In Berlin   fand am S. Dezember im ersten Reichstags« »ahlkreise Nachwahl an Stelle des verstorbenen Abgeordneten Löwe statt. Gewählt wurde der Fortschrittler Klotz mit 7207 von lS.SZV abgegebenen Stimmen. Die Antisemiten erhielten für ihren Kandidaten, Zigarrenhändler Gerold, 4783 Stimmen, die national» liberalenJammerkerle", die sich mit einem Sonderkandidaten wichtig machen wollten, ganze 488 Stimmen. Unsere Genossen hatten den viel« «erfolgten Lehrer Christensen ausgestellt, der, trotzdem ihnen fast alle Versammlungen abgetrieben, ihre Flugblätter fortgestohlen wurden, 1454 Stimmen erhielt. Das ist gegen 1884 ein Zuwachs von 832 Stimmen, mit dem unsere Partei sehr wohl zufrieden sein darf. Wohl hatten wir 1878 noch mehr Stimmen erhalten, doch ist nicht zu vergessen, daß seit jener Zeit ganze Straßen in jenem Kreise nieder« gerissen worden und an Stelle der alten dunklen Quartiere Prachtläden »nd Prachtwohnungen entstanden, die Arbeiter, die bisher dort wohnten, in die entlegenen Quartiere verdrängt worden sind eine Entwicklung, die sich heute in jeder Großstadt vollzieht. Die Arbeiterbevölkerung des ersten Berliner   Wahlkreises hat abgenommen, im Verhältniß zu den Gebliebenen find aber die Stimmen unserer Partei gewachsen. In Mannheim   sind unsere Genossen in der Stichwahl leider unter» legen. Die Demokraten hatten im letzten Augenblick zur Wahl Drees- bach's aufgefordert, es war aber zu spät. Es hatten Stimmen erhalten Dreesbach 9,880, Dissenö 10,439. Unsere Partei darf mit der Zahl der erhaltenen Stimmen sehr zufrieden fein. Ans dem Reichstage. Die sozialdemokratische Frak- tion des Reichstags hat folgende Novelle zur Gewerbe- vrdnung eingebracht: Artikel I. Dem§ 152 ist als Absatz 2 einzufügen:Vereine, welche sich zum Zweck der Erreichung besserer Arbeitsbedingungen gebiloet haben, können sich miteinander verbinden, jeden gewerblichen Arbeiter, gleichviel welchen Alters, ausnehmen und sind den Vereins- aesetzen nur insoweit unterworfen, als es sich um Anmeldung von Ber- samiiilunaen handelt. Für allgemeine, die Arbeitsbedingungen berathende Versammlungen gelten die gleichen Lorschriften. Alle entgegen« stehenden reich S- und landeSgesetzlichen Bestimmun« gen sind aufgehoben." Artikel II. An Stell« des 153 der Ge< Werbeordnung treten folgende Bestimmungen:Wer Andere durch An­wendung körperlichen Zwanges, durch Drohungen, durch Ehrvsrletzung, durch hinterlegte Kautionen, Androhung von Geldstrafen und dergleichen oder durch Verrufserklärung bestimmt oder zu bestimmen versucht, an solchen Verabredungen(K 152> Theil zu nehmen oder ihnen Folge zu leisten, oder andere durch gleiche Mittel hindert oder zu hindern ver- sucht, von solchen Verabredunzen zurückzutreten, wird mit Gesängniß bis zu drei Monaten bestraft, sofern nach dem allgemeinen Strafgesetz nicht eine härtere Straf- eintritt. Einer Verrusserklärung ist gleich zu achten, wenn Vorstände oder Mitglieder von Verbänden aller Art Listen lsogen. schwarze) ausgeben, um sich zu verpflichten, bestimmten Personen den Eintritt in die Arbeit zu verweigern oder deren Austritt aus der Arbeit zu veranlassen." Die Berechtigung, Nützlichkeit und Nothwendigkeit des ersten Para- graphen liegt auf der Hand, der zweite hat wohl mehr einen d e m o n- strativen Werth, insofern er, angesichts der bekannten Schur- kereien der Meisterverbände, für diese die Beobachtung gleicher Normen verlangt al» für die Arbeiter. Bei dem heutigen System der Rechtsprechung natürlich ein unerreichbaresIdeal". Ferner beantragen unsere Genossen, dem Artikel 31 der Reichsver- saflung folgende Fassung zu geben: Ohne Genehmigung des Reichstags kann kein Mitglied desselben während der Sitzungsperiode verhaftet oder in Strafhaft gehalten oder wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen werden. Ausgenommen allein ist die Verhaftung eines Mitglieds, wel< ch-s bei Ausübung der That ergriffen wird; doch ist in diesem Fall ohne Verzug dem Reichstag   Kenntniß zu geben und seine Genehmigung einniholen." Dieser Antrag sowie ein weiterer auf Veranlassung der Freigabe der inhaftirten Abgeordneten während der Dauer der Sessron hat nament. lich den Zweck, da an eine Annahme seitens dieses Reichstages ja doch nicht zu denken ist, Gelegenheit zu geben, die RechtSschurlerei des Freiberger Prozesses im Reichstag gebührend zu kennzeichnen. Zum R e i ch S e t a t sprach sozialistischerseits Hasenclever, zum Militäretat Grillenberge r. Beide kritifirten mit scharfen Worten das heutige RegierungSsystem Hasenclever insbesondere die Suttkamerei, die Diätenprozesse rc., während Grillenberger die kolossale erschwendung von Zeit und Geld der großen Masse deS Volkes geißelte, die der Militarismus heute im Gefolge hat, und ziffernmäßig nachwies, daß zur militärischen Ausbildung der Rekruten heute ein Jahr selbst bei den höchsten Ansprüchen vollauf ausreicht. Beide Redner betonten die Mißstimmung in den Arbeiterkreisen und Grillenberger gab sicher der Gesinnung aller Genossen Ausdruck, als er erklärte, daß unsere Partei einer Auflösung deS Reichstages wegen Ablehnung des Septennats"(Festsetzung der Präsenzziffer auf sieben Jahre hinaus) mit ruhigem Bewußtsein entgegensehe, wir könnten uns keine bessere Wahlparole wünschen als die: Vermehrung oder Herabminderunz der Militärlast. Leider wird e« zu dieser Auflösung schwerlich kommen. Die Herren von der bürgerliche Opposition: Richter und Windthorst soweit letzterer überhaupt noch zur Opposition gerechnet werden kann drückten sich in ihrer B.kämpfung sowohl der Erhöhung der Präsenzziffer als des Septennats so gewunden aus, daß man aus derselben indirekt das Geständniß herauslesen konnte, daß, wenn nicht sie selbst, so doch genug Mitglieder ihrer Parteien im gegebenen Moment umfallen werden, Um Bismarck   zu seiner Majorität zu verhelfen. Denn sie wissen, wie unzuverlässig gerade die Klaffen, aus welche sie sich stützen, in allen diesen Fragen sind. Das Septennat und die 40,000 Soldaten mehr werden bewilligt werden, und die Mehrausgaben wird das arbeitende Volk zu dem Uebrigen aufgebürdet bekommen. Zum Ausgleich dafür wird man ihm vielleicht ein weiteres seiner wenigen Recht« wegeskamo- tiren, alles im Vertrauen auf seine himmlische Geduld und die herrlichen Bajonnette. Wie lange noch? Seine Woche ohne Justizschurterei gegen Arbeiter- vereine. Diesmal war es der Berein zur Wahrung der Interessen der Arbeiterinnen Berlins  , der an die Korruptheit des modernen Richterstandes glauben mußte. Nach zwei- tägiger Verhandlung, in der gegen den Verein selbst und seine Vorstands- Mitglieder über ihre Thätigkeit m Bezug aus den Verein absolutnichts Gesetzwidriges zu Tage gefördert wurde, erkannte der Gerichts- Hof, bestehend aus den Landgerichtsräthen Brausewetter(Präsident) und W o l l n e r, sowie den Landrichtern Dietz, Heinemann und von Dechend auf Antrag des die Staatsanwaltschaft vertretenden Gerichtsassessor Dr. Meyer(scheint ein sehr hoffnungsvolles Früchtchen zu fem) auf Schließung des Vereins und verurtheilte die Vor- stand smitglieder Frau Dr. Ho ff mann, Frau Ihrer und Fräulein Jagert zu je 80 Mark, Frau Stägemann zu 100 Mark Geld  - büße einzig und allein, weil in öffentlichen Arbeiterinnen- Versammlungen, mit denen der Verein als solcher gar nichts zu thun hatte, an denen aber die Mitglieder sich ebenfalls betheiligt hatten, die Mittel besprochen wordensind, dieLagederAr- beiterinnenaufdemWegederGesetzgebung zu ver- bessern. Das beweist, deduzirte der edle Meyer und der nicht minder edle Gerichishoi schloß sich ihm in allen Theilen an den politischen Charatter des Vereins, und da Frauen in Preußen zwar Steuern zah. len müssen, aber so rechtlos find, daß sie sich an politischen Vereinen Nicht belheiligen dürfen, so war schon deshalb seine Existenz verwirkt; da aber außerdem einige Vorstandsmitglieder sozialdemokratische Schriften in ihrem Privatbesitz hatten, so erhellte daraus für Richter und «taatsanwattsvertreter dersozialdemokrattsche Charakter des Vereins». also die doppelte Rothwendigkett seiner Schli-ßung. Und so wurde denn den Arbeiterinnen, und den Frauen überhaupt, wieder einmal in fühl- barster Weise klar gemacht, daß sie im heutigen Staat und der heutigen Gesellschaft absolut rechtlos sind und daher nach Kräften dahin arbeiten Müssen, daß er baldigst befettigt werde. So infam der Urtheilsspruch, so fruchtbar wird er sich in seinen Folgen für unsere Partei erweisen; er wirbt uns Mitstreiterinnen, die wir sonst noch lange nicht in unser« Reihen gesehen hätten. Die Angeklagten legten eine ruhige, entschlossene Haltung an den Tag; an ihnen, insbesondere an dem muthigen Fräulein Jagert. könnten sich manche Männer ein Beispiel nehmen. Die englischen Bergarbeiter haben auf einem in Manchester  abgehaltenen Kongreß den Beschluß gesaßt, eine Agitation für eine siebenstiindige Arbeitszeit in's Werk zu fetzen, daangesichts der heutigen Produktivität die Zeit gekommen ist, wo in allen Fällen 7 Stunden einen Arbeitstag bilden sollten." Die parlamentarische Gruppe der Arbeiterabgeordneten wird ersucht, einen Antrag, der die Sieben» Stunden-Arbeit in den schottischen Gruben betrifft, zu unter« stützen. Sieben Stunden Arbeit der normale deutsch  - Philister, und hieße er Otto von Bismarck   oder Eugen Richter  , fällt vor Entsetzen auf den Rücken, wenn er das hört, denn das ist ja beinahe das leibhafttgeRecht auf Faulheit" proklamirt. In Deutschland   streitet man noch über den zwölfstiindigeu Arbeitstag, selbst zu ihm haben verschiedene Textil-Fabrikanten des Rheinlandes sich nicht entschließen können und einen dahingehenden Kartellvertrag verworfen. Dafür schreit man aber nirgends so laut vonSozialreform" und Fürsorge für den armen Mann" als in Deutschland  , denn auf die Reklame versteht man sich im Reich der Gottesfurcht und from- nien Sitte ausgezeichnet. In diesem Punkte läßt dienational« Wieder« geburt", zu der Bismarck   fem Volk geführt hat, nichts zu wünschen übrig. Wir aber können dem Beschluß der englischen Bergarbeiter nur unfern vollen Beifall zollen und wünschen den wackeren Pionieren den besten Erfolg. Die Räubernatnr deS preußischen Fiskus erstreckt sich bekanntlich nicht nur auf die Diäten unbemittelter Volksvertreter, son> d-rn auch aus die von preußischen Staatsangehörigen in einer außer- preußischen Lotterie gemachten Gewinne, und für daS eine wie für das andere Gelüst haben ihm die preußischen Gerichte es gibt noch Richter in Preußen den Freibrief ausgestellt. Dem gegenüber macht nun jetzt die sächsische Regierung durch die offiziösenDres- dener Nachrichten" bekannt, daß die sächsischen Lotteriekollekteure von ihrer vorgesetzten Behördeangewiesen worden sind, über Spieler und Spielresultate nach jeder Seite hin streng st e Diskretion zu bewahren, und daß dieselben auf Wunsch des Spie- lers auch die Loose selbst in Verwahrung behalten, damit den aus- wältigen Spielern in keiner W eis e Unannehmli ch- leiten erwachsen." Eine schärfere Sattre auf die famose deutsche   Einheit als diese Ver- sügung ist gar nicht denkbar. Die sächsische Regierung, deren Preußen- frommheit obendrein über jeden Zweifel erhaben ist, garantirt damit gewissermaßen die ungehinderte Verletzung preußischer Gesetze und Ver- ordnungen. Der sächsische Fiskus rebellirt gegen den preußischen Fiskus, der sich das Monopol auf Ausräuberung der preußiichen Staatsangehörigen sichern will. O Heine, lebtest Du heute, Du brauchtest Dich nicht mehr nach dem Nationalzuchtdaus und der gemeinsamen Peitsche zu lehnen! Di« genießt das deutsche   Volk schon zur Genüg«, zu feinem Glücke fehlt nur noch die Nationallotterie und der gemein- same FiskuS! Liebknechts AgitationS-Ruudreise durch die Vereinig- ten Staaten hat nunmehr ihr Ende erreicht. Nachdem unser Ge- nosse noch in verschiedenen Städten des Westens wahrhaft glänzende Versammlungen abgehalten, hat er am 25. November auf einem zu die. fem Zweck veranstalteten' Fest im Cooper Institut von den New-Dorker Genoffen Abschied genommen. Derselbe war ein überaus herzlicher, die größte Begeisterung herrschte den ganzen Abend, und die an treffenden Bildern reiche Ansprache Liebknechts wurde mit stürmischem Beifall auf- genommen. Alexander Jonas, der Chefredakteur der New Dorker Volkszeitung", feierte in einer schwungvollen Ansprache Liebknechts Ver- dienste und brachte ein dreifaches Hoch auf ihn auS, in welches die Ver- sammelten jubelnd einstimmten. Dies und sonstige Ovationen veranlaß ten Liebknecht zu einer markigen Abschiedsrede, die mit den Worten schloß:Lassen Sie die Liebe, die Sie mir erwiesen, sich auch auf die Genossen in Deutschland   erstrecken und dann den Grundsatz gelten: Getrennt marschiren, aber vereinigt schlagen!" Wir kommen in den nächsten Nummern auf die Erfolge der Lieb- knecht'schen Agitation noch zurück, heut begnügen wir uns damit, unserm unermüdlichen Genossen bei seiner Rückkehr ein herzliches Will- kommen! zuzurufen. Ei» Unbelehrbarer. Schade, daß die englischen Bergarbeiter (f.o.)di-Richt«r'scheFreisinnigeZeitung" nicht lesen. Dieses Organ deS Führers des deutschen   Liberalismus bekommt es fertig, zu dem vom Zentrum eingebrachten Antrag zu Gunsten des elf- stündigen Maximalarbeistages Folgendes zu bemerken: Würden solche Bestimmungen Gesetz werden, so würde damit die ge- fammte Industrie allerorts in eine Abhängigkett von der Polizeibehörde gebracht werden, welche vielen Unternehmern es verleiden würde, über« Haupt ein Geschäft fortzuführen oder ein solches neu zu errichten. Alle jene Bestimmungen zur Beschränkung der Arbeitszeit aber würden, soweit sie überhaupt durchführbar sind, eine Herabsetzung der Löhne bewirken als Folge einer abnehmenden Nach- frage nach Arbeitern." Es ist wahrhaft unglaublich, wie ein Mensch mit gesunden fünf Sinnen, angesichts der in England, der Schweiz   rc. gemachten Erfahrungen, es noch wagen kann, solch' abgeschmacktes Zeug in die Welt zu setzen. Der Fortschrittsführer zeigt sich hier in der That um kein Haar breit minder bornirt als der dickköpfigste hinterpommersche Landjunker. Auch er hat nichts gelernt und nichts vergessen." Seine Albernheiten zu wid:rlegen, lohnt nicht der Mühe, sie können bei dem Arbeiter nur unbändiges Gelächter hervorrufen. Solche Redensarten haben schon vor einem halben Jahrhundert in England ihre Wirkunz verfehlt, sie beweisen im Munde des Herrn Richter nichts als die zurückgebliebene Denkweise dieses F o r t s ch r i t t s" h e l>« u. Eine Frau, die sich schwerlich verrechnet. Das sehr loyale Berliner Tageblatt" brachte dieser Tage einen Bericht, in dem es hieß, daß eine Frau H., welche im südöstlichen Theils der Wilhelmstraße in Berlin   ein größeres Quartier inne hatte und dasselbe Männern aus der höchsten Gesellschaft zum Tummelplatz für allerhand Ausschweifungen darbot, wegen Kuppelei verhaftet, aber gegen ein« Kaution von 30,000 Mark wieder freigelassen wurde. Frau H., hieß eS, soll alle Zumuthungen ihrer Freunde, sich aus dem Staube zu machen, zurück- weisen, weil sie-- auf denEinfluß ihrer hohenGönner- schaft rechnet.Ob sie sich wohl verrechnen wird?" setzt die B-r- linerVolkszeitung" fragend hinzu. Wir antworten, schwerlich. In unseren Tagen der systematischen Rechtsfälschung müßte es ja wunderbar zugehen, wenn man die große Kupplerin nicht laufen ließ-, sondern wie dre kleinen oder gar wie den sozialdemokratischen Gastwirth Wolf m Mülheim behandeln wollte, dem auf die Aussage einiger polttischer Gegner hm, daß sielüderliche Frauenspersonen" in seinem Lokal ge« sehen haben, die Konzession entzogen wurde. Wenn nach diesem Grundsatz überall verfahren, d. h. alle Gasthäuser geschloffen würden. in denen lüderliche Frauenspersonen verkehren, so würden in Berlin   fast all« femeren Restaurants unter den Linden und Umgegend ihr Testament machen können. Aber sie haben das nicht nölhig. Wie der Mensch für gewisse Kreise erst beim Baron ansängt, so hört für ebendieselben Kreise, und sie geben ja heute den Ausschlag, das lüderliche Frauenzimmer da auf, wo dieBesuche" in Gold und Banknoten bezahlt werden. Es fällt absolut keinem Richthofen oder sonstigen Puttkämerling ein, gegen drese Damen" in irgend einer Weise vorzugehen. Frau H. muß es eben sehr arg getrieben haben wahrscheinlich hat sie einer ihrerhohen" Kunden, der zu stark geschröpft worden, denunzirt, und so zum Vor« fl u.®e�en getrieben. Aber, wer Kunden in derhöchsten" Gesell- schaft hat, der braucht die hoher. Denunzianten nicht zu fürchten. Frau H. wird sich auf den Theaterdirektor Cers berufen, der jahrelang dem Prmzen Karl dasfrische Fleisch" zutrieb, ohne von der Polizei belästigt zu werden. Und was dem Prinzen Karl recht war, wird seinen Enkeln, Neffen k. nur billig sein. Die Gerechtigkeit trägt eine Binde vor den Augen, daS bedeutet in Preußen, daß sie, wenn e? sich um einen hohen Sünder handelt, blind ist und nichts sieht, als was man aller huldreichst zu sehen anbietet. Noch einmal der Staat und die Sozialdemokratie. Im NewyorkerSozialist" schreibt ein Rezensent der jünst erschienenen Flugschrift:Anarchismus, Sozialdemokratie und revolutionäre Taktik" unter Anderm: Hier in Amerika   ist die Behauptung verfochten worden, daß die Sozialdemokratie auf alle Gewaltanwendung verzichten und de» linken Backen auch hinhalten müsse, wenn sie auf den rechten geschlagen wird; daß der freie Volkistaat das letzte Ziel und zugleich das nächste sei, und daß immer Herrschaft bestehen werde die des Gesetzes und seiner Macht. Dieser Anschauung gegenüber ist hier geltend gemacht worden, daß unser Zukunftsstaat nach und nach aller Zwangsanstalten und Herr« schaft sich zu entäußem haben werde, weil er auf freiwillige Vernunft« Herrschast sich begründen müsse. Und zum Beweise dessen, daß dies auch der Standpunkt von Marx gewesen sei, sind Stellen auS seinen und Engels' Schriften und seine Aeußerung zitirt worden, daß die Bakuniste» mit der Anarchie den Anfang machen wollten(im Kampfe mit einer gegnerischen, bis an die Zähne bewaffneten übermächtigen Bourgeoisie), während die Anarchie erst das Ende der Bewegung sein könne. Wir wissen, daß unsere Partei in Deutschland   darin mit der letzt« genannten, der Marx'schen Auffassung übereinstimmt; aber es wäre er« wünscht, wenn sie das aussprechen wollte." Diesem Wunsch kann sehr leicht entsprochen werden. Wir glaube» absolut keinem Widerspruch zu begegnen, wenn wir behaupten: So wenig unsere Partei die Anschauung vertritt, daß mit der Anarchie der Anfang zur Verwirklichung unserer kommunistischen Prinzipien gemacht werden küni e eben so wenig hält sie die politische Staatsgewalt, deren wir zur Durchführung der Sozialisirung der Produktionsmittel bedürfe«, für eineewige" Institution, die um ihrer selbst willen auch dann er« halten werden muß, wenn ihre Existenzbedingungen aufgehört haben, wenn sie keine gesellschaftliche Aufgabe mehr erfüllt. Und daß das Ziel der Entwicklung darin bestehen muß, jedeRegierung über Personen" überflüssig zrt machen, darüber kann doch unter Leuten, die sich So« ziatdemokraten nennen, kein Strett bestehen. Auch ei»Königswort". In einem Brief Bettina's vo» Arnim aus dem Jahre 1849 heißt es mit Bezug aus den Wald eck« Prozeß, diesesBubenstück, ersonnen von Schurken, einen ehrliche» Mann zu verderben", wie sich der Staatsanwalt man schrieb aller« dings 1849! am Schluß« deS Prozesses selbst ausdrückte: Der Prozeß von Waldeck hat mir große Freude gemacht. Denke» Sie doch, daß ich vor 8 Wochen oder vielmehr vor 12 Wochen an den König schrieb, Waldeck sei ganz unschuldig, und ermirantwortete, er wisse so gewiß, als ein Gott rm Himmel lebe, daß er schuldig sei und ihn habe umbringen wollen..." Ich wollte aber nicht den Waldeck retten, sondern den König selbst vor dieser Beschämung." Recht gut gemeint von Bettina, aber nur ein Beweis, daß sie de» Namendas Ktnd" mit Recht führte. Kommen wir jedoch auf unser« König zurück.So gewiß als«in Gott im Himmel lebt", wußte er, daß Walbeck schuldig sei. Entweder glaubte der gekrönte Komödiant, daß ein Gott im Himmel lebt, und dann war sein Ausspruch eine grobe Gotteslästerung, oder, was bei ihm viel wahrscheinlicher, er glaubte nicht, und dann beweist er nur die Doppelzüngigkeit des spätervon GotteS Gnaden Ver» rückten." Man kann dem Volk nicht oft genug zeigen, von welcher geistigen und sittlichen Oualuät dieseauf der Menschheit Höhen  " wandelnden Kronen« träger sind, die ihm von feilen und gewissenlosen Soldjchreibern nur als Wesen höherer Klasse vorgeführt werden. Unsre Notiz in Nr. 47 über den menschenfressende» Zäh- ringerherzog ist von einigen Lesern unseres Blattes als eine scherz« haste Mystifikation ausgefaßt worden. Dem ist jedoch nicht so. Die Notiz ist authentisch, sie steht, wie uns der Einsender mittheilt, in den Ännalea iraperialiä Monasierü Zwifaltensis. Augu«tae Yindelicorurn 1698"») und tautet dort:A.. C. 1218. Naturae debiturn solvit Ber- tholdua Zaeringiae Dqx poatrenus,(quia irnprolia) et Friburgi Bria- govui in novo choro fait turnulataa; Prinoepa forrnidendae ataturae et Andropopbagua, quippe qui mernorarn cornium adoo doöagravit ut servos auoa sagiuant auo tempore maotandoa et Tbyeatia men- aibua inferendos." Die in Nc. 47 gegebene Uebersetzung ist wörtlich, nur das Thyestische Mahl wurde weggelassen, weil es einer Erklärung bedurft hätte. Der Pelasger Thyestes ah seine eigenen Kinder, wa» wohl auch bei Lerthold der Fall gewesen wäre, wenn er zeugungsfähig gewesen wäre.ES wäre eine interessante Frage," setzt der Einsender hinzu, ob das Essen von Menschenfleisch die Zeugungssähigkeit zerstört und könnten diejenigen, denen die Mittheilung ungeheuerlich vorkam, viel« leicht bei Gelegenheit des nächsten Krieges, wo ja Menschenfleisch wieder recht wohlfeil sein wird, eine Probe provoziren. Es mag dies« Notiz unglaublich klingen, aber der Mönch hätte sie nicht gebracht, wenn sie nicht in Dokumenten gestanden hätte. Die Notiz war im 17. Jahrhundert nicht zu Gunsten der Kirche." Gl. Aus Paris   wird uns geschrieben: Vor einigen Wochen stellte E d. V a i l l a n t im Pariser   Gemeinderath den Antrag, für die Opfer des Streiks in Vierzon   eine Unterstützung von 4000 Franken zu bewilligen. Der Antrag wurde aber abgelehnt, und nun machte Vaillant Freunden und Bekannten gegenüber den Vorschlag, eS wäre gut, wenn jetzt die Frauen und Mädchen unter sich sammelten, um den radikalen Gemeinderath zu beschämen. Der Gedanke fand nicht nur bei Franzosen, sondern auch bei Deutschen   Anklang, und auch die Krauen des deutschen   Arbeitervereins in La Villette  , der, so jung er noch ist, doch schon so viele Stürme durchgemacht worüber ein ander« mal und darum so fest steht, haben unter sich gesammelt und in wenig Tagen gegen 70 Fr. aufgebracht, um ihre Solidarität mtt dem arbeitenden Volke Frankreichs   zu dokumentiren. DerSocialiste  ", indem er diesen Beitrag quittirt, bemerkt dazu: Die Redaktion desSocialiste  " sendet den deutschen   Sozialistinnen, die in einem Augenblick, wo ihre Männer sich daS Nöthigste zur Unterstützung Derer abdarben, welche die wüthende Reaktion Bismarck'S  einkerkert oder ausweist sich neue Entbehrungen auferlegen, um ihren Arbeitsbrüdern von Vierzon   zu Hilfe zu kommen, ihre brüderlichsten Grüße. Die deutschen   Sozialistinnen haben das große Losungswort be« griffen, das Marx   und Engels 1847 den Arbeitern Europas   und Ame« rikas zuriefen: Proletarier aller Länder, vereinigt Euch! Auch wir lön« nen unsere Pariser   Genossinen zu ihrem hochherzigen Werk nur beglück« wünschen, das, wie wir hoffen, dazu beitragen wird, das Band zwischen den klassenbewußten Ardeitern Frankreichs   und Deutschlands   immer fester zu schließen, und so sich als ein besseres Friedenswerk denn all« Rüstungen bewähren wird. Das Bezirksgericht Zürich hat in einem Spezialfall entschiede«, daß Frauen auch bann nicht als Anwälte vor Gericht austreten dürfen, wenn sie genügende juristische Studien genossen, also für den Anwaltsberus qualifizirt wären. Sehr treffend bemerkt dazu derGrütlianer":Aus welchen Gründen? Es scheint uns, da tragen den Zopf die M ä n n e r. In Amerika   praktiziren weibliche Anwälte ungestört in schöner Zahl, ohne daß daraus Schaden entstanden wäre. Mit derGleichheit alles dessen, was Menschenantlitz trägt", harmonirt diese Ausschließung des einen Geschlechts und die Privilegirnng des andern schlecht." Gilt für Deutschland   noch mehr als für die Schweiz  . Man schreibt uns: Die amerikanische   Presse hat sich ent« schließen müssen, den Sozialismus als einen Faktor anzuerkennen, mit dem gerechnet werden muß. Mit dem Schimpfen, Verleumden, oder Witzeln geht es nicht mehr: die soziale Bewegung in Amerika   ist eine Thatsache, die nicht länger ignorirt w-rd-n kann. UndThatsache» verfehlen nie ihren Eindruck auf den realistischen Amerikaner. Schon erheben sich viele Stimmen in der Presse, daß die Lösung der sozialen Frage auf die Tagesordnung gesetzt werden, und daß die Gesetzgebung sich mit ihr beschäftigen muß. Das Gespenst des Anarchismus hat sich in nichts aufgelöst. Man steht ein, daß man es nicht mit ein paar un« reisen Schreiern oder beschränkten Fanatikern zu thun hat, sondern mtt *) Annale« des kaiserlichen Klosters Zwiefalten  , Augsburg   1898.