich wie in Paris nach Sous( gleich 4 Pfennigen). Aber keineswegs ist der Schaden so groß, wie die„ Norddeutsche" ihn hinstellt, und wer da meinen sollte, daß die Einführung des Hellers dem armen Mann eine Ausgabe von 20 Mt. pro Jahr( für die fünfköpfige Familie also 100 Mark) ersparen werde, der dürfte sich gewaltig täuschen. Die ,, Norddeutsche" sieht wohl den Splitter im Auge des Zwischenhändlers, der dem armen Mann einige Unannehmlichkeit verursacht, nicht aber den Balken, der ihn erdrückt.
Db Heller oder Pfennig, ob Sou oder Penny, immer wird der Proletarier seine Lebensmittel, wie seinen Unterhalt überhaupt, zu theuer bezahlen. Das liegt im Wesen der ganzen modernen Gesellschaft begründet. Ehe wir darauf näher eingehen, wollen wir noch der Deutschen Freihandels Korrespondenz" das Wort geben, welche dem Kanzlerorgan aus dessen eigenen Argumenten einen recht niedlichen Strick dreht. Sie schreibt nämlich:
,, Das offiziöse Blatt hat den Gegnerntner Besteuerung der nothwendigen Lebensbedürfnisse ein besseres Mterial zur Vertheidigung ihres Standpunktes geliefert, als es selbst zu ahnen scheint. Zunächst ist es bemerkenswerth, daß endlich einmal an dieser Stelle anerkannt wird, zu welcher schweren Belastung sich ein Aufschlag von halben oder viertel Pfennigen summiren kann, wenn er auf die unentbehrlichen Artikel des täglichen Vers brauchs fällt. Bisher ist gerade von dieser Seite immer hartnäckig die Anschauung verfochten worden, daß kleine Zuschläge solcher Art der Konsument überhaupt nicht fühle, und gerade darum indirekte Steuern weit leichter getragen würden als direkte Steuern. Bei den im deutschen Reiche vor fünf Jahren eingeführten Zöllen handelt es sich nicht allein um eine Besteuerung mit Bruchtheilen von Pfennigen, sondern durchweg um eine Besteuerung mit mehreren ganzen Pfennigen; die Berechnung der darin liegenden jährlichen Steuerlast für eine Arbeiterfamilie hat also noch eine weit größere Berech= tigung, als die von der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" angestellte Berechnung der aus der Abrundung resultirenden Belastung der vorzugsweise auf den Einkauf in sehr kleinen Duantitäten angewiesenen Volksklassen. Außerdem aber liegt in den Ausführungen der„ Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" das Zugeständniß, daß der Detailhandel die Normirung der Verkaufspreise gerade gegenüber den ärm- sten Konsumenten zu seinen Gunsten durchzusetzen die Kraft hat. Muß man dann aber nicht auch nothwendig anneh men, daß derselbe Detailhandel die in den Zöllen liegende Bertheuerung, welche vom Großhandel ihm zugeschoben wird, nun seinerseits in vollem
*) 1 Duart
=
1 Viertel- Liter. Und was die brei Duart betrifft, so
ist zu bemerken, daß die Arbeiter in München ( und in Südbayern überhaupt) deshalb drei Duart verlangen, weil sie mit der in den Brauereien üblichen Zugabe( ,, Gassengeschent") für 18 Pf. eben einen Liter Bier erhalten.
menten wahrzunehmen bestrebt ist, stellt sie sich somit genau auf den selben Boden, auf welchem von jeher alle diejenigen stehen, welche ent schiedene Gegner der Zölle auf nothwendige Lebensmittel sind."
Sehr treffend, und wir sind gespannt, zu sehen, wie es das Kanzler organ anstellen wird, um sich aus der selbst gedrehten Schlinge herauszuwinden. Mit vollem Recht führt nämlich die Freihandelskorrespondenz weiter aus, daß die von der Nordd. Allgemeinen" geltend gemachten Gesichtspunkte die Sache keineswegs erschöpfen. Im Kleinhandel wie im Großhandel," sagt sie ,,, wird der Einkauf der Regel nach stets um so ungünstiger sein, je kleiner das gekaufte Quantum ist. Beim Einkauf von fünf Pfund wird z. B. fast überall im Detailhandel ein ansehnlicher Rabatt auf den Pfundpreis bewilligt, und ein ähnliches Verhältniß wird wohl auch immer da Plaz greifen, wo der Preis von Fünftel- und Zehntel- Pfunden mit dem Preis für ganze Pfunde verglichen wird." Der Mangel einer kleineren Münze als der Pfennig spiele dabei in vielen Theilen Deutschlands gar keine Rolle. Was noth thue nun kommt die schwache Seite der Freihändler zum Vorschein sei viel mehr ,, die Einsicht in den Werth eines wirthschaftlichen Einkaufs, als es der Einkauf in den allerkleinsten Quantitäten ist".
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und
Diese Einsicht, verehrter Herr Brömel, ist bei Tausenden und Abertausenden von Proletariern längst vorhanden, und doch kaufen sie in den allerkleinsten Quantitäten" ein, und zwar aus dem ganz einfachen Grunde, weil sie es müssen. Um im Großen fünfpfundweise einkaufen zu können, dazu gehört nicht nur die Einsicht, daß man dabei ansehnlichen Rabatt erhält, sondern vor Allem das nöthige Geld. Und das Geheimniß, wie man bei einem Lohn von 2-3 Mt. pro Tag in die Lage kommt, seine Einfäufe en gros zu besorgen, bleibt erst noch zu entdecken.
Der Proletarier ist bei seinen Einkäufen auf den Krämer, den Zwischenhändler angewiesen, und dieser ,, will auch leben". Er schlägt bei allem, was er im Detail verkauft, etwas auf. Daran hindert ihn die Existenz des halben oder, wenn die Norddeutsche" will, des Zehntel Pfennigs nicht im Geringsten. Und kann er sich nicht an ' dem Preis helfen, so knapst er an dem Gewicht ab. Arme Leute pflegen sich in der Regel keine Wage zum Nachwiegen zu halten, und bei den fleinen Duantitäten fallen auch die Gewichtsdifferenzen viel weniger auf als beim Engroshandel.
Es ist eine alte Geschichte der Proletarier wird heute in jeder Form ausgebeutet. Nicht nur daß er für seine Arbeit mit einem Jammerlohn abgefertigt wird, er kauft auch im Verhältniß viel theurer als der Bourgeois und viel schlechter.
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Will man sich davon überzeugen, so vergleiche man einen Bedarfsartikel, dessen Nothwendigkeit Niemand bestreiten wird: die Woh= nungen!
Wie theuer muß der moderne Proletarier die Löcher bezahlen, in denen er mit den Seinen haust! Aus Proletarierwohnungen wird der größte Gewinn herausgescharrt, ihr Preis ist im Verhältniß mindestens eben so hoch als der der Luxuswohnungen der Großen und gewisser besonders rentirender Geschäftslokale. Der Metzger gibt die besseren Fleischstücke überhaupt nicht in kleinen Duartitäten ab, der Arbeiter erhält das zäheste, am wenigsten Nahrungsstoff enthaltende Stück. Eine ganze Armee von Zwischenhändlern lebt von der Uebervortheilung der Arbeiter freilich sind auch diese Zwischenhändler selbst oft in nicht befferer Lage als ihre Kunden.
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Liberale Blätter haben in dem Artikel der Norddeutschen" einen neuen Angriff auf den Zwischenhandel erblicken wollen. Nun, dazu brauchte es der Norddeutschen" nicht. Was gegen die Ausbeutung durch den Zwischenhandel gesagt werden konnte und gesagt werden kann, das ist von sozialistischer Seite längst gesagt worden. Die Mühe, ihn moralisch" zu vernichten, hätte sich die Norddeutsche" sparen können, wenn sie nicht zugleich das Mittel in der Tasche hat, Besseres an seine Stelle zu setzen.
Hier aber liegt der Haken oder, um bei unserem Eingangs gebrauchten Vergleich zu bleiben, hier kommen wir auf den Balken zu reden, den die Norddeutsche" nicht sieht und nicht sehen will. Der Zwischenhandel to Brobuftionsweise
daß jeder ernste Angriff auf ihn naturgemäß bei der Produktionsweise selbst enden muß. Der einzige Versuch, den Zwischen handel zu beseitigen, ohne an der heutigen Produktionsweise zu rütteln, sind die von der Norddeutschen Allgemeinen" so oft bespöttelten Konsumvereine.
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Nun, die Konsumvereine haben hie und da gewiß ganz nützlich gewirkt, und der Gedanke, der ihnen zu Grunde liegt, ist an sich zweifels= ohne ein ganz gesunder, aber die Erwartungen, welche ihre Befürworter an sie geknüpft, haben sie nicht erfüllt und können sie unter der heuti gen Produktionsweise nicht erfüllen. Das ist allgemein zugestandene Thatsache.
Dagegen sind Konsumvereine schon vielfach Mittel, die Ausbeutung des Arbeiters noch zu steigern, seine Lage noch zu verschlechtern. Wir erinnern nur an die Kohlenarbeiterstreiks in Böhmen , die sich gegen diese Wohlfahrtseinrichtungen" wendeten. Mittels der Konsumvereine wurden die modernen Lohnsklaven doppelt gezwackt.
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Wir mögen die Uebelstände, unter denen die Arbeiter leiden, anpacken, wo wir wollen, immer finden wir, wenn wir der Sache auf den Grund gehen, schließlich den Kern des Uebels in der heutigen Produktionsweise. Weil sie auf der Ausbeutung des Arbeiters durch den Kapita listen beruht, weil sie die sogenannte freie Konkurrenz voraussetzt, deren Vortheile man nicht haben kann, ohne ihre Schattenseiten in den Kauf zu nehmen, darum wird und muß bei ihr der Hebel angesetzt werden, wenn man dem Nothstand der Arbeiter ernsthaft auf den Leib rücken will. All die Pfennigfuchsereien der Krämer sind schließlich nur Splitter vom Balken, der heute auf den Schultern der Arbeiter lastet, ja sie wären ohne diesen Balken gar nicht vorhanden. In einer Gesellschaft, in der nicht für den Profit produzirt wird, sondern zur Deckung der gesellschaftlichen Bedürfnisse, ist eine Ausbeutung durch den Handel von selbst ausgeschlossen, weil es ohne Profit keinen Handel gibt.
Will die Norddeutsche Allgemeine" der Ausbeutung des Arbeiters durch den Zwischenhandel ein Ende machen, so erkläre sie dem Profit den Krieg, aber dem Profit in jeder Gestalt. Mit ihren leeren Deklamationen und ihren Münzkunststückchen erregt sie nur ein mitleidiges Achselzucken.
Das sind nur Finten, um die Augen von dem Kern des Uebels abzulenken und die Leute glauben zu machen, es geschieht etwas, während in Wahrheit nichts geschieht.