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er nicht ausbezahlt worden war, um sie vom vorzeitigen Ab­n reisen zurückzuhalten(!), nicht von der Lübecker Gesellschaft, son­b dern von dem Gutsbesizer, der sie geworben hatte, forderten. Dieser Herr beabsichtigte aber, seinen Gemüsebau bedeutend auszudehnen, und Se hatte, um die dazu nöthigen Arbeitskräfte billig zu gewinnen, mit der Lübecker Gesellschaft dahin ein Abkommen getroffen, daß nur ein Theil der Fabritarbeiterinnen durch Auszahlung des Loh­nes entlassen, einige 20 aber durch Vorenthaltung desselben er veranlaßt werden sollten, sich zur Uebernahme von Gemüsebau und t, andern landwirthschaftlichen Arbeiten auf seinen Gütern bereit zu er ftlären. Demgemäß händigte die Lübecker   Gesellschaft dem Gutsbesitzer m ben Lohn von zirka 25 Arbeiterinnen aus und erhielt ihrerseits die Bu fage, daß ihr von diesen Arbeiterinnen die nöthige Anzahl überlassen würde, wenn sie im Laufe des Sommers zum Einkochen von frischen

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be Gemüsen einige gebrauchen sollte. Den Arbeiterinnen wurde eröffnet, fie erhielten den im Winter verdienten Lohn zugleich mit dem für den Sommer noch erst zu verdienenden, wenn sie nach Vollendung der Ge­ist treideernte vom Gutsbesitzer entlassen würden.

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Da nun die Arbeiterinnen erklärten, auf dem Gut nicht mehr ar beiten zu wollen, und die Auszahlung ihres im Winter so sauer ver dienten Lohnes verlangten, so wurde der Versuch gemacht, ihr Wider­reben durch Hunger zu brechen. Sie erhielten nämlich keine in Nahrungsmittel mehr verabfolgt, und es wurde ihnen erklärt, Ett fie würden nicht eher zu essen betom men, als bis sie die an­gewiesene Arbeit aufnähmen. Einige der Unglücklichen erhielten aus der he. Heimat, wo die aus der Fabrik Entlassenen wohl inzwischen die Noth et der Zurückgebliebenen den Angehörigen mitgetheilt haben mochten, Geld­mittel und reisten ab, ihren sauer erworbenen Lohn im Stiche laffend; en zirka 15 dagegen wurden nach Verlauf von 4-5 Tagen, wo die letzten ms Borräthe aufgezehrt waren, durch den Hunger zur Aufnahme der ter Arbeit auf dem Gut gezwungen. Die in die Heimat Entkommenen nah men dort die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch. Derselbe machte zuerst den Versuch, von dem Gutsbesitzer den vorenthaltenen Lohn au betreiben, bis er endlich hinter den wahren Sachverhalt kam und nun flagend gegen die Lübecker   Gesellschaft vorging.

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Bon jenen 15 auf dem Gut zurückgebliebenen Arbeiterinnen entfernten hne sich im Laufe des April noch weitere 4, welche auf dem Gute G. eines Herrn Pogge, eines Bruders des frühern Reichstagsabgeordneten Pogge rer Blankenhof, landwirthschaftliche Arbeiten übernahmen. Diese müssen in­zwischen nun über die wirkliche Natur ihres winterlichen Arbeitsverhält­niffes aufgeklärt worden sein, denn sie verklagten im Mai beim Amts­nft, gericht in Penzlin   die Dambecker resp. Lübecker   Konservenfabrik auf nen Herausgabe des Lohnes. Da das Amtsgericht die Berechtigung dieser hne Forderung anerkannte, so zahlte die Lübecker   Gesellschaft sofort im Ter­von mine das Geld aus und übernahm auch die Deckung der Gerichtstoften. it offentlich wird der Posen'sche Rechtsanwalt bald einen ähnlichen Erfolg mit seiner Klage erzielen!

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Gr. i. M.

Leteres hoffen auch wir im Interesse der armen weiblichen Arbeitssklaven. Aber welch bezeichnendes Schlaglicht wirft das Gebahren des zweifels. en ohne sehr christlichen und konservativen Gutsbesitzers und der nicht minder chriftlichen Lübecker   Gesellschaft auf die Begriffe von Recht und Un­recht in jenen Kreisen! Da werden Menschen hinterrücks wie Thiere verhandelt; wählt man doch mit Vorliebe solche Arbeiterinnen, welche die Landessprache nicht verstehen und daher zu allen Gemeinheiten, die man ihnen zufügt, ft u m m sein müssen. Die eigenen Landestinder treibt man zur Auswanderung und importirt dafür Slaven  , und hinter­geher brüstet man sich mit seiner echt deutsch nationalen Gesinnung und macht in Entrüstung" über die Unterdrückung" der deutschen zum Brüder" in Böhmen   2c., die jetzt die Früchte für ein gleiches Vorgehen ernten. Deutlicher kann gar nicht gezeigt werden, daß die nationale Bo Gesinnung dieser Herren nur so weit geht, als die Interessen der ift, berrigenden Klasse es erfordern. Das Volk zählt bei ihnen nicht, das ist Arbeitsvieh, das zu gehorchen hat.

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Nun, auch diesen Patronen wird das Handwerk gelegt werden, auch ihnen wird die wachsende Erkenntniß in Arbeiterkreisen ,, Mores" lehren.

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x. Ein Optimist. Der Rechtsanwalt( und Reichstagsabgeordnete) unckel, der in dem Mahlow Ihring Prozeß neben Freu benthal als Vertheidiger fungirte, hat für die Nation" einen Ar­titel über diesen beispiellosen Prozeß geschrieben, der wie folgt schließt: " Die Sache ist in erster Instanz erledigt, der Nutzen einer zweiten, bie Thatsachen frei prüfenden Instanz kann deutlicher, als durch die vor­liegende Sache, taum dargelegt werden. Die Beurtheilung seitens der jefe Straffammer wird eine völlig freie, weder durch den Inhalt des ersten der Urtheils, noch durch die demselben widerfahrene Beurtheilung beeinflußte jein. Den Irrthum aber wird sie sicherlich beseitigen, igen, daß die gegenwärtige Gesellschaftsordnung auf den fern hring Mahlow's als ihren Grundsäulen beruhe. land Die gegenwärtige Gesellschaft, welche von den Sozialisten, als von einer hat. Geſellſchaft der Zukunft, bekämpft wird, würde in eine nachtheilige Lage be gebracht und der Sieg der Sozialisten geradezu vorbereitet werden, wenn jener Frrthum in der That als eine Wahrheit anerkannt werden hu foute." 10100 [ 001]

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Der Jrrthum?" Ist es denn Jrrthum? ber Wenn Herr Mundel die gegenwärtige Gesellschaftsordnung" sich ge arin nauer betrachtet, so wird er finden, daß sie der Thring- Mahlows als ihrer Grundsäulen" bedarf. Ohne die Ihring Mahlows kein Bismarc ( gleich viel wie er heißt), fein Polizei und Klaffenstaat, und ohne Polizei Der und Riassenstaat ist auch die gegenwärtige Gesellschaftsordnung" un­

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Denkbar.

Deutschland   im 19. Jahrhundert. Das bayerische Gesetz auf und Verordnungsblatt" Nr. 33 enthält folgende Bekanntmachung: gl Staatsministerien des königl. Hauses und des Aeußern, der üler Justiz, des Innern beider Abtheilungen, dann der Finanzen. Im Namen egen Sr. Majeftät des Königs. Se. t. Hoh. Prinz Luitpold, des Königreichs 11Bayern Verweser, haben sich allergnädigst bewogen gefun tlicht ben, zu bestimmen, daß während der Dauer der Regentschaft die inem ämmtlichen Eingaben( Begnadigungsgesuche 2c.) an Se. f. Hoh. nis den Brinzregenten in nachstehender Weise zu formuliren sind. Ueber­viel schrift: Allerdurchlauchtigster Prinz und Regent, Aller wird nädigster Regent und Herr!" Im Konterte: Euere König­n sei liche Soheit. Allergnädigst... Allerhöchst 2c..... app in tieffter Ehrfurcht Eurer Königlichen Hoheit allerunter­hänigst, trengehorsamster....." Dies wird hiermit zur allge neinen Renntniß gebracht. München  , den 12. Juli 1886. Dr. Frhr. ens Luz Dr. v. Fäustle. Dr. v. Riedel. Frhr. v. Crailsheim  . Frhr. v. en in Feiligich."

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gkeit Es ist wirklich gut, daß Ludwig Börne   schon nahezu 50 Jahre todt itrag bit, er, der die niederträchtige deutsche Zopfsprache in seinem ,, Tagebuch" chaft lo treffend in ihrer Abgeschmacktheit blosstellte. Was würde er sagen, er sehen müßte, wie in Deutschland   die Lächerlichkeit weit ent bed fernt, zu tooten, gerade erst recht konservirend wirkt? Da haben ei, bir Deutschen   nun 1848 endlich eine Revolution gemacht, aber nicht a 40 einmal folche Albernheiten wie die obigen, die kein Mensch in eine der rbei brigen modernen Sprachen übersehen kann, weil diese für solchen Blöd finn keine Worte haben, konnten wir loswerden. Dazu werden wir eine rim tra Revolution machen müssen, sonst bringen wir sie nicht aus unserer Sprache heraus es müßten denn die allerhöchsten Herrschaften sämmt­allergnädigst sich allerhöchstselbst zu ersäufen geruhen.

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nüfe iftigt neber die Verdrängung geschickter Arbeit durch Ma­nnen hinerie entnimmt die Newyorker Boltszeitung" dem jüngsten amt­Jen Bericht des Arbeitskommissars der nordamerikanischen becker Union   eine Reihe äußerst lehrreicher Zahlen, die wir, weil auch für mbed unsere Leser intereffant, hier folgen laffen. Sie sind in dem erwähnten Bericht auf S. 81 ff. zu finden:

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teben Bi Fabrikation von Ader bauwerkzeugen würden 2145 obietteitig geschicte Handwerker nöthig sein, um soviel Produkt gung liefern, als jetzt mittelst Maschinen von ganz einseitig ge. idten Tagelöhnern, 600 an der Bahl, geliefert wird. Ein ihren Baar Hände arbeiten also so viel, wie früher im Mittel 3.75 Baar über Pande.

penig   Bei Berfertigung kleinerer Feuerwaffen verdrängt jetzt e in Inter Rann, welcher den hölzernen Stock mit Maschinerie macht, 44-49 r und kann, welche früher diese Arbeit ohne Maschinerie besorgten. Tage, Beim Biegelmachen werden jezt 10 Prozent und beim trieb euerziegelmachen 40 Prozent der früher nöthigen Hände linter er drängt.

In der Schuhmacherei werden jetzt Frauenstiefelchen von 100 Menschen gefertigt, wozu früher 500 nöthig waren. Bei einer anderen Art Schuhwaare werden die Hälfte verdrängt. In einer Fabrik macht jetzt ein Mann dreimal soviel Waare als noch vor Kurzem. Mit Goodyears Nähmaschine an turned shoes thut jetzt ein Mann soviel wie früher 8. Mit Mc Ray's Maschine wird 60 Mal mehr Produkt fertig. In anderen Zweigen dieser Industrie verdrängt jetzt ein Mann 10 Mann.

Bei der Besenmacherei verdrängt ein Mann mit Maschinerie 3 Mann oder 4.

Beim Wagen und Kutschenbau verdrängt ein Mann 3% Mann.

Bei der Teppichmacherei, und zwar beim Spinnen, thaten früher 75-100 Mann, was jetzt Einer thut, und beim Weben 10 Mann das Wert von Einem; beim Messen und Bürsten machten 15 Mann, was jett Einer mit Maschine thut.

Die Schneiderei besorgt jetzt das Zuschneiden von Hüten, Kap pen und Kleidern mit sechs- bis neunmal weniger Händen als früher.dad and stratidnik er

Das Weben baumwollener Waaren mit Dampfkraft hat dreimal soviel Weber verdrängt an einem Webstuhle, als früher nöthig, und ein Weber kann damit 2 bis 10 Webstühle bedienen, wäh­rend früher Einer nur einen bediente. Binnen den letzten 10 Jahren allein ist die Hälfte der Arbeiter überflüssig geworden für das gleiche Produkt. Beim Spinnen geht dies noch weiter. Ein Arbeiter thut, wozu noch vor wenigen Jahrzehnten neun bis zehn oder mehr noth wendig waren.

Bei der Müllerei sind jetzt je drei unter vier Arbeitern überflüffig geworden, bei einigen Zweigen der Glasmacherei je fünf unter sechs, und beim Petent Lebergerben eine Hälfte. In allen Holzwaareng fchäften herrscht bedeutende Ersparniß von Händen, beim Dauben Buschneiden thut eine das Werk von fünfen.

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In der Stellmacherei thut ein Zagelöhner so viel wie früher 10 Handwerker. Ein Knabe hobelt soviel Holz wie früher 25 Mann."

,, Und so geht", schließt die ,, Volkszeitung"," die Liste der Ersparnisse von Arbeitern noch viel weiter fort, wobei immer zu bedenken ist, daß es allseitig geschickte und intelligente Berufsarbeiter sind, welche von ganz einseitig geschickten und nicht noth­wendig intelligenten Tagelöhnern ersetzt werden. Und das ist nur deswegen ein großes Unglückt, weil die Maschinen nicht den Arbeitern gehören."

Will selbstverständlich heißen, der Gesammtheit, da unserem amerikanischen Bruderorgane nichts ferner liegt, als fleinbürgerliche Utopifterei.

Es ist schade, daß wir den vorstehenden Zahlen nicht die entsprechen­den europäischen, bezw. festländischen an die Seite setzen können. Die ent­sprechende Statistik liegt eben bei uns noch sehr im Argen. Für so etwas hat man in Militärstaaten fein Geld. Es würde sich beim Bergleich wahr­scheinlich herausstellen, daß sich zwar bei uns dieselbe Entwicklung vollzieht, aber weniger rapid und umfassend, was keineswegs eine günstige Er scheinung ist, weil die üblen Folgen für die Arbeiterklasse sich darum nicht etwa minder hart geltend machen, sondern nur schleppender und infolgedessen noch verheerender. Diese langsamere Entwicklung ist eine Folge davon, daß bei uns der Preis der menschlichen Arbeitskraft ein niedrigerer ist als in Amerika  . Die hohen Löhne Amerikas   haben die Entwicklung des Maschinenwesens in Amerika   so gefördert, daß Amerika   heute nicht nur Produkte, sondern bereits auch Maschinen nach Europa   exportirt.

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Ein tapferer Mann. Auf dem letzten Parteitag( lucus a non lucendo: war weber Partei" vorhanden, noch hat's getagt) der natio nalliberalen Partei" Sachsens   sagte der Generalsekretär" besagter Partei", Bebel und Liebknecht seien Feiglinge, weil sie sich nicht offen zum gewaltsamen Umsturz und Anarchismus bekennten.

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Bor 15 Jahren sagte ein Parteigenosse des besagten Herrn, der ver schollene Handelskammersekretär Gras: Die Kathedersozia: Iiften seien Feiglinge, weil sie sich it zu Bebel und Liebknecht be­

tennten."

Das flang etwas anders. Indeß die Zeiten haben sich geändert, der Buttkamer braucht Anarchisten, die Sozialisten wollen ihm den Gefallen nicht thun, und die Herren Nationalliberalen sind ja nur noch folg Same Jagdhunde oder lassen wir unsertwegen das Jagd" weg und sagen schlechtweg Hunde sagen schlechtweg Hunde des eisenstirnigen Otto und seines Betters Butty. Wie sagte doch Bamberger, als er noch nationalliberal war? " Hunde sind wir ja doch."

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Der fragliche Herr Generalsekretär", der den Sozialdemokraten in die Waden fährt, weil sie nicht dem Putty zu Liebe Anarchisten sein wollen, heißt Jerusalem   und hat trotz seines unchristlichen Namens die christliche Langmuth doch schon bei zwei Gelegenheiten so weit ge= trieben, daß er sich in einem Wirthshaus auf die linke Backe ohrfeigen ließ und dann lamfromm auch noch die rechte hinhielt, ohne zu mucksen.

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Ein Pfiffifus, wie er im Buch steht, ist der famose Ber liner Zeitungskorrespondent, welcher den indirekten Weg" zur Ab­schaffung des Sozialistengesezes entdeckt und dadurch unseren Genoffen und uns selbst manche heitere Stunde bereitet hat. Seine geniale" Jdee läßt ihn noch heute nicht schlafen, und noch heut jammert er, daß sein Plan" teine Gnade vor den Augen der Sozialdemokraten gefunden hat, und bedauert die denn er ist ein gar gutmüthiger Mann armen Sozialdemokraten, die so dumm gewesen, sich nicht von ihm retten zu lassen. In einer seiner letzten Korrespondenzen in dem Moniteur Sonnemanns fommt er wieder auf den unglücklichen Plan" zu sprechen, und erzählt bei dieser Gelegenheit, wie ihm von einem konservativen Mann"( der sich natürlich ,, in den leitenden Kreisen" bewegt) die Güte seines Plans" und die Richtigkeit seiner Rechnung bescheinigt worden sei: Fürst Bismarck   sei allerdings entschlossen gewesen, für den Fall der Annahme der Windthorst'schen Milderungsanträge das so amendirte Sozialistengeset dem Reichstag vor die Füße zu werfen und nicht aufzulösen. Leider passirt nun unserem Pfiffitus ein kleines Malheur. Er läßt nämlich seinen konservativen Mann" sagen, Fürst Bismarck  habe darauf gerechnet, daß der Reichstag   dann sehr bald in der Stim mung sein würde, ein noch viel schärferes Gesetz anzunehmen. Und zwar warum? Es wäre geschossen worden." Sehr schön. Ganz unsere Auffassung.

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Aber merkt denn nun der Frankfurter   Zeitungs- Pfiffikus nicht, wie vollständig er die Absurdität seines Planes" selbst nachgewiesen hat? Die entscheidenden Abstimmungen über die Verlängerung des Sozialisten­gesetzes fanden Ende März und Anfangs April statt. Das Sozialistengeset war damals noch in Kraft bis zum 30. September, also noch auf volle 6 Monate. Und bald" erwartete Bismard die Umstim mung des Reichstags durch eine Schießerei. Wie viel Tage bas fragen wir hiermit unsern Pfiffitus wie viel Tage hätte Jhring­Mahlom oder ein beliebiger seiner zahlreichen Doppelgänger gebraucht, um seinen Schießauftrag auszuführen? Merkt unser Pfiffifus nun endlich, wie wunderbar pfiffig er gewesen? Oder glaubt er, die Jhring Mahlows hätten ihren Auftrag nicht ausgeführt? Für so naiv halten wir ihn doch nicht.

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Zwei Ausweisungen. Der Stadtrath von Crimmitscan hat den Weber Anton Behr aus Böhmen   aus dem Königreich Sachsen ausgewiesen, weil derselbe einen Freibenter: verein gegründet hat. D aufgeklärtes Jahrhundert, das einen solchen Verbrecher nicht gleich lebendig verbrennt!

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Die hessische Regierung hat die aus Preußen gebürtige Frau Guillaume Schack  , die sich in Hessen   angekauft hatte, um das hessische Staatsbürgerrecht zu erwerben, plöglich ohne Angabe des Grundes aus dem Großherzogthum Hessen   ausgewiesen. Kurz bevor diese Maßregel sie erreichte, hatte Frau Schack an einer Konferenz des britisch- kontinentalen Bundes zur Bekämpfung der geset lichen Prostitution theilgenommen. Sollte nicht hierin ihr Ver brechen liegen? Wo bliebe da Sittlichkeit und Ruhe in Deutschland  , wenn die Prostitution nicht mehr gesetzlich beschützt" werden dürfte!? Allerhand Sozialreformatorisches aus Deutschland  . Der Arbeiterbezirksverein für den Dften Berlins  ", in dem Ehren- Jhring- Mahlow sein provokatorisches Unwesen trieb, ist, da er solche Subjekte in seiner Mitte nicht dulden will, polizeilich

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geschlossen worden. Dasselbe Schicksal ereilte den Arbeiterbezirks­verein unverzagt" im fünften Berliner   Reichstagswahlkreise. Ein polizeiwidriger Titel das, Unverzagt"!

Im Voraus verboten wurden eine Versammlung in Achim   bei Bremen, in der Genosse Harm, eine Versammlung in Schwabing, in der Genosse Vollmar, eine Versammlung in Krefeld  , in der der demokratische Schriftsteller Gilles referiren sollten, sowie eine Versammlung der Maurer Berlins  .

Aufgelöst wurde eine Versammlung in Görlig, in der der Bers liner sozialistische Stadtverordnete Görfi referirte.

Haussuchungen fanden statt in Hamburg   bei verschiedenen Ar­beitern, die einem verstorbenen Genoffen das letzte Geleit gegeben, in Flensburg   beim Vorsitzenden und Schriftführer des Maurerfachs vereins. Resultat hier wie dort: Gesucht und nicht gefunden.

Druckschriftenverbot. Die Krisen und die Sozialreform", ein Vortrag von Dr. Bruno Schönlant.

Ausweisung. Der Baumeister Reßler ist als bestraftes Subjett" auch aus Brandenburg   und Braunschweig   aus gewiesen. Er war nämlich vor 15 Jahren wegen eines gering­fügigen Bergehens, das nicht einmal seine Entlassung aus dem Staats dienste zur Folge hatte, zu einigen Tagen Haft verurtheilt worden. Sonst erlischt die Wirkung solcher Strafen mit der Zeit, da Baumeister Reßler aber für die Arbeiterinteressen eintritt, so wächst sie. Deutschland  , Deutschland   über Allles! m

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Von Nah und Fern. In Pieschen   bei Dresden   find 80 Arbeiter der Glasfabrik Siemens entlassen worden, weil sie sich der Anordnung, daß die wöchentliche Arbeitszeit schon Sonntags Abends 7 Uhr wieder anfangen sollte, nicht einvers standen erklärten. Die unverschämten Faulpelze behaupteten, daß ihnen dadurch der ganze Sonntag verdorben würde. Nun, und was schadete ihnen das? In Ronneburg  , Großherzogthum Altenburg, ist Genosse Hüttig, Zeugarbeiter, in den Landtag gewählt worden. Bravo  . Der russische Nihilist" Savine, der von der französischen   Regierung an Rußland   ausgeliefert werden sollte, weil er angeblich an Brandstif tungen theilgenommen, ist auf dem Transport durch Deutschland  bei Duisburg   entwischt. Das wird Väterchen in nicht geringe Wuth versetzen.

Berichtigung. Aus Kiel   schreibt man uns, daß der in Nr. 23 unseres Blattes veröffentlichte Artikel: Graf Baudiffin der Kolonial­politiker" entschieden auf einem Irrthum beruhen muß, da von den beiden in der Marine dienenden Baudissin's keiner eine geborne Gräfin Pappenheim   zur Frau habe. Eine solche sei vielmehr die Frau des Grafen von Hauck wig, und dieser, ebenfalls ein höherer Marine­Dffizies, habe allerdings seine langjährige Geliebte, die sogar einen Knaben von ihm hat, schnöde siten laffen.

Indem wir von dieser Berichtigung Notiz nehmen, bemerken wir, daß der in Nede stehende Artikel uns seinerzeit von einer Seite zugegangen war, deren Zuverlässigkeit für uns außer Zweifel steht. Es handelt sich wahrscheinlich nur um eine Namensverwechselung, die aber insofern bereits bedauerlich genug wäre, als sie zu unbegründeten An­griffen Veranlassung gegeben.

Wir benutzen diese Gelegenheit, unsere werthen Korrespondenten und Mitarbeiter auf's Neue dringend zu ersuchen, sich in ihren Einsendungen an unser Blatt der größten Gewissenhaftigkeit zu befleißigen.

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Gerade weil der Sozialdemokrat" die Stimme aller Unterdrückten sein soll, die Tribüne, wo alle Korruption und jeder Mißbrauch rück­fichtslos gebrandmarkt wird, gerade deshalb müssen wir sorgfältig dars über wachen, daß die Gegner nicht in die Lage kommen, die Wucht unserer Angriffe dadurch entkräften zu können, daß sie uns entgegen halten: Da und da und da habt ihr gelogen.

Wir sind von hier aus nicht in der Lage, die Richtigkeit aller uns zugehenden Korrespondenzen zu prüfen, sondern müssen sie auf Treue und Glauben hinnehmen. Dies und der weitere Umstand, daß wir unter allen Umständen mit Bezug auf die Einsender strengste Diskretion beobachten, legt diesen uns gegenüber die Verpflichtung auf, streng bei der Wahrheit zu bleiben und dem Parteiorgan die Schmach zu ersparen, mit gewissen Standalblättern in Vergleich gezogen zu werden.

Korrespondenzen.

Gera  . Am zweiten Pfingstfeiertag gegen Abend oblag den hiesigen Sozialisten die traurige Pflicht, einen ihrer bewährtesten Genossen, den Schankwirth Florenz Krause, zur letzten Ruhestätte zu geleiten. Seit 20 Jahren stand Krause treu zu unserer Sache, der er bei vielen Anlässen öffentlich und im Geheimen vorzügliche Dienste erwies. Dabei erfreute er sich nicht nur bei Genossen, sondern auch in der Bürgerschaft des besten Rufes. Leider vermochte seine kräftige Körperkonstitution einem higigen Nervenfieber nicht Stand zu halten und so trat nach 3wöchents lichem Leiden der Tod ein. Die Betheiligung der Genossen bei der Bes erdigung war trotz der ungünstigen Tageszeit eine allgemeine; nach gegnerischer Schäzung folgten dem Sarge gegen 1000 Männer und Frauen, die fich fast ausnahmslos demonstrativ mit rothen Rosen und andern Abzeichen geschmückt hatten, so die Feierlichkeit des Attes er­höhend, welcher auf die Gemüther der in den Straßen harrenden Zus schauermenge einen tiefen Eindruck machte. Boran dem Zuge trugen Genossen ein weißseidenes Kissen, auf dem ein Bouquet rother Rosen lag, und zwei Lorbeerkränze mit riesigem Umfange mit mächtigen rothen Schleifen. Die Polizei spielte dabei nur die Rolle der Zuschauer, sodaß das Ganze einen ungestörten Verlauf nehmen konnte.

Kurze Zeit vorher hatten wir ebenso feierlich einen andern braven Genossen begraben; den Weber Carl Lange. Dieser hat, gleich dem vorigen, in allen Stürmen treu zur sozialdemokratischen Partei gehalten, bis ihn jene für die heutigen Zustände typische Seuche, die allen Lohns sklaven in Aussicht stehende Lungenschwindsucht, ergriff und zu jahrelangem Leiden verdammte. Aber trotzdem war Lange bei allen Parteimanifeftationen einer der ersten und rührigsten, bis er, seiner legten Kräfte beraubt, von qualvollem Leiden gebeugt und von bangen Sorgen um die Zukunft seiner Familie gemartert, dem Leben freiwillig Valet sagte. Man fand ihn in seiner Wohnung erhängt vor. Lange war er als tüchtiger Sozialist von allen Genossen geschätzt, und als fleißiger Arbeiter unter seiren Kollegen hochgeachtet, während seine Aus­beuter und deren Zuchtmeister, die ihr redlich Theil der Schuld an seinem frühzeitigen Zobe tragen, es nicht wagten, diesem charakterfesten Proles tarier die Achtung zu versagen. Selbstverständlich wurden die Todten besonders dadurch geehrt, daß sie jeder einen Kranz mit rother Schleife im Namen der deutschen   und einen ebensolchen im Namen der hiesigen Parteigenossen mit ins Grab erhielten.

Bei beiden Begräbnissen spuckte aber leider auch der Geist des Moders in Gestalt eines Gesalbten des Herrn, als Folge einer weitverbreiteten Unfitte in der hiesigen Bevölkerung, die auf die Lehren eines Geistlichen nicht mehr gibt, wie auf einen schief getretenen ,, Latschen", sich aber von diesen Gebräuchen nicht losmachen zu können scheint. Jene Kunden verstehen es aber auch vorzüglich, sich bei den vor Trauer und Schmerz gebeugten Hinterbliebenen einzuschleichen. Der alte Trautmann", der Leichenbitter fommt, die Schmerzerfüllten zu trösten, nimmt ihnen für ein der Feierlichkeit des Ereignisses entsprechendes Trinkgeld die herzbrechende Arbeit der Bekanntgabe des Falles und der Danksagung durch Annonce ab, so daß dem Anfinnen, einen Geistlichen für die Leichenpredigt zu miethen, schon gar nicht mehr widersprochen werden tann. Man kann das den leidtragenden Frauen und Kindern als Schwachheit entschuldigen aber kaum glaublich will es flingen, daß Parteigenoffen als Gesangvereinler, meistens die sogenannten guten" Sänger, in die Todtenkapelle förmlich stürzen, um ein Kirchenlied, u. A. " Jesus meine Zuversicht", vorzutragen. Unsere beiden Todten hätten es Wo bleibt da ihnen bei ihren Lebzeiten mit Hohnlachen gelohnt. Prinzipientreue und Selbstvertrauen? Dazu bildet diese Heuchelei eine prinzipielle Verleugnung des todten Genoffen. Der fromme Singsangs und ebenso der Kindtaufs- und Ges vatterschaftsunfug nimmt wieder einmal recht überhand, so daß ihm energisch entgegengetreten werden muß, wenn die gerade jest recht zahl­reich in unseren Reihen vertretene jüngere Generation durch solche Beis spiele nicht korrumpirt werden soll.