Weichkohlendifirikt:

Bergleute Arbeiter unt r der Erd» üb»» Knaben Wagentreiber Schmiede Kokesofen-Fllller Kokesauszieher Minenaufseher Zimmerleute In dem kommenden Bericht für 18SV wird der Du�fchnittslohn auf Doll.« 67 pro Woche im Hartkohlen- und 6 2l tm Weichkohlendistr,» abgeschätzt, wenn gleichniäßig auf alle Beschäftigten vertheilt. In dieser Durchschnittsberechnung sind die Knaben den Männern gleich gerechnet. Da aber, wie der Bericht zeigt, wenigstens 14, ovo Personen an den gesammten ausgezahlten Löhnen theilgenommen haben und nicht angegeben sind, so werden die obigen Ziffern ziemlich genau den Durchschnittslohn der Erwachsenen angeben, was auch mit den Berichten der Arbeiter übereinstimmt. Di- Bergleute selbst geben ihren Lohn auf SS, bez. 20 Doll. an» je nach der Lokalität. Der Ueberschuß jener beschäftigten Personen, die nicht angegeben wer- den, ist au« der Thatsache zu erklären, daß ostmals aus der Zahlllste eine Person aufgeführt ist, wo thatsächlich mehrere beschästigt wurden. Dieser Gebrauch erklärt die außergewöhnlich hohen Löhne, welche öfters angegeben werden als Beweis, waS ein fleißiger Bergmann verdienen kann. Was so als der hohe Verdienst eines Mannes erscheint,»st oftmals der Lohn eines Mannes und eines Knaben, oder zweier Männer. In einem Falle in Westmoreland�County hat es sich bei einer Untersuchung sogar herausgestellt, daß der Verdienst von S6 Männern als der vonvierMännerngebuchtwar. Unter der bestmöglichen Schätzung ist der Lohn eines pennsylvanischen Bergmanns ein miserabel niedriger, besonders wenn der Charakter des Berufe« in Betracht gezogen wird. Denn der Kohlengräber arbeitet unter der Erde in einer Dunkelheit, die nur durch die schwachen Strahlen einer Lampe, die er am Hute trägt, etwas erhellt wird. Sehr oft arbeitet er an Plätzen, wo er unmöglich ausrecht gehen kann. Se»ne Aleider sind fortwährend durchnäßt von dem Tropsen der Felsen, und trotz aller Vorsicht kann er dem Rheumatismus nicht entgehen. Und daneben das Risiko plötzlichen Todes durch schlagende Wetter, daS Herab- fallen von FelSmaffen oder Explosionen, oder das Risiko, lebendig begraben zu werden, zu verhungern oder zu ersticken, bevor Hilfe möglich ist. Und so niedrig diese Löhne auch find, es müffen noch Abzüge gemacht wer- den, um die richtige Entlohnung dieser harten und gefährlichen Arbeit zu erhalten. Alle Bergleute, die im Kontrakt arbeiten, oder im Akkordlohn nach der Tonne gerechnet, müffen von ihrem Verdienst die Explosivstoffe so wie das Schärfen ihrer Werkzeuge bezahlen, und alle Untergrund-Ar- beiter müssen das Oel und die Dochte, die sie in ihren Lampen verbrennen, selbst liesern. Und was mehr ist, die Löhne werden im Großen und Ganzen nicht in Baar bezahlt, sondern in Form von Wohnungs- m i e t h e und in W a a r e n, die für hohe Preise von den Kompagnie- Läden(b. h. Läden, die der Bergwerksgesellschaft gehören) geliefert wer- den. In der Regel wird der Bergwerkbesitzer, wenn er das Land an der Oberfläche eignet, und somit keine Konkurrenz von Läden auf dem angrenzenden Lande zu fürchten hat, wever Land zum Bauen von Häusern verkaufen oder verpachten, da die Kontrol« über daS Land die bessere Kontrole über die Menschen ermöglicht. Die Arbeiter sind in trübseligen, monotonen Kompagniehäusern unter« gebracht, die durch dünne Zwischenwände abgetheilt sind. JedeS HauS hat 24 kleine Zimmer. Die Häuser sind von Holz, mit möglichst ge- «ngem Kostenaufwand hingcbaut, gewöhnlich ohne Anputz im Innern und ungestrichen von Außen. DaS einzige Zeichen, daß es ein Ding wie Farbe in der Welt gibt, ist gewöhnlich die Nummer der Kompagnie, die in plumpen Ziffern angebracht ist. Kalkanstrich scheint völlig unbekannt zu sein, dagegen hat man in einzelnen wenigen Fällen die Thüren, und in noch weniger Fällen ist das gesammte«euhere zu einer oder der anderen Zeit mit einer glanzlosen Mischung angestrichen, die als eine Apologie für Farbe dient und jedenfalls dem pennsylvanischen Herzen theuer ist alS einHeimathprodukt", an dem diePauper-Arbeit" anderer Länder keinen Anthsil hat. Der ZinS dieser Häuser differirt je nach Lage von Doll. 2 SS biS 9 Doll., der Durchschnitt, wie vom Statistischen Bureau angegeben, scheint S Doll. zu sein, und wird vom Lohne abgezogen. Das ist jetzt in Pennsylvanien verboten, und es wird oerlangt, daß der Lohn ein- mal monatlich in Baar oder in Baar-Anweisungen ausbezahlt wird. Aber diese, wie alle anderen Vorschriften zum Schutze des MelherS, werde» umgangen durchhalsabschneiderische Verträge", wie die Arbeiter sie nennen, die jeder Miether unterschreiben muß. In diesen Verträgen, welch« in vielen Fällen die Frau mttunterzeichnen muß, erlaubt der Miether die Zurückbehaltung der Miethe vom Lohn, entsagt den Wohl- thaten des Gesetzes, wonach dem Schuldner eine gewisse Summe von Haushaltungsgegenständen verbleiben muß, und entsagt ebenso der gesetz- lichen Kündigungsfrist, indem er den Eigenthümer autorisirt, ihn nach fünftägiger Kündigung auszusetzen. In diesen Minendörfern steht Jeder- mann(außer einem oder zwei Geistlichen, denen der Eigenthümer ge- wöhnlich Bauplätze für Kirchen schenkt oder vermiethet) unter der fünf- tägigen Kündigungsfrist. Und das Resultat dieses Miethsystems ist leicht zu ersehen. Da gibt e« nicht die geringste Verbesserung oder Verschönerung. Obwohl gewöhn- lich etwas Gemüse auf einem Flecken Land hinter dem Hause gebaut wird, so fehlen vollständig Bäume, Sträucher und Blumen, die selbst tzaS ärmlichste Landhaus im Sommer ausschmücken und die Oede des Winters verscheuchen. Der Mensch wird seine Wohnung, von der er nach fünf Tagen vertrieben werden kann, nicht verbessern und ver- Blönern, selbst wenn er, was oft der Fall ist, sein ganzes Leben unter esem prekären System zubringt. Der bloße Anblick jener Flecken, die in den Hartkohlenseldern vor den Werken sich ausdehnen, oder der in den Weichkohlenseldern Herumdrän- genden Säuser(?) ist im höchsten Grade traurig und abschreckend, selbst wenn im frühen Sommer die Natur in ihrer Glorie ist. Sie machen den Eindruck eines harten, abstumpfenden, monotonen Kampfes um die bloße Existenz; ein menschliches Leben, reduzirt auf wenig mehr als das des Thieres, und von Allem entkleidet, was ihm Würde, Wohlgefallen und Reiz verleiht. Sie erinnern an die von der Armuth heimgesuchten Flecken in Irland , ohne so anmuthig zu sein. Wenn man durch die Kohlendistrikte Pennsylvaniens gebt, so ist eS be- fremdend, Zeitungsartikeln zu begegnen, die den irischenLandlordiSmus" behandeln, oder Resolutionen der Knights of Labor zu lesen, die den Landraub im fernen Westen verdammen. Wenn der Pennsylvanier Landmonopol sehen will, so braucht er weder über den Ozean noch über den Mississippi zu gehen. Von manchem Punkte in seinem eigenen Staate 8 Alles, was er von der Welt erblickt, daS gesetzliche Eigenthum eines annes oder einer Korporation. Alle anderenfreien und unab« hängigen Bürger", die man sieht, können durch ein Wort der Mög- lichkeit, den Lebensunterhalt zu verdienen, beraubt und nach fünftägiger Kündigung aus ihren Wohnungen geworfen werden. Als ich vor vier Sommern in Irland reiste, wurde ich aufbegründeten Verdacht" ver- hastet und durch einen Trupp Polizisten vor den restdirenden Landlord zum Verhör gebracht. Als der Wagen die Pforte passirte und eine noble Straße hinaufrollte, die zu einem großartigen Schlosse führte, schien es mir der packendste Kontrast, den ich je erblickte; als ob wir durch des Zauberers Stabbewegung Connaught verlassen hätten und in ein besser ausgestattetes Land eingetreten waren. Die Armuth, der Schmutz und die herb« Nacktheit des Lebens, die ich gesehen hatte, waren alle ver- drängt durch die hohe Umzäunung des Grundstücks, und auf dem Platze gab es herrliche Bäume, ausgedehnte, wohlgepflegte Rasenplatze, herrliche Blumenbeete, Gebäude mit ihrer Umgebung, die alle Zeugen des Ueber- flusseS und Wohllebens waren, und anstatt barfüßiger Bauernfrauen wohlgekleidete Damen, die Ball fpielten. Alles dies kam wieder in meine Erinnerung, als ich vor einigen Wochen durch die öden und schmutzigen Straßen von Kompagniehäusern in der Umgebung von Hazleton ging; ich pausirte ein wenig und blickt« durch die Eisengitter, welche die Re» 5denz de« Eigenthümers umgeben. Dort Alles dürftig, gemein und art, als ob die Behausungen der Menschen Orte wären gleich den

Ställen der Pferd«, um drinnen nur zu essen und zu schlafen. Nicht eine Blume und kein blühender Strauß, und außer den Fabrikräumen keine Spur von Anstrich. Hier Farbenbeete, die Salomon's Pracht in Schatten stellten, Palmen aus dem Treibhaus konttastirten mit dem Blätterschmuck der einheimischen Schattenbäume und Alles bezeugte Reichthum und Geschmack.

Die Agitation unserer Genossen in Amerika . R e w y o r k, 20. September.. Die Agitattonsiour unserer Gäste aus Europa hat bisher den denkbar besten Ver'auf genommen. A v e l i n g, der einige Tage vor Liebknecht eintraf, hat in der Umgegend von Rewyork Rew-Haven, Bridgeport und Äiddleton sehr gut besuchte Meetings ab- gehalten; in den beiden erstgenannten sprach auch seine Frau, Eleanor Marx ; und die Wirkung auf die englisch -sprechenden Zuhörerschaften war durchweg eine sehr günstige. Liebknecht hatte bisher nur ein- mal Gelegenheit, in einer großen Versammlung zu sprechen nämlich in einer geschlossenen Parteiversammlung, die aber so zahlreich besucht war wie eine gute Volksversammlung, und zu einem gegenseitigen Aus- tausch der Meinungen und vollkommener Verständigung der Meinungen führte. Gestern fand in Brommer'S Union-Park die eigentliche Empfangs- feier statt. Es handelte sich darum, die Genossen zusammenzusühren. Und daS Fest fiel wahrhaft großartig aus. Die Zahl der Anwesenden wird von den Zeitungen auf 1020,000 geschätzt und das ist sicherlich nicht übertrieben. Die Gäste wurdenvorgestellt" und hielten Ansprachen, die bei der Unmöglichkeit, die Räume mit der Stimme auszufüllen, kurz sein mußten. Der Smpsang war enthusiastisch, und Niemand, der diesem herrlichen Fest beigewohnt hat, wird es vergessen. Die Polizei versuchte es, Unordnung zu machen. Unter dem Vorwand, die Gäste schützen zu wollen, griff sie eine Anzahl von Genossen, welche sich zu denselben drängten, in rohester Weise an, und ohne die treffliche Parteidisziplin wäre eS unzweifelhaft zu Thätlichkeiten gekommen, worauf e« offenbar abgesehen war. Die Newyorker Polizei ist wegen ihrer Brutalität und Bestechlichkett berühmt, und an Leuten, die für einenRiol "(Prügelei) in diesem Moment Tausende von Dollars geben würden, fehlt es gewiß nicht. Aber Dank der Parteidisziplin verlief das Fest in der schönsten Weis«; und in einem offenen Briefe an die leitenden Zeitungen wurde das provokatorische und rohe Benehmen der Polizei auch gebührend ge- brandmarkt. Im Ganzen verhält die Presse sich anständig gemein war bisher nur derStar" und natürlich die deutsche Staatszeitung " des be- rüchtigten Ottendorfer. V Den 21. September. DaS gestrige Meeting verlief glänzend. Die Halle, welche 5000 Men- sch-n faßt, war gedrängt voll, so daß kein Apsel zu Boden fallen konnte, und ziemlich ebensoviel« muhten draußen bleiben, so daß die Zahl der Besucher, wenn auch nicht Theilnehmer, aus 10,000 geschätzt werden kaum Nach Einführung sprach erst Liebknecht, dann Frau Ave- l i n g und zum Schluß Dr. A v e l i n g. Liebknecht nahm u. A. Veran- lassung, die Preßlüze, daß er sich über die Verurtheilten von Chicago gehässig ausgesprochen habe, an den Pranger zu stellen und seiner Ueberzeugung, daß dieselben an der ihnen zur Last gelegten That un- schuldig seien, Ausdruck zu geben. Die Redner fanden begeisterte Bus- nähme und der Inhalt ihrer Reden begeisterte Zustimmung. In der Versammlung, die von Genossen Walt her in englischer und deutscher Sprache eröffnet wurde, war das englisch redende Element sehr stark vertreten es bildete wohl ziemlich die Hälfte. DaS ist ein gutes Zeichen. Solange die Bewegung in den Vereinigten Staaten auf die Deutschen beschränkt ist, kann sie kaum ausschlaggebenden Einfluß erlangen. Sie mutz in die englisch redenden Kreise eindringen. Und wesentlich vermittelst der Gewerkschaften wird dies auch sicher gelingen. Die Agitation unserer Gäste hat die Gewinnung derAmerikaner" zu einem ihrer Hauptziele. Morgen findet ebenfalls in Cooper's Hall eine zweite Massen- Versammlung statt, in welcher die jetzt besonders brennende G e w e r k- s ch a f t s f r a g e behandelt werden wird. V Der vorstehenden Korrespondenz tragen wir noch aus den uns in­zwischen zugegangenen Zeitungsberichten Folgendes ergänzend nach: Auf dem Fest in Brommers Union Park sagte Liebknecht u. S.(wir zitiren nach derNew-Dorker Bolkszeitung"): Genossinnen und Genossen! Ich danke Ihnen in meinem und meiner Freunde Namen für diesen großartigen Empfang. Rein Gefühl auszu- drücken ist mir unmöglich. In meinem langen Leben habe ich keine so imposante Versammlung gesehen. Ich bin vollständig überwältigt von diesem Sturm der Begeisterung und diesem ungeheuren Menschenmeer. Meine Stimme keines Menschen Stimme ist stark genug, um Jeden von Ihnen zu erreichen. Also nur wenige Worte. Unsere Grundsätze zu entwickeln, den Zweck des Hiersein« klar zu legen, haben wir andere Gelegenheiten. Als Sie die ehrenvolle Einladung an mich richteten, herüber zu kommen, damit ich helfe, der Sozialdemokratie eine Gasse zu machen, schwankte ich lange. Drüben, das wissen Sie. ist mein Kampffeld, und es ist schwer, die Stätte zu verlassen, wo dem Feind die Stirn geboten werden muß. Aber auch hier ist ein Kampsseld und auch hier muß die Schlacht der Sozialdemokratie geschlagen werden. Die Größe Ihres Ver- trauens und die Größe der Aufgabe, die hier zu erfüllen ist, überwanden meine Skrupel. Und so bin ich denn in Ihrer Mitte."... Ihr, meine deutschen Genossen, habt Euch das Verdienst erworben, den Stein der sozialdemokratischen Bewegung hier in'S Rollen gebracht zu haben. Dieses Verdienst der Initiative kann Euch die Geschichte nicht vorenthalten. Aber die Bewegung muß über die Kreise der deutsch redenden Amerikaner hinausgreifen; sie muß unter die englisch redenden »rbeitermaffen getragen werden. Darum haben Sie den besten englischen Schüler, den Karl Marx , mein pzid Ihrer Aller Lehrer, gehabt, mit herberusen. nebst seiner Gattin,«einer Jugendfreundin, der Tochter unseres Marx .... Alles, was die gleichen Interessen hat und die gleichen Ziele»er- folgt, und wenn auch die Ansichten über die Mittel verschieden find, werden wir unter der sozialdemokratischen Fahne zu vereinigen suchen. Und es wird gelingen dafür bürgt mir die Begeisterung, welche uns hier entgegentritt. Ich weiß, daß Sie uns in unserem AgitationSwerk mit aller Kraft unterstützen werden; und Sie dürfen überzeugt sein: wir werden mtt Aufgebot aller Kraft unsere Pflicht thun." Den Jubel, mit dem diese Ansprache aufgenommen wurde, kann man sich denken. Und die gleich« Begeisterung dauerte das ganze Fest über. Selbst alS die Polizei unter dem Borwand, die Gäste vor dem Andrang zu schützen, in brutalster Weise eine Rempelei herbeizuführen suchte, scheiterte ihr Plan an dem festen Willen der Genossen, sich das Fest nicht verderben zu lassen. Nicht minder enthusiastisch, war die TagS darauf stattgehabte»er- sammlung im Cooper Institut.6000 Personen," schreibt derSozialist", hatten sich im Saale und 3000 Personen in den Vorsälen eingefunden und mehr alS die Hälfte der Gekommenen muhte, ohne Eingang finden zu können, nach Haufe zurückkehren." Lorsitzender der Versammlung war der aus Hamburg ausgewiesene Genosse H. W a l t h e r, Schriftführer die Genossen Rosenberg und Vogt. AU Liebknecht das«ort ertheilt wurde, spielte daS Orchester die Marseillaise , in welch« die Versammelten begeistert«instimmten. Da die Kabelberichte unsere Genossin Eleonore Marx-Aveling den Wunsch nachTod und Schrecken" hatte äußern lassen, so lassen wir, um zu zeigen, wie gut die Bourgeoisie von ihren Agenten bedient wird, die betreffende Stelle aus der Rede derblutgierigen Hyäne" wie sich-in auf die Kabellüge hineingefallene» schweizerisches Blatt ausdrückt hiermit folgen: Land, Eisenbahnen und Arbeitsmittel," sagte Frau Aveling laut»e-

richt derNew-Dorker Volkszeitung",sollten nicht das Eigenthum ein- zelner Personen wie Gould und Vanverbilt, sondern das Eigenthum des gesammten Volkes fein! Wir verlangen nicht, daß jene Leute von ihren Stellen entfernt werden sollen; nur darauf bestehen wir, daß alle und jede Klassenherrschakt abgeschifft wird! Erst dann wird daS Volk die wahre Freiheit besitzen!Wie aber," so fragt man uns,könnt Ihr Eure Forderungen durchsetzen?" Ich will Euch sagen wie, meine Freunde: durch dasWerfen dreierBomben, nämlich durch Agitation, Organisation und Erziehung! Solche Versammlungen wie diese sind Mittel zum Zweck. Doch sie genügen nicht. Wenn Ihr diese Versammlung verläßt, müßt Ihr diese Lehren Anderen übermitteln. In Wohnungen und Aibeitestätten müßt Ihr Propaganda für Eure Ideen machen. Findet aus, wo das Unrecht steckt, dann werdet Ihr auch wiffen, worin das Heilmittel bestehen muß. Besonders fordere ich die Frauen auf, mit Hand ans Werk zu legen, und für die Emanzipation ihre» Geschlecht« einzutreten; denn sie stehen selbst noch weiter in der ökono- mischen Entwicklung zurück wie das männliche Geschlecht. Die Rednerin schloß mtt den Worten des Dichters Shelley: In großer Anzahl sich aus ihrem Schlummer zu erheben, Männer sowohl wie Frauen, und frisch sich zu gemeinsamem Wirken zu vereinen."

Sozialpolitische Rundschau.

Zürich , S. Oktober 1886. Für Historiker, welche den Stand des öffentlichen Geiste» in Deutschland nnter dem zweiten Kaiserreich zum Gegenstand ihrer Untersuchung zu machen wünschen, sind nicht zum wenigsten lehr- reich die gerichtlichen Aktenstücke Anklageakte und Erkenntnisse auS denen sie ersehen können, welche Rechtsbegriffe bei den Personen obwalteten, deren spezieller Berus es war, das R�cht zu schützen, bezw. zum AuS- druck zu bringen. Ein dahingehöriges Dokument liegt uns heute vor in der Anklageschrift des erstenStaatsanwalt des Land- gericht Kottbus, Hauke, wider den Cigarrenhändler Hermann B e r g o w und den Restaurateur Paul Bieber in Spremberg wegen angeblicherVerbreitung sozialdemokratischer Schriften". So mit ü lich in der Anklageschrift; der Herr Staatsanwalt scheint gar nicht zu wissen, daß nicht die Verbreitung sozialdemokratischer Schriften, sondern nur die Verbreitung verbotener Schriften strafbar ist. Nun, wie der Titel, so der Inhalt des staatsanwaltlichen OpuS. Wir haben ja schon viel Starkes in diesem Genre gesehen, aber hier ist Alles Übertrossen, was uns noch vor die Augen gekommen. Eine Prob« mag genügen. Nach Aufzählung aller Sünden des Angeklagten Bergow, saßt der Staatsanwalt das Sündenregister desselben in folgender Weis« zusammen: Vergegenwärtigt man sich hiernach, daß der Beschuldigte vergo« Mitglied der sozialdemokratüchen Partei in Spremberg ist, daß er weiter ein offenes Cigarrengeschäft betreibt, dessen Umfang zu unbedeutend ist, um ihm einen zu seinem und seiner Familie Lebensunterhalt ausreichen- den Verdienst abzuwerfen, daß er ferner zu seinen hauptsächlichsten Kunden die Arbeiter zählt, welche zur sozialdemokratischen Partei ge« hören, daß er sich auch mit dem Vertrieb einer ganzen Reihe von Zei» tungen befaßt, die zwar nicht gerade verboten(!) sind, aber mindestens zum Theil ihren sozialdemokratischen Ursprung und die be- zügliche Tendenz kaum verkennen lassen, und daß er von allen diesen Druckichristen je ein Exemplar, dazu auch noch diverse verbotene Werke in seinem offenen Geichäst, doch nur zur Benutzung seiner Kunden, liegen hatte, daß er endlich geständigermaßen Abonnent des Züricher Sozialdemokrat" ist vergegenwärtigt man sich alle diese Momenle, so kann gar kein Zweifel bleiben, daß der Beschuldigte verbotene Druck- schristen, insbesondere(!) denSozialdemokrat" nur zu dem Zw.ck hält, sie, durch Auflegung zur Einsicht, den seinen Laden angeblich als Kunden besuchenden Parteigenossen mitzutheilen, und daß er somit seinen ganzen Cigarrenhandel nur betreibt, um unter dem Aushängeschild eines Erwerbsgeschästs die Verdreitung verbotener Schrff- ten um so sicherer bewirken zu können." Also: Bergow betreibt ein Cigarrengeschäft, das ihm nicht genug ab- wirft, um, nach der Ansicht des Staatsanwaltes, davon mit seiner Fa« milie existiren zu können. Sehr hübsch vom Staatsanwalt, daß er einen Wochenverdienst von 1823 Mark so viel wirft nämlich Berga«'» Geschäft nach des Staatsanwalts Berechnung ab für keine genügende Einnahme sür einen Proletarier hält. Bergow sucht auch in der That seine Einnahme dadurch zu erhöhen, daß er Zeitungen und Zeitschriften verbreitet, dienicht gerade verboten sind" beiläufig eine klassische Wendung, für die ihrem Urheber die Versetzung in's Reichs« gericht gebührt aber doch auch keine Beziehungen zum Reptilien- fondS haben. Und nun stellt sich bei einer Haussuchung heraus, daß Bergow«in Exemplar desVorwärts" besitzt, ein Exemplar de» Sozialdemokrat" abonnirt hat, und flugs folgert der Herr Hauke, daß Bergow'S ganzer Geschäftsbetrieb nur Vorwand ist, um dieses ein« Exemplar desSozialdemokrat" seinen Kunden beim B-such des Ladens zur Einsicht vorlegen zu können. Und das nennt man Begründung! Di« Franzosen nannten ihr zweites Kaiserreich lo das ompirv da» niedrige Kaiserreich. Wir Deutschen können das unsere das nieder« trächtige nennen, denn seit seinem Bestehen hat es nicht ausgehört, die niederträchtigsten Eigenschaften, die nur denkbar sind, systematisch zu züchten: Byzantinischen Servilismus und entsprechende Aufgeblasenheit, sowie ein Pharisäerthum im öffentlichen Leben, eine Untergrabung alle» Rechtsbewußtseins und eine Korruption der Recht»« pflege, daß einem die bevorstehende Rückkehr der Jesuiten noch al» wahres Labsal erscheinen könnte. Einen drastischen Beleg für das in vorstehender Notiz Gesagte liefert die Briessälschnngs-Affäre i« Laueuburg. In Nr. 37 unsere» Blattes berichteten wir von dem Briefe, den der kon« servative Schuhmachermeister Boye vor der Stichwahl in Lauenburg an unser» Genossen Molkenbuhr gerichtet, und in welchem Molken- buhr gefragt wird, welcheVergütung" er verlange, wenn es ihm ge- linge, seine Wähler zu veranlassen, für die Konservativen zu stimmen. Nun, dieser Brief war gefälscht, aber nicht, wie die Konservativen sofort behauptet hatten, von einem ihrer Gegner, sondern der Fälscher war, wie jetzt feststeht, niemand anders als die höchste Gerichtsperso» im Kreise Lauenburg : AmtsgerichtSrath Francke in Ratze« bürg, bis dahin Vorsitzender des konservativenWahl- Vereins in Ratzeburg , der Wahlmacher Herbert Bi»marckSl! Bezeichnend für die tiefe moralische Verkommenheit dieses Francke ist die Einsendung desselben an dieKieler Zeitung ", worin er sich zur Urheberschaft des gefälschten Briefes bekennt nach« dem nämlich da« Faksimile desselben veröffentlicht, die Ermittelung de» Schreibers nur noch-ine Frage der Zeit war. Da thut der Herr so, alS handle es sich in dem Anerbieten nur um die Ersetzung von Wahl- kosten, und als habe er von der Nachforschung nach dem Urheber de» Briefes erst jetzt, vier Wochen fett Ausbruch des Stteite» über denselben, gehört, erst jetzt gehört, welchenStaub" der Briefaufgewirbelt". Ein Richter, der sich wundert, daß eine UrkundenfälschungStaub aufwirbeli"! Zweifelsohne wird Herr francke jetzt anstandshalber sein Amt quittiren müffen, genau so wie vor einigen Jahren der höchste Ver- waltungsbeamt« desselben Kreises, Landrath von Bennigsen« Förder, seinen Posten quittiren mußte wegen schmählicher Ber« l e u m d u n g der Privalehre des freisinnigen Kandidaten B e r l i n g. Aber genau so wie Herr v. Bennigsen- Förder durch ein friedliches Pöst- chm als Äefängnißdirektor entschädigt wurde, genau so wird man auch Herrn Francke seinen Verlust zuvergüten" wissen. Bielleicht Überträgt man chm«ine Lotteriekollekte. Das ist der preußische Beamtenstand in der Aera Bismarck-Puttkamer. Man weise un» aus der Geichichte des zweiten französischen Kaiserreichs ein Beispiel nach, das diese Korruption noch übertrifft. Die von unfern im Freiberger-Prozeß verurtheilten Genosse» gegen das betreffende Erkenntniß eingelegte RevifipnS- Beschwerde gelangt am 11. Oktober vor dem Reichsgericht zur Verhandlung. Wie eilig e» die Herren haben, geht daraus hervor, daß in dem Münchner Geheimbundsprozeß,«n dem das Urtheil sechs Wochen früher als im Freiberger Prozeß gesprochen wurde, bi» heute noch kein Termin