S chan!wir<he, die das Blatt vorher gehalten, es auf Veranlaffung der Polizei abbestellten. Da führten die Berliner   Arbeiter, ohne jede von oben ausgegebene Parole, ein Boycottversahren durch, das binnen Kurzem die Auflage ihres Organs noch über den vorherigen Ctand hob. In den Ausschanklolalitäten der Schultheiß'schen Brauerei war einer Gesellschaft bekannter Sozialisten der Besuch verwiesen worden; die bloße Erzählung dieser Thatiache in derBerl. freien Presie" genügte, daß nach Verlauf von drei Wcchrn ein Direktor der Brauerei durch eine Mittelsperson darum bitten ließ,die Herr-n möchten doch wieder kommen, die Verweisung sei ein Uebergriff des Pächters gewesen." Seit dem betreffenden Tage war nämlich der Sonntagsausschank um über die Hälfte zurückgegangen. Und ähnliche Beispiele könnten wir auS allen Theilen Deutschlands   in Maffen aufzählen. Natürlich hat der Boycott   nur Aussicht auf Erfolg, wo ein namhafter �heil desjenigen Publikums, auf das es dabei ankommt, mit den Boy- rottern oder der von ihnen vertretenen Sache sympathisirt. Wird dieser Gesichtspunkt nicht außer Acht gelasien, dann werden die deutschen   Ar- beiter auch in ihren wirthschaftlichen Kämpfen Erfolge mit ihm «zielen können. Mit der ersten Nummer des neuen Jahrgangs beginnt derSozialist" öie Veröffentlichung der Schrift unseres holländischen Genoffen Domela- Nieuwenhuis  :Kapital und Arbeit, eine gedrängte Darstellung der Marx'schen Lehre". Uebersetzt ist sie von Genoffe Deroffi. Ein netter OrdnungSzeuge. In Nr. 1 d. I. brachte derSozialdemokrat" eine Korrespondenz aus Konstanz, in der erzählt wurde, wie zwei dortige Genoffen aus eine absolut unbegründete Denun- iiatron hin verhastet, auf der Wache von den Schutzleuten malträtirt und schließlich, da der ehrenwerthe Gerichtshof die Vernehmung von Entlastungszeugen ablehnte, zu Gesängnißstrafen uird in die Kosten ver> urtheilt wurden. Jetzt erfahren wir über einen der beiden vom Gericht für kompetent erachteten Belastungszeugen Karl F. Birsner folgende erbaulichen Dinge. Birsner ist dieser Tage von der Konstanzer   Strafkammer wegen Körperverletzung zu 6 Monaten Gefängniß verurtheilt worden. Er hatte seinen Schlaskollegen im Hause überfallen und mit einem Todtschläger derart traktirt, daß derselbe schwere Verletzungen erhielt. Früher war er in Bruchsal   wegen Einbruch und Diebstahl zu Zuchtshausstrafe ver- urtheilt worden, ebenso in Villingen   wegen Körperverletzung zu Gesängniß- strafe. Solche Hallunken nun werden als Zeugen von unseren Richtern an- gerufen, wenn es gilt, einen Sozialdemokraten zu verdonnern, weil solche Früqtchen ja, wie die Richter geäußert haben, gut genug dazu sind. «ie taxiren ihre Sache wirklich sehr hoch, diese ehrenwerthe»Richter". Frankreich   wird gewöhnlich als das Land deS besitzen- ten Kleinbauernstandes bezeichnet. Wie wenig es diesen Namen »erdient, zeigen folgende Zahlen aus der offiziellen Ackerbau- Statistik von 1873, mitgetheilt in der Zeitschrift:I-a terre lux paygans": I) Boden, der nicht denen gehört, die ihn bebauen: Wälder, Forsten, Brachland, Wiesen- und Weideland rc. 16 Millionen Hektaren Durch Halbpächter(mstayers) bebauter Boden 4 Durch Miethspächter bebauter Boden 12 49,006 Grundstücke von über 100 Hekt., die, wenn überhaupt, von Lohnarbei- tern bestellt werden 12 II) Baugrundstücke und Gärten, Häuser und sonstige Gebäude, Obstgärten, Baum- schulen tc. 1» Zusammen: 45 Millionen Hektaren Diese abgezogen von der Gesammtheit des anbaufähigen Bodens 49 Bleiben im Ganzen: 4 Millionen Hektaren, daS heißt kaum ein Zehntel des gesammten Bodens in den Händen Derer, die ihn für eigene Rechnung be- bauen. Für eigene Rechnung" ihrer Gläubiger bebauen. d. h. soweit sie ihn nicht für Rechnung Begründete Auflösung. Als in einer kürzlich in Berlin  stattgehabten Kommunalwählerversammlung der Arbeiter Neumann die Worte aussprach:Eine Volksmeinung unter einem Ausnahmegesetz her- beizuführen, ist überhaupt unmöglich, eine öffentliche Meinung unter Polizeiaufsicht ist ein Unding" erklärte der überwachende Polizist die Versammlung für aufgelöst. Eine beffere Satire auf die gegenwärtigen politischen Zustände in Deutschland   ist gar nicht denkbar. ! Sigismund Borkheim. Unsere biographische Skizze in voriger Nummer können wir heute wie folgt berichtigen und ergänzen. Borkheim wurde im Jahr 1825, am 29. März, geboren und zwar in G l o g a u. Er war also ein Jahr älter, als wir annahmen. Er stu- dirte in Greifswalde   und Berlin  ; 1843 war er dreijährig-sreiwilliger Kanonier in Glogau  , kam wegen Besuchs demokratischer Versammlungen in Untersuchung, der er sich durch die Flucht entzog. Er war in Berlin  bis zum Zeughaussturm, an welchem er sich hervorragend betheiligte. Das Weitere findet sich richtig in unserer vor acht Tagen veröffentlich- ten Skizze. Frankreich  . Der Pariser Gemeinderath hat in einer seiner letzten Sitzungen einen Beschluß gefaßt, der die Beseitigung der ausbeutenden Mittelspersonen zwischen den Arbeitern des Malerberufs und der Stadt zum Zweck hat. Alle Malerarbeiten für die städtischen Gebäude werden in Zukunft dem Fachverein der Maler des Baugewerbes svnion äeg peintres en bätiment) übertragen. Die prinzipielle Trag- weite dieses Beschlusses liegt auf der Hand, es handelt sich hier nicht um ein« zu Erwerbszwecken errichtete Affoziation, sondern um eine Or- ganisation zur Vertretung der Jntereffen der Gesammt-Arbeiterschaft. Herr G r e v y hat aus Anlaß seiner Wiederwahl zum Präsidenten der Republik eine größere Anzahl politischer Verbrecher, darunter Louise Michel  , Krapotkin, Lorde, Pougat ic., begnadigt. Ausgenommen von dem Gnadenakt sind Nourrit, der Galeerensträfling   von 1848, und Cyvoct, der zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt ist, weil er es gewesen sein soll, der vor drei Jahren im Restaurant Bellecour in Lyon   eine Sprengbombe gelegt. Unsre französischen Genossen und ein Theil der französischen   Radi- kalen sind mit diesem Gnadenakt gar nicht einverstanden, sondern ver- langen nach wie vor eine politische Amnestie, welche diejenigen Verur- theilten, denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt worden, wieder in dieselben einsetzt. Dafür werden sie von dem Pariser Gitter-Korrespon- denken der demokratischenFrankfurter Zeitung  " wie folgt abge- kanzelt: Den Radikalen scheint die Begnadigung nicht ausreichend zu sein, weil sie den Begnadigten wohl ihre Freiheit, aber nicht die verlorenen bürgerlichen Rechte zurückerstattet; als ob die bürgerlichen Rechte bei Leuten eine große Rolle spielen könnten, für welche die Anarchie der einzige Glaubensartikel und das Dynamit das Hauptaktionsmittel ist! Aber gleichviel, die radikalen Deputirten haben nun einmal die Amnestie ihren Wählern versprochen, sie muffen ihr Versprechen halten, wenn auch die Sache jetzt, nach der Begnadigung der Verbrecher, jede Bedeu- tung verloren hat. Mehrere Mitglieder der äußersten Linken beabsich- ttgen deshalb, trotz der Begnadigung, in der Kammer den Antrag auf Amnestie zu stellen, aus deren Annahme oder Ablehnung das Ministe­rium übrigens vernünftigerweise keine Kabinetssrage zu machen gedenkt. Andererseits will der Pariser   Deputirte Maillard einen Antrag einbrin- gen, wonach die politischen Verbrecher nach Abbüßung ihrer Strafe ihre bürgerlichen Rechte wiedergewinnen sollen, und Clovis Hugues   will durch «in Amendement diesem Gesetze sogar rückwirkende Kraft geben, damit es den heute Begnadigten zu Gute kommt, und das Lustigste von der Geschichte ist, daß die Persönlichkeiten, für die sich die Radi- kalen, mit Herrn Rochefort an der Spitze, besonders intereffiren, mit denbürgerlichen Rechten", die ihnen gerettet werden sollen, wenig an- i > fangen können, denn Louise Michel   ist, wie schon ihr Name sagt, ein Weib, und Krapotkin ein Rufs e." Daß eS auch Prinzipien gibt, davon scheint der lustige Herr keine blaffe Ahnung zu haben. Am Sonntag den 31. Januar finden in Paris   die Ergänzungswahlen für den Gemeinderath an Stelle einiger in die Deputirtenkammer ge- wählten Mitglieder desselben statt. Da es sich zum Theil um Wahl- kreise handelt, in denen die Sozialisten starke Anhängerschaft besitzen, so wäre auf einen Zuwachs der sozialistischen   Gemeinderäthe mit Sicherheit zu rechnen, wenn die sozialistischen   Gruppen einheitlich vorgingen. In dieser Erkenntniß hatten die Anhänger der Arbeiterpartei(Guesdisten") in ihrer Sitzung vom 6. Januar folgende Resolution gefaßt: In Erwägung, daß mehr als je eine Einigung der verschiedenen sozialistischen   Fraktionen nothwendig ist, beschließt die Federation, daß sie den Kandidaten der Union Federa- tive(Brouffisten") Joffrin und Mayer keine Kandidaten ent- gegenstellen wird, wenn diese ihrerseits nicht gegen ihre Kandidaten im Quartier Val-d«-Grace auftritt und nichts gegen die Kandidaturen Chau- viere(Blanquist"), Andrieux(unabhängige Gruppe") und Ponchet(des- gleichen) unternimmt." Zu bemerken ist, daß das Viertel, in dem Joffrin kandidirt, das aus- stchtsreichste ist. Trotzdem ist die Union   Federative aus diesen Vorschlag nicht eingegangen, und so werden sich, wie bei den Deputirtenwahlen, die Sozialisten zum Vortheil der Gegner untereinander bekämpfen. Korrespondenzen Planen i. sächs. Voigtlanv, Januar. ImSozialdemokrat" Nr. 43, 1885, berichteten wir über unsern R o ck st r o h und können heute endlich konstatiren, daß der Herr Wachtmeister vulgo Sozialisten- freffer sein«Entlassung" eingereicht hat. In Zukunft soll nun das Szepter der heiligen Hermandad einPolizei i n s p e k t o r" schwingen und dafür ein Gehalt von 2500 Mark erhalten. Diese Stelle wurde ausgeschrieben und ee haben sich nicht weniger als 35 Bewerb-r gefunden. Nun, Glück auf, liebes Plauen  . Der abgegangen gewordene R o ck st r o h hat seine wahre Natur erst nach seiner Entlassung gezeigt, indem er seine guten Freunde und Kollegen P e ch m a n n und Hahn denunzirte und sich wunderte, daß selbige nicht auch bestraft worden seien, da sie doch auch Nothzucht getrieben hätten. Biel  - leicht glaubt er an das Wort: Getheiltes Leid ist halbes Leid. So ist es bei diesen Tröpfen: so lange sie einig sind, wird nichts ausgeredet; ereilt aber einen davon einmal das Schicksal, dann sollen auch alle an- deren daran glauben. Genannter Hahn hat überdies wiederholt in der Arrestzelle der Polizeiwache Nothzucht getrieben, ebenso sollen verschiedene Polizeihallunken dergleichen verübt haben. Von einer Untersuchung gegen die Betreffenden hört man noch nichts. Wie hoch man trotzdem aber noch solche elende Wichte schätzt, beweist die charakleristische Thatsache, daß ein hiesiger Restaurateur, welcher in gerechter Weise seinem Herzen Luft gegen den sauberen Burschen R o ck st r o h gemacht, zu der enorm hohen Strafe von 200 Mark verdonnert wnrde. Jüngst erschien eine kleine Broschüre, betiteltWahrheit ohne Dich- tung". In derselben geißelt ein ehemaliger Hilfslehrer das Volksschul- gesetz, erzählt u. A., was sich die Hilfslehrer, so lange sie noch nicht die Wahlfähigkeitsprüsung abgelegt, von oben herab gefallen lassen müssen. Es wurden darin auch einige Plauen  'sche Verhältnifle besprochen, von denen wir nur ganz kurz etwas mittheilen wollen. Der Bürgermeister pardon Oberbürgermeister Kuntze verstehe Millionenanleihen vorzüglich in« Werk zu setzen, sei Vormittags 11 Uhr noch nicht in sei- nem Bureau anzutreffen, sei vollständig vernarrt in Pflanzung von König-, Johann-, Luther-, Hermann-, Bismarck- und anderen Hainen. Der Bezirksschulinspektor Selt mann sei nicht fähig, auch nur die kürzeste Rede frei aus dem Gedacht« z» halten. Ein hiesiger Beamter sei eine« Tages zum Bezirksschulinspekto- Sel'mann gekommen und habe ihm mitgetheilt, daß ein Lehrer mit seiner Tochter ein Verhältniß habe, welches nicht ohne Folgen geblieben sei. Der Inspektor verspricht, die Angelegenheit auf die günstigste Weise zu regeln und läßt de» Schuldi- gen kommen. Dieser leugnet Alles und nimmt der Inspektor den Be- treffenden mit in die Wohnung des Beamten. Dort läßt er denselben erst im Hose stehen, geht hinein und macht den Eltern die Mittheilung, daß der Schuldige Alles leugne. Darauf wird der junge Mann herein- gerufen und den Eltern vorgestellt, welche aber sofort rufen:Das ist er ja gar nicht!" Also Herr Seltmann fragt nicht einmal nachdem Namen des Schuldigen und leitet eine Untersuchung gegen einen Lehrer ein, ohne auch nur zu wissen, ob er den rechten vor sich hat. Und solch ein traurigerPotentat" ist Schulinspektor. Der Direktor Böhme (derselbe ist kürzlich zum Schulinspektor gemacht worden), welcher ein Gehalt von über 4000 Mark bezieht, borgt beim Fleischer den Braten, steht bei Schuster und Schneider im schwarzen Buche und wird oben- drein aus einem Verein wegen vorschriftswidriger Verwendung von Ver- einsgeldern im eigenen Interesse in aller Form hinausgeworfen, und dafür abgesetzt, wird der Leser denken, o nein man macht ihn zum Schulinspektor, damit er nun von oben herab gegen seine Unter­gebenen resp. die Hilfslehrer losdonnern kann, wenn sie einmal über den Strang hauen. Auch noch ein anderer Direktor, Hunger, wird in der Broschüre geschildert, und nach dem, was da erzählt wird, muß man in der That stark bezweifeln, daß der Herr jemals etwas von Albertis Komplimentir- buch gehört. Der Hilfslehrer habe im September noch den Stunden- plan des vergangenen Winterhalbjahres gehabt. Ein netter Direktor und noch viel netter der Schulmspektor. Der Verfasser inacht schließlich die Bemerkung, daß. als er dem Beruf des Lehrers Valet sagte, es ihm vorgekommen sei, als wenn er aus düstern Klostermauern hinaus in die freie Natur getreten sei. Man hört in hiesigen Lehrerk-eisen vielfach, daß der Verfasser sehr Recht habe, daß alles Wahrheit ohne Dichtung sei. Aber von einer Untersuchung gegen diese Ehrenmänner hört man noch nichts; sie befinden sich noch in ihren Stellungen und werden es wohl auch bleiben. Vier Wochen darnach erschien imVoigtländer Anzeiger" unter Mannigfaltigem" ein kleiner Aussatz: Eine Fabel aus Phlius.  (Phlius bedeutet Plauen  .) Darin wird von einem Schwein geschrieben, das gerne König der Thiere sein wollte, andere Thier« mit Schmutz bewarf und schließlich doch nur ein Schwein blieb. ES sollte dies wahr- scheinlich eine Entgegnung auf die BroschüreWahrheit ohne Dichtung" sein, aber wenn die Herren Oberbürgermeister, Schulinspektor und Schul- direktor nach vier Wochen keine andere als solcheSchweine- Ent- gegnung" bringen können, einen Unsinn, den jedes zehnjährige Schul- kind ,usammenschi»iert, so ist das grade ein deutlicher Beweis ihrer Un- fähigkeit. Und diese Ehrenmänner stehen an der Spitze des Volksschul  - wesens in einer Stadt von über 40,000 Einwohnern. Das was kürzlich von M e e r a n e aus geschrieben ward, ließe sich auch von hier sagen, denn es gibt hier ebenfalls solche ehrenwerthe Fabrikanten, welche sich unter ihren Arbestsniädchen einen Harem gebildet haben, wir könnten Namen nennen, wenn nicht diese traurigen Brüder hier schon genügend gekennzeichnet wären. Ist doch der eine davon be- reits so weit fertig, daß man die vielen Ausschweifungen auf seinem Gesichte lesen kann, und ihm der Tod im Nacken sitzt. Ein anderer Fabrikant, eine Säule der hiesigen konservativen Partei, Kommerzienrath Schnorr, hat eine Köchin, welche mit einem hiesigen, gut situirten, aber etwas beschränkten Sticker ein Verhältniß hatte und denselben bald hei- rathen wollte. Da der Herr Rath nun aber seine Köchin für bekannte Zwecke nicht entbehren konnte, so erhöhte er ihr den Gehalt sehr bedeu- tend, man sagt, von 500 M. auf 1500 M. und stellte ihr vor, in welch großes Unglück sie sich stürze, wenn sie ihren Geliebten Heirathen würde. Derselbe sei ein böser Sozialdemokrat, glaube an keinen Gott, wolle keinen König und keinen Kaiser haben und was dergleichen bös« Dinge mehr seien. Das Mädchen ließ sich wirklich einschüchtern, schrieb sogar einen Absagebrief, den ihr der Herr Kommerzienrath im verschlos- senen Zimmer diktirte, an ihren Geliebten, und das Verhältniß war gelöst. Das Vaterland ist von den Nachkommen dieses bösen Sozial- demokraten befreit und der Herr Kommerzienrath behält seine brauch- bare Köchin. Diesergottesgläubige" Patron hat dabei ein« solch kolossale Furcht vor seinen Mitmenschen, daß er stets Dolch und Revolver bei sich führt, jedenfalls zur Anwendung des praktischen Christenthums. Einen neuen Todtengräber resp.Todtenbettmeister" haben wir auch bekonimen. Der frühere, H a n o l d t, hatte nämlich die lobenswerthe Eigenschaft, seinen Gehilfen den Lohn nicht auszuzahlen, den er von der Stadtkasie für dieselben erhielt. Dies blieb so lange verschwiegen, bis ein früherer Geistlicher, der jetzt in Dresden   amtirt, die Sache aufdeckte. Man hat aber den ehrenwerthen Todtengräber nicht sofort abgesetzt, son- der» auch da den Modus befolgt, den man bei gewissen Beamten an- wandte. Man gab ihm einen Wink und die nöthige Zeit, seine Ent- lassung einzureichen. Von einer Bestrafung wegen Unterschlagung also keine Rede. Es muß doch das Sprichwort wahr gemacht werden, daß man nur die kleinen Diebe hängt, die großen Spitzbuben aber laufen läßt. Eine hiesige arme Wittwe mit mehreren Kindern saß eines Mittags am Tische und Alle hatten als Gericht Erdäpfelbrei und etwas geschenkte Wurst. Da kam grade der Armenpfleger, Rentier Hartenstein  , dazu, und machte davon im Armenausschusse Mit- th'ilung, aber aus welche Weise, wird man gleich erfahren. Die arme Wittwe ging auf das Armenamt und bat um eine Unterstützung. Da wurde ihr vom Vorsitzenden der Armendeputation der gewiß tröstliche Bescheid, solche Leute, welche sich als Mittagessen noch Erdäpfelbrei und Wurst bieten können, erhielten keineUnterstützung. Allerdings, Wittwen, welche sich mit Armen- Pflegern ä la Hartenstein, K n e i s e l, H öppner und Konsorten hinsichtlich geschenkter Wurstetwas angenehmer" zu geben wissen, er- halten Unterstützung, Holz u. s. w. massenhaft, auch wenn sie keine Kinder haben. Wir haben überhaupt nette Zustände in Plauen  , doch wollen wir für heute abbrechen und uns für später Weiteres vorbehalten. Die Bewoh- nerschaft Plauens aber möchten wir ermahnen, doch endlich einmal zur Einsicht zu kommen und sich zu überzeugen, von welchen Leuten sie sich eigentlich regieren lassen müssen und zu welchen wundersamenWohl- thaten" sie ihre schweren Steuern mitunter bezahlen Helsen   müssen. Bei uns kann man mit Recht singen: Zu Plauen   in der Stadt, Da ißt sich die Arbeit nicht satt; Da zotet und knotet und spreizt sich der Freche, Denn allezeit zahlt jader Dumme" die Zeche. Pößneck   in Sachsen-Meiningen  . Auch wir haben alle Ursache, wieder etwa« von uns im Zentralorgan hören zu lassen, ist doch Alles um uns herum verlottert und verfault. Richter und Beamte Hausen schamloser und erbärmlicher denn die Baschibozuks und die unbestech- lich-n(!) Kadis des Orients.Gleichheit vor dem Gesetz  " ist die Devise, doch nur auf dem Papier steht dieser schöne Wahlspruch, in Wirklichkeit sieht die Sache so saul aus, wie unsere ganzebeffere Gesellschaft" und ihre immer dienstbaren Mameluken. Hatten wir da einen zweiten Bür- germeister, ehemaligen Apothoker und späteren Leimsteder. Dieser edle Mann wurde auf Betreiben seiner hoch gestellten Anverwandten der Kom- mune Pößneck   aufgehalst. Er wurde Sparkaffenkaffirer und Kämmerei- beamter, unterschlug im Jahre 1884 achtzehnhundert Mark, trieb Roth- zuchtsversuche im Kaffenlokale, doch fand der Staatsanwalt in Rudol- stadt, Rohr ist sein Name, keinen Grund zum Einschreiten, weil esharmlose Scherze" waren. Das Ministerium in Meiningen  bestrafte ihn alsdann wegenunpassender Scherze" im Dienstlokale mit 100 Mark". Ob sie gezahlt worden sind, wissen die Götter. Härtel blieb im Amte und rupfte die Stadtkasse ruhig weiter. Ob man ihn, nachdem ihm jetzt seine Stellung sofort gekündigt wurde, bestrafen wird, diese Frage ist in Aller Munde. Doch glaubt im Ernst Niemand daran. Ist doch ein Verwandter von ihm im Meiningen  'schen Ministerium, und sein Bruder Rechtsver treter in Rudolstadt  !--- Ein junges Bürschchen derbesseren Gesellschaft" machte ebenfalls einen Nothzuchtsverfuch an einem 1 1 jährigen Mädchen. Er erhielt sechs Monate Gesängniß. Doktor und Lehrer wurden vernommen und sagten zu Gunsten ihres ehemaligen Patienten resp. Schülers aus, und folglich gab's mildernde Umstände! Ein armer Arbeiter K. Kallenbach, dessen Vater heute noch auf der Jrrenheilanstalt zu Hildburghausen   sich befindet, und welcher eben- falls schon Anfälle gehabt, machte etwas angeheitert mit einem 1 8jährigen, als sehr verliebt bekannten Mädchen einen derben Spaß. Es wurde dem königlich preußischen Gensdarmen gemeldet, und trotz theilweiser Geistesstörung erhielt der arme Handarbeiter achtzehn Monate Zuchthaus! Der Eine hundert Mark, der Andere sechs Monate Ge« f ä n g n i ß und der Dritte achtzehn Monate Zuchthaus! Gleiche« Recht für All-!!!"-- Bei der letzten Reichstagswahl kandidirte im zweiten Meiningen  'schen Wahlkreise außer Viereck(Soz.) und Witte(Freis.) noch ein gewisser Ernst Jerusalem  , welcher sich auch mitunter Dr. Jerusalem titulirte. Der- selbe führt den TitelGeneralsekretär",leitet" die nationalliberale Partei   in Berlin   und ist nebenbei noch Redakteur eines für die Firma Lehmann- Bismarck schwärmenden nationalliberalen Organes. Dieser Jerusalem   war in den 70r Jahren Redakteur an derGerstenberg'schen Allgemeinen Zeitung" in Hildesheim   und entführte die Ehefrau des Hauptmanns von Heidebreck. Er verließ nämlich in Abwesenheit des Gatten desselben, welcher sich zur Zeit im Manöver befand, mit seinerLiebsten" Hildesheim   und heirathete dieselbe kurze Zeit, nachdem v. Heidebreck im Duell mit seinem Schwager v. Saft gefallen war. Als Jerusalem   seinerzeit in Pößneck   seine Kandidatenrede hielt, rief ihm ein Maurer, Friedrich Riedel ist sein Name, zu:Wo hast Du un- serm Hauptmann seine Frau gelassen."Du bist der Durchbrenner von Hildesheim  ."Du indirekter Mörder!" Der Friseur Paul S e i g e, welcher die Wahlbewegung in Pößneck  leitete, wollte den Jerusalem   ob dieser laut geäußerten Rede Riedel'? zur Rechenschaft ziehen, doch schloß bei der ersten sozialpolitischen Frage Seige's der nationalliberale Komitevorstand die Versammlung. Riedel hatte nun überall, speziell auch Seige gegenüber, behauptet, daß I e r n- s a l e mdurchgebrannt" sei. Seige erließ daher andern Tag« eine An- frage imPößnecker Tageblatt", legte dem Jerusalem   die Beantwortung weiterer sozialpolitischer Fragen vor und sragte zum Schluß:Kann mir der Herr vielleicht sagen, ob E. Jerusalem   identisch ist mit jenem E. Jerusalem  , vormaligem Redakteur in Hildesheim  , welcher mit der Ehefrau des Hauptmanns v. Heidebreck durchgebrannt ist?" Jerusalem   stellte Strafantrag und wurde Seige, da Riedel jene Be- hauptungen beim Termin leugnete, also wissentlichstöckerte", wegen Beleidigung mit 48 Mark bestraft. Seige sowohl, welcher weitere Zeugen ausfindig gemacht, als auch der Anwalt Jerusalems  , obengenannter Rechtsanwalt O. Härtel in Rudolstadt  , legten Berufung ein. Die Zeugen Seige's wurden abgelehnt, dessen Be- rufung verworfen und selbiger zu vier Wochen Gesängniß ver- urtheilt. Die Quintessenz der Urtheilsgründe ist folgende:U e b r i- g e n S gehört der Angeklagte der sozialdemokratischenPartei an, woraus auf die Absicht, den Privatkläger zu beleidigen, geschlossen werden darf, und von der Straskammer geschloffen worden ist." Ferner: Aus Geldstrafe ist deshalb nicht zu erkennen, weil der Angeklagte ver- mögensloS ist und somit Geldstrafe nicht oder nicht a u S eignen Mitteln zu bezahlen vermag." Von Rechtswegen! Die eingelegte Revision, welche beantragte, die Zeugen in Hildesheim  zu vernehmen und die Sache nochmals an ein Landgericht zurück- zuweisen, wurde v e r w o r f e n." Von Rechtswegen! Weil der Angeklagte Sozialdemokrat ist und im Armenrecht streitet. Hoffentlich überleben wir die heutige bankerotte Gesellschaft und rech- nen gründlich mit derselben ab! Und wenn sie zehnmal unsre bewährten Kampfgenossen in's Gefängniß sperren, wir müssen endlich doch noch siegen und auf den Trümmern jener Verließe unsre rothe Fahne auf- pflanzen, welche so hübsch aus dem die Stadt überragenden alten Fest- ungsthurme am 1. 2. September wehte! Der rothe Thüringer  . T i/i n-n Am 24. Januar, Abends 5 Uhr, findet imCafö aux -L[CÖt/ quatre nationa", rue Chapelle des Clörea, eine Versammlung deutscher   Genossen statt, wozu sämmtliche sozialdemokratisch denkenden Arbeiter freundlichst eingeladen werden. Im Auftrag: P. W.