dt ef ste zwar nicht viel gewinnen, aber auch nicht viel verlieren können.Wenn also vom Finanzärar eine Gewinnst-Nummer, die schon langenicht gezogen wurde und deßhalb stark besetzt ist, gesperrt wird, so istParti das dieselbe Handlungsweise, als wenn Jemand ein Werthpapier gegenmöz«i Ratenzahlungen verkauft und bei Empfang der letzten Rate weder dasitf ihr Werthpapier noch das Geld herausgeben will, kurz gesagt: ein S ch u r k e n->lae p streich. Der Staat begnügt sich also nicht allein mit dem Millionen-r Art! gewinnst, an dem thatsächlich der Schweiß und das Blut der ärmstenfrem« Bevölkerung klebt, er behält sich auch noch obendrein die Gewinnste,natu welche er bezahlen sollte.— Die alte österreichische Wappeninschrift heißt:dlichfl A E. I 0 V. und man deutet sie: Aller Ehren ist Oesterreich voll;ab?«in Spaßvogel meinte aber schon vor 200 Jahren, es hieße: Allererstist Oesterreich verdorben. Der Mann hat, wie Figura zeigt, noch heut-Recht.— Die Ratten in Todesangst. Wie die„Königsberger Har-timz'sche Zeitung" meldet, versendet eine Anzahl hervorragender Kon-s-rvativer der Provinz Ostpreußen ein vertrauliches Zirkular, inwelchem sie ihr- politischen Freunde dringend zur Gewinnung neuerAbonnenten für die konservative„Ostpreußische Zeitung" auffordert. Indem Schriftstück wird u. A. z u r Erwägung gegeben, daß dergegenwärtige„Zeitpunkt sehr günstig ist, nachdemLaufderWeltstch aber sehr schnell ändern kan n."Es muß mit dem alten Wilhelm wirklich schon sehr schlecht stehen,wenn die getreuen konservativen Ratten aus diesem Loch zu pfeifenbeginnen. Schnell noch mitnehmen, was wir mitnehmen können, das istdie Parole.„Unser Fritz» könnte— von„liberalen Anwandlungen"abgesehen— S e l b st än d i g k ei t s m u ck e n zeigen. Er ist eben nochkein 88jähriger Hosen—, pardon„Heldengreis", den man mit Kinder-Aärchen gruseln macht.„Den Vater haben wir in der Hand, also zuge-griffen." Das ist die Moral von seiner Majestät allergetreuesten Ober-Lakaien, und zugleich des— monarchischen Gedankens.Der Rest heißt Wollzoll und Schnaps monopol.— Freies Wahlrecht. In Berlin ist der V-rgolder Böhl,der bei der letzten Stadtverordnetenwahl als Kandidat der Soz?aldemo-traten auftrat, aus dem Geschäft, in dem er seit über 4 Iahren m Ar-beit gestanden, plötzlich wegen„Arbeitsmangels" entlassen worden, selbstder Korrespondent der lammfrommen Münchener„Allgememen merntdazu, daß eine solche Maßregelung aus rein politischen Motiven ,n der•«;, Berliner Arbeiterschaft„böses Blut" machen müsse. Da die BerlinerJX Arbeiter kein Fischblut in den Adern haben, so wird das wohl stimmen.laue»c Ens Ghabecoleto»alte«s einirkunaat-)-rrenVolkaats->ahreleichtnapsmitichstelenk-ldelt.illen,asereder!ara-äiin-inemzehnzannwirdas- ge-cklichznerßerrüh-nen,ZU-(INNüheraberinenein»-.be-hat.elch'demeinege-l-hnp eihlenbge-demndeiweidieDemBe-nscherRil--inems-abt,»ach'ischstensie"ter-alsdesge-ng.lcheen.oß-tenchenz-lndochich)tniurrd.jents-ine»uko-sieher— Unsere Genossen imsächsischenLandtag haben folgendenAntrag eingebracht:„Die Kammer wolle beschließen:Die Staatsregierung zu ersuchen, sobald als möglich, spätestensaber dem nächsten Landtag einen Gesetzentwurf vorzulegen, durchwelchen das Gesetz über das Volksschulwesen vom 26. April1873 dahin abgeändert wird:daß sür alle auf Grund von§ 3 des erwähnten Gesetzes er-richteten Schulena)die Erhebung von Schulgeld,d) die Erhebung besonderer Schulanlagenaufgehoben werde,dagegen angeordnet wird, daß die Ausbringung der Unterhaltungs-kosten sür die Volksschulen, soweit diese nicht aus dem vorhandenenVermögen oder Stiftungsfonds bestritten werden, durch Besteue-rung aller steuerpflichtigen Gemeindemitglieder nach Maßgabe ihresEinkommens stattzufinden hat;daß der Staat die Verpflichtung übernimmt, denSchulgemeinden zur Unterhaltung der Volksschulen einen jährlichenBeitrag von mindestens acht Millionen Mark aus derStaatskaffe dergestalt zu überweisen, daß dieser Beitrag, soweit ernicht für die Pensionen und Unterstützungen an Lehrer und Hinter-laffene Verwendung findet, nach der Kopfzahl der schulpflichtigenKinder an die einzelnen Schulgemeinden vertheilt wird;daß in den Volksschulen einheitliche Lehrbücher sür das ganzeLand eingeführt werden, deren Auswahl eine alljährlich stattfindendeKonferenz der Schulinspektoren vorzunehmen hat, und daß dieLehrmrttel an die Schiller unentgeltlich verabfolgtwerden."Fast alle hier aufgeführten Forderungen sind in einzelnen Kantonen,bezw. Gemeinden der Schweiz bereits durchgeführt, man wird sichalso nicht mit der Ausrede entschuldigen können, es werde Unmöglichesverlangt.— Der Normalarbeitstag in der Schweiz. Im„Grüt-lianer" lesen wir:„Auch die zürcherische Regierung will bis auf Weiteres an Stick-fabrikanten keine Arbeitszeitverlängerung mehr bewilligen, in Be-rücksichtigung eines Gesuches des Stickereiverbande s."Kann sich die Arbeiterschutzgesetz-Kommission des deutschen ReichstagsI notam nehmen.— Das Reichsgericht hat sein Möglichstes gethan.Es hat der von der Chemnitzer Staatsanwaltschaft beantragten Re-vision gegen das unsere Genossen Auer, Bebel»c. von der Anklage aufGeheimbündelei freisprechende Erkenntniß des Chemnitzer LandgerichtsFolge gegeben und die Sache zur nochmaligen Verhandlung an das Land-gericht in Freiberg verwiesen.Die Herren des dritten Strafsenats des heiligen Reichsgerichts habenes nämlich für„Bedenken erregend" gefunden, daß das ChemnitzerUrtheil„zum Begriffe der Verbindung erfordert hat eine ausdrückliche,d. h. mit ausdrücklichen Worten erfolgte Erklärung, sich dem Willen derGesammtheit unterordnen zu wollen". Nach ihrer unfehlbaren Ansichtkann der Beitritt zu einer Verbindung auch erfolgen„durch k o n k l u<dente Handlungen". Für Deutsche, welche in die Geheimnisseder für sie nur zu maßgeblichen Juristensprache noch nicht eingedrungensind, sei bemerkt, daß konkludent beweiskräftig heißt. Da nun dasChemnitzer Landgericht die Frage nicht untersucht hat, ob die Angeklag-ten durch„konkludente Handlungen" ihren Beitritt zu einer Verbindungvollzogen haben, deren Dasein, Verfassung und Zweck vor der Staats-regierung geheim gehalten werden solle»c.«., so wird stch das Frei-berger Landgericht dieser Aufgabe zu unterziehen haben. Sintemalennun aber erst das Dasein einer solchen Verbindung zu erweisen ist, derBeweis aber trotz der Bedenken erregenden elastischen Ausdrucksweise„konkludirende Handlungen" schwerlich erbracht werden dürfte, so wirdauch die zweite verböserte Auflage des Monstre-Geheimbundprozessesnicht zu dem gewünschten Ergebniß führen, sondern ausgehen wie dasberühmte Hornberger Schießen.Ausdauer ist eine schöne Sache, aber was die Leipziger Staatsanwalt-schaft nicht in die Hand nehmen wollte, damit ist beim besten Willennichts anzufangen.— Die Pfaffen der Arbeiterbewegung. Wohin dasGeld der Bergarbeiter fließt. Unter dieser Ueberschrift schreibt das Lon-doner„Echo": Pastor Theophil Bennet von Newton Hall in Stocksfield-omTyne verlas am Sonntag Vormittag in der Kirche daselbst eine Zu-schrift, die in der„Newcastle Chronicle" erschienen war, und knüpftean dieselbe einen Vergleich an zwischen der Bezahlung der Geistlichenund derjenigen, welche von den Bergarbeitern oder im Namen derselbenan die Redner auf ihren Jahressesten geleistet wird. Die Zuschrift lautete:„Wir hatten auf unserm letzten Fest 4 Redner, von denen jeder 10Pfund(200 Mark) erhielt, was an sich bereits ungeheuerlich ist. 40 Pfd.(800 Mark) für 4 Redner zu bezahlen, die höchstens 40 Minuten spra-chen, ist sicher genug; aber da kommt noch etwas hinzu. Es mußtenoch eine ganz kleine Hotelrechnung bezahlt werden von 2S Pfund fürErfrischungen und dergleichen, so daß die vier Redner thatsächlich 69Pfund kosteten. Nun, Herr Redakteur, ich erlaube mir, zu behaupten,und jeder vernünftige Mensch wird mir beipflichten, daß das einfachflandalös ist. Bergarbeiter von Durham, ich sage euch, wacht von eurerHaltung auf, zeigt der Welt, daß ihr existirt, und gebt euren Agentenzu fühlen, daß sie, so lange sie von euch bezahlt werden, auch füreure Interessen einzutreten haben, daß sie eure Diener sind, und nichtdas Kapital, sondern die Arbeit zu vertreten oder zu gehen haben."Dazu bemerkte der genannte Priester:„Kein Geistlicher, der auf derKanzel, in Schulen, in Häusern oder auf der Straße predigt, der nicht(wenn er überhaupt akademisch gebildet ist) mindestens 1000 Pfund fürseine Erziehung ausgegeben hätte. Manche unter uns haben thatsächlichaus ihrer Tasche mehr bezahlt, und doch, in welchem Verhältniß stehtdie Bezahlung, die wir für unsre Ansprachen erhalten, zu der der Fest-redner, wie sie in dieser Zuschrift detaillirt wird?"Soweit das„Echo". Ob die Geistlichen bei ihren Predigten auf dieKosten kommen oder nicht, kann uns natürlich sehr gleichgültig sein—wenn nicht, so mögen sie sich auf eine andere Beschäftigung verlegen,wir werden ihnen von Herzen Glück dazu wünschen. Uns interessirt hiernur der im„Daily Chronicle" mitgetheilte Protest gegen die Vergeu-dung der Arbeiterfonds. Dieser scheint uns nur zu berechtigt. 69 Pfd.,in deutschem Geld- 1330 Mark für 4 Redner, das ist in der That un-erhört. Jeder Arbeiter ist seines Lohnes werth, und wenn die Arbeiterihre Beamten für ihre Mühen bezahlen, so ist das gewiß in der Ord-nung. Aber das ist kein Bezahlen mehr, das ist ein Mästen, undwenn die Arbeiter sich auf so etwas einlassen, dann dürfen sie sich aller-dings nicht wundern, wenn eines Tages die Mastschwein-Natur siegt,und die Herren die Sache der Arbeiter an die Ausbeuter um einenJudaslohn verkaufen. Die Korruption der Gewerkvereinsführer istder Fluch der englischen Arbeiterbewegung, die Herren bilden eine Pha-lanx, die jeden Fortschritt in der Bewegung zu hintertreiben weiß, einPfaffenthum schlimmster Sorte.— Der Warschauer Sozialistenprozeß hat auf die scheuß-liche Barbarei, die im Reiche unseres„Erbfreundes" an der Newaherrscht, ein grelles Schlaglicht geworfen. Das Wort„unerhört" istzu milde für die unmenschliche Art, mit der die Schergen des Czarendie Angeklagten bereits in der Untersuchungshaft behandelt—ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht. Jahre lang hat man Leute,die weiter nichts begangen haben, als für den Sozialismus Propagandagemacht, in den Kerkern schmachten lassen, bis ein Theil von ihnen,gepeinigt durch die ewige Ungewißheit, physisch und moralisch gebrochenworden, einige, darunter zwei Frauen, Pohl und Rusiecka, wahn-sinnig geworden sind. Ein anderes der Opfer, ein Fräulein Bres-lauer, machte seinem Leiden bereits im Gefängniß durch Erhängenein Ende. Um so mehr ist die energische Haltung zu bewundern, mitder die Hauptangeklagten, insbesondere unser Genosse Warynski, vorGericht für unsere Grundsätze eintraten.Das Urtheil, wenn man dieses Wort überhaupt mit Bezug aufeine Verfügung gebrauchen will, die ein wahrer Hohn auf alle Begriffevon Recht und Gerechtigkeit ist, und daher richtiger Strafukas ge-nannt zu werden verdient, lautet: Gegen sechs Angeklagte aufTodesstrafe, nämlich gegen den Friedensrichter Bardowski,Militäringenieur Lury, Arbeiter Ossowski und Student Kunicki,sämmtlich wegen angeblicher Ermordung des im Dienste der Geheim-polizei stehenden Pferdebahnschaffners Skrzypezynski, gegen den Ar-beiter Pietruszyki aus Zgierz wegen angeblicher Ermordung desim Dienste der Geheimpolizei stehenden Agenten Helszer in Zgierz,den Tischler S z m a u s, wegen angeblicher Ermordung des PolizeiagentenSzremski in Zgierz angeklagt. Gegen 18 Angeklagte ist aufsechszehnjährige schwere Bergwerksarbeit erkannt worden:gegen den bereits in Krakau inhaftirt gewesenen ehemaligen Zöglingeiner Landwirthschaftsschule Warynski, Student Rechniewski,Student Ploski*), Bürger Janowicz aus Kowno, Arbeiter Du-lenba, Tischler Mankowski, Arbeiter Degorski, Arbeiter Est-ko w s ki, den Edelmann v. Si eresz ew ski, den Tischler Formin s ki,Beamtensohn Gladysz, Kwiecik, Arbeiter Sloivik, Tischler Wickiaus Lodz, ehemaliger Lithograph, späterer Tischler Eostkiewicz,Realschüler P 0 p l a w s k i aus Grodno, Arbeiter Bloch. Gegen zweiAngeklagte lautet das Urtheil auf zehnjährige schwere Berg-Werksarbeit, und zwar gegen die Studenten Cohn und P a c a-n 0 w s k i. Ein Angeklagter, der Arbeiter Bugaiski aus Zgierzwurde zu achtjähriger schwerer Bergwerksarbeit ver-urtheilt, die Offiziere I g e l st r ö m und S 0 k 0 l n i ck i endlich zu l e b e n s-länglicher Verbannung nach Sibirien. Bei den 21 zuschwerer B-rgwerksarbeit Verurtheilten wurde gleichzeitig auch aufdauernden Ehrverlust undlebenslänglicheVerbannung nachSibirien erkannt. Freigesprochen ist somit keiner derAngeklagten ivorden. Außer den Richtern, Staatsanwälten undVertheidigern, sowie einer verstärkten Anzahl von Gensdarmen war,wie es in einer Korrespondenz der Tagespresse heißt, Niemand weiterbei der Urtheilsverkündung zugegen; selbst der Generalgouverneur Gurkofehlte. Die Angeklagten, welche zu Dreien resp. Vieren in den Gerichts-saal geführt und ebenso wieder aus demselben geführt wurden, nahmendas Urtheil, welches noch der Bestätigung des Generalgouverneurs unter-liegt, mit großer Ruhe entgegen. Dieser Urtheilsspruch hat unter derhiesigen Bevölkerung eine große Bestürzung hervorgerufen, zumal manallgemein glaubte, es würden nur Bardowskij und Kunicki der Todes-strafe unterliegen."Der Staatsanwalt M 0 r a w s k i, sein Name verdient neben demvon Bluthunden wie Murawieff, Froloff ic. genannt zu«erden, hattegegen 26 der Angeklagten die Todesstrafe beantragt. Die„Richter"waren, wie inan sieht, so„human", nur sechs der Opfer dem sofortigen,die übrigen aber dem langsamen Tod zu überliefern.Einen uns vorliegenden Originalbericht über den Prozeß werden wirin nächster Nummer bringen, da uns derselbe für diese Nummer zuspät zugegangen. Für heute wollen wir nur noch unserer und allerunabhängig Denkenden Sympathie mit den'Opfern der zarischen Bruta-lität Ausdruck geben.Mögen die Gewaltthaten, die man an ihnen verübt, nicht ungesühntbleiben!Rechniewski und Ploski werden hier fälschlicherweise als Studentenbezeichnet. Beide hatten ihre Studien bereits absoloirt.Korrespondenzen.Zittau, 8. Dezember. Am 1. Dezember starb Hierselbst nach langemund schwerem Leiden einer der bravsten Genossen, der NagelschmiedFriedrich Renke, im Alter von 50 Jahren an Lungenleiden. Baldnach dem Auftreten Lassalle's trat Renke in die Arbeiterbewegung undist bis zum letzten Athemzuge ein treuer und eifriger Verfechter desSozialismus gewesen. Sein ruhiges, aber entschiedenes Auftreten, seinlauterer Charakter und seine strenge Rechtlichkeit haben ihm die allge-meine Achtung eingetragen, was sich bei der am 4. Dezember erfolgtenBeerdigung zeigte. Eine große Menschenmenge hatte sich schon eineStunde vor der festgesetzten Zeit in der Leichenhalle des Friedhofs undvor derselben eingefunden, um den braven Genossen, den wackeren Men-schen noch einmal zu sehen, ihm noch einmal die kalte Hand zu drücken.Auch der Polizei-Jnspektor von Zittau war, freilich aus andern Gründen,erschienen und musterte die zahlreiche Menschenmenge. Hatte er dochden Austrag erhalten, daß kein rothes Band, deren es viele an dengespendeten Kränzen gab, aus der Halle auf den Friedhof getragen wer-den durfte; alle mußten sie entfernt werden, und ein Görlitzer Genosse,welcher deshalb eine Anfrage an den gestrengen Herrn Inspektor richtenwollte, wurde so laut und derb angeschnauzt, daß sich der Umstehendenallgemeine Erbitterung bemächtigte. Am Grabe trat der Herr in weitereAktion: als ein Genosse, trotz des Verbots, eine rothe Schleife in'sGrab wars, kam der Mann des Gesetzes, der etwa 20 Schritte vomGrabe entfernt stand, mit drei Sätzen säbelklirrend auf den Attentäterlos,— doch leider zu spät, das Zeichen der Bruderliebe lag schon inder Gruft. Nicht viel hat gefehlt und die am Grabesrande Stehendenwären hineingestoßen worden. Die Entrüstung war allgemein, undnamentlich waren es die Frauen, welche ihrer Erbitterung in erregtenWorten Luft machten. Hätte der gestrenge Herr Inspektor Alles ge-hört, was über sein Benehmen geäußert wurde, er würde sich überzeugthaben, daß die Art der Ausführung seines Auftrags grade das erzeugte,was er verhindern sollte. Das Leichenbegängniß, durch die große An-zahl Theilnehmer und deren würdevolle Haltung bis dahin ein feierliches,wurde grade durch sein Dazwischentreten des friedlichen Charaktersberaubt.Freunde und Genossen aus Nah und Fern waren erschienen, um demVerstorbenen das letzte Geleit zu geben. Görlitz hatte eine Deputationgesandt, welche einen Lorbeerkranz mit rother Schleife auf den Sarglegte, weiter waren Deputationen aus verschiedenen Orten Böhmens:. aus Reichenberg, Gabel, Grottau, Warnsdorf, Rum-\ bürg und Umgegend erschienen, welche ebenfalls Kränze mii rothenBändern spendeten. Durch einen Genossen ließ auch die sozialdemokra-tische Reichstagsfraktion einen Kranz aufs Grab legen. Von politischenGegnern hatten der Reichstagsabgeordnete für den Wahlkreis Zittau-Ostritz, Herr Kaufmann Buddeberg, einen Lorbeerkranz überreichenlassen. Ein Anderer, welcher schon in den letzten Wochen der KrankheitRenke's demselben reichliche Spenden zu Theil werden ließ, legte einenRiesenlorbeerkranz mit großer weißer Schleife mit Goldinschrist in'sGrab und widmete dem braven Genossen in der„Zittauer Morgen-zeitung" einen Nekrolog, worin er zwar seine überaus freundschaftlicheGesinnung gegen den Todten an den Tag legte, ihm aber Bestrebungenunterschob, an welche Renke als klarer Sozialist nie dachte, nie denkenkonnte. Er sollte ein Maschinenstürmer gewesen sein, von der„gänz-lichen oder theilweisen Beseitigung der Maschinenthätigkeit" für seineelende Lage Besserung erhofft haben! Ein so grobes Mißverständnißdürfen wir nicht unberichtigt lassen. Wie jeder Sozialist, sah Renke inden Maschinen einen nothwendigen Faktor des Fortschritts, welcher nurunter den gegenwärtigen Verhältnissen dem Arbeiter zum Fluch werde.Deshalb erstrebte er eine Umgestaltung der gesellschaftlichen Grundlagen,welche nach seiner Meinung das Produkt allmäliger gesellschaftlicher Ent-Wickelung sein muß. Den Genossen soll er stets ein Vorbild für ihreweitere sozialpolitische Thätigkeit sein. Ein braver und energischer Kämpferfür Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ist nicht mehr; die Aufgabeder Genossen ist es, die Lücke zu schließen, die Saat, die er gesäet, zupflegen, das was er erstrebt und gelehrt, immer weiter zu tragen biszum Siege. Das sei unser Gelöbniß an seinem Grabe— für ihn dasschönste Denkmal. Ein alter Genosse.Ludwigshafe« in der Pfalz, Ende Novbr.(Situationsbericht.)In der trügerischen Hoffnung auf die beschleunigte Arbeit der Mandat-Prüfungskommission des Reichstags haben wir unfern Bericht über dieletzte Reichstagswahl über Gebühr hinausgeschoben; wir glaubten nämlich,zugleich mit der Brandmarkung des infamen Treibens unserer Gegnerauch die Annullirung der hiesigen Wahl berichten zu können. Nun, wirsind nicht allein die Geduldigen gewesen, das Konsortium hiesiger Gast-wirthe, die bei der Wahl die Soldaten beherbergten und verpflegten,harren z. B. heute noch der Regulirung ihrer Rechnung. Kommen wiralso auch post kostum, so glauben wir doch über das Wichtigste nochnachträglich berichten zu müssen. Daß uns bis zur Wahl keine einzigeVersammlung gestattet wurde, daß wir in der ganzen Wahlkampagnenur zweimal fünf Minuten, also im Ganzen zehn Minuten, und zwarin„freisinnigen" Versammlungen in Frankenthal und Ludwigshafen,sprechen durften, daß uns jedwedes Flugblatt hinweggestohlen, daß un-sere Vertheiler von Flugblättern und Stimmzetteln verhaftet wurden,sind Vorkommnisse, die schon häufig, wenn auch nicht mit derselben Per-fidie, gegen uns in Anwendung gebracht wurden. Daneben aber hatunsere pfälzische Behörde im provokatorischen Aufreizen, durch die An-stiftung militärischer Gewaltakte am hiesigen Platze, den Vogel abge-schössen. Drei Tage vor der Wahl wurden wir mit 700 Mann feld-marschmäßig ausgerüsteter Infanterie beglückt. Unser sonst so friedlichesLudwigshafen wurde zu aller Erstaunen in ein Heerlager umgestaltet.Am Sonntag vor der Wahl, gegen Abend, als die Erregung eine hoch-gradige geworden, war großes Kesseltreiben; aber als gesiebt wurde,waren es nur Säulen der Ordnung, und was darum und daran hängt,was man aufgetrieben— Rothwild hatte man mit dem besten Willennicht zu erjagen vermocht. Wie gerne hätte man doch auf die geknech-tete Kanaille eingefeuert, da es aber nicht ging, so hat unser aufgehetztesMilitär sich selbst gegenseitig angeschossen und angestochen. Der letztebei dieser Gelegenheit verwundete Soldat verließ vor einigen Tagen alsKrüppel das hiesige„Spital" mit einer öffentlichen Danksagung für dieliebevolle Pflege. Bei ihm dürfte der edle patriotische Esprit bald ver-duftet sein. Daß bei erwähnter Gelegenheit unsere Blaujacken tüchtigzechten, kann man sich denken, glaubten sie doch, sich auf Kosten einesreichen und splendiden Ordnungsprotzenthums etwas zu Gute thun zukönnen. Des Requirirens war kein Ende; mancher Spießer glaubtedabei ein gutes Geschäftchen gemacht zu haben, und schielte schon nacheiner ständigen Besatzung, indeß folgte auf die kurze Freude ein ganzgewaltiger Katzenjammer. Zwar erreichten sie einen Sieg, wie ihnschäbiger kein Kreis und keine Partei aufzuweisen hat, aber wer solltedie Tausende von Kosten bezahlen? Es waren keine protegirten Gros-lieferanten, und da gab es nichts Einfacheres, als man ließ die Sachean den paar hiesigen Spießbürgern hängen, die so dumm waren, denKarren am Trittbrett zu schmieren. Trotzdem die armen Biedermännernun schon ein volles Jahr sich krümmen und betteln, haben sie immernoch keinen Heller erhalten, und so fangen sie schon an, ihren Staatals einen schlechten Kunden zu betrachten.——Wenige Wochen nach der Wahl beriefen wir abermals eine Versamm-lung ein, um Stellung zu nehmen gegen den Bismarckhumbyg. Ent-gegen unserm Erwarten wurde sie gestattet, und wir haben sie ausge-nützt. Wir hielten seitdem mehrere Versaminlungen ab, die insgesammteinen glänzenden Verlaus nahmen, so in Ludwigshafen, in Frankenthal,in Speier(dem„Sitz der sozialdemokratischen Kriegskaffe"), in Schiffer-stadt sc.Auch unsere liberalen Gegner waren nicht müßig; mit fieberhafterOrdenssucht wurde der Bettelsack im ganzen Kreise geschwungen. DerZukunftskandidat der Bismärcker, Dr. Klemm, blies den patriotischenDudelsack, daß es die Steine erbarmen mochte; und alles nur, um un-serm großen Oelgötzen, dem biedern Vizekaiser, den nöthigen Tribut zuverschaffen. Recht gründlich wurden die Arbeiter, und namentlich dieallerärmsten, abgemolken. Eine charakteristische Thatsache mag hier Platzfinden. Eine Abtheilung Arbeiter der badischen Anilin- und Sodafabriksteuerten par ordre du moukti für den Ottopsennig mit Ach und Krach14 Mk. 50 Pfg. bei. Kurze Zeit darauf sammelten dieselben Arbeiterunter sich aus freiem Antriebe für die auf Grube Camphausenverunglückten Bergarbeiter die Summe von 150 Mk.! Für jeden Edel-denkenden mußte dieses Zeichen von Opfermuth erhebend sein, für dieDirektion der Fabrik aber war es die Veranlassung zu einem Ent-rüstungssturm über das vaterlandslose Gesindel, das seinen National-heiligen mit ein paar lumpigen Bettelgroschen abfand, die ihm erst ab-gepreßt werden mußten! Doch ein anderes Bild.Es sind jetzt schon nahezu drei Jahre ins Land gegangen, seit dieganze Welt für unsere ersäufte Pfalz milde Gaben steuerte; das Liebes-gaben-Komite sorgte bei der Konsiituirung fein säuberlich dafür, daß keinweißer Rabe unter sie, die liberalen Zöllner, kam. Sie stellten wohlden meisten edlen Spendern Dankesdiplome aus, aber die Abrechnungüber die ihnen anvertrauten Gelder ruht noch in Abrahams Schooße.Die Sache wäre auch schon längst eingeschlafen, wenn uns nicht von Zeitzu Zeit so ein Diebstahlsprozeßchen an unser liebesgabenspendendesKomite erinnerte. Da fanden bald da, bald dort Haussuchungen nachgestohlenem Kaffee, Wein, Stiefeln, Teppichen, Pelzgarnituren sc. statt.Eigenthüinlicherweife streifen die angeklagten Biedermänner alle init denRockschößen das Zuchthaus, wenn wir absehen von den« moralischen Puff,den ihnen der Strafrichter und noch mehr die öffentliche Meinung ver-setzte. Festgestellt wurde, daß die barmherzigen Brüder durch die Bankaus den dicksten liberalen Bürgermeistern, Gemeinde- und anderen Rüthenbestanden. Sollen wir über deren Vertheilungsmodus berichten? Wirwollen so edel sein wie unsere Richter, und unserer Pfalz ein Jschiaersparen. Nur so viel sei gesagt, daß die Herren, sintemalen sie untersich waren, auch sür sich und ihre Kreaturen sorgten. So wurde einPolizeikommissar, dessen einzige Heldenthat darin bestand, daß er mit„gespendeten" Stulpstiefeln„wie ein Kater um Mitternacht" in denStraßen herumstolperte, mit 1000 Mk. dotirt; einein andern, dessenBeutel ein riesiges Loch aufzuweisen hatte, ward derselbe mit 800 Mk.ausgefüllt. Kurzum, ihre Arbeit war gleich Jschia.Vor Kurzem hatten wir in der Pfalz großen„Schorum". War esauch nicht der„edle",„ritterliche" Bayernkönig, so war es ein andererHandlungsreisender des Hauses Wittelsbach, Luitpold benamset, der un-fern Spießern gestattete, vor ihm in gehorsamster Ergebenheit auf demBauche zu rutschen. Er hielt Heerschau über seine Reichskameele, undmit echt hündischer Demuth umwinselten sie ihren„hohen Herrn".O Mutter Natur, warum liehest du nicht zum Andenken an diese Jubel-tage jedem einen ellenlangen Schwanz wachsen! Zu bedauern ist, daßsich zu diesem Humbug, unter dem Schilds der Kriegervereine, auch Ar-beiter mißbrauchen lassen. Die Ordnungswächter wissen sehr gut, wassie mit dieser mordspatriotischen Staffage im Auge haben; ein Beispielmag hier Platz finden. In unserer ProletariervorstadtH e m s h 0 s wurdeunlängst dem dortigen Militärverein von der badischen Anilin- und Soda-