So sind diese vergoldeten Götzen, vor denen der gute deutsche Spieß-bürger anbetend im Staube liegt, inwendig hohl, voll Rattennester undSpinngeweben, wie die der Babylonier.„Fern seh' ich im Voraus und viel kann ich sagen,vom Sinken der Götter, der Sieg-Asen Fall:schrecklicher Ehebruch schaltet auf Erden,Beilzeit und Schwertzeit, brechende Schilde,Sturmzeit und Wolfzeit vom Sturze der Welt."(Die Endet.)Rothfeder.— �AA/X*A/W—Sozialpolitische Rundschau.Zürich, 11. November I88ö.— Im„Recht auf Arbeit" veröffentlicht Genoffe Liebknechtfolgende Erklärung:„Als Verfaffer der in der letzten Nummer des„Recht auf Arbeit"angegriffenen Artikel unseres Parteiorgans über den Normalarbeitstaghabe ich Ihnen, nicht zur Vertheidigung, sondern zur Richtig- und Klar-fiellunq Folgendes zu bemerken:1) Wer mich auf Grund jener Artikel zu einem Gegner des Nor-malarbeitstages stempelt, hat dieselben einfach nicht gelesen. DerNormalarbeitstag ist von keinem Genoffen wärmer und planmäßiger be-fürwortet worden als von mir. Ich war einer der ersten, die ihn inDeutschland besürworteten. Die Denkschrift zu Gunsten des Normal-arbeitstages und eines Arbeiterschutzgesetzes, welche der Leipziger Arbeiter-Bildungsverein in der Mitte der sechsziger Jahre(im Früh-jähr 1866) an die Leipziger Handelskammer richtete, war von mir ver-faßt. Es ist wohl die erste in Deutschland geschriebene Schrift fürden Normalarbeitstag, von dessen Nothwendigkeit ich mich währendmeines 13jährigen Aufenthaltes in England überzeugt hatte.Wenn man jedoch den Normalarbeitstag als Mittel zur Beseitigungvon Nebelständen empfiehlt, die im Wesen der herrschenden kapitalisti-schen Produktion wurzeln und nur m i t i h r beseitigt werden können,so ist das eine soziale Kurpfuscherei, gegen die Verwahrung ein-zulegen ich mich verpflichtet glaube.2) Die von mir gebrachten Zitate sind fast ausschließlich dem„ K a-p i t a l" von Marx entnommen. Wenn der„rodbertussende" MaxSchippe! in seiner Broschüre über„staatliche Lohnregulirung" das„Kapital" fleißig benützt hat, so gereicht ihm das zur Ehre; bei fort-gesetzter fleißiger Benutzung wird er die ihm noch anhängenden Eier-schalen der„Rodbertusserei" gewiß abschütteln und u. A. auch die er«z i e h e r i s ch e Bedeutung des Normalarbeitstages begreifen. Daß i chfür die reaktionären pseudosozialistischen Chimären des preußischen Bureau-kraten Rodbertus nicht schwärme, weiß die Redaktion des„Recht aufArbeit", ohne daß ich es ihr zu sagen brauche. Die Agitation, welcheseit einiger Zeit betrieben wird, um Rodbertus an die Stellevon Marx zu schieben, stammt aus der n ä m l i ch e n t r ü b e nQuelle, der auch der Versuch entsprungen ist, d e n d e u t s ch e nSozialdemokraten und überhaupt den deutschen Arbeiternihr internationales Klassenbewußtsein wegzueska-m o t i r e n.Der Utopismus eines Rodbertus ist eben nicht reaktionärerals der ll t o p i s m u s D e r e r, die vom Normalarbeitstagdie Lösung der sozialen Frage erwarten, denn wenn eswahr wäre, daß mit Hilfe des Normalarbeitstages jedem Arbeitsfähigenlohnende Arbeit geschafft werden könnte, gäbe es in der That kemesoziale Frage mehr.Die Artikel im„Sozialdemokrat" waren übrigens nur der Vorläufereiner größeren, namentlich auch gegen Rodbertus gerichteten Arbeit überden Normalarbeitstag, die ich unter der Feder habe, und auf die icheinstweilen verweise.Borsdorf bei Leipzig, 8. November 1885.W. Liebknech t."Die Ausführungen, mit denen die Redaktion des„Recht auf Arbeit"dieser Erklärung gegenüber ihren Angriff zu vertheidigen sucht, lau-fen im Grunde darauf hinaus, daß es nicht„zweckmäßig" sei, imgegenwärtigen Moment den übertriebenen Vorstellungen von der Wir-kung des Normalarbeitstages mit dem„allzu scharfgeschliffenen kritischenSezirmeffer" zu Leibe zu gehen. Nun, mit dem Worte„zweckmäßig"kann man, wie der deutsche Nationalliberalismus und der französischeOpportunismus zeigen, bekanntlich alles beweisen, was man beweisenwill— wenn das„Recht auf Arbeit" es für unzweckmäßig hält, einernotorisch falschen Auffaffung entgegenzutreten, weil dadurch die Begeiste-rung der Arbeiter für die Arbeiterschutzgesetze beeinträchtigt werden könnte,so halten wir es mit Genoffe Liebknecht für sehr zweckmäßig, daß auchin dieser Frage die Spreu der Illusionen vom Weizen des wirklichenSachverhalts getrennt werde, und so die Arbeiter in Stand gesetzt werden,als bewußte Kämpfer, gegen alle Einwände gewappnet, fürden Normalarbeitstag einzutreten. Dadurch, daß wir die begründetenFeuilleton.Zur Keschichte des„Wundes der Kommunisten."*)Mit der Verurtheilung der Kölner Kommunisten 1852 fällt der Vor-hang über die erste Periode der deutschen selbständigen Arbeiterbewegung.Diese Periode ist heute fast vergeffen. Und doch währte sie von 1838— 52und die Bewegung spielte, bei der Verbreitung der deutschen Arbeiterim Ausland, in fast allen Kulturländern. Und damit nicht genug. Dieheutige internationale Arbeiterbewegung ist der Sache nach eine direkteFortsetzung der damaligen deutschen, welche die erste internatio-nale Arbeiterbewegung überhaupt war, und aus der vieleder Leute hervorgingen, die in der Internationalen Arbeiter-Assoziationdie leitende Rolle übernahmen. Und die theoretischen Giundsätze, die derBund der Kommunisten im„Kommunistischen Manifest" von 1847 aufdie Fahne schrieb, bilden heute das stärkste internationale Bindemittelder gesammten proletarischen Bewegung Europas wie Amerikas.Bis jetzt gibt es für die zusammenhängende Geschichte jener Bewegungnur eine Hauvtquelle. Es ist das sogenannte schwarze Buch:„Die Kom-mumsteN'Verschwönmgen des 19. Jahrhunderts. Von Mermuth undStieber." Berlin. 2Theile, 1853 und 54. Dies von zwei der elendestenPolizeilumpen unsres Jahrhunderts zusammengelogne, von absichtlichenFälschungen strotzende Machwerk dient noch heute allen nichtkommunisti-schen Schriften über jene Zeit als letzte Quelle.Was ich hier geben kann, ist nur eine Skizze, und auch diese nur,soweit der Bund selbst in Betracht kommt; nur das zum Verständnißder„Enthüllungen" absolut Nothwendige. Es wird mir hoffentlich nochvergönnt sein, das von Marx und mir gesammelte reichhaltige Materialzur Geschichte jener ruhmvollen Jugendzeit der internationalen Arbeiter-bewegung einmal zu verarbeiten.Aus dem im Jahr 1834 in Paris von deutschen Flüchtlingen ge-stifteten demokratisch-republikanischen Geheimbund der„Geächteten" son-derten sich 1838 die extremsten, meist proletarischen Elemente aus undbildeten den neuen geheimen„Bund der Gerechten." DerMutterbund, worin nur die schlafmützigsten Elemente ä la JakobusBenedey zurückgeblieben, schlief bald ganz ein: als die Polizei 1840 einige*) Der vorstehende, vom Verfaffer, F r. Engels, als„Skizze" be-zeichnete Beitrag zur Geschichte der Arbeiterbewegung des 19. Jahrhun-derts bildet die Vorrede zu einer demnächst— als Heft IV der„So-zialdemokratischen Bibliothek"— erscheinenden Neu- Auflage der vonMarx verfaßten„Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln."Er trägt nicht nur erheblich zum Verständniß des Prozesses und seinerspeziellen Vorgeschichte bei, sondern wirft auch ganz neues Licht auf einethells ganz vergessene, theils nur aus einseitigen Darstellungen bekannteEpoche der kommunistischen Bewegung der 4<ier Jahre.Einwände gegen die Allmacht des Normalarbeitstages selbst anerkennen,stärken wir unsern Kampf für denselben. Ja, sogar vom Standpunktder krassesten Erfolgspolitik kann es nur zweckmäßig sein, wennwir Sozialisten den Nachweis führen, daß der Normalarbeitstag dasWesen der heutigen kapitalistischen Produktionsweise unberührt läßt, denndadurch winden wir den kapitalistischen Gegnern desNor-malarbeitstages, die denselben als den reinen Kommunismushinstellen, eine ihrer beliebtesten Ausreden aus der Hand.So viel im Allgemeinen zur Sache, spezieller auf die Ausfüh-rungen des„Recht auf Arbeit" einzugehen, müssen wir dem GenoffenLiebknecht, als Verfaffer der angegriffenen Artikel, vorbehalten.Uns aber sei noch eine mehr persönliche Bemerkung gestattet. In derReplik des„Recht auf Arbeit" wird Liebknecht gegenüber von„Unfehl-barkeit" gesprochen, die er„wohl am allerwenigsten für sich in Anspruchnehme", und uns gegenüber heißt es, wir werden wohl„schließlich davon abkommen, es als Hochverrath anzusehen, wenn man mit der Hal-tung des offiziellen Organs sich in einer gegebenen Frage nicht einver-standen erklären kann."" Wir könnten diese Redensarten einfach zurück-geben, denn grade die Redaktion des„Recht auf Arbeit" war es, welcheunsere Normalarbeitstag Artikel, noch ehe dieselben zu Ende geführt, ineiner Weise attakirte, daß, wer dieselben nicht gelesen, wirklich an Hoch-verrath an der Sache der Arbeiter glauben konnte. Wir wollen es aberdabei bewenden laffen, sie aufs Energischste zurückzuweisen. Wir tretenfür dasjenige, was wir recht und gut halten, mit derjenigen Entschieden-heit ein, welche nach unserer Meinung Pflicht jedes Menschen von Cha-rakter, vor allem jedes politischen Kämpfers ist. Das hindert uns aberkeineswegs, auch den Ueberzeugungen Anderer Gerechtigkeit widerfahrenzu laffen; von der Sucht des Verketzerns wissen wir uns frei. Wennwir nicht indifferent sind, so sind wir deswegen noch lange nichtintolerant. Diesen Unterschied wolle man festhalten, anstatt, wo einStandpunkt mit Energie verfochten wird, mit so billigen Wendungenwie Unfehlbarkeit, Hochverrath k. zu kommen, den Lieblingsausflüchtenjener Kautschukpolitiker, an denen das Deutschland des zweiten Kaiser-reichs so überaus gesegnet ist, und die sich auf ihre Fehlbarkeit,will heißen Gesinnungslosigkeit, noch extra etwas zu Gutethun. Auf uns machen sie um so weniger Eindruck, als sie von jehergrade den Männern gegenüber beliebt wurden, denen wir, als den tüch-tigsten und verdientesten Vorkämpfern unserer Sache, nachzueifern be-strebt sind.— Ein charakteristisches Wort zitirt Em. S a x in demzweiten Band seiner überaus lehrreichen Studie über die H a u s i n d u-strie in Thüringen(Ruhla und das Eisenacher Oberland).„DerVolksmund," sagt er bei Besprechung der Lage der Drechsler in und umRuhla,„kennzeichnet daS Elend des Rohstoffbezuges und Waarenabsatzesdurch den Spruch:„Rohes Material wird Gold und fer»tige Waare Mi st."Mit diesem Ausspruch werden nicht nur die speziellen Verhältniffe derarmen Hausarbeiter jener Gegend, sondern wird die ganze Tendenz dermodernen Produktionsverhältnisse gekennzeichnet. Die Nothwendigkeit,durch Massenabsatz den Markt zu erzwingen, treibt zur fieberhaften Pro-duktion und Ueberproduktion, während mit Bezug auf die Gewinnungder meisten Rohprodukte immerhin eine gewisse Stabilität herrscht, oderdieselbe sich wenigstens annähernd übersehen läßt. Das Rohprodukt wirdnie so großen Preisschwankungen unterworfen sein als das fertige Fab-rikat— dieses verliert, sobald der Markt überladen ist. mit dem Ge-brauchswerth auch den Tauschwerth; das Rohprodukt aber, dessen Ge-brauchswerth vielseitiger ist, wird durch diesen Umstand vor dem gänz-lichen Verlust seines Tauschwerthes bewahrt.Nehmen wir ein Beispiel aus der Lederindustrie. Wenn Ueberpro-duktion an Schuhen vorhanden ist, sv verlieren die unverkäuflichen Schuhenicht nur den Werth des zu ihrer Herstellung verwendeten Arbeitsauf-wands, sondern auch das in ihnen enthaltene Rohmaterial, das Leder,wird nahezu werthlos— Abfallwaare. Der Fabrikant kann sich in sol-chen Zeiten sehr glücklich schätzen, wenn er für sein fertiges Produkt nurso viel erhält, als er für das unbearbeitete Leder hatte zahlen müssen.In der Regel wird ihm, da in der Zeit der fieberhasten Produktion derPreis des Rohmaterials aufs Fabelhafte emporgeschraubt, RohmaterialGold wird, selbst das nicht gelingen.Es geht daraus hervor, wie alle Versuche, den Handwerkern durchBelehnung ihrer Maaren die Existenz zu erhalten, von vornherein zurOhnmacht verurtheilt sind. Die Hülfe wird immer nur vorübergehendsein, und der Ruin um so sicherer. Eine Waorenkreditanstalt, die fertigeFabrik.. te höher beleiht, als das in ihnen steckende Rohmaterial werth ist,trägt den Keim des Bankrotts in sich, wie jeder Industrielle, der seineZuflucht zu solchen Instituten nimmt, im Grunde bereits bankrott ist.Und man braucht nur einen Blick in unsere heutigen Geschäftsverhält-nisse zu thun, um sich davon zu überzeugen, daß die ganze modernekapitalistische Gesellschaft weiter nichts ist als eine einzige solche innerlichbankrotte Waarenkreditgesellschaft.— Das gleiche Recht für Alle, die etwas haben, hat,— so schreibt man uns aus München— in der letzten Schwurgerichts-seffion wieder seine Triumphe gefeiert. Oder ist es nicht ein Sieg dermoralischen Weltordnung, wenn eine arme, aus dem Gebärhaus ent-laffene, mittel- und arbeitslose, halbverhungerte Nähterin, die, nachdemsie alles versucht, um sich und ihr Kind zu erhalten, am Ende aus demSektionen in Deutschland ausschnüffelte, war er kaum noch ein Schatten.Der neue Bund dagegen entwickelte sich verhältnißmäßig rasch. Ursprüng-lich war er ein deutscher Ableger des, an babouvistische Erinnerungenanknüpfenden, französischen Arbeiterkommunismus, der sich um dieselbeZeit in Paris ausbildete; die Gütergemeinschaft wurde gefordert alsnothwendige Folgerung der„Gleichheit". Die Zwecke waren die dergleichzeitigen Pariser geheimen Gesellschaften: halb Propagavdaverein,halb Verschwörung, wobei jedoch Paris immer als Mittelpunkt der revo-lutionären Aktion galt, obgleich die Vorbereitung gelegentlicher Putschein Deutschland keineswegs ausgeschlossen war. Da aber Paris das ent-scheidende Schlachtfeld blieb, war der Bund damals thatsächlich nichtviel mehr als der deutsche Zweig der französischen geheimen Gesellschaften,namentlich der von Blanqui und Barbös geleileten Sooiete des saisons,mit der enger Zusammenhang bestand. Die Franzosen schlugen los am12. Mai 1839; die Sektionen des Bundes marschirten mit und wurdenso in die gemeinsame Niederlage verwickelt.Von den Deutschen waren namentlich Karl Schapper und Hein-rich Bauer ergriffen worden; die Regierung Louis Philipp's begnügtesich damit, sie nach längerer Haft auszuweisen. Beide gingen nach Lon-don. Schapper aus Weilburg in Raffau, als Student der Forstwissen-schaft in Gießen 1832 Mitglied der von Georg Büchner gestifteten Ver-schwörung, machte am 3. April 1833 den Sturm auf die FrankfurterKonstablerwache mit, entkam ins Ausland und betheiligte sich im Februar1834 an Mazzini's Zug nach Savoyen. Ein Hüne von Gestalt, resolutund energisch, stets bereit, bürgerliche Existenz und Leben in die Schanzezu schlagen, war er das Musterbild des Revolutionärs von Profession,wie er in den dreißiger Jahren eine Rolle spielte. Bei einer gewissenSchwerfälligkeit des Denkens war er keineswegs besserer theoretischerEinsicht unzugänglich, wie schon seine Entwicklung vom„Demagogen"zum Kommunisten beweist, und hielt dann um so starrer am einmalErkannten. Ebendcßhalb ging seine revolutionäre Leidenschaft zuweilenmit seinem Verstände durch; aber er hat stets seinen Fehler nachher ein-gesehn und offen bekannt. Er war ein ganzer Mann, und was er zurBegründung der deutschen Arbeiterbewegung gethan, bleibt unvergeßlich.Heinrich Bauer aus Franken war Schuhmacher; ein lebhaftes, auf-gewecktes, witziges Männchen, in dessen kleinem Körper aber ebenfallsviel Schlauheit und Entschlossenheit steckte.In London angekommen, wo Schapper, der in Paris Schriftsetzergewesen, nun als Sprachlehrer seinen Unterhalt suchte, knüpften beidedie abgerissenen Bundessäden wieder zusammen und machten nun Londonzum Zentrum des Bundes. Zu ihnen gesellte sich hier, wenn nicht schonfrüher in Paris, Joseph Moll, Uhrmacher aus Köln, ein mittelgroßer Herkules— er und Schapper haben, wie oft! eine Saalthüregegen Hunderte andringender Gegner siegreich behauptet— ein Mann,der seinen beiden Genossen an Energie und Entschlossenheit mindestensgleichkam, sie aber geistig beide übertraf. Nicht nur daß er gebornerDiplomat war, wie die Erfolge seiner zahlreichen Missionsreisen bewiesen;er war auch theoretischer Einsicht leichter zugänglich. Ich lernte sie alledrei 1843 in London kennen; es waren die ersten revolutionären Pro-letarier, die ich sah; und soweit auch im Einzelnen damals unsre An-Höhepunkt der Verzweiflung ihr Kind tödtet, wenn, sagen wir, dies un-selige Opfer eines schurkischen Verführers zu vier Jahren Gefäng�nijj verurtheilt wird? Verurtheilt unter dem Applaus der„Damenim Auditorium, nach einem durch Bornirtheit und schamlosen Hohngleicherweise ausgezeichneten Plädoyer des öffentlichen Anklägers, dermit eiserner Stirne behauptet, wer arbeiten wolle fände auch Beschäf'tigung! Und dieser Bube in Staatsstellung sagt so etwas, obwohlaktenmäßig festgestellt wurde, daß die Angeklagte trotz eifrigstenArbeitsuchens keine Arbeit gefunden hat.Wenige Tage darauf ein anderes Bild! Ein Bursche aus der Bour-geoisie, der S t u d i o s u s D e n k, der im Duell seinen raufboldigenKollegen, einen gewissen B e i s l e r, erschossen hatte. Welche Sympathieder Geschworenen, welch rührender Eifer der Staatsanwaltschaft und beiVertheidigers, den Mörder herauszureißen! Die„sittliche Berechtigungdes Duells" steht außer allem Zweifel, so sagt wenigstens der Verthei-diger Wimmer. Der junge hoffnungsvolle Bourgeois hatte sich mitseinem Gegner weidlich geprügelt. Der Staatsanwalt Zimmerer,sozialistentödterischen Angedenkens, meinte, sich prügeln sei Sache derProletarier. Ein Proletarier thut das nicht, das mögen die Kultur-lümmel mit oder ohne bunte Mütze gefälligst unter sich besorgen, unddiesen edlen Sport dann kommentmäßig unv getreu dem„Ehrenkodex"durch Todtschießen krönen.Der Silberdiener K r u m p e r, der die königliche Silberkammer uwEtliches an Geschmeide und Beschlägen erleichtert hat, war so fürstchtiggewesen, bei Ludwig dem Männerverehrer kniefällig um Gnade zuflehen. ER, der Großmüthige, in seiner Gehirnerweichung fortgeschrit-tenem Stadium, bewilligte ihm in Gnaden volle Pension. Das Volkkanns ja zahlen, wir haben heidenmäßig viel Geld, der König hat etwa18 Millionen Schulden, und der Bankrott der Zivilliste steht vor derThüre. Aber Krumper hatte auch schwerwiegende Gründe für sich-Hinter ihm lag eine ruhmreiche Vergangenheit als intimer Stallknechtdes Königs. Ludwig hat ihm hinter seinem Rücken viel Liebes unvGutes gethan, und alten Maitressen schlägt solch ein generöser Monarchim Stile Ludwigs XIV. keine Bitte ab. Zwar ist Krumper vom Land-gericht wegen„Vergehen im Amt" zu 1 Jahr Gefängniß und 5 JahrenEhrverlust verurtheilt worden. Aber mit Recht fragt der bissige„Vater-land"-Sigl:„Ob der das Jahr auch absitzen wird?" Wir glauben, düBegnadigung wird erfolgen. Der König, als ein Mensch, der mit allenMännern, besonders wenn sie seine Stallknechte sind, fraternisirt, wirdmit mariner brüderlicher Liebe die Pforten des Nürnberger Zellengefäng'niffes öffnen. Und„In den Armen lagen sich BeideUnd weinten vor Schmerz und Freude."Die Nähterin aber, diese verbrecherische Kreatur, die so frech war,kein Geld, keine Freunde zu haben, dies pfenniglose Weib wird ihre vierJahre absitzen, und als Unglückliche, als Verlorene die Besserungsanstalt,so man Gefängniß nennt, verlassen. Das ist ja der Lauf der kapita-listischen Welt.—„Die Ermordung" Auerswald's und Lichnows-ki's durch das ausständische Volk(am 18. September 1848 zu Franl-surt a/M.) war bis jetzt ein unverwüstlicher Ladenhüter unserer GrusebPolitiker; und wenn der brave Philister von dieser„entsetzlichen Greuel-that" der Revolutionäre hörte, dann überlief ihn eine Gänsehaut, under zog die Zipfelmütze noch weiter herunter, Gott dankend, daß WÜein festes Regiment, anderthalb Millionen Soldaten und eine stramm«Polizei haben. Als Urheber jener„Greuelthat" wurden seinerzeit ver<schieden« Personen hingerichtet, und zwar als gemeine Mörder, obgleichsie entweder ihre völlige Unschuld betonten oder geltend machten, daßAuerswald und Lichnowski sich aktiv am Kampf gegen das Volk bethe>'ligt hätten".Letzteres wurde von den Behörden und Reaktionären aller Art auf«Lebhaft, sie bestritten.Jetzt— nach 37 Jahren!— ist die Wahrheit an den Tag gekommmev-und zwar durch einen in der„Allgemeinen Militärzeitung" veröffenblichten Bericht des damaligen hessischen Militärbevollmächtigten bei desdeutschen Kriegsministerium— des schon 1862 als Oberst verstorbene�Majors Du Hall. Warum der Bericht solange nicht in die Oeffenblichkeit kam, wird nicht erklärt— der Grund war aller Wahrscheinlichke»nach der, daß man die alte Gruselmähr nicht zerstören mochte— m««wollte warten, bis das Interesse erloschen oder doch wenigstens abge-schwächt war.Major Du Hall führte am 18. September, als die Sache seskritisch für die Behörden stand, Truppen nach Frankfurt. Der auf di«„Ermordung" bezügliche Theil des Berichts lautet:„Während die eine Schwadron zwischen dem Untermainthor und desEschenheimerthor patrouillirte, übernahm die andere die Besetzung bsPromenade an dem Friedberger- und Allerheiligenthor. Leider kam dies«Maßregel etwas verspätet, um den t r a g i s ch e n V o r f a l l mit desGeneral von Auerswald und dem Fürsten Lichnowskszu verhüten, denn gerade als die linke Flügelabtheilung an dem Friedbergerthor ankam, wurde der verwundete Fürst in das Bethmann'sch«Haus gebracht.„Den letztgenannten(also Lichnowsky) hatte ich noch kurze Zeit vorhsauf der Hauptwache bei dem Grafen Nobili gesehen; er war eifri'beschäftigt, denselben für einen Angriffsplan zbestimmen, nach welchem nämlich, wie in der Fahrgaffe, d i e I nsichten auseinandergingen— denn ich trug ihrem bornirten Gleichheit«'kommunismus*) damals noch ein gut Stück ebenso bornirten philossphrschen Hochmuths entgegen— so werde ich doch nie den imponirende«Eindruck vergeffen, den diese drei wirklichen Männer auf mich machtetder ich damals eben erst ein Mann werden wollte.In London, wie in geringerm Maße in der Schweiz, kam ihnen d'«Vereins- und Versammlungsfreiheit zu gut. Schon am 7. Februar Iß-bwurde der öffentliche deutiche Arbeiter-Bildungsverein gestiftet, der heubnoch besteht. Dieser Verein diente dem Bund als Werbebezirk neu"Mitglieder, und da, wie immer, die Kommunisten die thätigsten uvintelligentesten Vereinsmitgli-der waren, verstand es sich von selbst, d»seine Leitung ganz in den Händen des Bundes lag. Der Bund hat!«bald mehrere Gemeinden, oder wie sie damals noch hießen,„Hüttenin London. Dieselbe auf der Hand liegende Taktik wurde in der Schwei)und anderswo befolgt. Wo man Arbeitervereine gründen konnte, wurde«sie in derselben Weise benutzt. Wo die Gesetze dies verboten, ging m»«in Gesangvereine, Turnvereine u. dgl. Die Verbindung wurde großentheibdurch die fortwährend ab- und zureisenden Mitglieder aufrecht erhalte«-die auch, wo erforderlich, als Emiffäre fungirten. In beiden Hinsicht««wurde der Bund lebhaft unterstützt durch die Weisheit der Regierungendie jeden mißliebigen Arbeiter— und das war in neun Fällen au«zehn ein Bundesglied— durch Ausweisung in einen Emiffär ve«wandelten.Die Ausbreitung des wiederhergestellten Bundes war«ine bedeutend�Namentlich in der Schwei, hatten Weitling, August Becker(e«höchst bedeutender Kopf, der aber an innerer Haltlosigkeit zu Grün«ging wie so viele Deutsche) und Andre eine starke, mehr oder wenig«auf Weitling's kommunistisches System vereidigte Organisation geschaffe«Es ist hier nicht der Ort. den Weitling'schen Kommunismus zu kritisire«Aber für seine Bedeutung als erste selbständige theoretische Regung dfdeutschen Proletariats unterschreibe ich noch heute Marx' Worte i«Pariser„Vorwärts" von 1844:„Wo hätte die(deutsche) Bourgeois— ihre Philosophen und Schriftgelehrten eingerechnet— ein ähnlich«Werk wie Weitling's„Garantien der Harmonie und Freiheit" i n B«zug auf die Emanzipation der Bourgeoisie— d>politische Emanzipation— aufzuweisen? Vergleicht man die nüchtertkleinlaut« Mittelmäßigkeit der deutschen politischen Literatur mit dies«'maßlasen und brillanten Debüt der deutschen Arbeiter; vergleicht m«diese r iesenhaften Kinderschuhe des Proletariats rt1der Zwerghaftigkeit der ausgetretenen politischen Schuhe der Bourgeois«so mutz man dem Aschenbrödel eine Athletengestalt prophezeien." Di«Athletengestalt steht heute vor uns, obwohl noch lange nicht ausg«wachsen.Auch in Deutschland bestanden zahlreiche Sektionen, der Natur dsSache nach von vergänglicherer Natur; aber die entstehenden wogen d'•) Unter Gleichheitskommunismus verstehe ich wie gesagt ledigl«den Kommunismus, der sich ausschließlich oder vorwiegend auf''Gleichheitsforderung stützt.