wie die Demokratie verstanden wissen will, und wie sie nach den reinen Prinzipien durchgeführt werden soll. Möge es darin beweisen. daß Demokratie die Verpflichtung heißt, durch Diejenigen, die zu viel haben, alles das zu decken, was Denen fehlt, die zu wenig haben! Daß das ganze Defizit in dem Einkommen der Letzteren nur aus dem besteht, was die Andern ihnen gestohlen haben. Gesetzlich gestohlen, wenn man will, d. h. auf Grund von Räubergesetzen, welche unter den verflossenen wie unter den früheren Regierungssystemen alle Diebereien autorisirt haben, mit Hilfe von Gesetzen, wie die, welche heute noch bestehen, mit Hilfe von Gesetzen, nach denen ich gezwungen bin, um leben zu können, jeden Tag meinen Haushalt auszuräumen und den Dieben, welche sie beschützen, den letzten Lumpen zuzutragen, der mich bedeckt. Möge da« Volk erklären, daß es die Rückgabe alles so Gestohlenen will, dieser schmachvollen Konfiskationen, verübt von den Reichen an den Armen. Diese Rückerstattung wird unbestritten ebenso legitim sein, wie die an die Emigranten. Wir wollen durch die Wiederaufrichtung der Demokratie erstens, daß wir unsere Lumpen, unsere alten Möbel zurückerhalten, und daß diejenigen, welche sie uns genommen, in Zukunft außer Stand ge- setzt werden, gleiche Attentate auszuführen. Wir wollen weiter mittelst der Demokratie alles das, was, wie wir gezeigt, Diejenigen gewollt, die einen rechten Begriff von ihr hatten. Braucht es zur Wiederherstellung der Rechte des Menschengeschlechtes und zur Beseitigung aller gegenwärtigen Uebelstände einenAuszug auf den heiligen Berg" oder eineplebejesche Vendee"? Mögen alle Freunde der Gleichheit sich darauf vorbereiten, und sich für benachrichtigt halten! Möge Jeder sich die unvergleichliche Schönheit dieses Unternehmens unausgesetzt vergegenwärtigen. Die Israeliten von der egyptischen Knechtschaft zu befreien, zum Besitz der Becker Kanaans zu siihren war je ein Unterfangen würdiger, die Herzen zu muthiger That zu entflammen? Der Gott der Freiheit, seien wir dessen sicher, wird die Moses beschützen, die sich an ihre Spitze stellen. Er hat es uns versprochen, ohne die Vermittlung Aarons, den wir ebenso wenig brauchen können wie sein Priesterkollegium. Er hat es uns versprochen, ohne das Wunder einer Erscheinung im feurigen Busch. Weg mit allen diesen Wundergeschichten, mit allen diesen Albernheiten! Die Eingebungen der republikanischen Gottheiten manifestiren sich in einfachster Weise, als Eingebungen der Natur(des höchsten Gottes), durch die Stimme der republikanischen Herzen. So ist uns denn verkündet, daß während eines Tages neue Josuas in der Ebene kämpfen werden, ohne nöthig zu haben, die Sonne in ihrem Laufe aufzuhalten, an Stelle eines Gesetzgebers, wie bei den Hebräern, sich eine ganze Anzahl auf dem wirklichen p l e> bejischen Berg befinden werden. Dort wird ihnen die ewige Ge> rechtigkeit den Dekalog der heiligen Menschheit, des Sansculottismus, des unverjährbaren Rechts diktiren. Unter dem Schutze unserer hundert- tausend Lanzen und unserer Feuerschlünde werden wir das erste wahre Gesetzbuch der Natur verkünden, daS nie hätte bei Seite gesetzt werden sollen."(Schluß folgt.) Zur bayerischen Landtagswahl. Unter dieser Ueberschrift bringt die vorletzte Nummer(44) deZSo­zialdemokrat" einen Aufsatz, welcher sich ausschließlich mit den Müache- ner Parteigenossen beschäftigt. Der Verfasser hat in der demokratischen Hamburger Bürgerzeitung" gelesen, daß in München behauptet" werde, die Liberalen wollten den Sozialdemokraten für die nächsten Landtags- wählenein Kompromiß anbieten". Diese Zeitungsnotiz genügt dem Verfasser vollkommen, um sich mit dem erwähnten Gerüchte ohne Weite- reS in einer Weise zu befassen, als ob es baare Wirklichkeit wäre, und sich dabei in einen gewaltigen Eifer hineinzureden, der es mit den Worten nicht eben genau nimmt. Man könnte fragen, wohin es denn führen sollte, wenn jede beliebige Zeitungsnachricht über ein angeblich beabsichtigtes Vorgehen der Genossen eines Ortes sofort die Genossen an anderen Orten zu Ermahnunzen veranlassen würde, deren Wohlgemeintheit den Mangel an Kenntniß der betreffenden Verhältnisse kaum aufzuwiegen vermag. Uebrigens pflegt man gerade Wahlvorbereitungen sonst vernünftigerweise am wenigsten vor der Oeffentlichkeit breitzutreten. Jedenfalls hat ein derartiger un> zeitiger Eiser nicht viel mit politischer Klugheit zu thun. Im vorliegenden Falle der bayerischen Landtagswahlen und der Be- th-iligung der Münchener Genossen an denselben ist einfach festzustellen, daß die Voraussetzung, auf welche der Verfasser seine ganzen Ausführ- ungen gebaut hat, eine falsche ist, womit die daraus gezogenen Schlüsse von selbst hinfällig werden. Der Verfasser belehrt die Münchener Ge- nassen, daß sieals selbstständize Partei, die gegenüber allen anderen Parteien selbstständig in den Wahlkampf eintritt", auftreten sollen. Die Münchener Genossen wollen selbstverständlich nichts Anderes. Ihr Ein- tritt in die Landtaqs-Wahlbewegung ist auf Grund des Beschlusses der vorjährigen bayerischen Landesversammlung erfolgt, welcher mit den Worten beginnt:Die Sozialdemokraten können nur als selbstständige Partei in die Wahl eintreten, und ist selbstverständlich jedes prinzipielle Zusammenwirken mit irgend einer anderen Partei ausgeschlossen" Wer aber über die Stellungnahme der Münchener Genossen zu den Landtagswahlen trotzdem etwa noch zweifelhaft sein konnte, dessen Zweifel sind wohl durch eine Erklärung beseitigt, welche Genosse Voll- mar veröffentlicht hat. Diese Erklärung knüpft an das schon erwähnte Gerücht an, ob nicht die Sozialdemokraten mit den Liberalen gemeinsam in den Wahlkampf eintreten, und fährt dann fort: Demgegenüber habe ich einfach auf die ausnahmslose, weil grund- sätzliche Uebung meiner Partei hinzuweisen, in Wahlen nur als selbst- ständige, von allen anderen Parteien getrennt handelnde Partei einzu- treten. Diese Kampfart wird selbstverständlich auch bei den kommenden Landtagswahlen innegehalten werden..." Das liberale Hauptorgan hält damit die Lage für vollkommen geklärt. Hoffentlich kommt der Verfasser des Aussatzes in Nr. 44 zu dem gleichen Ergebnisse. München . 3. Sozialpolitische Rundschau. Zürich , l». November 188S. Seit der vorigen Nummer erscheint unser Blatt mit verän- dertem Titel. Nach dem Beschluß der Parteioertretung der deutschen Sozialdemokratie, dessen Nothwendigkeit wir durchaus einsehen, erschiene es uns ali eine Usurpation, wollten wir uns noch sürderhin den TitelZentralorgan" beilegen. Wir werden uns von jetzt ab einfachOrgan der Sozialdemokratie deutscher Zunge" nennen. Wir hoffen jedoch, ja wir sind dessen gewiß, daß durch diese formelle Aenderung das t h a t s ä ch l i ch e Band, das uns mit den Genossen in Deutschland verbindet, keinerlei Beeinträchtigung erleidet. Nach wie vor wird es unser höchstes Bestreben sein, ihnen, die durch ein schmachvolles Gesetz geknebelt sind, als Organ zu dienen, als Organ, welches ihrem Zorn, ihrer gerechten Entrüstung Ausdruck gibt, als Organ, in welchem sie alles das kundgeben, was ihnen die schändlichen Polizetgesetze Deutschlands zu sagen unmöglich machm mit einem Wort, das Echo zu sein all' der Niedertracht, die sie erdulden. Und wie die deutsche Sozialdemokratie, auch nachdem das äußere Band der Organisation durch ein schmachvolles Polizeigesetz vernichtet worden, als Partei nicht nur fortbestand, sondern wuchs und sich zu einer Macht entwickelte, welche die Anerkennung der ganzen Welt herausfordert, so werden, das wissen wir, die Genossen, unbekümmert um alle NeichSgerichtsbeschlüsse, in gleicher Treue zu ihrem Organ la cn, wenn auch das Wort offiziell nicht an seiner Spitze steht. An anderer Stelle finden unsere Leser eine Erklärung der Berliner Genossen, die sich bereits in diesem Sinne ausspricht. Sie haben darin unseres Erachtens die Konsequenz des Beschlusses der Parteivertretung, der sich in keiner Weise gegen unser Blatt richtete, gezogen und den Freiberger und Leipziger Rechtszertretern die richtige Antwort erlheilt. Daß die einzelnen Genossen unser Blatt als ihr Orgm erklären, daS zann auch die kühnste Auslegung tel famosen§ 123 nicht verhindern. Wir danken den Berliner Genossen für dieses erhebende Zeichen ihres Vertrauens und werden suchen, uns desselben nach Kräften würdig zu erweisen. Wir fühlen die Erbitterung über die schändliche Wirthschaft, der sie ausgesetzt sind, lebhaft nach und begrüßen durchaus ihr Verlangen, dieselbe in schärfster Weise gebrandmarkt zu sehen. WaS an uns liegt, dem nachzukommen, soll unbedingt geschehen. Genossen in Deutschland ! Die stärksten Bande sind diejenigen, die in freier Wahl geschlossen werden. Spotten wir darum der Gegner, die sich einbilden, uns dadurch zu treffen, daß sie unseren offiziellen Bund für strafbar erklärten. Die Thoren! Zu spät werden sie inne werden, daß sie das Band, das uns verbündet, gefestigt haben, statt es zu lösen. Schulter an Schulter kämpfen wir unbekümmert weiter, uns eint kein Titel, uns eint kein Gesetz, uns eint nur Eines: die gemein- same Fahne, die Fahne des kämpfenden Proletariats Ob Sturm und Wetter sie umbraust, ob Feuer ihren Flug umweht, Und ob der Feind in unsre Reih'n vernichtende Geschosse 't: Die Fahne hoch! Wir harren aus! Wir wissen doch, es kommt die Zeit, Wo zu Triumph und Sieg sie führt die Freiheit, Gleichheit, Menschlichkeit!" Wehe den Befreiten so kann man füglich das alte, so oft schon durch Thatlachen widerlegteWehe den Besiegten" variiren, wenn man Zeuge ist des schändlich brutalen Gebahrens Rußlands und seiner Agenten gegenüber denbefreiten" Bulgaren . So unverhüllt zeigt der Hort der Legitimität" in Europa da seinen roh bestialischen Charakter, daß es schwer fällt, irgend Jemand zu finden, der sich nicht in den kräftigsten Ausdrücken über den mvskowitischen Uebermuth äußerte. Wohin man auch in der Presse blickt, überall gewahrt man nichts als Entrüstung, und selbst die notorischen Russenblätter wagen es nicht, die Heldenthaten, die der Hallunke Kaulbars im Auftrage und unter allergnädigster Genehmigung der wahnsinnigen Bestie, die sich Kaiser von Rußland nennt, zu vertheidigen sie wissen, daß sie sich damit um den letzten Rest von Kredit bringen würden, den sie hier und da viel- leicht noch genießen. Sie begnügen sich damit, nach Kräften zu ver- t ischen und den Widerstand der Bulgaren gegen die russischen Infamien alsunklug" zubeklagen", da ja, wie die Verhältnisse nun einmal liegen, Rußland sein Ziel doch erreichen werde". Also, die Entrüstung ist eine allgemeine, aber was nützt den Bulgaren diese schöne Entrüstung oder, von der andern Seite be« trachtet, was kauft sich Rußland dafür? Gar nichts, wenn diese Entrüstung sich nicht in Handlungen umsetzt, in sehr empfind- liche Handlungen, denn der rusfische Bär hat ein sehr dickes Fell. Ob sich die honnette Ehrbarkeit in Deutschland und anderwärts darüber fkandalifirt, daß das Zarenthum in Bulgarien mitnihilistischen Waffen" kämpft, überall Putsche anzettelt, Gewaltthaten blutigster Art provozirt, der bulgarischen Regierung verbietet, sich gegen gedungene Meuchelmörder ihrer Haut zu wehren, die Freilassung hoch- verrätherischer Militärs erzwingt daß die Honelte Ehrbarkeit oder wie die Phrase jetzt heißt, das gesittete Europa , über das und vieles andere gleichen Kalibers in tugendhafte Krämpfe verfällt, ist der mosko- witischen Verbrechsrbande sehr egal, macht ihr höchstens Spaß, so lange sie nicht auf ernsten Widerstand gegen ihr Vorgehen auf dem Balkan stößt. Und an dem fehlt eS bis jetzt vollständig Dank Bis« marckl Bismarck hat den russischen Banditen den Freibrief auf dem Balkan ausgestellt, indem er, unter bewunderndem Beifall derFranks. Z>g.", sofort nach dem Sturz des Battenbergers die Parole ausgab, daß d-utsche Interessen auf dem Balkan nicht in Frage kommen, und seinen Offiziösen Auftrag ertheilte, gegen England zu Hetzen, der Welt auseinander- zusetzen, daß vor allen Dingen der englische Einfluß in Bulgarien beseitigt werden müsse. Ja, um nur ja keinen Zweifel darüber auf- kommen zu lassen, daß Rußland freie Hand auf dem Balkan habe, wurde bekannt gegeben, daß das deutsch - österreichische Bündniß nur einen defensiven Charakter habe, Deutschland also nicht verpflichtet sei, Oesterreich beizustehen, wenn dieses die Offensive ergreife. Damit war denn auch der etwaigen Intervention von Seiten Oesterreichs der Riegel vorgeschoben. Und um welchen Preis diese Unterstützung des geschwornen Gegners alles dessen, was deutsch ist? Das weiß Niemand außer vielleicht Bis- marcks Busenfreund, Herrn Bleichröder , der um so viele Geheim- nisse des großen Kanzlers weiß. Wäre die Entrüstung des deutschen Philisterthums nicht eine so über- auS lendenlahme, so müßte sie sich gegen Bismarck kehren, sich in einen Sturm von Protesten gegen seine volkS- und landesverrätherische Politik richten. Ueber Ruhland schimpfen ist ungemein billig, das kann heut Jeder, und in je derberen Ausdrücken er es thut, auf um so größeren Beifall kann er rechnen -Der Knecht singt gern ein Freiheitslied Des Abends in der Schenke, Das fördert die Verdauungskraft Und würzet die Getränke" wie Heine mit treffendem Sarkasmus singt. Aber durch daS Singen von Freiheitsliedern hat noch kein Volk sich die Freiheit errungen, und das Schimpfen der entrüsteten Biedermänner hat Rußland bei seinen Raubzügen noch nie genirt. Will man der moskowitischen Frechheit ein Ende machen, dann habe man auch den Muth, mit den Leuten in» Gericht zu gehen, die so handeln wie einer, den Rußland gekauft hat oder von früheren Käufen her noch in der Tasche hat. Ueber die politische Situation in Europa bringt die letzte Nummer des Pariser Socialiste " einen sehr bemerkenswerthen Artikel auS der Feder Friedrich Engeld'. Der knappe Raum unseres Blattes verbietet uns leider den Abdruck deS ganzen Artikels, aber wir wolle? wenigstens die Schlußfolgerungen desselben unseren Lesern nicht vorenthalten. Engels zeigt, wie der Zar zwischen der Alternative steht: Einen Schritt vorwärts in der Richtung nach Konstantinopel oder die Revolution. Aber die Revolution in Rußland bedeutet denSturz des Bismarckischen Regiment S." Ohne Rußland , die große Reservearmee der Reaktion, dauert die Junkerherrschost in Preußen keinen Tag. Die Revolution in Rußland würde sosort die Situation in Deutsch - land ändern; sie würde mit einem Schlage den blinden Glauben an die Allmacht Bismarcks zerstören, der ihm die Unterstützung der herrschenden Klassen sichert, sie würde die Revolution in Deutschland zur Reife bringen. Daher beschließt Bismarck Bulgarien preiszugeben. Aber die Bulgaren machen ihm und dem Zaren durch ihre unerwartete Energie und ihre politische Umficht einen Strich durch die Rechnung. Die Wuth des Zaren ist grenzenlos. Um sich aus der Situation zu retten, sieht er sich gezwungen, immer schroffer vorzugehen. Aber jeder Schritt weiter macht die Situation gefährlicher, treibt zum Krieg mit Oesterreich, der, wenn Rußland Bulgarien besetzt, unvermeidlich wird. Bricht der Krieg aus, so wird es unmöglich sein, ihn zu lokalisiren; er wird allgemein.Bei der Ehrlichkeit der Spitzbuben, die Europa regieren, läßt sich unmöglich voraussehen, wie sich die beiden Lager gruppiren werden. Bismarck ist im Stande, sich auf die Seite Rußlands zu fchla- gen, wenn er die Revolution in Rußland nicht anders aufhalten kann. Es ist jedoch wahrscheinlicher, daß wenn der Krieg zwischen Rußland und Oesterreich ausbricht, Deutschland letzterem zu Hülfe kommen wird, um seine vollständige Zertrümmerung zu verhindern." Und Frankreich ?" Damit wendet sich Engels an die Franzosen. Die französischen Patrioten, die seit 16 Jahren von der Revanche träumen, meinen, daß nichts natürlicher sei, als jede Gelegenheit, die sich darbietet, zu ergreifen. Aber für unsere Partei ist die Sache nicht so einfach, und sie ist es noch weniger für die Herren Chauvinisten. Ein Revanchekrieg, geführt im Bunde und unter der Aegide Rußlands , könnte eine Revolution oder«ine Gegenrevolution in Frankreich nach sich ziehen. Im Falle einer Revolution, welche die Sozialisten zur Herr- schast brächte, würde die Allianz mit Rußland zerschellen. Erstens w ü r- den die Russen sofort mit Bismarck Frieden schließen und sich mitDeutschland auf das revolutionäre Frank- reich stürzen, und ferner würde Frankreich nicht die Sozialisten an die Herrschaft bringen, um durch einen Krieg eine Revolution in Ruh- land zu verhindern. Aber dieser Fall ist wenig wahrscheinlich. Wahr- scheinlicher ist die monarchische Gegenrevolution. Der Zar wünscht die Wiedereinsetzung der Orleans , seiner intimen Freunde, der einzigen Regierung, die ihm die Bedingungen einer emen und soliden Allianz darbietet. Einmal der Krieg begonnen, wird man sich der mo- narchistischen Offiziere bedienen, um sie vorzubereiten. Bei der geringsten partiellen Niederlage, und es wird deren geben, wird man schreien, die Republik sei daran schuld; um Siege zn erzielen und die Mitwirkung Rußlands ohne Hintergedanken zu erlangen, bedürfe cs einer stetigen, monarchistischen Regierung, mit einem Wort Philipp VII. Die monar­chistischen Generale werden schlaff vorgehen, um ihren Mangel an Er- folgen auf Rechnung der republikanischen Regierung zu schi-ben, und eines schönen Tages ist die Monarchie wieder da. Ist Philipp VII. wieder eingesetzt, so werden sich diese Könige und Kaiser sofort verständigen und anstatt sich gegenseitig aufzufressen, Europa unter sich vertheilen, die kleinen Staaten verschlucken. Die französische Republik beseitigt, wird man einen neuen Wiener Kongreß abhalten, auf dem man wahrschein- lich die republikanischen oder sozialistischen Sünden Frankreichs als Vor- wand nehmen wird, um ihm Elsaß-Lothringen ganz oder theilweise zu verweigern, und die Fürsten werden sich über die Republikaner lustig machen, die naiv genug waren, an die Möglichkeit einer aufrichtigen Allianz zwischen dem Zarismus und der Republik zu glauben." .... In Frankreich , in Rußland und in Deutschland entwickeln sich die Dinge so vortrefflich zu unfern Gunsten, daß wir für den Moment nur die Fortdauer des gegenwärtigen Standes der Dinge wünschen können. Bricht die Revolution in Rußland aus, so schafft sie eine über- aus günstige Gesammtsituation. Ein allgemeiner Krieg würde uns da- gegen ins Ungewisse stürzen. .... Die Kraft, die in Europa zum Kriege treibt, ist eine große. Das preußische Militärsystem, das überall eingeführt ist, braucht zwölf bis sechszehn Jahre zu seiner vollen Entfaltung. Nach Ablauf dieser Frist sind die Reservekadres vollbesetzt mit vollständig in der Handhabung der Waffen durchgeübten Leuten. Diese zwölf Jahre sind überall ab- gelaufen, überall hat man zwölf bis sechszehn Jahresklassen, die unter den Waffen gestanden hab n. Man ist daher überall bereit, und die Deutschen haben in dieser Hinsicht keinen besonderen Vortheil. Das be- deutet, daß der Krieg, der uns bedroht, zehn Millionen Soldaten auf das Schlachtfeld werfen würde. .... Gibt es Krieg, so nur zu dem Zwecke, die Revolution zu ver- hindern. Ja Rußland , um einer gemeinschaftlichen Aktion aller Unzu- friedenen, Slavophilen, Konstitutionell m, Nihilisten und Bauern vor- zubeugen, in Deutschland , um Bismarck zu halten, und in Frankreich , um die siegreiche sozialistische Bewegung zurückzuwerfen und die Monarchie wiederherzustellen. Zwischen französischen und deutschen Sozialisten gibt es keine elsäsfische Frage. Die deutschen Sozialisten wissen zu gut, daß die Annexionen von 1871, gegen die sie immer protestirt, der Stützpunkt der reaktiv- nären inner» und äußern Politik Bismarcks gewesen sind. D i e Sozialisten beider Länder sind gleichmäßig an der Aufrechterhaltung des Friedens interessirt; sie sind es, die die Kriegskosten zu zahlen hätten." Zwei Todesfälle von Leuten, die moralisch längst gestorben, haben in der letzten Zeit von sich reden gemacht. Wilh Löwe- Kalbe, weiland Präsident deS Stuttgarter Rumpf-Parlaments, und der Exminister B e u st haben der Natur ihren Tribut gezahlt. Da wir auf dem Standpunkt stehen, daß der Tod keine Entschuldigung ist, so können wir unser Urtheil über die Beiden in die Worte zusammen- fassen, daß der erstere ein Lump, der zweite eine Kanaille war. Herr Löwe-Kalbe hat nicht nur die früher von ihm vertretenen politischen und wirthschaftlichen Grundsätze, einen nach dem andern, ver- läugnet, er hat nicht nur, er, früher selbst ein Flüchtling, zu den schändlichsten Verfolzungsgesetzen ja und amen gesagt, er hat sich auch seinen Ge- sianungswechsel durch fette Verwaltungsrathstellen in Baar bezahlen lassen. Wenn dieFrankfurter Zeitung " alsversöhnendes Moment" Löwe's Wohlthätigkeit hervorhebt, so können wir den moralischen Werth dieser Eigenschaft nur gering veranschlagen. Wohlthun ist nach unserer Ansicht für den, der im Fett sitzt, kein Verdienst, sondern ein Genuß. WaS B e u st anbetrifft, so konnte er keine Grundsätze verläugnen, weil er keine hatte. Er war eben einStaatsmann": heute der Hcrt der sächsischen Reaktion, morgen die Sonn« des österreichischen Lib-raliSmuS, mit einem Wort, um kein Haar besser, aber auch nicht schlechter als die große Masse seiner Kollegen. Es ist lächerlich, ihn einen schlechten Patrioten zu nennen im Gegensatz zu Bismarck . Die deutsche Frage stellte sich ihm von einem andern Gesichtspunkte dar als Bismarck, daS ist alles, im klebrigen kommt es noch aus eine Untersuchung an, wer von beiden mehr Partikularist war, bezw. ist. Ebenso ist es lächerlich, Beust einen Diplomaten veralteter Schule zu nennen im Gegensatz zu Bis- marck. Das System, nach dem Bismarck arbeitet, unterscheidet sich in keinem Punkts grundsätzlich von dem System, nach dem in der diplo- matischen Welt überhaupt gearbeitet wird. Das ganze Gerede von Bismarcks moderner Staatsmannschast stammt daher, daß er, unterstützt durch seine Position, gelegentlich rücksichtsloser v:rsahren ist als Andere. Es ist dieselbe Geschichte wie mit den heutigen Größen der Literatur. Auch die pflegen mit allerhand Rücksichtslosigkeiten zu debütiren, und hinterher trifft man sie in demselben ausgefahrenen Geleise an wie ihre älteren Kollegen. Ein sprechendes Beispiel dasür ist Herr Paul Lindau, der ja auch sonst zur Familie Bismarck gehört, allerdings nur von weiblicher Seite. Ein Nriasbrief in deS Wortes gemeinster Bedeutung geht unS aus Deutschland zur Veröffentlichung zu. Verfasserin desselben ist die Glaser-Jnnung zu Halle a. d. Saale . Der Bollswitz theilt die Einwohner dieser Stadt bekanntlich in Hallenser , Halloren und H a l l u n k e n ein, und welcher von den drei Kategorien die bie- dern Meister genannter Innung angehören, geht auS dem Inhalt ihres Machwerks klar und deutlich hervor. Man höre nur! Halle a. d. Saale , im Oktober 1886. Einer Wohll. Glaser-Jnnung! Erlaubt sich die unterzeichnete Glaser-Jnnung zu Halle die bei dem Streik, welcher im Mai d. I. ohne berechtigten Grund(selbstverständ- lich! wann hätten die Arbeiter je Grund zu streiten? Die Meister und ganz besonders die Jnnungsmeister thun ihnen ja ohnehin alles zu Liebe) hervorgerusen wurde, betheiligten Glaser-Gesellen nach Namen und Orts- anzehörigkeit anzuführen und gleichzeitig ihre werthen Kollegen zu bitten, bei Anfang der Winterarbeit dahin wirken zu wollen, daß von den nam- Haft gemachten Gesellen keiner durch Arbeit unterstützt wird. Stempel: Glaser-Jnnung Halle a. d. S. Auf dem zweiten Blatt folgen dann die Namen von 44 sage vierundvrerzig Arbeitern, die bei Anfang des Winters kaltgestellt werden sollen. Diese Liste, ein sprechender Beweis dafür, daß für Jnnungsmeister keine Schurkerei zu groß ist, ist nicht die erste in ihrer Art und wird nicht die letzt« in ihrer Art sein. Sind doch diese elenden Patrone, die den ganzen Tag im Wirthshaus sitzen und beim Schoppen und Kartenspiel über die begehrlichen Arbeiter schimpfen, die Schooßkinder der in Preußen Deutschland herrschenden Reaktion, die sie auf Schritt und Tritt behütet und beschützt. Straf- und Polizetgesetze existiren ihnen gegenüber nicht. Sie dürfen nach Herzenslust Politik treiben, und keine Behörde findet sich, ihre Verbände gleich den Arbeiter- Verbindungen aufzulösen, kein Staatsanwalt, der es über sich ge- wänne, gegen sie einzuschreiten. Da sie nach oben ebenso kriecherisch sind wie sie nach unten gemein und brutal sind, so sieht man ihnen geflissent- lich durch die Finger, sie dürfen thun, was sie wollen. ES fällt uns daher auch gar nicht ein, zu erwarten, daß irgendwie gegen die fchustigen Urheber des obigen Zirkuläre vorgegangen würde, das hieße der in Deutschland herrschenden Klassenjustiz zu viel Ehre erweisen. Wir veröffentlichen dasselbe nur, um die besagten JnnungShallunken der gerechten Verachtung der Arbeiter und aller noch nicht ganz versumpsten Elemente der Bürgerklasse zu überliefern. Psui über diese rachsüchtigen Profitschlucker, die ihre Skia- ven, weil sie es wagten, sich zu regen, am liebsten dem Hungertode überliefern möchten! Ihr Machwerk gehört tiefer gehängt, sie selbst aber von Rechtswegen höher. In einem»I-o» denröea"(die Lebensmittel) überschrieb.-nen Ar- tik-l des anarchistischenRevolte" lesen wir:Außerdem hat man in diesem System der Kollektivismus ist gemeint eine Unterscheidung eingeführt, die zwar sehr subtil ist, aber allerhand Konsequenzen in sich birgt. Man unterscheidet zwischen der Arbeit des Handlanger« und der solch:r,