Wir leben im Zeitalter des Manchesterthums(wenn auch schon stark aus dem Abmarschs, und das höchste und heiligste Prinzip desselben ist sreie Konkurrenz." Unter diesem Prinzip hat die englische Nation in Folge ihrer früh und weit entwickelten Industrie mehr als ein Jahrhundert lang den Weltmarkt beherrscht, aller Herren Länder und namentlich den Kontinent mit ihren Jndustrieprodukten überschwemmt, und auch Deutschland , und somit hat Deutschlands Arbeiterwelt darunter lange Jahre schwer gelitten.*) Jeder, der nur ein oder zwei Jahrzehnte zurückdenken kann, wird wissen, daß in Deutschland fast nichts Werth hatte, das nicht von Eng- land kam, kein Zwirnsfaden, Messer, Gabel, Tuch- und Kleiderstoffe, Alles, Alles von England. Große Unternehmungen, wie z. B. Gas- und Wafferanlagen in vielen deutschen Städten, sind von Engländern und, wie beispielsweise in Hamburg , jahrzehntelang im Besitze von englischen Kompagnien gewesen, und sind es vielleicht heute noch. Die Baumateria- lien zu diesen Anlagen, wie Röhren w., wurden fast ausschließlich von England bezogen und theilweise sogar englische Arbeiter bei ihnen be- schäftigt. Erinnere ich mich doch sehr gut aus dieser Zeit, als Knabe zum ersten Male betrunkene englische Frauen gesehen zu haben, deren Männer bei den Gasanlagen in Hamburg beschäftigt waren. Genug. Jeder weiß, wie schwer Englands Konkurrenz auf dem aus- ländischen Arbeitsmarkt gelastet hat, und ich glaube nicht fehlzugehen, wenn ich sage, daß die Auswanderung der deutschen Arbeiterbevölkerung theilweise auf Konto der erdrückenden englischen Konkurrenz zu setzen ist. Ein Jahrhundert lang haben also englische Kapitalisten sich in Deutsch - land und dem übrigen Kontinent die Taschen gefüllt und selbstverständ- lich während dieser Zeit für die englische Arbeiterwelt auch vollauf Ar- beit geschafft. Diesem Umstand ist auch wohl zum Theil das rasche Ausblühen der Tradesunions und anderer Arbeiterorganisationen zu jener Zeit zuzu- schreiben. Jetzt hat sich das Ding gedreht, die kontinentale und namentlich die deutsche Industrie hat sich entwickelt und die englische überflügelt. Eng- land ist vom Weltmarkt verdrängt und hat zum großen Theil sogar den Markt des eigenen Landes verloren, denn kontinen- tale und namentlich deutsche Jndustrieprodukte überströmen den hiesigen Markt und sind gesuchte Waaren. In der Oekonomie gibt's keinen Pardon, und wenn die Engländer glaubten, ein Jahrhundert lang den Weltmarkt haben zu können, ohne Standgeld zu zahlen, so irrten sie eben. Englische Kapitalisten haben dem festländischen Arbeiter jahrelang das Brod vom Mund weggenommen, und nun sind es kon- ttnentale Kapitalisten, welche dem englischen Arbeiter das Leben sauer machen, das ist es. Es ist die Konkurrenz, gegen welche die englischen wie alle anderen Arbeiter Front machen sollten, und nicht feilschen und zanken gegen ihre Arbeitsbrüder. Es gilt, die goldene Internationale zu stürzen; diese Aufgabe zu lösen, ist die Pflicht der Proletarier aller Länder. -«WVXiA/VNrf Sozialpolitische Rundschau. Zürich , 21. April I88S. O Heuchelei, dein Rame ist Bismarck ! ImKulturkampf" kläglich unterlegen, macht der geniale Junker Otto es jetzt genau so wie der erste beste Schuljunge, der in üaAranti bei irgend einer besonders großen Dummheit ertappt worden: er verlegt sich aufs Leugnen, Lügen und Heucheln. Der Himmel behüte: Er, der große Barzinski, hat den Kulturkampf nicht angefangen irgend ein beliebigerKrätzig" war das Karnikel, das angefangen hat. Er, der große Barzinski, ist wir zitiren wörtlich nach dem stenographischen Bericht derFrankfurter Zei- tung" über die letzte Kulturkampsdebatte der preußischen Herrenhäuslsr ganz unschuldig an demKulturkampf"; er weiß weniger davon als(der Hampelmann) B e s e l e r(der gar nichts davon weiß). Er(der große Barzinski) kann sreilich die ganze Wahrheit nicht sagen, weil erseine persönlichen Ansichten mannigfach der Staatsraison unterordnen muß", aber so viel kann er doch, ohne die Staatsintereffen zu verletzen, schon jetzt sagen, daß er in den Kulturkampf hineingerathen sei, er(der große Barzinski) wiffe selber nicht wie; daß er weder als Ressortminister, noch als Ministerpräsident an der Entstehung der Maigesetze betheiligt gewesen, sondern nur als Mitglied des Staatsministeriums; daß er als solches zwar im A l l g e m e i n e n die Verantwortlichkeit mittragen müffe, jedoch für alle Einzelheiten und Arabesken nicht verantwortlich gemacht werden könne u. s. w. Die Ausführungen des braven Barzinski gipfeln darin, daß er in der Sache eigentlich nur die Stellung eineSZeugen" ein- nehme, welcher mit der ihn(den großen Barzinski) auszeichnenden stöcker- schen Wahrheitsliebe jetzt vor der öffentlichen Meinung Zeugniß ablege. Was er sonst noch geredet, ist uns gleichgültig; wir wollten blos die bodenlose Heuchelei annageln, die der große Barzinski, alias der Eiserne Kanzler, in seinem Streben, das Fiasko des Kulturkampfs von sich ab- zuschütteln, unverfroren zur Schau stellt. Apropos, dieFrankfurter Zeitung ", der es mitunter gelingt, das Gras wachsen und die Flöhe husten zu hören, wittert hinter dem kirchen - politischen Fiasko des großen Barzinski einen hochstaatSmännischen Ge- danken, einen Meisterstreich der Staatsmannskunst. Sie hat nämlich die tiefsinnige Entdeckung gemacht, daß der große Barzinski sich von seiner Unfähigkeit, mit der Sozialdemokratie fertig zu werden, überzeugt habe, und nun zur Bekämpfung der bösen Staats- und Gesellschaftsfeinde das Bündnis; der katholischen Kirche suche welches ihm auch schließlich nicht entgehen könne, so daß es sich also höchstens um ein vorüber- gehendes Fiasko handle. Der brave Sonnemanns- Moniteur vergißt hierbei nur eins: daß gegen die Sozialdemokratie das Zentrum schon seit Jahren zu haben ist trotz des Kulturkampfs; daß es also keines Bünd- n i s s e s zu diesem Zwecke bedarf. Wo es das Volk, die Freiheit und den modernen Geist zu bekämpfen gilt, da sind Staat und Kirchs zu allen Zeiten einig gewesen, und werden es auch sein, so lange sie bestehen. Dem Puttkämerchen ist in der That nicht zu helfen. Indem wir seine Taktik in Bezug auf das Sozialistengesetz detaillirt voraus- sagten, genau voraussagten, was er vor, während und nach den Debatten über die Verlängerung thun würde, glaubten wir allen Ernstes ihm einen Gefallen zu thun und ihn zu einem Verlaffen der langweiligen, seine Geistesarmuth verrathenden Schablone zu be- stimmen. Es war jedoch Alles umsonst. Puttkämerchen hat keine selbst- ständigen Gedanken, er besitzt nicht das nöthige Bischen Originalität, um sich aus der Schablone herauszuarbeiten, und so hat denn der un- glückliche Schablonen-Polizeiminister aufs Haar das gethan, was wir voraussagten, und diemilde Praxis" sofort nach der Verlängerung, ohne auch nur die winzigste Anstandspause zu machen, durchscharfe", stramme Praxis" ersetzt. Ein wahrer Platzregen von Versammlungs- verboten und ähnlichen Schablonen-Manövern bezeugt siegreich die Rich- tigkeit unserer Beurtheilung Puttkämerchens. Beiläufig ist unsere neuliche Anfrage an Puttkamer bis jetzt unbeant- wortet geblieben. Daß Seine Exzellenz nicht selbst antworten würde, war vorauszusehen. Aber auch keines seiner Reptilien, die doch sonst so schnell bei der Hand sind, ihr Publikum über die neuesten Leistungen desSozialdemokrat" zu unterrichten, hat sich bisher bemüßigt gefunden, von unserer Anfrage Notiz zu nehmen. Wir möchten indeß die Sache um so weniger einschlafen laffen, als sich die von uns angeführten Budgetposten auch im preußischen Etat für 1886/87 wiederfinden. Also ist es wahr, daß ein und derselbe preußische Minister nicht nur zweimal das Ministergehalt von 36,000 Mark pro Jahr ein- streicht, sondern auch, obwohl er als Minister des Innern freie Amts- wohnung ein trefflich eingerichtetes Ministerhotel unter den Linden in Berlin hat, noch als Vizepräsident des Staatsministeriums 9 000 *) Die englische Konkurrenz hat in Deutschland den Uebergang vom Kleinhandwerk zur Großindustrie gewaltig beschleunigt. Daß dieser Ueber- gang für die Arbeiterwelt vielfach mit Leiden verknüpft war, ist richtig, er war aber unvermeidlich, und wir haben keine Ursache, den Engländern darüber gram zu sein. Mark Miethsentschädigung in die Tasche steckt? Und wie heißt dieser Minister?. Wir bitten dringend um Antwort, nicht aus müffiger Neugier, son- dern wie schon gesagt um alsdann mit Exzellenz Puttkamer ge- meinsam den Kampf zu führen gegen die an den Kasten der Arbeiter und der Steuerzahler sich mästenden Schmarotzer. Der in unserm heutigen Leitartikel erwähnte Puttkamer 'sche Ukas fordert nach offiziöser Lesart die Polizei- w. Behörden auf, sich bei Arbeiterstreikszwar der gesetzlich bestehenden Koalitionsfreiheit gegenüber jeder Maßregel sorgfältig zu enthalten, welche als eine Partei« nähme für die Arbeitgeber gegen die Arbeitnehmer oder umgekehrt er- sch e i n e n(!) k ö n n t e, auf der anderen Seite aber zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung streng darüber zu wachen, daß der Lohnkampf ausschließlich auf friedlichem Wege und mit gesetzlichen Waffen zum Austrage gelangt. Jedem von der einen oder der anderen Seite ausgehenden Versuchs, anläßlich der auf dem Gebiete der Lohnbewegung entstehenden Streitigkeiten den legalen Boden zu verkästen, soll daher nachdrücklich und mit allen gesetzlichen Mitteln entgegengetreten werden. Von den strafrechtlich zu verfolgenden Vergehen abgesehen, gehören zu den Ausschreitungen, welche den Cha- rakter widerrechtlicher Gewaltsamkeit an sich tragen, namentlich die Versuche, einheimische oder auswärtige Arbeiter daran zu hindern, als Ersatz in die entstandenen Lücken einzutreten; ferner namentlich die Agitationen auf den Bahnhöfen, sowie die V e r- höhnung und Belästigungen der weiter arbeitenden Arbeiter. In allen solchen Fällen sollen die Polizeiorgane dem betroffenen Theile (das heißt den Hammeln der P r i n z i p a l e!) Schutz und B e i st a n d gewähren. Gang besonderer Ueberwachung sollen indeß diejenigen Arbeitseinstellungen unterworfen werden, welche durch die sozialdemokratische Agitation angestiftet sind oder auch nur (diesesauch nur" ist unbezahlbar) in ihrem weiteren Fortgange der Leitung derselben verfallen, die somit(und nun kommt die moralische Guillotine) ihren wirthschastlichen Charakter abstreifen und einen revo- lutionären annehmen. In dem Augenblicke heißt es in der ministeriellen Verfügung, wo durch Thatsachen jene denUmsiurzbestrebungen dienende Tendenz bei einer Arbeitsein st ellung zu Tage tritt, wird auch die Nothwendigkeit gegeben sein, gegen die mit ihr zusammenhängenden öffentlichen Kundgebungen auf dem Gebiete der Preffe. so­wie des Vereins- und Versammlungswesens die Vorschriften des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 wit derselben Strenge in Anwendung zu bringen, wie gegen jene Bestrebungen überhaupt. Insbesondere wird nach Befinden der Umstände in denjenigen Bezirken, innerhalb deren die im§ 28 des oben angeführten Gesetzes vorgesehenen außerordentlichen Maßregeln in Wirksamkeit gesetzt sind, von letzteren auch gegen Führer vonStreik- bewegungen Gebrauch zu machen sein, sobald die Behörde die be- gründete Ueberzeugung gewinnt, daß von diesen Personen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu besorgen ist." So werden die belgischen Unruhen auch in w i r t h s ch af t li ch e r Beziehung gegen die deutschen Arbeiter fruktifizirt oder doch zu fruktifi- ziren versucht. Denn Puttkamer weiß sehr gut, 1) daß diesozial- demokratischen Agitatoren" überhaupt nicht sehr für Streiks schwärmen, wenigstens nach Kräften bemüht sind, leichtfertiges Streiken zu verhindern, die Streiks durch Schaffung guter Organisationen überflüssig zu machen. 2) Daß diesozialdemokratischen Agitatoren", wo immer sie sich an die Spitze Streikender stellten, von jeher darauf bedacht gewesen sind, un- nütze Opfer zu ersparen, und Disziplin und Ausdauer, keines- wegs aber Gewaltthätigkeiten predigten, von denen sie wissen, daß sie nur den Vorwand zum Einschreiten gegen die Streikenden zu liefern pflegen. 3) Daß Arbeitseinstellungen heutzutage mit denUmsturzbe- strebungen der Sozialdemokratie" genau so viel zu thun haben als Schutz- zoll und Freihandel. Wenn er also trotzdem diesozialdemokratischen Agitatoren" verhindern will, ihren streikenden Kollegen mit Rath und That zur Seite zu stehen, so geschieht dies in der löblichen Absicht, diese einzuschüchtern, zu isoliren, ihrer tüchtigsten Kräfte zu berauben. Jeder tüchtige energische Or- ganisator wird naturgemäß in den Vordergrund gedrängt, und dadurch den Behörden ganz von selbst alssozialdemokratischer Agitator ver- dächtig" ganz abgesehen von den bekannten Denunziationen der Prinzi- pale und ihrer Sykophanten Jede Beeinträchtigung des Rechtes der Arbeiter, ihre Führer nach Fähigkeit selbst zu wählen, ohne Rücksicht auf ihre politischeGutgesinntheit", ist ein F a u st s ch l a g gegen ihre Interessen, und ein solcher und nichts andres ist der neueste Putt- kamer'sche Ukas. Wein eben nicht zu rathen ist, dem ist auch nicht zu helfen. Die kräftige Sprache, welche unsere Genoffen Bebel und Liebknecht in der Debatte über den Antrag auf Verlängerung des Sozialistengesetzes geführt, hat trotz Bismarck und Puttkamer, in Partei- kreisen frendigsten Widerhall gefunden. Die deutschen Arbeiter sind zum Glück noch nicht so verphilistert, daß sie sich durch die dia- lettischen Taschenspielerstücke eines frechen Junkers in's Bockshorn jagen lassen. Von den Zuschriften, die uns dieserhalb zugegangen, seien hier nur zwei erwähnt: In der am Sonntag, den 11. April abgehaltenen glänzend besuchten Volksversammlung", schreibt man uns aus K ö l n,wurde unsererseits eine Resolution eingebracht, in der wir erklärten, den von Bebel und Liebknecht in der Sozialistengesetzdebatte abgegebenen Erklärungen voll- ständig beizupflichten, und ihnen unsere volle Zustimmung zu diesem würdigen, prinzipieutreusn Verhalten aussprachen. Da erhob sich der überwachende Kommiffar und erklärte, in übrigens durchaus höflicher Form, er müffe die Versammlung auflösen, wenn die Resolution nicht anders gefaßt werde. Und so wurde denn eine etwas allgemeiner gefaßte Resolution beschlossen." Aus Königsberg schreibt uns ein Genosse mit der Bitte um Ver- öffentlichung:Bebel und Liebknecht hatten uns allen hier aus der Seele gesprochen, und wir haben uns daher um so mehr über die Bemerkungen imDeutschen Wochenblatt" über Bebels Rede geärgert. Mit ähnlichen Bemerkungen, wie die dort gebrauchten, haben die hiesigen liberalen Zeitungen über Bebels und Liebknechts Reden geschrieben, und von ihrem Standpunkt ja mit Recht. Aber wir Sozialdemokraten haben doch mit den Argumenten dieser katzbuckelnden Opportunitätspolitiker nichts zu thun." Ferner sei erwähnt, daß die Mitgliedschaft deutscher Sozialisten in Zürich in ihrer Sitzung vom 10. April einstimmig eine Resolution beschloffen hat, in welcher sie ihre Genugthuung für die mannhaste Art und Weise ausspricht, mit der unsre Abgeordneten im Reichstage auf die Jntriguen und Provokationen der Gegner geantwortet. Dem Sozialdemokraten Heine ist der Fortschrittler D i r i ch l e t gefolgt. Die Lorbeeren des Naumburger Oberlandes- gerichts haben das Königsberger Oberlandesgericht nicht schlafen laffen: auch Dirichlet ist in seinem Diätenprozeß schuldig befunden wor- den. Bravo! Die biederen Naumburger und Königsberger Richter haben unser Urtheil über die modern- Justiz und die Gerechtigkeit im Klassen- staat aufs Schlagendsts und Glänzendste bestätigt. Yivant sequentes I Hoffentlich findet das schöne Beispiel allgemeine Nachahmung. Herr Lenzmann ist immer ein sukant tombls(Schreckenskind) gewesen, aber seine Kinderstreiche waren bisher so harmloser Art, daß man sie und ihn nur humoristisch behandeln konnte. Jetzt fangen die Kinderstreiche dieses enkant tomblo an, sich zu Jungenstreichen fortzuentwickeln, und da muß man zur Zuchtruthe greifen, damit einer weiteren Fortentwicklung in dieser bedenklichen Richtung gesteuert werde. Und das thun wir hiermit. Also auf dem neulichenParteitag"(in Gänsefüßchen) der demokra- tischenPartei"(in Gänsefüßchen) stellte Herr Lenzmann mit einigen seinerdemokratischen" Genoffen den Antrag, daß der als Delegirter erschienene Herr Gilles, weil er sich in Elberfeld den Sozial- demokraten genähert,als zur demokratischen Partei gehörig nicht mehr zu betrachten, und deshalb weder als Delegirter noch überhaupt zu den Verhandlungen zuzulassen sei." Das ketzerrichterliche und ketzerriecherische onkant terriblo sagte zur Begründung seinesdemokratischen" ,,Rausschmeißungs"-Antrags(nach dem Referat derFrankfurter Zeitung "): Gilles gehöre zu den Leuten, die aus politischer Unklar- h e i t die beste Sache zu verderben im Stande sind. Seine(nicht des Lenzmann, sondern des Gilles) Konfusion gehe so weit, dir ihm die Differenz zwischen Sozialdemokratie und Demokratie nit einmal klar ist. Ein Zeichen von Unzurechnungsfähigkeit sei es, i« Partei(gemeint ist die auf Gänsefüßchen watschelnde demokr tische Partei des Herrn Lenzmann) zuzumuthen, sich gleichzeitig d Sozialdemokratie und der Volkspartei anzuschließen. Gilles weit von der sozialdemokratischen Partei mißbraucht; darum müsse ti» sich von ihm lossagen." Wenn das terribelste der enfimts teiribles vonpolitischer Unklt heit" spricht, und zwar im Ernste spricht, dann ist das allerdings»' geradezu überwältigender Komik. Denn Herr Lenzmann, der an d Sozialdemokratie nichts Anderes auszusetzen weiß, als daß sie, wie' früher einmal ausführtedie Freiheit unterdrücke und folglich f Demokratie in diametralen Gegensatz bringe," ist selber die verkörpek politische Unklarheit, die politische Unklarheit in idealster Vollendung. Herr Gilles, dem wir sonst nicht das Wort reden wollen, sch� wenigstens begriffen zu haben, daß die Demokratie, wenn sie nicht soj« listisch wird, d. h. sich zur Sozialdemokratie erweitert, ein wesenlos Scheinding, eine lebensunfähige Fehlgeburt ist. Herr Lenzmann dageF weiß nicht, wasFreiheit" ist, er weiß nicht, was Demokratie ist, v" nicht, was Sozialdemokratie ist anstatt eines Parteiprogramms er nur eine einzige Phrase:Die wahre Demokratie"; und nur ei» einzigen Gedanken:I ch der Lenzmann bin der einzige Vertre» der wahren Demokratie." Niemand anders hat die einzig wahre Demokratie verstanden, Niemand anders den einzigen Lenzmann verstanden hat was sreili ein Kunststück wäre, sintemalen der einzige Lenzmann sich selber» seine einzig wahre Demokratie nicht verstanden hat. Doch lassen wir das. Genug: wir stellen die Thatsache fest, daß der einzig wäre Demols Lenzmann der klassische Ausdruck des Max Stirner 'schen:Der zige und sein Eigenthum"(Der Einzige" Lenzmannund Eigenthum" die einzig wahre Demokratie) zum Ketzerrichi� geworden ist, und sein Verständniß der Begriffe:Freiheit" undV mokratie" klassisch und drastisch dadurch bekundet hat, daß er den» glücklichen Gilles, der dieFreiheit" undDemokratie" nicht ganz wie der Stirner -Demokrat Lenzmann versteht, aus derdemokratisch Partei" des einzig wahren Lenzmannrausschmeißen" ließ. Wir schwingen die Ruthe, lassen sie aber nicht niederfallen. Leider kommt's jedoch mit unserem Einzigen noch schlimmer. Für Größenwahn und Konfusion genügt die Narren pritsche. Für folgenden Jungenstreich, den Größenwahn und Konfusion zus» men ausgebrütet, genügt sie wohl kaum mehr. Nach einem Bericht derPost", dieses Organs derBotschafterparto und des Reptilienfonds, sagte Herr Lenzmann vor einigen Tagen> einer demokratischen Winkelversammlung zu Berlin : In der jetzigen Situation gibt es nichts Kläglicheres, als unser z» lamentarisches Gebähten, ich fühle mich nach einer fünfjährigen Präs davon angeekelt und harre nur aus Pflichtgefühl a« meinem Posten aus. Schon die Zwischenrufe sind nii! schön, man sollte den Kampf mit Würde, aber nicht wie die Ma� weiber ausfechten. Der größte Theil der Schuld für diese Entart» trifft die linke Seite des Hauses; parenthetisch will ich bemerken, 1 Magdeburger Zeitung" hat in diesen Tagen in recht verständig Weise dieses Gebühren getadelt. Ich wundere mich nicht, der Reichskanzler uns so behandelt, wie wir»» gegenseitig behandeln. In unserer wunderbaren Parteigr» pirung liegen große Uebelständ«, man operirt nur nach dem Grunds» Wie ist für die Partei ein taktischer Vortheil zu erreichen?" Zur Erklärung dieser Expektorationen des einzig wahren Demokrl» sei bemerkt: 1)' Der einzig Wahre ist vom Parlamentarismus gerade in dem mentangeekelt", wo der Parlamentarismus im deutschen Reichstags gegen den Reichs-Butzemann Otto aufzulehnen beginnt; 2) dieZwischenrufe", über welche der einzig Wahre in sittliche rüstung geräth, richteten sich gegen den meineidigen PfafK S t ö ck e r, der die Frechheit hatte, in anständiger Gesellschaft den M» aufzuthun, und sich als berufensten Apostel der Moral und Kultur a»' zuspielen; 3) Das nationalliberale Reptilienblatt, dieMagdeburg Zeitung", auf die unser einzig wahrerDemokrat" sich als auf eil Anstands- Autorität bezieht, hat vor 14 Tagen oder 3 Wochen einem langen Leitartikel die unverschämt« Behauptung aufgestellt, b' Linke des Reichstags sei es, welche den politischen Anstand verletz während notorisch die S t ö ck e r(Meineidspfaffe), Hammer st- i (Junker und Bankrottmacher von Profession), Bismarck-Puttkaw� (Schimpf- und Lügenvirtuosen) und sonstiges Volk gleicher oder ähnliltz Sorte es ist, welches denFischweiberton" im Reichstag einzuführen$ die erdenklichste Mühe gegeben hat und gibt. Man sieht: der einzigWahre" hat sich durch seinen Größenwa! und seine Konfusion genau in das Fahrwasser der Stöcke' Hammerstein, Bismarck , Puttkamer und Konsort« hineinschleppen lassen; und es ist ihm auch die verdiente Züchtigung! Theil geworden, daß dieNorddeutsche Allgemeine" ihm itz Achtung" anpindtert. Das ist eine so grausame Züchtigung für d einzig Wahren, daß wir die schon erhobene Ruthe wieder fallen» Herrn Lenzmann für immer laufen laffen. Ja, für immer! Dieses ookavt terriblo wird uns sicherlich niemals gefährlich. Z' ernst züchtigen, hieße ihn ernst nehmen, und das wäre zu viel Ehre t1 den einzig Wahren. Ein ehrlicher Makler. In der Berliner Voffischen ZeituN! lesen wir, daß einige, der königlichen Seehandlung gehörende Terra!« in Charlottenburg bei Berlin an Herrn Moritz Treitel verkai wurden, und daß der Finanzminister dazu seine Zustimmung ertheilt h« Herr Moritz Treitel ist derselbe Biedermann, für den vor 1'/, Iah«' der Sohn des Reichskanzlers unserBill" sich in's Zeug wa' indem er und sein Vater, der durchlauchtigste Fürst Bismarck , die Ä' testen der Berliner Kaufmannschaft aufforderten, den verkrachten Mo« Treitel zum vereideten Makler zu ernennen, welches ehrenvolle Ges» die Aeltesten aber trotz desWo ist die Frau?" kühlen Herzens ablehnt« Wie man an der Börse erzählt, soll Herr Treitel auch auserkoren se' die polnischen Güter, für die der preußische Landtag in seines Patri tismus glühendstem Gefühle 100 Millionen Mark hochherzig bewillig« zur Germanisirung anzukaufen. So könnte er sich wenigstens in d' Rolle desehrlichen Maklers" versuchen. Die Geschichte klingt so mit Verlaub, Herr Reichskanzler' russisch, daß wir sie beinahe glauben könnten. Einer schmachvollen Denunziation hat dasDresden Journal", amtliches Organ der sächsischen Regierung, sich schuldig> macht, indem es, unmittelbar vor der Entscheidung über das Sozialist« gesetz, die Einäscherung eines Fabrikgebäudes in Crimmitschau b den(ebenfalls erlogenen)belgischen Greueln" auf eine Stufe stellte u> für ein Werk der Sozialdemokraten erklärte. Jetzt hat nun der, s«! unsozialistische S t a d t r a t h von Crimmitschau demDresdener Jon nal" eine Berichtigung zugehen laffen, worin dessen Behauptungen" jeder Begründung entbehrend und rein aus der Lust gegriffen bezeich» werden. DasDresdener Journal" steckt das Dementi ruhig ein und mei' wenn es diesmal Unrecht gehabt, so könne es ein andermal viellei' Recht haben. Das brave Regierungsblatt wird also bei der nächst Gelegenheit wieder lügen. Was zu beachten, damit nicht versäumt wir ihm mit doppelter Kraft auf die Finger zu klopfen. Der Reichstag hat sich am 10. April vertagt, und zwar t zum 16. Mai, also auf mehr als 5 Wochen. Die neue Schnap st euer soll Mitte Mai eingebracht werden, desgleichen eine n« Zuckersteuer, und vermuthlich noch etliche andere neue Steue Projekte. Den diätenlosen Reichstagsboten ist diese Verlängerung der Sesst höchst fatal; und es wird überaus schwierig sein, nach Ostern ein schlußfähiges Haus zusammenzubekommen. Man trägt sich deshalb« dem Gedanken, daß die Schnapssteuer u. s. w. nach einer kurzen Ge« ralberathung bei der es ja keine Beschlußfassung gibt, und folgt auch die Gefahr einer Konstatirung der Beschlußunsähigkeit nicht n« liegt vor eine Kommission verwiesen, der Reichstag dann auf läng' Zeit vertagt und den Mitgliedern der Kommission Diätenzahlu«