Wir schlagen die Stelle bei Marx selbst nach und vergleichen. Dageht uns plötzlich ein Licht auf. Das Zitat in der Schramm'schen Schriftenthält auf 59 Zeilen nicht weniger als 18 Fehler» daruntermehrere total sinnentstellende.Man urtheile selbst:Bei M a r x: Bei S ch r a m m:„In großen Umrissen können„In großen Umrissen könnenastatische, antike, feudale und m o- astatische ic. und andere bürget»dern bürgerliche Produktions- liche Produktionsweisen"...weisen"...„eines aus den Lebensbedingun-gen der Individuen hervorwach-senden Antagonismus"„eines aus den LebenSbedingun-gen der Individuen Herausgewach-senen Individualismus"„Mit dieser ic. schließt die Vorgeschichte der bürgerlichenGesellschaft ab."„Mit dieser— der b ü r g e r-l i ch e n nämlich— Gesellschafts-formation schließt die Vorgeschichteder menschlichen Gesellschaftab."Wir wissen nicht, was von diesen 13 Fehlern Schreib-, was Druck-fehler sind, aber jedenfalls sehen wir in der Thatsache, daß Herr Schrammauf das einzige Zitat, das er aus Marx bringt, so geringe Sorgfaltlegt, daß er alle diese Fehler wiederholt passiren läßt— das Druck-fehler-Verzeichniß weist nicht eine Korrektur derselben auf,— einenMangel an Gewissenhaftigkeit, die uns nirgends weniger angebrachtscheint als in einer ernsthasten„Studie".Dunkel, wie nun die ganze Stelle Herrn Schramm geblieben ist,geht für ihn doch aus derselben„unzweifelhaft" hervor, daß Marx„ebensowie Rodbertus" in den verschiedenen Geschichtsepochen die Wirkung desGesetzes fortschreitender Entwickelung erkannt— was uns hingegen rechtzweifelhast erscheint— sowie, daß Marx„die geistigen Stimmungen imVölkerleben durchweg auf rein materielle Ursachen zurückzuführen sucht."Während nun aber der Materialismus bei Rodbertus unbeschadet dessen, daßer es dem„großen Sozialisten" unter den heutigen Eigenthumsverhältnissenvon„ganz nebensächlicher Bedeutung" erscheinen läßt, ob napoleoni-scher Zäsarismus oder blaue Republik", ob„politisch rechtliche Gleich-stellung der Arbeiter" oder nicht(s.S. 15/1«), eine„Geschichtsauffassungvon großartigster Konzeption" ist, ist er bei Marx, der aus ihmnur die Erklärung, nicht aber die I g n o r i r u n g der„geistigenStrömungen in der Gesellschaft" herleitet, im Verein mit der„Gemüthsverwirrung", die„seinen Blick trübte", die Wurzel allesUebels. Sie veranlassen ihn zur„schroffen Verurtheilung aller Reform-Projekte als Utopie"(S. 60), hindern ihn,„selbst über Mittel zur Ver-befferung der Lage der Arbeiter nachzudenken und den Weg zur Lösungder sozialen Frage auszukundschaften fS.«1), lassen ihn„seinen natio-nalen Charakter vollständig verlieren", im Gegensatz zu Rodbertus, dem„der nationale Staat die gesellschaftliche Organisation ist, innerhalb derenGrenzen allein die höhere Staatenordnung ohne Privat-Eigenthum her-anreifen kann" fS. 65). Ihm steckt„der alte Geheimbündlerund Verschwörer aus der Zeit vor 1848 zu sehr imLeibe fS. 61). Er„war und blieb Anhänger der gewaltsamen Revo-lution"(S. 62), er„predigt die Gewalt von unten"(S. 33).„DieGewalt ist ihm die Geburtshelferin jeder neuen Gesellschafts.o r d n u n g"(@. 63). Sein einziger praktischer Versuch, die„Begrün-dung der Internationalen Arbeiter-Assoziation", ist gescheitert,„ein B e-weis, daß dieselbe verfrüht, noch nicht zeitgemäß, also unpraktisch/!) war",oder aber, daß die u n p r a k t i s ch e L e i t u n g das Fiasko herbeige-führt" hat(6. 63).Wir wissen nicht, aus welchem Stieber'schen oder Zacher'schen P o l i-zeibuch Herr Schramm das alles zusammengeschrieben, aus den Marx-schen Schriften selbst kann er es unmöglich geholt haben.Wer nur einmal das„Kapital" von Marx in der Hand gehabt,—und Herr Schramm hat es sogar popularisirt— muß wissen, wieweit entfernt Marx von dem bornirten Standpunkt war, den ihm HerrSchramm im Interesse der„Unparteilichkeit und Gerechtigkeit" da unter-schiebt.Man lese die Vorrede.„Dort wird er sich /der gesellschaftliche Um-wälzungsprozeß) in brutaleren oder humaneren Formen bewegen, je nachdem Entwicklungsgrad der Arbeiterklasse selbst. Bonhöheren Motiven abgesehen, gebietet also jetzt den herrschenden Klassenihr eigenstes Interesse die Wegräumung aller Hindernisse, welche dieEntwickelung der Arbeiterklasse hemmen. Ich habe destwcgen u. A.der Geschichte, dem Inhalt und den Resultaten der englischenFabrikgesetzgebung einen so ausführlichen Platz in diesem Bandeeingeräumt. Eine Nation soll und kann von der andernlernen. Auch wenn eine Gesellschaft dem Naturgesetz ihrer Bewegungauf die Spur gekommen ist... kann sie naturgemäße Entwickelung«-Phasen weder überspringen, noch wegdekreti ren. Abersie kann die Geburtswehen abkürzen und mildern."/S. Marx.„Kapital", S. 6.)Und weil hier grade von den„Geburtswehen" die Rede ist, so seiauch gleich das viel ge- und, meist wie Figur« zeigt, mißbrauchte Zitatvon der„Gewalt als Geburtshelferin" richtig gestellt. Es ist einegrobe Entstellung, Marx unterzüschieben, er habe da ausschließlichan Gewalt im Sinne von Mord und Todtschlag gedacht. Die dem Aus-Feuilleton.Z>ie Weligion des Kapitals.Originalbericht des„Sozialdemokrat"./Schluß.)Als die Begeisterung sich endlich gelegt, fuhr Gissen fort:Den Einen verkündet es seine Anwesenheit in fürchterlicher Weise, denAnderen zart wie eine liebevolle junge Mutter. Wenn das Kapitaleine Nation heimsucht, so ist es, als ob ein Orkan aus sie hernieder-führe, der Alles vernichtet und zerstört, was ihm im Wege steht—Menschen wie Thiere, Lebendes wie Todtes. Als sich das europäischeKapital in Egypten niederließ, da ergriff es, als wären es Strohhalme,die Fellahs mit ihrem Zugvieh, ihren Karren und ihren Hacken undversetzte sie nach der Landenge von Suez. Mit seiner eisernen Handbeugte es sie unter das Joch der Frohnarbeit— und, verbrannt von derSonne, gequält von Hunger und Durst, dem Fieber versallen, besäeten30, ovo mit ihren Knochen die Ufer des Kanals. Das Kapital ergreiftden freien und gesunden, kräftigen und heiteren Menschen und sperrtihn zu Hunderttausenden in die Fabriken, in Spinnereien und Berg-werke. Es pumpt ihnen dort das Blut aus— wenn eS sie losläßt,sind sie vorzeitig gealtet, skrophulös, blutarm, schwindsüchtig. Die inBezug auf das Ungeheuerliche so fruchtbare menschliche Einbildungskrafthat nie einen Gott zu ersinnen vermocht, der so grausam wäre, so ge-waltig, wenn er zürnt. Aber wie vorsorglich und liebevoll ist er gegenseine Erwählten! Für die Lieblinge des Kapitals kann die Erde nichtgenug angenehme Dinge hervorbringen. Jeden Tag erfindet es neue Genüssefür sie; es produzirt neue Blumen und neue Früchte, es ersinnt neueGerichte, um ihren übersättigten Gaumen zu reizen, es verschafft ihnenblühende Kinder, um ihre erschlafften Sinne zu stacheln. Todte undlebende Gegenstände— alles gehört ihnen.Und der Kardinal Manning, und der Pessimist Hartmann, und Vir.chow und Häckel, und Morley und Chamberlain— alle applaudirten:Das Kapital ist Gott!„Das Kapital kennt weder Grenzen noch Nationalitäten, wederRassen noch Geschlechter, es ist der internationale Gott, der Gott Aller;er wird die Kinder der Menschen unter sein Gesetz beugen", rief begeistertder päpstliche Legat. Brechen wir mit allen Religionen der Vergangen-heit, vergessen wir allen Hader, alle unsere Differenzen! Einigen wiruns in Herz und Geist, um die Dogmen des neuen Glaubens auszuarbeiten: der Religion des Kapitals.Der Kongreß, der in der Weltgeschichte epochemachend sein wird wiedie großen Konzilien, auf denen die katholische Religion ausgearbeitetwurde, tagte 1» Tage; er beauftragte eine Kommission, aus Vertreternaller Nationalitäten bestehend, die Protokolle zu redigiren und die ent-spruch unmittelbar vorhergehenden Sätze schließen eine solche Deu-tung absolut aus. Man urtheile selbst:„In England werden sie— die Momente der ursprünglichen Akku-mulation— Ende des 17. Jahrhunderts systematisch zusammengefaßtin Kolonialsystem, Staatsschuldensystem, modernem Steuersystem undProtektionssystem. Diese Methoden beruhen zum Th eil auf brutalsterGewalt, wie das Kolonialsystem. Alle aber benutzen die Staats-macht, die konzentrirte und organistrte Gewalt der Gesell-schaft, um den Verwanvlungsprozeß der feudalen in die kapitalistischeProduktionsweise treibhausmähig zu fördern und die Uebergänge abzu-kürzen." Und im direkten Anschluß hieran heißt es dann weiter:„DieGewalt ist der Geburtshelfer jeder alten Gesellschaft, die mit einer neuenschwanger geht. Sie selbst ist eine ökonomische Potenz." /„Kapital",S. 732.)Entweder hat Herr Schramm diese Stelle nicht gelesen, und dann be-wiese das nur die Gründlichkeit, mit der er bei Abfassung seiner„Studie" zu Werke gegangen, oder er h a t sie gelesen, und welcherSchluß sich dann ergibt, brauchen wir nicht erst zu sagen.Marx steckte„der Geheimbündler und Verschwörer zu sehr im Leib"!Marx, dessen Wirken innerhalb der Arbeiterbewegung ein fortgesetzterKampf gegen überflüssiges Geheimbündeln und Verschwörungsspielen war!Herr Schramm, dem die Geschichte des Kölner Kommunistenprozessesdoch nicht unbekannt, der die Geschichte der Internationale als Mitgliedder auf ihrem Boden stehenden Eisenacher Partei mit durcherlebt, erthut, als wisse er nicht, daß der Konflikt Marx's mit Willich-Schapperim Kommunistenbund, der Kampf mit Bakunin in der Internationalefast ausschließlich ein Kampf gegen Verschwörungsspielerei und Revolu-tionsmacherei war. Um nur von der Internationale zu reden, so hätteein Blick auf das von Marx verfaßte Programm und Statut der-selben genügt, Herrn Schramm zu zeigen, wie sehr er sich mit seinenAuslassungen in dieser Hinsicht— um in der ihm eignen Sprache zureden— b l a m i r t.In wenigen knappen und klaren Sätzen formulirt das Programmlediglich die der modernen Arbeiterbewegung aller Länder zu Grundeliegenden Prinzipien: den„Kampf für die ökonomische Emanzipationder Arbeiterklasse, dem jede politische Bewegung, als Mittel, unterzu-ordnen ist." Alles Sektirerthum ist damit vermieden; wer auf demBoden dieses allgemeinen Prinzips steht, wer den Klassenkampf des Pro-letariats gegen die Ausbeuterklasse anerkennt, ist willkommen: die Formdes Kampfes, die in den Vordergrund zu stellenden Postulats, müssenin den verschiedenen Ländern je nach dem Stande der Entwickelung ver-schieden sein. Revolutionäre Aktion ist so wenig ausgeschloffen wiesoziale Reform oder gewerkschaftliche Organisationsarbeit. Hier Vor-schriften erlassen zu wollen, wäre Thorheit. Und so sind denn auchdem entsprechend die Statuten gehalten, werden überall die S o n d e r-g e s e tz e der einzelnen Länder berücksichtigt; wird /Art. 7) die Vereini-gung der zertrennten Arbeitergesellschasten der betreffenden Länder innationale Körper, repräsentirt durch nationale Zentral-organe, empfohlen. Und ein so grimmiger Feind aller Reformenwar Marx, daß 1866„der Internationale Arbeiterkongreß zu Genf aufVorschlag des Londoner Generalraths /dessen MitgliedMarx war) folgende Resolution beschloß: Wir erklären die Beschränkungdes Arbeitstags für eine vorläufige Bedingung, ohne welche alle andernBestrebungen nach Emanzipation scheitern müssen..... Wir schlagen8 Arbeitsstunden als legale Schranke des Arbeitstags vor."Zu lesen im„Kapital", 1. Bd., S. 306. Herr Schramm, der paten-tirte Interpret dieses Werkes, muh somit, selbst wenn er kein anderesBuch von oder über Marx gelesen, diese Thatsache wissen, aber auchsie existirt nicht für ihn. Und Herrn Schramm's„Studie" betrifft nichtblos das„Kapital" von Marx, sondern das ganze Wirken und Wollenvon Marx. Er war also verpflichtet, genauer nachzuforschen, eheer derartige Behauptungen als Ergebnisse sachlicher Forschung in dieWelt schleuderte.So wenig als irgend ein anderer Mensch, ist Marx sofort fertig demHaupt der Minerva entsprungen. Cr hat fortgesetzt gearbeitet und sichnie gescheut, frühere Jrrthümer zu berichtigen. Grade die Vorredezum„Kommunistischen Manifest", auf dessen Satz„gewaltfamenUmsturz" Herr Schramm fortgesetzt herumreitet, indem er ihn aus-schließlich im Polizeisinn deutet, hätte ihn darüber belehren müffen.Daß Marx durch und durch Revolutionär war, und zwar nicht etwa imPickw'ck'schen Sinne, nicht etwa blos platonischer Schwärmer für die„revolutionäre Entwickelung", die sich„ganz von selbst macht", das fälltuns nicht ein zu bestreiten; aber ihm unterzuschieben, er habe den Ar-beitern empfohlen, die„Hände in den Schooß zu legen" und„zu war-ten", bis„die Stunde des kapitalistischen Eigenthums" schlägt /S. 80),das ist nur möglich durch systematischeVerdrehung der That-fachen. Wir haben schon manche Schmähschrift wider Marx gelesen, aberwas hier Herr Schramm unter der Maske der Unparteilichkeit bietet,übertrifft an falscher Darstellung alles, was uns in diesem Genre bishervor Augen gekommen.„Was ist denn die Agitation für Einführung des Normal-Arbeits-tages, was ist die Einbringung des Arbeiterschutzgesetzes anders als einStreben nach vernünftigen Reformen, also ein Beweis für die Behaup-tung, daß die Partei auf diesem, nicht auf dem von Marx empfoh-lenen Wege marschiren will." /S. 80.)wickelten Ansichten und Ideen zu einem Lehrsystem auszuarbeiten. Esist uns gelungen, verschiedene Arbeiten dieser Kommission uns zu ver-schassen: den K a t ch i s m u s des Arbeiters, den wir heute zumAbdruck bringen, den Katechismus der Kapitalisten, dieRede über die Prostituirte, die Gebete des Kapita-l i s m u S; eine Homilie; Selig sind, die da arbeiten; Frag-mente über das Thema: Der gute Arbeiter und derschlechteAusbeuter; über Staatsmoral u. s. w.Die Leser des„Sozialdemokrat" werden es uns sicher Dank wissen,wenn wir sie mit diesen Arbeiten bekannt machen, bevor dieselben offiziellpublizirt werden.I.Katechismus des Arbeiter».Frage: Wie heißest du?Antwort: Lohnarbeiter.Fr.: Wer sind.deine Eltern?A.: Mein Vater war Lohnarbeiter, mein Großvater auch und meinUrgroßvater ebenso. Aber meine Vorväter waren Leibeigene und Sklaven.Meine Mutter heißt Armuth.Fr.: Wo bist du geboren?A.: In einer Mansarde unter dem Dachstuhl eines Hauses, das meinVater und seine Kameraden gebaut.Fr.: Was ist deine Religion?A.: Die Religion des Kapitals.Fr.: Welche Pflichten legt dir deine Religion auf?A.: Zwei hauptsächlich: die Pflicht der Entsagung und die Pflicht derArbeit.Meine Religion gebietet mir, meinen Rechten zu entsagen auf Eigen-thum an der Erde, unserer gemeinsamen Mutter, an den Reichthümernihres Inneren, an dem Ertrag ihrer Oberfläche, an ihrer wunderbarenBefruchtung durch Sonnenlicht und-Wärme; sie gebietet mir, meinenRechten zu entsagen auf Eigenthum an dem Produkt der Arbeit meinerHände und meines Gehirns.Meine Religion gebietet mir, von Kindheit an bis zu meinem Todezu arbeiten— beim Sonnenlicht und beim Licht des Gases oder derElekttizität, Tag und Nacht; zu arbeiten auf der Erde, unter der Erdeund auf dem Meere, immerdar und Überall.Fr. Legt dir deine Religion noch andere Pflichten auf?A.: In Entbehrungen zu leben. Meinen Hunger nur zur Hälfte zustillen, alle meine fleischlichen Bedürfnisse einzuschränken und alle meinegeistigen Bestrebungen zu unterdrücken.Fr.: Verbietet dir deine Religion gewisse Nahrung?A.: Sie verbietet mir, Wildpret, Geflügel, Rindfleisch erster, zweiteroder dritter Qualität zu berühren, Lachs, Hummer oder feinere Fisch-sorten zu kosten; sie verbietet mir, Naturweine zu trinken oder Brannt-wein aus Wein gebrannt, sowie Milch, wie sie von der Kuh kommt.Fr.: Was für Nahrung erlaubt sie dir?A.: Brod, Kartoffeln, Bohnen, Häring, Kuh- und PferdefleischMan vergleiche mit diesem Satz, der aus einer Reihe gleicharttg«genommen, die alle beweisen sollen, daß die Partei gleich Herrn Schrammvon Marx nichts wissen will, man vergleiche diesen Satz mit den obenaus dem„Kapital" entnommenen Zitaten, und man wird den moralische«— Muth bewundern, der Solches fertig bringt.Um auf die„Internationale" zurückzukommen, so weiß Herr Schrammvom deutsch-französischen Krieg, von der Kommune,von den Gesetzen wider die Internationale, von der Baku-n i n'fchen Gegenagitation kein Wort— aus dem Umstände, daßsie als Organisation nicht mehr besteht, geht nichts hervor, als daßMarx kein„brauchbarer Prakttker" war. Entweder taugte die„Leitung"!nichts, oder die„Gründung" war verfrüht, lieber die erste Insinuationverlieren wir kein Wort; was aber die„Verfrühtheit" anbetrifft, diesich beiläufig sehr hübsch mit dem Vorwurf der„manchesterlich-fatalisti-fchen Anschauung" reimt, so scheint Herr Schramm nicht zu wissen, daßes unter Umständen auch Pflicht sein kann, für eine„verfrühte" Sacheeinzutreten. Was Marx der Internationale gegeben, die theoretischeBasis, ist bestehen geblieben: der Inhalt hat die Form überdauert. DieGrundsätze der Internationale liegen dem Programm sämmtlicher heutebestehenden Arbeiterparteien zu Grunde. Herr" Schramm, obwohl lang-jähriges Mitglied der Eisenacher Partei, weiß nicht einmal, daß derenProgramm in seinem prinzipiellen Theil fast buchstäblich dem Programmder Internationale entnommen, und daß das Gothaer ein Vermitte-lungsprogramm ist zwischen diesem und dem ehemals lassallea-.nischen.Heute mehr als je gilt der Satz im Programm der Internationale:;„Daß die Emanzipation der Arbeiterklasse weder eine lokale, noch einenationale, sondern eine soziale Aufgabe ist, welche alle Länder umfaßt,in denen die moderne Gesellschaft besieht, und deren Lösung vom prak-tischen und theoretischen Zusammenwirken der fortgeschrittensten Länderabhängt."—Als wohlthuenden Gegensatz zu dem verbissenen, unpraktischen Re»»'lutionsdoktrinär Marx werden wir im nächsten, dem Schluß-Artikel un-serer Besprechung, den Praktiker nach dem Herzen des HerrnSchramm kennen lernen. Ferdinand Lassalle ist so glücklich, in dieserBeziehung seinen rückhaltlosen Beifall zu finden. Ob aber das begeisterteLob, das Herr Schramm ihm spendet, wirklich eine„Ehrenrettung"Lassalle's ist, wie er in der Vorrede verspricht? Sehen wir zu.Sozialpolitische Rundschau.Zürich, 2. Februar 1886.— Der Hcnker-Zar hat der Warschauer Gerichtskomödie die Schluß-sanktion ertheilt. Zwei der zum Tode Verurtheilten wurden zu zwanzig-jähriger Zwangsarbeit„begnadigt", die anderen vier:der Friedensrichter Bardowsky,der Edelmann St. Kunitz ky,der Arbeiter O s s o w s k y,der Arbeiter Petrussinsky,wurden am 28. Januar auf Befehl des Zaren in der Warschauer Zita-delle gesetzlich ermordet. Sie starben mit dem Rufe: ES lebedie soziale Revolution!Die Freiheitlichgesinnten aller Länder werden das Andenken dieserMärtyrer der Volkssache hochhalten!— DaS Doppelspiel mit dem Sozialistengesetz ist schon oft vonuns gekennzeichnet worden— so oft, daß es verlorene Mühe wäre,davon reden zu wollen. Außer jenem famosen Doppelspiel, das dieNothwendigkeit der Verlängerung des Sozialistengesetzes sowohl ausdessen Wirkungslosigkeit, als aus dessen Wirksamkeitfolgert, hat das Sozialistengesetz jetzt noch zu einem zweiten Doppel-spiel Anlaß gegeben.Es handelt sich gegenwärtig darum, die Verlängerung desSozialistengesetzes dem deutschenPhilister mundgerecht zu inachen.Da nun der deutsche Philister im eminentesten Maße ein Angstmeierund ein G e m ü t h s e s e l ist, so muß er nach diesen, seinen zwei her-vorstechendsten Charaktereigenschaften„gepackt" werden.Dem Angstmeier muh man tüchtig einheizen, daß ihm die Haarezu Berge stehen und er in der„sta.ken Regierung", welche die„Gut-gesinnten" väterlich beschützt, seine Rettung, seinen Trost, sein Heilerblickt.Also Hochverrathsprozesse, dann und wann große Polizeientdeckungen,greifbare, geräuschvolle Beweise, daß der Boden von Staat und Gesell-schaft nach allen Richtungen hin unterminirt ist, wie eine Wiese zur Zeitder Mäuseplage und noch schlimmer.Auf den G e f ü h l s e s e l muß aber auch Rücksicht genommen werden.Der Philister ist nicht grausam— behüte. Er hat„ein gutes Herz",und obgleich er sich unter den Sozialdemokraten erschrecklich gruseligeKerle vorstellt, so will er doch nicht, daß ihnen zu arg mitgespielt wird.Die Ausweisungen, das Zerreißen der Familien, das Zerstören derFleischerei-Abfälle und ordinäre Wurstwaare. Damit ich meine erschöpftenKräfte schnell wieder hebe, erlaubt sie mir, gefälschten Wein, Kartoffel-schnaps oder Rachenputzer zu trinken.Fr.: Welche Pflichten gegen dich selbst legt dir deine Religion auf?A.: Mein« Ausgaben einzuschränken, eng und dürftig zu wohnen, zer-rissen-, zerstückelte und geflickte Kleider zu tragen und sie abzunutzen,bis sie fadenscheinig mir in Fetzen vom Leibe fallen. Ohne Strümpfein zerrissenen Schuhen zu laufen, durch deren Löcher das eisigkalteschmutzige Waffer der Straße dringt.Fr.: Welche Pflichten gegen deine Familie legt sie dir auf?A.: Meiner Frau und meinen Töchtern jede Koketterie, jede Eleganzund jeden Geschmack zu untersagen, sie in gewöhnliche Stoffe so zu klei-den, daß es genügt, um das Schamgefühl der Strahenpolizei nicht zuverletzen. Sie zu lehren, wie man im Winter in Kattunfahnen nichtzittert und im Sommer in Dachstuben unter Zinkdächern nicht vor denglühenden Strahlen der Hundstagssonne erstickt. Meinen Kleinen dieheiligen Prinzipien der Arbeit einzuprägen, damit sie von frühesterJugend an ihren Unterhalt verdienen und nicht der Gesellschaft zur Lastfallen: sie zu lehren, ohne Licht und ohne Abendessen schlafen zu gehen,und sie an das Elend zu gewöhnen, welches ihr Loos im Leben ist.Fr.: Welche Pflichten gegen die Gesellschaft legt sie dir aus?A.: Den Nationalreichthum zu vermehren. Erstens durch meine Arbeitund zweitens durch meine Ersparnisse, sobald ich mir solche machenkann.Fr.: Was gebietet sie dir, mit deinen Ersparnissen zu thun?A.: Sie in der Staatssparkasse zu deponiren, damit sie dazu dienen,das Staatsbudget ins Gleichgewicht zu bringen*), sie den von menschen-freundlichen Finanziers gegründeten Gesellschaften anzuvertrauen, damitdiese sie an unsere Prinzipale leihen. Wir müssen unsere Ersparnissestets zur Versügung unserer Herren halten.Fr.: Erlaubt dir deine Religion, deine Ersparnisse anzurühren?A.: So selten wie möglich; aber sie empfiehlt uns, nicht darauf zubestehen, wenn der Staat die Rückzahlung verweigert,**) und ruhigVerzicht zu leisten, wenn die menschenfreundlichen Finanziers in weiserVoraussicht unseren Forderungen zuvorgekommen sind und uns mittheilen,daß unsere Ersparnisse in Rauch aufgegangen sind.Fr.: Wer ist dein Gott?A.: Das Kapital.*) Der Katechismus spielt hier auf eine Thatsache an, die in Frank-reich passirt ist, und die seine Verfasser zweifelsohne in allen Ländernverallgemeinert sehen wollen. Man benutzte die in den Sparkassen depo-nirten Summen, um die aus 1200 Millionen, angelaufene schwebendeSchuld zu bezahlen. Bei dieser Gelegenheit machen wir aus den echtinternationalen Charakter des Katechismus aufmerksam, der die Rechteund Pflichten der Proletarier ohne Unterschied des Landes und der Rasseformulirt.. �.**) Ist in Frankreich geschehen. Die Verfasser sahen wahrscheinlichvoraus, daß die Geschichte sich in anderen Ländern wiederholen werde,und wollen die sparenden Arbeiter darauf vorbereiten.