an vertreten behaupten, finden wir seit einiger Zeit einen sehr übelwollenden,um nicht zu sagen gehäfiigen Ton gegenüber der französischenche Republik. Wir können dies nicht billigen. Zunächst sei bemerkt,ten daß die Presse eines despotisch regierten, der Polizeiwillkür preisgegebenenLandes vor Allem die Ausgabe hat, gegen den Despotismus und diekte Polizeiwillkür im eigenen Lande Front zu machen. Versäumt sie,lS dies, und richtet fie statt dessen die Pfeile ihrer demokratischen KrilikDer ausschließlich aus das A u s l a n d, so leistet sie dem Despotismus undzu der Polizeiwillkür im eigenen Lande indirekt Vorschub. Und ingesteigertem Maße thut sie das, wenn das fremde Gemeinwesen, das sie>en ihrer abfälligen Kritik unterwirft, freier und besser regiertien istalsdaseigeneLand. Und daß dies bei F r a n k r e i ch derls, Fall ist, wird doch Niemand, der einen Funken demokratischer Gesinnungsie in sich hat, leugnen können.ete Daß die französische Republik die soziale Frage nicht gelostre hat, ist richtig. Aber hat Jemand, der die wirthschastlichen und sozialen>n, Verhältnisse Frank, eichs kennt, dies im Ernste erwarten können? Diere Republik ist eine Staatssorm, welche sich mit den verschiedenartigstenich Gelellschaftszuständen verträgt, und die in einem Lande, das gleichch Frankreich zu zwei Dritteln aus Kleinbauern, Kleinbürgern und Bour-er geois besteht, mrtNothwendigkeit einen bürgerlichen Charakterit, tragen muß.Allein ist es denn in Deutschland etwa besser? Hat die deutsche Reichs-ch Regierung etwa die soziale Frage gelöst? Ist nicht das Schaugericht,ad welches sie uns unter dem tönenden Namen„Sozialreform� auftischte,er»on den deutschen Arbeitern mit seltener Einstimmigkeit als Schwindel»n und Pfuscherei v erurtheilt worden? Wohl hat Frankreich vor»tiiufig nur den Illstündigen Normalarbeitstag, aber ist derselbe, Mangel-el hast wie er ist, nicht mehr werth als die ganze traurige„Sozialreform"et der deutschen Reichsregierung? Und haben die französischen Arbeiteres in den politischen Freiheiten, welche die Republik ihnen ge-währt, für ihren Emanzipationskampf nicht mächtige Waffen,ll welche den deutschen Arbeitern versagt sind?en Bei genauester Prüfung finden wir in Deutschlandnichts, worum die französischen Arbeiter uns be-a neiden könnten; wohl aber in Frankreich sehr viel,r worum wir die französischen Arbeiter beneidene können. Alles in Allem genommen auf dem Gebiete der Arbeiter-8ef eh gebung uns mindestens ebenbürtig, ist Frankreichs auf dem allgemeinen politischen Gebiete und speziell in seinerinneren politischen Entwicklung uns weit voraus. Der französischen Arbeiter steht unter keinem Ausnahmegesetz, er hat unbeschränkte Orga-r nisationsfreiheit, unbeschränkte Koalitions-, Vereins- und Versammlungs-:> freiheit, unbeschränkte Preßfreiheit. Wären wir nicht froh, wenn wirebenso gestellt wären? Wäre es nicht ein k o l o s s a l e r F orts ch ritt,a wenn die russischen Zustände, die ein rohes, halbslavisches Junker-i, thum uns aufgehalst hat, durch französische Zustände ersetzt wür-den? Mit andern Worten, wenn an die Stelle des brutalen persönlichenRegiments und der Polizeiwillkür demokratische, eines gebil-beten Volks würdige Einrichtungen träten?Wir verlangen gewiß nicht, daß man sich vor dem Fremden, weil esfremd ist, anbetend in den Staub werfe; aber aufs Schärfste müssenwir tadeln, daß man das Fremde, weil es fremd ist, angreife,und durch feindliche Kritik des Fremden das schlechtereHeimischein ein günstigeres Licht setze. Die Presse despotischer unddie Presse freier Länder läßt sich aus den ersten Blick unterscheiden,wenn wir das Verhältniß betrachten, in welchem bei ihnen die Bespre-chung der auswärtigen und der inneren Politik zu einander steht. DiePresse freier Länder wird ihre Kritik hauptsächlich an der Heimat üben— die Presse despotischer Länder hauptsächlich an den fremdenLändern. Bei Besprechung des Buslands entwickelt die Presse des-potischer Länder meist einen gewaltigen Radikalismus, der von derZahmheit, tz mit welcher die innere Politik behandelt wird, grell absticht.Bei der Presse freier Länder ist's so ziemlich umgekehrt.Die deutschen Blätter, die jetzt so tapfer aus Frankreich schimpfen,und die französische Republik bei jeder Gelegenheit unter das Sezir-Messer unerbittlicher Kritik nehmen, sollten sich nur einmal die r u s s i-s ch e n Zeitungen ansehen— sie werden in denselben vielleicht einennoch größeren Radikalismus in die Ferne entdecken. Jedenfalls wirdunsere Presse dem Volk und der Freiheit einen größeren Dienst leisten,wenn sie sich diese russisch- Taktik abgeirohnt, und die Spitze ihrer Kritikvor Allem gegen die heimischen Mißstände richtet.— Radikalismus in die Ferne.„Kein ernsthafter Politikerin England gibt sich mehr dem Wahne hin, Irland sei noch durch maß-volle Konzessionen zu befriedigen. Alle Reformen, so zweckmäßigan sich sie sein mögen, kommen viel zu spat. Auf dem durch Miß-regierung von Jahrhunderten durchwühlten irischen Boden, der mit demBlute und den Verzweislungsthränen ganzer Generationen getränkt ist,erscheinen die jetzt zu bewilligenden Erleichterungen nur noch als dieMarksteine revolutionärer Siege. Das Ausrottungs-prinzip und die Politik der Gewaltherrschaft, die England gegen dasbesiegte Irland jederzeit zur Anwendung brachte, rächt sich jetztfurchtbar. Der in acht nacheinander folgenden Landkonfiskationendepoffedirte Kelte fordert jetzt von dem angelsächsischen Eroberer nichtallein seine nationale, politische Unabhängigkeit, sondern auch den inBeschlag genommenen Grund und Boden als sein Eigenlhum zurück.Die Landvertheilung der englischen Grundbesitzer ist die oberste Forder-ung Irlands. Damit stellt es sich auf den revolutionärenBoden.".....„Kurz, der JammerJrlands über die englische Mißverwaltungschreit gen Himmel." Die Lage Irlands ist eben so verzweifelt,daß jedes Linderungsmittel jetzt nur noch der sich vorbeireitenden R e-v o l u t i o n zu Gute kommt."Welchem umstürzlerischen Blatte mögen diese Zeilen entnommen sein,bei deren Lesen jedem irischen Mondscheinritter das Herz im Leibe lachenmuß? Gemach, das Blatt, das so sympathische Worte für die Revo-lutionäre des britischen Reiches hat, sind die �„Dresdener Nach-richten", eines der servilsten, speichelleckerischsten Blätter Deutschlands,das zu Hause jede Polizeibrutalität gutheißt, für Ausnahmegesetze schwärmtund nicht entrüstet genug über den revolutionären Charakterder deutschen Sozialdemokratie zetern kann.Dies ein Beispiel für das in der vorstehenden Notiz über den Aus-landsradikalismus reaktionärer Blätter Gesagte. Wir könnten derselben,käme es daraus an, tausende bringen.— Hebet unseren verstorbenen Genossen D e m m l e r wird uns�nochgeschrieben;Obgleich seine Fachstudien und Berufsarbeiten ihn in hohem Maßein Anspruch nahmen, so daß er ein Baumeister im vollsten Sinne desWortes wurde und es zu vollendeter Meisterschaft brachte, so nahmDemmler doch stets regen Antheil an den Strebungen seiner Zeit undstand stets auf Seiten der Freiheit und des Rechts und der Unter-drückten. Stets in den vordersten Reihen mitringend, ergriff er mitseinem elastischen, stets jugendsrischen Geiste jede neue Idee, und— einkonsequenter Demokrat— trat er, sobald die Demokratie sich zurSozialdemokratie erweiterte und fortentwickelte, gleich seinem FreundeI a c o b y der jungen Sozialdemokratie bei, der er treugeblieben biszum letzten Athemzug.Wir würden das gar nicht erwähnt haben, wenn die Gegner nicht denindezenten Versuch machten, diesen Volksmann ohne Furcht und Tadel,der bei Lebzeiten nichts mit ihnen gemein haben wollte, nach seinemTode für sich zu reklamiren.Sie haben dabei die Frechheit, in die Welt hinaus zu lügen, Demmlersei durch die Attentate des Jahres 1878„über das wahre Wesen derSozialdemokratie aufgeklärt worden und habe sich von ihr abgewandt."Zur Bestätigung wird angeführt, daß er nach der Auflösung des Reichs-tages vom Sommer 1878 kein Mandat mehr angenommen. Genaudas Gegentheil ifi der Fall. Er sah Stürme und Kämpfe voraus,denen, wie er sich ausdrückte, nur Männer mit jugendlichem Körpergewachsen seien— und er wollte im Kampfe nicht ein Hinderniß sein,nicht Jüngeren den Weg versperren.Wenn die Attentate von 1878 ihn über irgend etwas„aufklärten",so nicht über das Wesen der Sozialdemokratie, das er fürwahrnicht erst kennen zu lernen brauchte, sondern über das Wesen unseres�herrschenden Systems, das er nicht für so niederti ächtig, undunserer herrschenden Klassen, die er nicht für so roh und ge-sinnungslos gehalten hatte.Verschmähte es der vornehme Pöhel doch nicht, ihn durch Einwerfenseiner Fenster insultiren zu wollen!In Demmler ist ein Charakter, ein treuer G e n o s s e ge-starben, eine jener seltenen Naturen, die nicht alt werden und bei denenHerz und Kopf an der richtigen Stelle sind, so daß sie in unverwüstlicherJugendfrische den Pulsschlag der Menschheit stets fühlen, und stets mitdem Volk und für das Volk empfinden, denken und handeln.Ehre unserem braven, alten und doch stets jungen Demmler!— Die Beerdigung Demmlers fand am 6. Januar untergroßartiger Betheiligung statt. Die organisirte Arbeiterschaft Schwerins,zahlreiche Deputationen von auswärts folgten in imposantem Zuge demSarge des Verstorbenen, auch die Bürgerschaft, in deren Mitte Demmlerso lange gewirkt, versagte ihm den Tribut ihrer Anerkennung nicht—„ganz Schwerin war auf den Beinen." Zahllos waren die Kränze undPalmzweige, die zum Theil mit Widmungen, von Nah und Fern zuEhren des Verstorbenen gespendet worden waren. Reden am Grabewaren nicht gestattet oder vielmehr, die Erlaubniß dazu, welche derGeistlichkeit unterfleht, war gar nicht erst eingeholt worden; als GenosseAuer mit einigen wenigen Worten der Thätigkeit des verstorbenenMitstreiters gedachte, wurde er sofort von dem überwachenden Polizistenunterbrochen. Im Uebrigen verlief die Beerdigung ohne Störung.— Die schon früher einmal von uns gekennzeichnete Entenfabrikin Krakau, Spezialität Nihilisten-Märchen, setzte vorige Woche folgendeMeldung in Umlauf:„Die Nihilisten haben wieder einen kühnen Streichausgeführt. Dieselben brachen nämlich in der Nacht zum 2. dies in derKasse des Postamts in R o st o w am Don ein und raubten vielewichtige Korrespondenzen und 13,000 Rubel Baargeld!"Obwohl die Unglaubwürdigkeit dieser Notiz auf der Hand liegt— dennwoher kann, vorausgesetzt, daß der Diebstahl überhaupt stattgefunden, der edle Krakauer Reporter denn wissen, daß grade Nihilistenihn ausgeführt?— trotz ihrer handgreiflichen Unglaubwürdigkeit, wieder-holen wir, wurde sie, mit sehr wenigen rühmlichen Ausnahmen, von dergesammten Presse des Denkervolkes unbesehen als wahr hingenommen.Trotz aller Aufklärungen über den Charakter der revolutionären Be-wegung in Rußland genügt die Erwähnung des Wortes„Nihilist", umden albernsten Ammenmärchen Vorschub zu leisten. Selbst radi/aleBlätter vergessen immer wieder, daß jede thatkräftige Opposition gegenden russischen Despotismus von ver offiziösen Journalistik als n i h i-l i st i s ch bezeichnet wird, daß dieses Wort in seiner heutigen politischenAnwendung nichts ist als ein Sammelnamen, etwa wie in Deutschlandseinerzeit das Wort Reichsfeind für jeden Gegner Bismarcks. Wie eshier hieß, Bismarck ist das Reich, und daher Jeder, der Bismarck ent-gegenzutreten wagt, ein Reichsfeind, so heißt es in Rußland: der Zarist Alles, und wer die Allmacht des Zaren bekämpft, ist ein Nihilist.Die offiziöse russische Presse hat ein Interesse daran, den Begriffdieses Wortes zusammenzuwersen mit allem, was die Spießbürgerphan-tasie Schreckliches ersinnen kann, genau wie vor und nach 1843 dieRegierungsorgane in Deutschland das Wort Demokrat als Popanz ge-brauchten im Sinne der berühmten Bassermannschen Gestalten. Ihr da-bei Vorschub leisten, heißt der russischen Regierung, der Reaktion über-Haupt Vorschub leisten. Wenn die Wiener und Krakauer Lügenpressedas nicht verschmäht— durch ihre Ammenmärchen über den„N'hilis-mus" ist sie auf der andern Seite auch für gewisse Wiener anarchistischeExperimente verantwortlich zu machen— so ist das ihre Sache. Blätter,die auf politische Gesinnung Anspruch machen, können nicht energischgenug gegen diesen Unfug protestiren.Die Berliner„Volkszeitung" bemerkt zu der obenerwähnten Notizironisch:„Wird denn in Rußland nur von Nihilisten gestohlen?"Die Frage ist gut gemeint, aber sie trifft doch nicht scharf genug. DieNihilisten stehlen überhaupt nicht, die Post- ic. Marder sind bei denGutgesinnten zu suchen. Das offisselle Russenthum stiehlt, das oppo-sitionelle, nach Freiheit strebende Rußland kämpft und stirbt für seineSache, aber es entehrt sie nicht durch gemeine Diebereien.— Nationalliberale Logik. Die„Elberfelder Ztg." schreibtmit Bezug auf unsere Kritik ihrer Parteinahme für Rußland gegenEngland:„In dem Züricher Sozialistenorgane wird wegen einer Aeußerungder„E. Z." über den bevorstehenden Sturz Englands Alarm geschlagen.Das Blatt hat uns nicht ganz verstanden; Enzland wird in Indiengestürzt werden; geht aber Rußland nach Indien, dann ist Europa zu-gleich von der englischen und der russischen Präponderanz befreit. ImUebrigen ist uns die Vorliebe eines sozialdemokratischen Organs für dasHeimatland des Merkantilismus je nachdem gar nicht oder recht wohlverständlich. Als für den europäischen Haupthebel des Sozialismusnämlich."„Je nachdem" verstehen wir die„Elberfelder Zeitung" besser als-sieglaubt. Jh e auswärtige Politik entspricht durchaus ihrer inneren Po-litik. Sie sieht rechts absolut nichts von einer Reaktion, sondern hatnur Augen für die Gefahr von links. So macht man zu Hause fürJunker und Pfaffen, in der Weltpolitik für Rußlands Pläne den Wegfrei. Sitzt statt des freihändlerischen England das absolutistisch-schutzzöllnerische Rußland in Indien, dann»st Europa von der— russischenPräponderanz sUebergewicht) befreit! Aprbs cela il faut tirer)' Schelle— gegen diese Logik kommt Niemand auf.Unsere Vorliebe für England, wenn dieser Ausdruck überhaupt ange-sichts unsres internationalen Standpunktes einen Sinn hat, gilt nichtdem„Heimatland des Merkantilismus"— welch letzterer beiläufig in R u ß-land leitendes Prinzip ist und nicht in England, wo der Jn d ustri a-l i s m u s zu Hause ist, sondern dem politisch vorgeschrittenerenLande. Es ist im höchsten Grade bezeichnend für den vielberühmtendeutschen„Idealismus"— daß er dafür gar kein Verständniß mehr hat,und deshalb um so absurder, wenn er noch immer von der früherentugendhasten Erhabenheit über den Krämersinn der englisch-n Nationzehren will. War diese Erhabenheit schon früher in 99 von 100 Fällennichts als der pharisäische Neid des pfennigwchsenden Kleinkrämers überden protzigen Großindustriellen, so ermangelt sie heute vollends jederBerechtigung. Weit schlimmer als in irgend einem andern Lande haustder Krämersinn in Deutschland, und seine schlimmsten Träger sind justdie, welche sich als die einzig berechtigten Repräsentanten des nationalenGeistes geberden.— r. Demokratisch-fortschrittlicher Byzantinis-mus. Wie tief selbst die am weitesten nach links stehende bürgerlicheOpposition Deutschlands in dem Sumpf des Byzantinismus steckt, hatsich bei Gelegenheit des letzten Berlifter Hohenzollern-Rummels wiedereinmal so recht deutlich gezeigt. So schrieb die„FrankfurterZeitung" unterm L.Januar:„—Seit den Tagen des ersten Napoleon hat kein Herrscher die Welt mit dem Ruhme solcher Kriegsthatenerfüllt, wie König Wilhelm; hat kein Heer sich unter genialenFührern glänzender bewährt, als das preußische und deutsche, keinesin Kamps und Sieg durch Math, Ausdauer, Mannezucht und hohenSinn die Tüchtigkeit eines Volksheers kräftiger bethätizt, und die Ge-rechtigkeit hei cht es zu bekennen, daß König Wilhelm als Kriegsherr inallen diesen Eigenschaften dem Heer ein leuchtendes Vorbild ge-wesen ist."Nach einer verschämten Anspielung auf den Bismarck'schen Verfaflungs-bruch und auf den Bruderkrieg von 1888 fährt der Frankfurter Redak-tions-Stern in seiner dythirambischen Verzückung also fll>t:„Aber nichtklagen und anklagen wollen wir, denn zum Theil ist ja dieSühne gesch e h e n. Was der Krieg(der Bruderkrieg von 1886), derPreußen zur erste» Macht Europas erhob, geschieden hatte, das(Alles?auch Deutsch Oesterreich?) führte vier Jahre später ein anderer Krieg wiederzusammen, um es für alle Zeiten zu einigen. Nicht mehr gegeneinandergerichtet zeigten sich die deutschen Fahnen, sondern zusammen gesch mrtzur Abwehr gegen einen frevelhaften Angriff aus unsere E x i-st e n z und unsere nationale Ehre. Wie Alldeutschland den ver-blendeten Despoten niederwarf, wie es von Sieg zu Sie schritt, auchdie aufgerufene Volkekrast des verzweifelten Frankreichs niederwerfend,wie es in des Feindes Hauptstadt einzog und>m Schlosse des vier-zehnten Ludwig den Besiegten den Frieden diktirte; das Alles steht inewig leuchtenden Lettern im Buche der Geschichte verzeichnet.Und noch leuchtender der Gewinn, den die Nationaus diesen denkwürdigen Kämpfen heimbrachte, dieErfüllung des Sehnens von Jahrhunderten, die Er-lösung aus der Zerrissenheit, die nationale Ein»beit, die in demWiederaufleben des deutschenKaiser-thums und in einerNationalvertretung ihrenvollenAusdruck fand.Fünfzehn Friedensjahre sind seitdem gefolgt, Früchte einer weisen,besonnenen Politik. Was anfänglich die Welt mit Furcht undMißtrauen erfüllt hatte, ist gewichen und hat der Sicherheit unddem Vertrauen Platz gemacht, daß Deutschland nurden eigenen Besitz hüten und schützen, aber keinenfremden antasten will. In den Mittelpunkt der europäischenPolitik gestellt, hat Deutschland daS einst von dem dritten Napoleondurch die That zur Lüge gestempelte Wort, daß das K a i s e r r e i chder Friede sei, zu einer segensreichen Wahrheit gemacht,und es bleibt nur zu wünschen, daß sie unS bald auch den Tag bringe,an welchem Deutschland mit den anderen Staaten die schwer« Last desbewaffneten Friedens, die gleichmäßig Alle drückt, erleichtern wird. DemKaiser Wilhelm aber bleibt der Ruhm, wie als Kriegsheld, so auch alsFriedens fürst die erste Stelle eingenommen zu haben."Dem demokratischen Zeitungs- Stern fällt dann ein, daß in derinneren Politik doch nicht Alles ganz geheuer ist, indeß er hüpftleichten Fußes über die unzeitgemäßen Skrupel hinweg:„Die Lösung(der inneren Fragen) bleibt einer glücklicheren Hand vorbehalten, undein künftiger Herrscher wird diesen Triumph feiern."„ D a-mit"— der demokratische Zeitungs-Stern will den dynastischen Fest»Rummel nicht stören, bei Leibe nicht—„damit soll der Huldigung, dieheute Preußen seinem König, Deutschland seinem Kaiser erweiset, keinEintrag geschehen. Nicht alle Güter des Glücks häuft das Geschick auein einziges Haupt, auch seinen Lieblingen versagt es manchesKleinod. Des Kaisers Haupt umstrahlt der Glanz des Ruhmes, dasVolk sieht und verehrt in ihm den Wiederbringer der altenHerrlichkeit des deutschen Reich s."Wir fragen: Wodurch unterscheidet sich der Byzantinismus der einstrepublikanischen, großdeulschen, für allgemeine Volksbewaffnung schwär-inenden„Frankfurter Zeitung",„Haupiorgans der deutschen Demokratie",von dem Byzantinismus der„Norddeutschen Allgemeinen Zeitung"?Wodurch der demokratische Stern vom reptilisirten Pindter?Die„Volkszeitung" schreibt in ähnlichem Stile„zum Ehrentage desKaisers". Derselbe— nämlich Wilhelm— hat die bekannten„Tropfendemokratischen Oels auf dem gesalbten Haupt",„das Schwert, das erbei Gravelotte und Sedan zog, war gehämmert, geschmiedet, geschärftin der Gedankenwerkstatt eines großen Volks,--und so lebt heute überall, wo deutsche Herzen schlagen, der frohe Wunsch,daß ein glücklicher und heiterer Abend das redlich vollbrachte LebenswerkKaiser Wilhelms kröne!" Zu welchem Lebenswerk bekanntlich auch dasSozialistengesetz gehört.Uno die„Tante Voß", die in ihrem„preußischen Herzen" bisher keinhöheres Idol hatte, als den„alten Fritz", hat zur Feier des Festes dieEntdeckung gemacht, daß der„Heldengreis" noch ein weit größerer Mannund Monarch ist als der alte Fritz.Genug nun der Beispiele. Nur noch die Bemerkung, daß die ge-sammte Fortschrittspresse an serviler Inbrunst mit der„Volkszeitung"und der„Vossischen" wetteifert, und daß, wenn ein Blatt den Vogelbauchrutschender Niedertracht abgeschossen hat, dies die„FreisinnigeZeitung" des Herrn Eugen Richter ist.— Ein Ordnungsheld ist wieder einmal von der verdientenStrafe ereilt worden. Rittergutsbesitzer Richter aus Frohburg(inSachsen), einer der thätigsten konservativen Agitatoren für die Wahldes Agrariers F r e g e, einer der fanatischsten Sozialistenfresser undSozialistenverleumder, einer der eisrigsten Zeterer darüber, daß die bösenSozialdemokraten„die Heiligkeit der Familie und Ehe" untergraben,und„die freie Liebe" einführen wollen, stand Ende des vorigen Jahresvor dem Leipziger Schwurgericht unter der Anklage, mit Km-dern Unzucht gelrieben zu haben, mußte bei der erdrückenden Wucht desBewersmaterials schuldig befunden werden, und ist zu 1'/, JahrenZuchthaus verurtheilt worden. Ob er sie absitzen wird, ist frei-lich die Frage. Man hat ihn gegen eine Kaution von 30,000 Markvorläufig bis zur Erledigung der angemeldeten Kassation in Freiheitgelassen und— der Herr Rittergutsbesitzer ist ein sehr reicher Mann,dem der Verzicht auf 30,000 Mark vielleicht weniger schwer fällt alsder auf 1'/, Jahre Zuchthaus.— rk. Der Reichstag begann seine Arbeiten wieder am 8. d. Mts.Die erste Sitzung brachte nur ein ziemlich lebhaftes Geplänkel anläßlichder B- schlußfassung über die Wahl H ä n e l s in Kiel. Die preußischenVerwaltungsbehörden verboten bei der letzten Wahl für jenen Kreis allesozialdemokratischen Wahlversammlungen, blos weil sie von Sozial-demokraten ausgingen, und stellten sich dadurch auf einen dem bekanntenReichstagsbeschluß diametral entgegengesetzten Standpunkt und zwar durchalle Instanzen hindurch. Liebknecht, als Referent, mußte das scharf her»vorheben, und dies gab die Veranlassung zu dem Geplänkel. Da dieKonservativen offenbar daraus ausgehen, jenen Reichstagsbeschluß rück-gängig zu machen, so werden wir demnächst wohl eine entscheidendeSchlacht um diese hochwichtige Frage zu schlagen haben.— Jm19. säch-fischen Wahlkreis wird eine Neuwahl stattfinden: Ebert, der inFolge unerhörter Beeinflussungen gegen Liebknecht gewählt wurde,und dessen Wahl beanstandet war, hat es, um fatalen Erörterungen imPlenum aus dem Wege zu gehen, vorgezogen, sein Mandat nieder-zulegen. Der 19. sächsische Wahlkreis— Stollberg-Schneeberg—muß und wird von der Sozialdemokratie, der er nur unter demDrucke des Sozialistengesetzes durch schmachvolle Praktiken entrissenwerden konnte, zurückerobert werden.— Auch ein Beitrag zum Wilhelms-Jubiläum.„Esist doch sehr auffallend", lesen wir in einem Artikel der zahmen„Mün-chener Allgemeinen", der der Rückschau auf das Jahr 188S gewidmetist,„es ist doch sehr auffallend, daß gerade seit der Neubildung desDeutschen Reiches das deutsche Element in den Nachbarstaaten so unge-strast mißhandelt werden darf, das„soweit die deutsche Zunge klingt,"scheint sich in ein„soweit der deutsche Grenzpfahl steht" verwandelt zuhaben. Mit der skrupulösesten Aengstlichkeit wehrt die offiziöse Pressejede Bemerkung über di» gedrückte Lage der Deutschen in Oesterreichund in Rußland ab; es wird ihr aber schwerlich gelingen, den immerstärker Herherdringenden Schmerzensschrei zu übertäuben."Dgs klingt etwas anders als der Jubelhymnus der demokratischen„Frankfurter Zeitung".— Reichsgerichtliche Unfehlbarkeit. In dem famosenProzeß gegen den„Hochverräther" Scupin erkannte das Reichsgericht,daß der Angeklagte sich dadurch, daß er die Packete mit dem„Rebell"zur Post gegeben, noch keiner Verbreitung schuldig gemachthabe. Sehr schön. Bor fünf Jahren aber erkannte dasselbe Reichsgerichtin einer Verhandlung gegen unfern Genossen Schlüter genau im ent-gegengesetzten Sinne. Schlüter war am 2. September 1880 verhastetworden, und zwar weil er„verdächtig" war, ein Packet, in welchem sichder„Sozialdemokrat" befand, auf die Post gegeben zu haben, was nachAnsicht der Staatsanwaltschaft bereits eine Verbreitung im Sinne desGesetzes bedeute. Am 17. November kam die Sache vor dem Land-gericht Dresden zur Verhandlung und Schlüter wurde freigespro-ch e n. Das Landgericht nahm, genau wie jetzt das Reichs-gericht, an, daß mit der Ausgabe auf die Post die Thatsache der«erbreitung nicht perfekt sei. Der Staatsanwalt erhob Revision, undsiehe da— das Reichsgericht hob das freisprechende Erkenntniß auf,indem es erklärte, daß mit der Aufgabe aus die Post die Verbreitunggeschehen sei und wies die Sache an dieselbe Kammer(vgl. Revisiond.s Ch. mnitzer Prozesses) zurück, die somit gezwungen war, aufGrund dieses Reichsgerichlserkenntnisses Schlüter zu verurtheilen, undihm dann auch richtig drei Monate Gesängniß aufbrummte.Woher aber dieser„Zwiespalt der Natur"? Nun, damals wehte ebender Wind aus einem andern Loch.— In memoriaml Am 18. Dezember starb in HastingS,einem englischen Küstenstädtchen, Sigismund Borkheim, einerder wenigen„Achtundvierziger", die in dem„tollen Jahr" ihre Schul-digkeit gethan haben, und auch nachher bis zum Tode zur Fahne hielten.Indem wir uns vorbehalten, dem braven Freund, der allen Lesern deS„Volksstaat",„Vorwärts" und des„Armen Konrad" durch seine Ar-beiten über den badijchen Feldzug und die russischen Zustände wohl«bekannt ist, sobald wir im Besitz des nöthigen Materials sind, eineneingehenderen Nachruf zu widmen, begnügen wir uns heute mit einigen