während der Leib zur Erlangung des akkordirten Tagelohnes die vorge-schriebenen Bewegungen an der Maschine macht.„In den Klöstern wurde auch geschafft von früh bis spät; wie an-strengend diese Arbeiten waren, davon können wir uns heute noch über-zeugen, wenn wir zufällig in der Lage find, ein Trappistenkloster auf-zusuchen auf außerdeutschem Boden, um einen Tag unter jenen Mönchenzuzubringen, die ohne ein anderes Frühstück als das Ge-bet auf's Feld hinausziehen, um in der Kälte des Nordens oder auchin der heißen Zone Afrika's bis zum Mittag zu graben und zu hacken,worauf ihnen dann als Erquickung eine grobe Nahrung vonBegetabilien ohne Fleisch gereicht wird. Sie arbeiten schweigend;aber sehet ihre Gesichter an; durch ihre frommen Augen könnt ihr einenBlick in den Himmel thun, wo ihre Seele weilt, während die Handgräbt oder mit dem Beile beschäftigt ist, einen Baum zu fällen. DieReligiösen der katholischen Orden haben die Arbeiterwelt ge-lehrt, mit der Hand zu wirken, während der Geist beiGott weilt."...„Wenn durch die täglich um sich greifende Proletarifirung der Völkerdie Rothwendigkeit der körperlichen Arbeit, die Fabrikbeschäftigung immerallgemeiner wird, wird man uns zugestehen, daß in sozialer Beziehungkeine wichtigere Aufgabe sich denken läßt, als die, derArbeit ihre Mühseligkeit zu nehmen, dem Arbeiter(materiell zu helfen?behüte! das wäre ja grob materialistisch. Nein, ihm—)„die Kunstzu lehren, seinen Geist zum Himmel zu erheben, wSH-rend der Leib sich hienieden abquälen muß(sehr nettund vor allen Dingen sehr billig), und die Macht des Geistes so zustärken, daß der Mensch das Quälende und Mühselige der körperlichenArbeit kaum empfindet. Die Klöster aber allein verstehen diese Kunst,weil sie dieselbe feit 1500 Jahren geübt haben, sie verstehen eS ganzallein, den Menschen geistig frei zu machen, daß er seine Seele nachoben erheben kann, während sein Leib unter der Last der irdischen Rothseufzen muß. Schön gesagt, wird man uns entgegnen(Stimmt. Red. des„E.-D."); aber wer wird durch solche Redensarten sich berücken lasten?Sind das nicht Steine statt Brod, oder leerer Wind statt einem gefülltenMagen?— Nehmt es, wie ihr wollt. Wenn ihr den Bogel fliegen seht,wie er leicht sich hinwegschwingt über Berg und Fluß, während ihr mühsamkeuchend eure Straße im Staube dahinzieht und lange am Fluffe hinwan-dern müßt, bis eine Brücke euch gestattet, ans jenseitige Ufer zu gelangen, sodenkt ihr unwillkürlich: wenn ich doch Flügel hätte, wie wollte ich michnicht beschweren weder über den steilen Weg, noch den wilden Strom.Die Religion aber lehrt uns fliegen; die Mönche können euch Flügelverleihen; die armen Schwestern an den Webstühlen von Chateauvillainkehrten jene jungen Arbeiterinnen unverdrossen und heiter'N den Fabrikräumen des Herrn Giraud zu Lacombe-des-Esparres Seide zu spinne n."(Wer dabei am meistenSeide spann, war der praktisch christliche Herr Giraud und die� Kirche.)„Unsere Arbeiterbevölkerung muß arbeiten lernen(merkst Duwas?), sie muß eS lernen, den Geist zu Gott zu erheben, während HandUnd Fuß irdische Arbeit verrichten. Diese Kunst, welche der einzige WegZum sozialen Frieden ist, lehren am besten die Klöster; und ein beson-Nener Fabrikant, dem es nicht darum zu thun ist, eine ein- oder zwei-Malige Spekulatton auf die Dummheit der Konsumenten zu machen,sondern vielmehr darum, durch solide und preiswürdige Waare sich einendauernden und ausgedehnten Markt zu verschaffen, er würde bald er-kennen, wie glücklich er gerechnet hätte, wenn er dem Beispiele der Fa-milie Giraud folgte, welche ihre Seidenfabrik zu Lacombe im Bezirk vonEhateauvillain den barmherzigen Schwestern zur Aufsicht übergab."Man kann nicht deutlicher reden. Muß nicht jedem Fabrikanten,der das liest, das Waffer im Mund zusammenlaufen ob der braven undbescheidenen Arbeiter, die ihm der Katholizismus— heranzudreffirenverspricht? Nur Klöster gegründet— oder die Fabriken in Klösterverwandelt, und dann ist die soziale Frage gelöst. Hoffentlich beißen rechtviele darauf an, vor allen Dingen Bismarck. Dem sind diese Wort«»aus der Seele gesprochen". Soziale Frage— pah, lächerlich! ManMache die Arbeiter zufrieden, und die soziale Frage ist gelöst.— Wer die deutsche Reptilienpresse in ihrer ganzen Ver-fcmwcnhcit tenniu lernen will, der braucht nur die Behandlung d-SBattenbergers durch dieses nichtswürdige Lakaienpack zu verfolgen. Alsder„preußische Gardelieutenant" auf den bulgarischen Thron berufenwurde, da war in allen diesen Blättern des Lobes nicht genug über ihnzu lesen. Man pries es zugleich als einen Beweis von der außerordent-lichen Macht des deutschen Reiches, daß ein deutscher Prinz in diesewichtige Stellung berufen wurde. Nun aber, kaum daß„Väterchen" inPetersburg demselben deutschen Prinzen seine allerhöchste Ungnade inder, dem halbwahnsinnigen Despoten eigenen Brutalität kundgethan, nunfällt auch das deutsche Reptilienpack sofort über ihn her und spritzt seinGift nach ihm. Dafür nur eine Probe:„Fürst Alexander hat in Lemberg die Polen seiner Sympathie ver-sichert. Das war nur eine Pflicht der Courtoisie wie der Dank-b a r k e i t. Die Erinnerung an seinen Großvater, den polni-schen Kriegsminister Grasen Hauke, wie an seinen als Gar i-daldianer gegen die Deutschen 1871 gefallenen polnischen Vetter Bossak-Hauke wird er bei gewiffen Leutenober nicht hindern können."So wörtlich zu lesen in der nationalliberalen„Elber-selber Zeitung", redigirt von Herrn Cajus Möller. Die„BerlinerPolkszeitung" bemerkt dazu:„Niedriger hängen!" Das verdientdiese nichtswürdige Denunziation in der That. Uns ist der Battenbergersihr gleichgültig, aber wir würden uns schämen, ihn in dem Augen-blick anzugreifen, wo ihn die Machthaber und vor allen der, von demer Beistand hätte erwarten dürfen, so rücksichtslos verließen und damithuasi auf die Straße setzten. Die Denunziation ist um so gemeiner, alsalles das. was da gegen den Battenberger ausgespielt wird, schon be>kannt war, als man ihn auf den Thron von Bulgarisn berief, und da-Mals obendrein in der ganzen Preffe breitgetreten wurde. Vetter einesInsurgenten zu sein, ist natürlich in unfern Bugen keinerlei Schande,auch der Elberfelderin würde das sonst sehr Wurst sein, aber es paßtgerade zu einer gemeinen Verdächtigung bei dem Publikum, für das die»Elberfelder Zeitung" schreibt, und darum flugs her damit! Wenn nurVäterchen an der Newa Recht behält, das ist die Hauptsache.— Eine sozialdemokratische Antwort auf eine konservativeUnverschämtheit. AuS Lauenburg schreibt man der„Libe-baten Korrespondenz":„Herr Cigarrenarbeiter Molkenbuhr— Kellinzhusen, der sozial-bemokratische Kandidat im Wahlkreise Herzogthum Lauenburg, hat durchbis Post folgenden Brief erhalten:„R a tz e b u r g, den 28. August.Herrn Molkenbuhr, Kellinzhusen. Ich erlaube mir ohne Umschweife dieergebene Anfrage, welche Vergütung Sie verlangen, wenn es Ihnen ze-singt, die in Mölln, Lauenburg und Lehnerade abgegebenen sozialistischenStimmen auf den konservativen Kandidaten zu vereinigen. Ganzttgebenst H. Boye, Schuhmachermeister. Bitte um umgehende Ant-wort." Herr Molkenbuhr hat den Brief im Original an eine ihm bc-kannte hiesige freisinnige Adresse gesandt und schrieb dazu:„Ich stellean die konservativen Herren die Frage» ob sie schon etwas von politi-Ichem Ehrgefühl gehört haben? Dieses ist bei uns im Arbeiterstandevorhanden, und deshalb stnd wir noch nicht so prostituirt, daß wir fürBezahlung alles thun. Wenn die Arbeiter bei den Stichwahlen wählenwollen, so mögen sie bedenken, daß die Konservativen immer geschloffenfür das Sozialistengesetz stimmen, ein Gesetz, wodurch die Arbeiter umb«n größten Theil aller politischen Rechte gebracht werden, ein Gesetz,wodurch ein großer Theil fleißiger Arbeiter, welche nie in ihrem Lebensich eines Verstoßes gegen irgend ein Gesetz haben zu Schulden kommenlaffen, ohne richterliches Erkenntniß von ihrer Familie, aus ihrer Exi-sienz gerissen und oft aus dem Orte vertrieben werden, wo sie geborensind. Die Konservativen suchen ferner das wichtigste Recht, welches unsdurch die Reichsverfaffung gewährt ist, das allgemeine gleiche und direkteWahlrecht, zu vernichten. Die Konservativen wollen ferner hohe indirekteSteuern bewilligen, welche nur von dem Arbeiterstande getragen werden.Mit einem Wort, das konservative Programm ist: Dem Arbeiter jedespolttische Recht rauben und als Ersatz dafür ihm alle Pflichten aufbürden.Wenn sie nun, auf ihren Besitz pochend, sich Arbeiterstimmen kaufenwollen, so verdienen sie dafür nichts anderes als an den Pranger ge-stellt zu werden. Denn die Arbeiter werden nicht so dumm sein und für«in Linsengericht den Strick drehen helfen, mit welchem sie selbst erdroffeltwerden sollen. Meinen Parteigenoffen im Lauenburger Wahlkreise gebeich den Rath, daß sie angesichts solcher Schamlosigkeiten, die von derkonservattven Partei begangen werden, dieser den Sieg gründlich ver-salzen und bei der Stichwahl einstimmig für Kammerrath Berlingstimmen."Bei der Stichwahl ist denn auch thatsächlich der liberale Kandidat mitHilfe der sozialistischen Stimmen gewählt worden.— Wie eine Bankrotterklärung der heutigen kapitalisti»schen Gesellschaftsordnnng liest sich der jüngst erschienene Iah res-bericht der Handelskammer für Reichenbach, Schweid-nitz und Waldenburg über das Geschäftsjahr 188S. Man hörenur:„Wenn wir schon im vorigen Jahresbericht« die Anzeicheneinerallgemeinen Ueberproduktion zu bemerken glaubten unddie Ursachen derselben in einer weiteren Verbreitungder Anwendung unserer großen Erfindungen aufdem Gebiete der realen Wissenschaften suchten, undwenn wir die B e f ü r ch t u n g aussprachen, daß dieselbe sich in immersteigendem Maße geltend machen würde, so hat sichdiese Befürchtung leider im letzten Jahre nur zusehr bewahrheitet. Gemildert werden unter sonst gleichbleibendenVerhältniffen die nachtheiligen Folgen der Ueberproduktion, insofern die-selben in einer übermäßigen Verbilligung der Waaren bestehen, in derRegel dadurch, daß von den billigeren Waaren eine größere Maffe kon-sumirt wird und der steigende Verbrauch die Ueberproduktion verhältniß-mäßig schnell wieder ausheilt. Wenn auch die Erträge aus dem Gewerbein solchen Zeiten geringer sind, so befinden sich diejenigen, welche aufeinen festen Arbeitslohn oder auf die Einkünfte aus fest angelegtenKapitalien angewiesen sind, gegenüber den niedrigen Waarenpreisen ineiner günstigen Situation und ihre Kaufkraft wächst. Leider leben wirjedoch in einer Zeit, in welcher die Kapitalrente schnell sinkt und diesverschlechtert die ganze gewerbliche La„- wesentlich und läßt befürch-ten, daß die gewerbliche Krisis länger dauert undschwerer zu einem günstigen Umschwünge gelangt,als es unter anderen Verhältnissen der Fall wäre. Es kommt dazu, daßauch das im Grund und Boden angelegte Kapital der Landwirthfchaft,insofern es nicht zum fundirten Kapital zu rechnen ist, infolge der nied-rigen Preise der ländlichen Produkte sich sehr schlecht verzinst und dieBesitzer zu einer Reduktion ihrer Ausgaben zwingt. Aber nicht blosdie Kapitalrente und der Ertrag von Grund undBoden ist gesunken, sondern auch der Gesammtverdienstder großen Masse der gewerblichen Arbeiter mußzurückgegangen sein, denn der Konsum der gewöhnliche«Berbranchsartikel stockt fast mehr als der der thenrerenWaaren, trotzdem die Lebensmittelpreise sehr billige sind."Was braucht es eigentlich noch mehr als hier in dürren Worten ge-sagt ist— und ähnliche Ausführungen treffen wir in allen Handelskammer-berichten— umdasTodesurtheil über die heutige kapita-listische Ausbeuterordnung zu fällen? Wenn die Anwendungder großen technischen Erfindungen, d h. die größere Beherrschung derNaturkräfte durch die Menschen, zur Ursache allgemeiner Stockungdes Wirthschaftslebens werden kann, nun so muß der Fehler inder grundsätzlichen Organisation des Wirthschafts-Organismus stecken. Von dem Augenblick an, wo der Wirthschafts-Organismus die Vervollkommnung der Produktions-mittel nicht mehr verträgt, ist er ein Hemmniß des Fort-s ch r i t t s geworden, seine Aufrechterhaltung reaktionäres Be-streben. Und das ist mit der bürgerlichen Wirthschastsordnung derFall. Bisher ein großartiges Element des Fortschritts, beginnt sie heuteein Hemmschuh für den Fortschritt zu werden, und wenn aus keinemandern Grunde, so muß sie schon aus diesem Grunde fallen zu Gunsteneiner andern, der Natur der modernen Produktionskräfte mehr ange-paßten Gesellschaftsordnung— der sozialistischen.Und noch ein Zweites geht aus dem obigen Bericht hervor. Wiesehrschmilzt doch von Jahr zu Jahr die Zahl derer zusammen, die am Be-stände der heutigen Ausbeutergesellschaft ein wirkliches— kein ver-meintliches— Interesse haben! Ist thatsächlich die Lage so vielerUnternehmer und Grundbesitzer eine so überaus trübe— nun, welchesInteresse haben diese Elemente dann och daran, daß die heutigen Zu-stände erhalten bleiben? Im Grunde nur ein auf Illusionen be-ruhendes. Selbstverständlich, so lange die heutige Gesellschaft des Privat-kapitalismus besteht, wehren sie sich mit Händen und Füßen ihrer Haut,suchen sie um jeden Preis ihre Selbständigkeit zu erhalten. Aber in demMoment, wo die Frage wirklich sich darauf zuspitzt: Radikaler Bruchmit dem Bestehenden oder nicht, da müssen und da werden sie ein be-deutendes Kontingent zum Heer der Verneiner der kapitalisti-schen Gesellschaftsordnung stellen, deren Tage gezählt sind.— Der Todestag LassalleS(31. August) ist auch in diesem Jahrevon den deutschen Genossen vielfach in, den lokalen Verhältniffen ange-paßter Weise festlich begangen worden. Zu einer ganz besonders wirk-samen Demonstration gestaltete sich der zu Ehren des Gedächtnisses desgroßen Agitators von den Berliner Arbeitern veranstaltete Ausflug, andem sich wohl über 3000 Personen betheiligten. Natürlich ließ es auchdabei die Polizei an Provokationen und Brutalitäten aller Art nichtfehlen, ohne daß es jedoch gelang, Störungen in größerem Umfangeherbeizuführen. Wir werden in nächster Nummer einen uns für dieseNummer leider zu spät zugegangenen ausführlichen Bericht über dieerhebende Demonstration veröffentlichen und konstatiren heute nur noch,daß Herr von Richthofen, wahrscheinlich als Revanche für die nichtgeernteten Lorbeeren seiner Knüppelhelden, über fünf Berliner Ar-beiter-Bezirke vereine auf Grund des Schand-Gesetzes die Polizei-liche Schliessung verhängt hat. Natürlich werden nun die BerlinerArbeiter sofort reumüthig zu Kreuze kriechen und feierlich geloben, vonjetzt ab sich als politische Musterkinder aufzuführen und höchstens Ehren-Stöcker's Geburtstag festlich zu begehen. Man hat, wie es scheint, nochnicht genug Erfahrungen gesammelt, wozu Polizeiverfolgungen gut sind.— Recht charakteristisch für das vielgepriesene Unfall»Berficherungsgesetz sind folgende Zahlen aus dem Jahresbericht desVorstandes ver Hamburgischen B augewerk s- Berufs-genossenschast für die Zeit vom I.Oktober 1885 bis 1. Juli 1886:„Es sind seit der Zeit vom 1. Oktober bis jetzt beim Vorstande der1. Sektion zur Anzeige gelangt im Ganzen 273 Unfälle. Davonwurde die Genoffenschaft belastet mit nur 34 Unfällen und zwar8 Todesfälle und 26 Verletzungen, welche eine mehr als 13wöchige Erwerbsunfähigkeit zur Folge hatten und kosteten diese Fälle der Genossen-schaft M. 67 9 0. 05."„Hier springt," bemerkt dazu die Hamburger„Bürgerzeitung", derwir diese Notiz entnehmen,„ein Mangel des Unfall-Versicherungsgesetzesrecht deutlich ins Auge. Nur 34 Unfälle von 273 oder 12,36Prozent entfielen auf d ie G e no s s e n s ch a f t, dahingegen241 Unfälle oder 87,64 Prozent entfielen auf die Arbeiter,resp. die von den Arbeitern erhaltenen Krankenkassen. Rechnenwir nun, daß auf jeden dieser 241 Unfälle im Durchschnitt eine sechs-wöchige Unterstützung, und daß dieselbe bei den meisten hiesigen Kaffenper Woche M. 12 beträgt, so bekommen wir den ansehnlichen Betragvon M. 17,352, welchen die Arbeiter zahlten und das ist bei-nahe das Dreifache des Betrages, welchen die Unfälle den Arbeit-gebern, den Genossenschaften kosteten. Wenn man nun noch bedenkt, daßeine große Anzahl Arbeiter in zwei Kassen sind, so kann nian wohl ohneUebertreibung behaupten, daß die Arbeiter reichlich den dreifachen Betragaufgebracht haben. Und nun bedenke man, daß die Arbeiter blitzwenigzur Ausführung des Gesetzes zu sagen haben."Praktisches Christenthum, um mit Bismarck zu reden.— Polizeiliche Dnminpfiffigkcit. Wir meldeten in Nr. 35, wieunser Genosse Bebel auf seiner letzten Geschäftsreise, namentlich in Karls-ruhe und Mannheim, Gegenstand sorgfältigster polizeilicher Aufmerksam-keit war. Diese polizeiliche Aufmerksamkeit und Sorgsalt wiederholte sichspäter besonders in Mainz und Frankfurt. In Mainz kam ein Polizistin das Hotel, in dem Bebel zu logiren pflegt, legte dem Oberkellner diePhotographie Bebels vor und frug, ob er den Herrn kenne und ob derHerr schon angekommen fei. Die polizeiliche Frechheit kann in der Thatkaum weiter getrieben werden. Aus einer Postkarte, die Bebel nachFrankfurt gerichtet, ersah die Frankfurter Polizei, an welchem TageBebel in Frankfurt eintreffen werde. Da es aber doch wünschenswerthwar, auch genau die Zeit zu wissen, wann das staatsgefährliche Jndioi-duum den geheiligten Frankfurter Boden betreten werde, forderte dieFrankfurter Polizei die Mainzer Polizei telegra»p h i f ch auf, ihr die Abreise Bebels nach Frankfurt telegraphisch anzu-zeigen. Dieser freundnachbarliche Wunsch wurde erfüllt. Die Geheim-polizei hatte bei Ankunft Bebels in Frankfurt den Bahnhof besetzt. Un-glücklicherweise aber war es Abend, und so gelang es Bebel mit leichterMühe, sich den neugierigen Blicken der Geheimpolizisten zu entziehen,die erst nach achtundvierzig Stunden der Aufregung und nachdem sievon oben verschiedene Nasen für ihre Ungeschicklichkeit eingeheimst, feinerin der Prinz'schen Wirthfchaft ansichtig wurden.Nachträglich ist es uns gelungen, auch den Urheber dieser Polizei-Verfolgungen ausfindig zumachen. Es war dies die gute DresdenerPolizei, die durch die B a h n v e r w a l t u n g die Reiseroute erfuhr,die Bebel auf Grund eines Rundreisebillets eingeschlagen hatte, und sichnun beeilte, fämmtliche Polizeiverwaltungen der bezüglichen Orte davon inKenntniß zu setzen, mit der Aufforderung, Bebel streng zu überwachenund ihr über dessen Thätigkeit Bericht zu erstatten.Man sieht hieraus, die Polizei steht nicht allein zu der Post, sondernauch zu den Bahnverwaltungen in den intimsten Beziehungen und erfährt,was sie zu erfahren wünscht. Die Parteigenoffen werden gut thun, sichdies zu merken und nicht der Postkarte oder dem Rundreisebillet Dingeanzuvertrauen, die sie nicht bekannt werden laffen wollen. Die Spionageist auf der Post wie auf der Bahn gleich groß und wohlorganisirt. Imvorliegenden Falle war es dem Betroffenen selbstverständlich nicht umdie Geheimhaltung seiner Reisetour zu thun, und wenn die Polizei diesdennoch annahm, täuschte sie sich einmal wieder durch ihre besondereDummpfiffigkett.— Unter dem Vorwand, die Verlängerung des deutschspanischen Handelsvertrages, der erst im April nächsten Jahresabläuft, erheische seinen sofortigen Zusammentritt, soll schon in dennächsten Tagen derReichstag zu einer außerordent-lichenSession zusammenberusen werden. Was Bismarckmit dieser Maßregel thatsächlich im Schilde führt, ob es sich nur umeine neue Chikanirung der Reichstagsabgeordneten handelt, oder ob Bis-marck Gelegenheit sucht, seine Politik in öffentlicher Rede zu rechtfertigen,oder ob sonst ein Coup im Werke ist, das haben wir um so wenigerLust, hier zu untersuchen, als ja schon die nächsten Tage die Enthüllungdes Räthsels bringen werden. Jedenfalls ist der HyperkonstitutionalismusBismarcks mehr wie verdächtig.— Daß der Battenberger in einem hundedemüthigenBrief vor dem Zaren zu Kreuz gekrochen- natürlich ver.geblich— wird ihm auch in einigen nicht reptilistischen deutschen Blät-tern sehr verübelt. Nun, es ist nicht unsere Aufgabe, den Mann zu ver-th-idigen, aber so viel muß doch festgehalten werden, daß er den Briefsicher nicht oder nicht s o geschrieben hätte, wenn er nicht von Bismarckso schnöde im Srich gelassen worden wäre. Damit war er vor die Wahlgestellt, entweder sofort abzudanken oder noch einen Versuch der Versöh-nung mit dem Zaren zu machen. Im Widerspruch mit Rußland zuregieren, ist unter den gegebenen Verhältniffen in Bulgarien unmöglich,dafür hat— Bismarck gesorgt.— Ein vortrefflicher Politik er ist der Pariser X-Korre»spondent der„Franks. Zeitung". Daß er. wo nur immer möglich, den Sozialdemokraten etwas am Zeuge flickt, nehmen wir ihmnicht weiter übel, damit setzt er sich wenigstens in keinen grundsätzlichenGegensatz zu dem sonstigen Inhalt des Hauptorgans der„bürgerlichenDemokratie" in Deutschland. Auch seine fortgesetzten Ausfälle auf dieäußerste radikale Linke in der französischen Kammer, die Herren Cle-menceau-P, lletan, entsprechen durchaus der Gesammthaltung der„Frank-furter Zeitung" in Bezug auf die französischen Parteiverhältnisse, sinte-malen das volksparteiliche Blatt mtt Ferry„die Gefahr auf der Linken"erblickt.In dem Bestreben nun, immer nach links zu schlagen, hat sich derHerr jetzt glücklich soweit entwickelt, einer Neu-Auflage des deutschenNationalliberalismus in Frankreich, d. h. einer Partei, dievom beständigen V e r r a t h lebt, das Wort zu reden. Denn auf weiternichts läuft die neuerdings geplante Herstellung einer konservativenrepublikanischen Kammerfraktion, in der alle zweideutigen MonarchistenUnterschlupf finden sollen, hinaus. Es soll um jeden Preis verhindertwerden, daß die französische Republik sich weiter nach links entwickelt,und dazu bedarf es einer Fraktion, die unter republikanischer Flaggedas thut, was bisher die monarchistischen Parteien gethan, d. h. bremst,bremst und wieder bremst. Nur hübsch staatsmännisch sein, ist dieParole.Und der brave X-Korrespondent ist, wie das sich für den Mitarbeiterder„Frankfurter Zeitung" nicht anders schickt, ein sehr großer Staats-mann— so groß, daß er das Gras wachsen sieht und die Flöhe hustenhört. So leistet er sich unterm 29. August in einer Polemik wider die„Justice" folgende— sagen wir Offenbarung:„Also immer noch die eingebildete Furcht vor deutschen Annexionenim Westen ist es, welche für Leute wie Pelletan alle in der Theoriezugegebenen Prinzipien von Freiheit und Fortschritt aller Völker in denHintergrund drängt. Würden sich diese Leute etwas weniger Mühe geben,zu sehen, was nicht ist, so würden sie vielleicht sehen, daß das geeig-netsle Mittel, keine der drei Kaisermächte zu einem Uebergewicht gelangenzu lassen, gerade darin besteht, den kleinen Staaten der Balkanhalbinselerstens zur Selbständigkeit und zweitens zur Einigkeit untereinander zuverhelfen, und daß wahrfcheinlicherweise Fürst Bismarckkein anderes Ziel verfolgt. Hat er nicht der russischen Re<gierung vielleicht nur darum in Bulgarien carte blanche gegeben, weile r voraussah, daß ein durch unerwartete Siegepopulär gewordener Für st sich nicht so im Handum-drehen entthronen lasse, wie sich das der beschränkteRegentenverstand an der Newa vorgestellt hatte, und daß Rußlanddurch ein unvorsichtiges Eingreifen sich von seinem Ziele entfernenwerde."„Hänge dich, Figaro, darauf wärest du nicht gekommen!" Die Hetzartikelder„Norddeutschen" und der„Kölnischen" wider den Battenberger, dieHinweise auf Frankreich als den Störenfried) wegen dessen man Allesgutheißen muß, was Rußland auf dem Balkan thut, und die aus dieseWeise bewirkte Unter st ützung der russischen Agenten inBulgarien— Alles das nur, um Rußlands Position auf dem Balkanzu schwächen, das ist eine Entdeckung, wie sie so bald nicht wiedergemacht wird. Ja, ja, sich nur immer hübsch staatsmännisch ge-beiden, nur so treibt man wahre und echte demokratische Politik.— Bei den Studenten und bei den Arbeitern.„Also,liebe Kommilitonen, fleißig an der Arbeit, aber darum keine Kopfhänger,sondern auch— fleißig gekneipt!" So schloß der Trinkspruch,den Herr Windthorst auf dem Kommers der katholischen Studenten-Verbindungen ausbrachte, und wofür er den begeisterten Beifall derkatholischen Bourgeoisjugend erntete. Das klingt etwas anders als daS„Zurückführen zu Gott", welches man den deutschen Arbeitern zu-gedacht hat, um sie von der rohen Begehrlichkeit zu kuriren.So sieht es mit der„Gleichheit in der katholischen Kirche" aus. Sieist eine Lüge, und vielleicht noch eine größere als die Gleichheit in derbürgerlichen Gesellschaft. Jedenfalls hat die Kirche gerade so viel Moral-standpunkte, als es Klaffen in der Gesellschaft gibt. Wers nicht glaubt,der ersuche Exzellenz Windthorst, nun auch der katholischen Arbeiter-jugend zuzurufen: Fleißig gekneipt!— Die Ultramontanen rufen nach Polizei. Im Rhein«l a n d fanden vor Kurzem mehrere Versammlungen Natt, in denen Ge-nosse Schönlank aus Nürnberg auf Einladung dortiger Arbeiter überdie politischen Zustände in Deutschland rc. referirte und bei dieser Ge-legenheit natürlich auch die Zentrumspartei gebührend kritistrte. Dar-über sind jetzt die Ultramontanen ganz aus dem Häuschen, und der„Rheinische Merkur", das offizielle Organ der Kölner Ultramontanen,fordert ganz unverfroren das Verbot aller,„von Sozial-demokraten veranstalteten Versammlunge n."Nun, daß die Herren keine grundsätzlichen Gegner von Ausnahme-gesehen stnd, wußten wir längst; ist doch bekannt, daß da, wo die Ultra-montanen das Ruder in der Hand hatten, politische Verfolgungen nochstets an der Tagesordnung waren. Je eher sie also die FreiheitSmaSke,mit der sie sich in Deutschland so lange gebrüstet, fallen lassen, um sobesser. Damit bewirken sie nur, daß was sie in den oberen Regionengewinnen, ihnen in den Volksschichten doppelt so schnell wieder verlorengeht. Und anderseits beweist ihr Angstgeschrei nur, wie wenig sicher sie