stehenden Generalversammlung der Trades-Unions vorlegen und zur Annahme empfehlen wollten und das Resultat dann veröffentlichen werden. Genosie G r i m p e erklärte sich mit einigen Worten der Motivirung für die Resolution, welche Abstimmung von den anderen Delegirten in demonstrativer Weise freudig aufgenommen wurde, ebenso stimmten be- dingungslos für die Resolution die Vertreter für Oesterreich und Australien , während Belgien und S ch w e d e n nur insofern abwichen, daß sie die gleiche Arbeitszeit für Männer und Frauen ge- wahrt wiffen wollten. Der australische Delegirte Norton griff nachträglich die englischen Delegirten nochmals an. Wir sind nicht hierhergekommen, meinte er, um uns etwas zu erzählen oder erzählen zu laffen, sondern auch zu stimmen, um zeigen zu können, das und das haben wir beschloffen; wenn sämmtliche Delegirte so gehandelt wie die Engländer, so hätten wir ruhig zu Hause bleiben können, es wäre ebenso gut gewesen. Burnett wollte darauf antworten, die Konferenz entschied jedoch, ihn nicht mehr anhören zu wollen. Darauf verließ die englische Delegation die Kon- ferenz, und die anderen Resolutionen wurden ohne bemerkenswerthen Zwischenfall zur Abstimmung gebracht. Bei der letzten Resolution: Betheiligung an der internationalen Aus- stellung, welche neben der offiziellen Bourgeoifie-Busstellung von den Arbeitern für 1889 organistrt werden soll, machte Grimpe darauf aufmerksam, daß es den deutschen Arbeitern wohl unmöglich sein werde, an derselben theilzunehmen, er könne also nicht dafür stimmen, ohne durch seine Abstimmung eventuell andere zu ermuthigen. Doch wolle er auch nicht dagegen stimmen, weil es immerhin ein Werk sei, welches geeignet ist, die Arbeiter verschiedener Nationen einander näher zu bringen; er enthalte sich somit der Abstimmung. Was den für das Jahr 1889 geplanten internationalen Kongreß in Paris anbetreffe, so mache er darauf aufmerksam, daß, wie C. de P a e p e erklärt habe, die belgische Arbeiterpartei ebenfalls beschlossen habe, noch vor 1889 einen internationalen Kongreß einzuberufen. Man möge also erst das Resultat dieses Kongreffes abwarten, ehe man Weiteres beschließe; er enthalte sich daher auch in Bezug auf diesen Punkt der Abstimmung. Der Delegirte für Oesterreich stimmte ebenso ab, die sämmtlichen anderen Delegirten stimmten jedoch dafür, so daß alle Resolutionen angenommen wurden. Nachts 1'/, Uhr schloß der Vorsitzende die Konferenz mit einem kurzen Rückblick auf die Aibeit derselben und gab der Hoffnung Ausdruck, daß fie ein gutes Theil dazu beigetragen haben werde, die Arbeiter aller Länder einander näher zu bringen. Am Sonntag, den 30. August, fand in dem Gebäude der Arbeiter- Ausstellung zu Ehren der Preisvertheilung, welche an diesem Tag vor sich gegangen war, sowie als Schlußakt der Konferenz, ein Bankett statt. Die Banketts, welche bei derartigen Gelegenheiten stets stattzufinden pflegen, haben immer einen mehr oder weniger politischen Charakter, das diesmalige, an dem mehr als 700 Personen theilnahmen, und dem auch eine Anzahl hervorragender Mitglieder des Pariser Stadtrathes beiwohnten, gestaltete sich zu einem internationalen Ver- brüderungsfest. Fast sämmtliche Delegirte der Konferenz mit Ausnahm- der schon Abgereisten, des einer Einladung der Redaktion desSocialiste " gefolgten Genoffen C. de P a e p e, sowie der S Dele­girten der Trades-Unions, nahmen an dieser Feier Theil. Mehrere Mitglieder des Pariser Stadtrathes nahmen das Wort, um die Ardeiter zu beglückwünschen und zu ermuthigen. Einige Arbeiter griffen dagegen die Stadtverwaltung an, daß sie nicht genug für die Arbeiter thue, und Grimpe hob hervor, daß schon im Jahre 1847 Marx und Engels im kommunistischen Manifest ausgesprochen hätten, daß die Befreiung der Arbeiter nur das Werk der Arbeiterklaffe selbst sein könne, sowie:Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!" Die Aus- stellung sowie die Konserenz legen Zeugniß davon ab, daß dieser Ruf verstanden worden sei. Im llebrigen beglückwünschen die deutschen Ar- beiter ihre französischen Brüder und senden ihnen ihre brüderlichen Grüße. Kein Mißton störte dieses Fest, wenn man nicht den Umstand als einen störenden bezeichnen will, daß die Festkommiffion nur auf ungefähr 300400 Theilnehmer gerechnet hatte, während 700 erschienen waren, mithin die Portionen etwas in die Länge gezogen werden mußten. Am Montag, den 30. August, fand eine große Volksversammlung statt, in welcher die Beschlüsse der Konferenz zur öffentlichen Berhand- lung gestellt wurden. Genosse Palmgrün(Vertreter für Schweden ) nahm zuerst das Wort, indem er darauf hinwies, daß wir wohl ganz gute Beschlüffe ge- faßt hätten, daß aber damit zur Lösung der sozialen Frage nicht viel gewonnen sei; es müßten zur Durchführung unserer Beschlüffe, selbst wenn sie Gesetzeskraft erlangen sollten, woran er zweifle, ganz andere Leute in die sogenannten Regierungen berufen werden; seine Ansicht sei, daß ein ganz anderes System an Stelle des heutigen treten müsse und daß wir um die soziale Revolution nicht herumkämen. Der ein- stimmige Beifall der Versammlung bewies ihm, daß alle Theilnehmer so denken wie er. Der englische Sozialist B u r n s, welcher den Verhandlungen der Konserenz beigewohnt hatte, ohne Delegirter zu sein, ergriff jetzt das Wort, tadelte das Verhalten der Vertreter der Trades-Unions und meinte, daß zum Kongreß von 1889 wohl sicher 20 Delegirte der eng- lischen Soziatisten kommen werden. Genosse Brod weist auf die unhaltbaren Zustände Oesterreichs hin, welche den Arbeitern nicht erlaubten, ihre Klagen öffentlich auszusprechen. Zum Schluß sprach der französische Genosse A l l e m a n e über die Thätigkeit der Konferenz. Hervorzuheben ist die Haltung der französischen Presse. Während die großen Organe, welche nur von der hohen Bourgeoisie gelesen wer- den, ausführliche Berichte über die Thätigkeit der Konferenz lieferten, mehrer« sogar Leitartikel darüber brachten, schwieg sich die kleinere Preffe fast aus. Es liegt System in der Sache. Die Bourgeoisie will unter- richtet sein, was in den Arbeiterkreisen vorgeht, und sie bespricht sogar diese Vorgänge, aber in den Zeitungen, welche in den breiten Schichten der Bevölkerung gelesen werden, darf für die Sache der Arbeiter nicht Propaganda gemacht werden, mithin muß alles möglichst todtgeschwiegen werden. So hat derTemps" neben ausführlichen täglichen Berichten drei selbständige Artikel gebracht. Den ersten Artikel widmete er ausführlich der Streitsrage zwischen den englischen Trades-Unionisten und dem Ver- treter der deutschen Sozialdemokratie, wobei er natürlich für die ruhigen und besonnenen Engländer Partei ergriff und meinte, daß es Grimpe wohl nicht gelingen werde, die Trades-Unions von ihrem vernünftigen Vorgehen abzubringen. Dieselbe Ansicht wurde in nahezu übereinstim- Mendem Chorus von fast allen Blättern wiederholt, von den reaktio- närenDedats" an bis zur radikalenJustice". Be» Besprechung der Resolution über die internationale Fabrikgesetz- gebung meinte derTemps", daß es Tollhäusler sein müßten, die einer derarlrgen Resolution zustimmen könnten; wenn es nur sür Frankreich wäre, so könnte man darüber in Diskussion treten, aber auszuhören, Belgier, Franzose oder Deutscher zu sein und eine Kaste zu bilden, die »rderterkafte, das sei unerhört. Der liebeTemps" hat es vergessen oder will es vergessen machen, daß seine Brotgeber uns Arbeiter zu einer Kaste gemacht haben. Nach 10 Jahren. Eine zeitgemäße Reminiszenz. Zehn Jahre sind es her, und zwar gerade im August, daß der königlich preußische Lieutenant a. D. Friedrich Wilhelm v. Varchmin fein Buch überDie soziale Bewegung der Gegenwart" u. f. w. der Oefsentlichteit übergab. Uebcr die Kritik, welche dieses von einem imblauen Rock " verfaßte Buch seinerzeit erfuhr, ist viel Gras gewachsen, und schwerlich würde ich das Buch einer Ausgrabung für werth halten, wenn nicht alles das, was der Verfasser vor 10 Jahren den Herren Bismarck , Pullkamer k. in das Ohr geblasen, seitdem ge- treulich nachgeäfft worden wäre. Kein denkender Kopf wird bezweifeln, daß die Arbeiterbewegung nur zum geringsten Theile thatjächlichen Verhältnissen entwachsen ist, daß dieselbe vielmehr»n der Unlust zur Arbeit und in den Wünschen nach Genüssen wurzelt, die nicht befriedigt werden können," sagt der Verfasser und setzt an einer anderen Stelle dem Dinge die Krone auf:Der proletarische Stand möchte so gut essen und trinken, so warm und modisch angezogen sein, so hübsch wohnen, so weich schlafen und so viel Zeitvertreib haben wie der millionarische. Das ist die ganze Geschichte." Wir finden alle diese geistreichen Sätze wieder ausgesprochen in den Reden des braven Puttkamer, welcher dazu seinem Haß gegen dieAgi- tatoren" freien Lauf ließ und fie alssich von den Arbeitergroschen mästend" bezeichnete. Nun, Herr Verfaffer, Dank den ins Leben getretenen Fachvereinen ist eben konstatirt, daß die Arbeiterbewegung doch den thatsächlichen Verhältnissen entsprungen ist, d. h. daß die Zahlung erbärmlicher Löhne und willkürliches Regiment der Großen die Arbeiter zum Wider« stand getrieben hat. Nicht brauche ich den Lesern desSozialdemokrat" Beispiele dafür zu liefern, jeder von uns ist sich dieses Umstandes wohl bewußt. Auch weiß man sehr gut, daß die Arbeiter nicht aus Neid und Habsucht gegen das Kapital Front machen, sondern um das zu fordern, was ihnen als Menschen von Rechtswegen zukommt. O Verfasser, könntest Du einen Blick in das arme Voigtland und in die andern überfüllten Distrikte werfen, Du würdest schaudernd sehen, auf wieweichen" Betten dort der Mensch, der nicht Millionär, ruht. Ja,Zeitvertreib" ist dal In Hülle und Fülle, aber in Gestalt von Mangel an Arbeit! Es ist unsere erste Pflicht, mit warmem Herzen an der Heilung der sozialen Schäden in dem Sinne mitzuarbeiten, daß wir die berechtigten Beschwerden der Arbeiterklaffe selbst in die Hand nehmen, daß wir dem Aufruf zur sozialen Revolution die That der sozialen Reform entgegen- setzen," weissagt der Verfaffer. Und Bismarck ist seinem Rath« gefolgt und hat als soziale Reform Krankenkassen -, Unfall- und andere das Volk beglücken sollende Gesetze geschaffen, die berechtigten Forderungen der Arbeitermaffen aber, die bescheidenen Arbeiterschutzgesetze u. A. m., sind dem Papierkorbe überliefert werden. Wenn aus diese Weis« die berechtigten Forderungen der Arbeiter mißachtet werden, treibt man da soziale Reform? Eher, glaube ich, zur sozialen Revolution. Alle Puttkamer'schen Erlaffe, alle Urtheile der der heutigen Reaktion dienenden Richter, alle Auflösungen der zur Wahrung der berechtigten Forderungen der Arbeiter gestifteten Bereine, alle Ausweisungen der Familienväter treiben mit Gewalt dahin. Und so pflichte ich dem Verfaffer in seinem Satz:Es ist mit Sicher- heit vorauszusehen, daß die Sozialdemokratie ohne größere Rührigkeit nicht allein in ihren bisherigen, sondern auch in denjenigen Wahlkreisen, in welchen sie das letzte Mal es zu einer ansehnlichen Minorität gebracht hat, siegen wird", vollständig bei. Ja wohl, Verfasser, unsere Gegner haben innerhalb der 10 Jahre genug für uns gethan, so daß wir kaum nöthig haben, selbst zu agitiren. Der Haß gegen da« bestehende System ist viel zu fest gewurzelt, als daß er durch Drohungen aus der Brust gerissen werden könnte, wie der sehr ehrenwerthe Herr Verfaffer an anderer Stelle zu empfehlen beliebt. Noch gibt es eine Macht, das Wachsthum des gefürchteten Kindes zu verhindern, eine Macht, die über kurz oder lang in Sachen der sozialen Revolution das Amen sagen wird.Befriedige das Heer!" Denndas letzte Heil, das höchste, liegt im Schwerte !" Nun, wir haben innerhalb der 10 Jahre gesehen, was dasSchwert" geholfen. Ob aber dasSchwert des Herrn" heute noch dasselbe ist wie vor 10 Jahren, bezweifle ich sehr hier wird sich Puttkamer sehr täuschen. Wenn Varchmin schon vor einem Jahrzehnt betonte, daß die Arbeiter sich von jeder Politik fernhalten möchten und sich nur ihren Fachinter- essen widmen sollten, so hat er damit bei der Arbeiterschaft wenig Glück gehabt, denn fester als je stehen die Arbeiter heute auf dem Boden des politischen Programms. Ich glaube übrigens wohl, daß es den Herren lieb und angenehm wäre, wenndie Dummheit dem Volke erhalten bliebe", damit sie unumschränkter schalten und walten könnten, aber es ändern sich eben die Zeiten und mit ihnen auch die Menschen. Die Ausführungen Puttkamer's und die des Herrn Pastors Scheuner aus Taucha , daß man die Arbeiter von ihren Führern trennen solle, finden sich ebenfalls schon im Buche Varchmin's, und zwar sagt der Verfaffer: Noch ist der Arbeiterstand in seiner überwiegenden Mehrheit kern­gesund; man befreie nur seine kranken Theile von jenen gewissenlosen Medikastern, und die Heilung wird dann schnell und voll hereinbrechen." Auch hierzu hat man 10 Jahre Zeit gehabt, ohne ein Resultat zu er- zielen. Es wird auch nun und nimmer gelingen. Denn unsere Vertreter stehen nicht als einzelne Personen, sondern als Vertreter des durch sie zum Ausdruck kommen sollenden Willens der Gesammtheit der Arbeiter- schaft an der Spitze der Bewegung. Wollen wir die Sozialdemokratie vertilgen, so unterdrücke man jede von dieser Seite kommende Druckschrist", sagt der Verfaffer, und Putt- kamer mit seinem Troß hat dem Folge geleistet. Was er damit erzielte, wissen wir am besten. Je stärker man einen Gummiball zur Erde wirft, um so höher springt er zurück, und so geht es auch mit uns; je tiefer man uns drückt, um so kräftiger werden wir auffahren, um bittere Abrechnung zu halten. Ich schließe meine Betrachtung mit einem vom Verfaffer am Schluffe seines Buches angeführten Satz Gamaliel's in umgekehrter Form:Ist das Werk aus Gott, so wird es untergehen; ist es nicht, d. h. ist eS ein wesentliches Element der fortschreitenden Gesellschaft, so»vird es bestehen." Und die von uns auf der Basis der fortschreitenden Kultur aufge- stellten Grundsätze werden bestehen, so wahr Puttkamer Minister ist und Varchmin Lieutenant in feinen Diensten war. m. Sozialpolitische Rundschau. Zürich , 14. September 188K. Aus Rewyork erhalten wir die telegraphische Nach- richt, daß Genoffe Aveling und Frau am 10. und Genosse Liebknecht am 13. September wohlbehalten dort eingetroffen sind. Glückauf zur Agitation! Die BerlinerVolkszeitung" und nach ihr eine Anzahl deutscher Zeitungen haben die in Nr. 33 unseres Blattes enthaltene Notiz über den Puttkamer'schen geheimen Militärerlatz abgedruckt, weil, wie es in derVoltszeitung" hieß, einrückhaltlose? Dementi in dem vorliegenden Falle besonders angezeigt" sei, trotz der, wie dieVolks- zeitung" meinte,inneren Unwahrscheinlichkeit" unserer Mittheilung. Wir respektiren Zweifel und Motive derVolkszeitung", aber von einem Dementi ist uns bis jetzt noch keine Spur zu Gesicht gekom- men. Dieinnere Wahrscheinlichkeit" ist in der Aera Puttkamer eben ein sehr schlechter Maßstab für die Glaubwürdigkeit irgend einer berich- teten Regierungsmaßregel das Unzulängliche, hier wird's E r e i g n i ß. Nachschrift. Diese Notiz war bereits gesetzt, als uns die offiziöse Berliner Korrespondenz in Nr. 256 der MünchenerAllzem. Zeitung" zu Gesicht kam, in der es heißt, daß für da« Bestehen de« Puttkamer- fchen Erlafle« ein«starke innere Wahrscheinlichkeit sprich t." Nun also. Auch dieBolksztg." scheint von ihrem Zweifel kurirt. Wir kommen auf die Sache in nächster Nummer noch zurück. Straffreie Verbrechen. Wieder und immer wieder fordert das infame Drillsystem in Preußen-Deutschland seine Opfer, wieder und immer wieder müssen wir es mit ansehen, wie hoff- nungsvolle Menschenleben in frevelhafter Weise um nichts und wieder nichts auf sogenanntenUebungsmärschen" hingemoidet werden ja gemordet, jedes andere Wort wäre zu milde dafür. Bon allen Seiten liegen Berichte von Erkrankungen und Todesfällen an Hitzschlag vor so zahlreich, daß man sich in Preußen zu dem Versuch veranlaßt gesehen hat, mittels einer offiziösen Notiz den Ein- druck dieser Berichte wenigstens einigermaßen abzuschwächen.N u r" 8s leichte und schwere Erkrankungen, darunternur" 7 mit tödtlichem Ausgange sind nach derNorddeutschen Allgemeinen" bis zum 8. Sep- tember bei den 14 preußischen Armeekorps offiziell bekannt worden als ob nicht jede Erkrankung infolge Neberanstrengung schon zu viel wäre, nicht jeder Todesfall schon ein Verbrechen bedeutete! Denn daß die Uebungsmärsche" im Sonnenbrand nichts weniger sind als Uebungen, die den Körper kräftigen und widerstandsfähiger machen, sondern ihn blos erschöpfen, liegt auf der Hand. Aber die offiziell bekannten Er- krankungssälle decken sich keineswegs mit der Zahl der wirkliche»! Erkrankungsfälle, und zu denen der preußischen kommen noch die der süddeutschen Armeekorps. Sind doch allein in M ü h l h eim a. d. Ruhr 50 Füsiliere des 39. Füsilier- Regiments infolge der lleberanstrengung bei der großen Hitze erkrankt. Von den im Kreise Beckum , Regierungs- bezirk Münster , manöorirenden Soldaten sind 7 Angehörige der 20. Jnfanteriebrigade dem Hitzschlag erlegen. Maffenerkrankungen werden aus Mainz , aus Frankfurt am Main , aus München , au« Liegnitz , aus Oettersdorf in Thüringen ,c. gemeldet; bei den Manövern, die in der Umgegend des letztgenannten Ortes statt- fanden, sind allein S Soldaten gestorben(5 vom 38. und 1 vom 71. Jnfanterie-Regiment) kurz, die Notiz in derNorddeutschen All- gemeinen" ist ein ganz elender Abschwächungsversuch, der nur das böse Gewissen derjenigen verräth, welche diese Verbrechen wider das Leben und die Gesundheit ihrer Mitmenschen in erster Linie auf dem Gewissen haben. Im deutschen Reichsstrafgesetzbuche gibt es einen Pars- graphen(222):Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen ver- ursacht, wird mit Gefängniß bis zu drei Jahren bestraft. Wenn der Thäter zu der Aufmerksamkeit, welche er aus den Augen setzte, vermöge seines Amtes, Berufes oder Gewerbes besonders verpflichtet war, so kann die Strafe bis auf fünf Jahre Gefängniß erhöht werden." Wie viele von denen, die jetzt infolge der famosen Ausnahmestellung, die das Heer einnimmt, straffrei ausgehen, gehörten von Rechtswegen auf Jahre hinaus in das Gefängniß! Was sagen wir: straffrei aus- gehen? O nicht doch, dekorirt, befördert werden. Es ist, wie Faust von den Opfern der Pferdekuren seines Vaters sagt: Sie welkten hin, ich muß erleben, Daß man die ftechen Mörder lobt!" F r e ch e M ö r d e r, das ist in der That in den meisten Fällen der rechte, der einzig zutreffende Ausdruck. Leider gelangen die wenigsten dieser Fälle an die Oeffentlichkeit. Sie werden vertuscht, die Kameraden der Betroffenen wagen es nicht, sie wetter zu erzählen, sie wissen auch nicht, an wen sich zu wenden, um ihrer Empörung Ausdruck zu geben, denn in Deutschland darf es nach den gemachten Erfahrungen kein Blatt wagen, ein Mitglied der privilegirten Kriegerkaste auch nur schüchtern zu kritistren. Um so mehr gebietet es uns die Pflicht, alle Mißbräuche, Uebergriffe, Brutalitäten, die uns in dieser Beziehung zu Ohren kommen, schonungs- los ans Licht zu ziehen. Daß wir diese Pfl.cht bisher nicht vernachlässigt, wiffen unsere Leser, wir werden aber in Zukunft noch mehr Werth aus diese Seite der Aufgabe unseres Blattes legen und schon in nächster Nummer mit zwei Erz-Soldatenschindern, über deren Schand- thaten uns Schriftstücke vorliegen, in gebührender Weise ins Gericht gehen. Gehen sie auch offiziell straffrei aus, so soll ihnen wenigstens die verdiente Brandmarkung nicht erspart bleiben. Die höchste Verkörperung der monarchischen Idee in Europa ist unbestritten Väterchen an derNewa, der autokratische Herrscher über 80,000.000, in Worten achtzig Millionen Men- schen, und augenblicklich Höchstbestimmender über den Frieden Europas . Nun, daß dieser Gewaltige vor dem Herrn nichts anderes ist als ei» Jrrenhauskandidat wie weiland Ludwig II. von Bayern und Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, haben wir schon wiederholt her- vorgehoben. Aber was ein sozialdemokratisches Blatt schreibt, gilt bekanntlich nicht, und wäre es so bekannt wie die 9000 Mark Wohnungi- entschädigung des wohnungslosen Ministers des Innern von Preußen. So hören wir daher einmal den Korrespondenten eines ultraloyalen preußischen Blattes, der rechtsnationalliberalenHallffchen Zeitung", über Kaiser Wilhelms erhabenen Vetter. Derselbe schreibt: Sie dürfen Folgendes ihren Lesern als ganz zuverlässig bezeichnen. Es beweist, in welchem Grade der Zar aufgeregt und, aus stetet Furcht vor nihilistischen Attentaten, geneigt ist, in Heftigkeit«' ausbrüchen sich zu ergehen. Bei dem letzten Aufenthalle in Livadin befand sich eines Tages ein F l ü g e l a d j u t a n t er ist deutsche» Abkunft und stammt aus den O st s e e p r o v i n z e n im Flur, wo er auf den Kaiser wartete und, um sich die Zeit zu verkürzen, ein« Zigarette rauchte. Ganz unerwartet kommt der Kaiser von einer anderen Seite daher, sieht, wie ein Mann, den er nicht erkennt, weil er ihm de» Rücken zukehrt, rauchend dasteht, stürzt sich auf ihn, reißt ihn nieder, tritt ihn mit Füßen(die Bestie frißt so viel und so robust wie Ludwig II. ) und erkennt schließlich seinen eigenen Flügel- adjutanten! Der Arme liegt heute noch an den Verletzungen darnieder, die der Kaiser ihm bei dieser Gelegenheit zufügte." Dazu bemerkt das, wie gesagt, rechtsnationalliberale Blatt,daß ti nahe liege, da« ruffische Volk, Europa und die Menschheit zu be dauern, daß«in Mann, der so wenig Selbstbeherrschung besitzt, über eine so kolossale Macht zu verfügen hat, und von di» fem leidenschaftlichen und leicht reizbaren Temper«» mente das Wohl und Wehe von Millionen abhängt." Das ist in der Thatsehr bedauerlich", noch mehr bedauerlich ist aber, daß diejenigen, die solche Zustände, die nothwendigen Kon' sequenzen des monarchischen Systems,bedauern",» die, welche diesem niederträchtigen System ein Ende machen wollen, NN' Denunziationen und Worte der Beschimpfung haben. Nicht nur bismarckische, sondern auch unabhängig redigirü deutsche Blätter behaupten, daß mit derVerjagung desBatteV berger aus Bulgarien für Rußland eigentlich blut' wenig erreicht sei, denn eine Besetzung des Landes werde es do<s nicht zu unternehmen wagen. Fällt ihm auch gar nicht ein und braucht es auch gar nicht, da di> Frucht" ohne die offizielle Besetzung, die zu allerhand Garantien verpflüß' ten würde, viel besser reift, seitdem Rußland durch die Mitschuld Bis' marcks es erreicht hat, daß es seine Macht den Balkanvölkern in eklatantestck Weise vordemonstriren, ihnen zeigen konnte, daß wer es wagt, g e g e» Rußland Stellung zu nehmen, über kurz oder lang unrettbar vff' loren ist. Was das heißt, wie sehr diesermoralische Erfolg" den ruff» schen Agenten auf dem Balkan das Spiel erleichtern muß, da« so Iii' man urtheilsfähigen Leuten gar nicht erst auseinanderzusetzen brauche»- Die straflose um nicht zu sagen glorreiche Fruktifizirung vel Verschwörerstückchens vom 21. August hat Ruhland um ganze Iah»' seinem Ziele näher geführt, nach dem es mit eiserner Beharrlichkeit i»' steuert: der Eroberung Konstantinopels , deSheiligen Czarigrad". U»1 recht zum Hohn für alle diejenigen, welch-, wie dieKölnische Zeitung < zur Beruhigung des mit Recht erregten deutschen Volkes einen Untck' schied zwischen der czarischen Regierung und der panslavistischen Agitati� erdichten möchten, hat Väterchen jetzt Herrn K a t k o w, dem Führer N1 Panslavisten, den Wladimir-Orden zweiter Klasse verliehenfür sei»' fruchtbringende Thätigkeit auf pädagogischem Gebiete und seinen jähr«' langen unermüdlichen Eifer, das Berständniß für die wahret Grundlagen des russischen StaatSlebens bei bd1 Publikum zu befestigen." Diewahren Grundlagen des russischen Staatslebens" heißen B» kämpfung alles dessen, was nach geistigem und politischem Fortschris riecht, heißen Beamtenkorruption und Militärdespotie Königlich Preußischer StaatSsozialiSmuS. Man schreibt uns' Die preußische Regierung des deutschen Reiches will bekanntlich Arbeiter durch sozialpolitische Gesetze glücklich machen, steht man sich ab«l die Zumuthungen etwas genauer an, welche die preußische Regierung»s die Arbeiter stellt, sobald sie selber als Arbeitgeber auftritt, so muß ei* Jeder einsehen, daß ihre Arbeiterfreundlichkeit nur Blendwerk ist, u>N die Arbiter über die eigentlichen Absichten der jetzt herrschenden Gewalt' Heber hinter« Licht zu führen. Ein recht anschauliches Bild, auf welche Art die Arbeiter geknechtet und geknebelt werden sollen, gibt die ftß 1. Juli d. I. in Kraft getretene Werkstattsordnung für di� in den Werkstätten de s Bezirks der Königliche* Eise nb ah n dir e ktio n zu Erfurt beschäftigten Arbeite*- Tausende von Arbeitern, die bereits, ehe diese Bahnen verstaatlicht wurden, in jenen Werkstätten beschästigt waren, mußten, um nicht