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Ich war als Kohlengräber in England, County Northumberland, beschäftigt. Vor vielen Jahren war meine Lage beffer. Als Beweis will ich anführen, daß ich vor sechs Jahren mit Frau und fünf Kindern nach diesem Lande kam. Ich konnte ihre Fahrt bezahlen und hatte nach meiner Ankunft am Drte meiner Bestimmung, in Westmoreland County, Geld genug, um alle Haushaltungsgegenstände, Werkzeuge 2c. zu kaufen; boch heute, obschon eines meiner Rinder alt genug ist, um mir zu helfen, tönnte ich meine Schulden nicht bezahlen, wenn ich mein Hab und Gut verkaufte, keineswegs aber die Mittel finden, die Fahrt nach Europa zu machen.

In England arbeitete ich sechs Stunden den Tag und im Durchschnitt 250 Tage im Jahr für 1 Dollar 40 Cents den Tag, mit Haus und Garten, Rohlen für 24 Cents per Monat, ärztlichen Beistand und Me bizin, wenn immer nöthig, und hatte keine Steuern zu bezahlen, da die Roblenkompagnie für die Häuser, in denen wir lebten, die Steuern bes zahlen mußte.

Hier hat der Bergmann nur einige Monate im Jahr Gelegenheit, zu arbeiten, und muß infolgedessen alle Stunden schaffen, die Gott gesendet ja, in der That, ein Vieh aus sich machen oder verhungern.

In England bauen die Bergwerkbefizer Lesezimmer und Hallen für Borträge, zu denen Jeder gegen eine nominelle Tage zur Bestreitung ber Roften Zutritt hat. Hier braucht der Arbeiter dies nicht, denn während er arbeitet, kann er seinen Geist nicht mit etwas Anderem bes häftigen.

Die Drganisationen haben mehr als alles Andere bazu beigetragen, baß Arbeitgeber und Arbeiter in nähere Beziehungen getreten sind. Zwei Jahre vor meiner Abreise wurde eine veränderliche Stala( Tarif) angenommen und Streits find Dinge der Vergangenheit(?). Die Arbeit geber legen alle drei Monate ihre Bücher vor, und der von ihnen ers zielte Preis bestimmt den Lohn für die nächsten drei Monate. Hier ist ihr Motto: Nimm Alles, was Du bekommen tannft."

Die Eindrücke, die man aus diesen Antworten erhält, fand ich bestätigt burch persönliche Erkundigungen bei pennsylvanischen Bergleuten, die in Großbritannien gearbeitet hatten. Die Lage der Bergleute in Pennsyl vanien ist seit mehreren Jahren immer schlechter geworden, während sie fich in England verbesserte. Der britische Bergmann arbeitet weniger Stunden im Tage, aber mehr Tage im Jahr. Er bekommt nicht so hohen Lohn in Geld, aber er bezahlt teine hohe Miethe und wird nicht durch Rupf- mich- Läden" beschwindelt.

Die allgemeine Thatsache ist, daß der Durchschnittslohn in den Vers einigten Staaten höher ist als in Großbritannien und daß die Lage der arbeitenden Klaffe im Ganzen beffer ist. Aber in allen jenen Berufs­arten, in welchen wir uns zu Schutzwecken besteuern, hat der englische Arbeiter den Vortheil.

Sozialpolitische Rundschau.

Zürich , 5. Januar 1887.

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eine

- Die jammervollen politischen Zustände im heutigen Deutschland haben sich nie deutlicher offenbart als in der neuesten Entrüstungs Bewegung" gegen den deutschen Reichstag. Daß diese von oben her inszenirte Bewegung ein klägliches Fiasto er­litten hat, ist dabei Nebensache, so etwas tommt auch anderwärts vor, bas Beschämende liegt vielmehr darin, daß die ganze Entrüftung" nicht nur Komödie, sondern eine Romödie in der Komödie war Narrenspoffe, wie sie elender nicht gedacht werden kann. Hätte der Reichstag nur einen der Ehrentitel, die von den antisemitischen Knüppel­helden in Berlin , Leipzig , Kassel und wo immer gegen ihn geschleudert wurden, einigermassen verdient, so wäre die Hetze gegen ihn doch, so schofel auch die dabei obwaltenden Motive, als ein Ausfluß politischen Lebens anzuerkennen, aber das grade Gegentheil ist der Fall. Der Reichstag war den Forderungen der Regierung in einer Weise entgegengekommen, bie alles andere eher denn den Geist grundsäglicher Opposition athmet, aber er hatte wenigstens den Schein einer zur Vertretung der Volks. Intereffen berufenen Körperschaft wahren wollen, und dafür wurde der Entrüftungssturm" gegen ihn entfesselt. Entrüftung, weil er von seinem Rechte den denkbar bescheidensten Gebrauch zu machen gewagt, Entrüftung weil er seine Pflicht nicht vollständig mit Füßen getreten. Daß man so etwas dem deutschen Volk zu bieten wagen durfte, daß namentlich das sogenannte Gelehrtenthum sich nicht schämte, aktiv daran Theil zu nehmen, das verräth eine so tiefe Stufe des öffentlichen Lebens, wie sie nur im Rom der Zäsaren ihres Gleichen findet. Und Bäjarenwahnsinn ist es ja auch, der den Anstoß zu dem Sturm" ge geben. Bäsar Bismard verträgt keinen Widerspruch, und nicht der Wille, sondern nur die Macht dazu fehlt ihm, dem Reichstag das Schicksal des römischen Senats zu bereiten. Da sollte denn, unter dem Eindruck der angeblich brohenden Kriegsgefahr, das Volk" auf die Bühne gerufen werden und seine eigene Unmündigerklärung vom Reich tag verlangen. Es hat sich zu dieser schäbigen Nolle nicht hergegeben, aber es hat doch geduldet, daß man sie ihm zumuthete, es hat es an bem energischen Proteft fehlen lassen, der die einzig richtige Antwort auf diese Provokation gewesen wäre. Dazu hat es eben heute nicht mehr die Kraft, seit man der einzig thatkräftigen Partei im Volte, der Sozialdemokratie, durch ein nichtswürdiges Polizeigesetz, die Möglichkeit sich zu regen, genommen. Seit der Schaffung des Sozialisten­gesetzes datirt der Verfall des politischen Lebens in Deutschland , und alle Bersuche, sich aus demselben emporjurütteln, find fehlgeschlagen und werben fehlschlagen, so lange dieses Schandgeset besteht.,

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Bon gut unterrichteter Seite wird uns geschrieben: p. Die Berhängung des Kleinen Belagerungszustandes über Frankfurt und preußische Umgegend hat neben dem polizeilichen Charakter der Maßregel auch noch eine politische Seite. Wie wir schon früher einmal ausführten, als die wiederholt in Aussicht gestellte Maßregel mit besonderer Lebhaftigkeit in Betracht gezogen ward, kam es der preußischen Regierung hauptsächlich darauf an, die hessische Regierung zur Berhängung des Kleinen" über Offenbach zu ver anlassen. Nicht daß man sich der Hoffnung hingegeben hätte, auf diese Weise den genannten Wahlkreis leichter den Sozialdemokraten zu ents reißen in Berlin weiß man sehr wohl, daß der Kleine" nach dieser Richtung hin ganz unwirksam ist( siehe Hamburg , Leipzig Land und Berlin ); und man weiß dort weiter, daß Alles was von der Polizei gegen die Sozialisten gethan werden kann, auch ohne den Kleinen" geschehen kann. Aber in Berlin weiß man auch, daß der Kleine", wegen der zwecklosen Grausamkeiten und Chikanen, die er mit fich bringt, von den Areitern mit Gefühlen des konzentrirtesten Haffes betrachtet wird, und daß dieser Haß sich naturgemäß gegen die Regies rungen richtet, welche diese schneidigste Waffe des Sozialistengesetzes" in Anwendung bringen. Also in Heffen gegen die hessische Regierung, bie um ihrer partitular stischen Tendenz willen in Berlin sehr schlecht angeschrieben steht. Die hessische Regierung mitsammt dem Groß herzog zu diskreditiren und bei den eigenen Unterthanen" verhaßt und verächtlich zu machen, das ist seit Jahrzehnten ein Biel preußischer Bos litit. Wie Fürst Bismard schon zu Anfang der Sechsziger Jahre über bie heffische Regierung dachte und fühlte, kann Jebermann im ,, Boschinger" ( Bismard's Frankfurter Depeschen vom feligen Bundesrath enthal tend) nachlesen. Und seitdem ist es nicht beffer geworden. Die famose Rolemine Geschichte war eine, in Berlin vorbereitete Falle, in welche ber unglüdliche Großherzog auch hineintappte. Und dieselbe bundes freundliche Gesinnung, von der diese Falle gestellt ward, hat sich neuer bings bei der insolenten Behandlung gezeigt, welche dem ,, Battenberger ", einem Neffen des hessischen Großherzogs, in Berlin zu Theil geworden ist. Das Alles reicht jedoch für die preußischen Zwecke nicht aus, die auf die vollständige Unterjochung der hessischen Regierung hinauslaufen. Diese suchte die ihr drohende Gefahr durch die weitestgehende Nachgiebig feit abjulenten und willigte vorigen Herbst bekanntlich in Alles, was bie preußische Regierung und Polizei von ihr verlangte. Nur den Be Lagerungszustand wollte sie nicht verkünden. Sie weigerte fich energisch, und wies das wiederholt an fie gestellte Anfinnen zurüd.

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Die preußische Regierung gab barum ihren Vorsatz nicht auf. Weis gerte sich die heffische Regierung, gleichzeitig mit der preußischen

vorzugehen, so blieb nichts anderes übrig, als ohne die hessische vor zugehen und sie dann zum Nachgehen zu zwingen. Und das ist jetzt geschehen. Das preußische Gebiet, über welches der Belagerungszustand verhängt worden ist, schließt Dffenbach vollständig ein, und der Kreis Offenbach wird in eine anormale, auf die Dauer gar nicht haltbare Lage versetzt. Die Folge wird sein, daß die Offenbacher Behörden von der belagernden preußischen Polizei so abgehezt und trakassirt werden, daß fie es schließlich nicht mehr aushalten können, und die hessische Regie­rung ihren Widerstand fallen läßt. Dem Belagerungszustand in Offen­ bach wird der in Mainz und vielleicht auch in Darmstadt folgen; die Arbeitermassen, welche der Regierung einen gewiffen Rüdhalt gegen die preußische Polizeiwirthschaft geben, wenden sich natürlich gegen die Regierung, die den Belagerungszustand proklamirt hat; die preußische Polizei denn die gesammte politische Polizei Deutschlands wird be fanntlich von Berlin aus geleitet ist unbeschränkte Meisterin in Heffen, und die preußische Regierung hat ihren Zweck erreicht, die hessische Regierung politisch mundtodt zu machen. Wir wollen bei dieser Gelegen heit blos darauf hinweisen, daß auch der Verhängung des Belagerungs­zustandes über Leipzig und über Hamburg ähnliche Motive zu Grund gelegen haben.

Daß es sich, abgesehen von diesen politischen Erwägungen, bei dem Kleinen" hauptsächlich um die 8erstörung von Existenzen handelt, das brauchen wir unseren Lesern nicht zu sagen. Und wir brauchen ihnen auch nicht zu sagen, daß die Frankfurter Polizei, welche durch die Schule eines Stumpff gegangen ist und den Mord­hallunken Meyer zu ihren geachtetsten und geehrtesten Mitgliedern zählt, mit raffinirter Wolluft sich der in ihre Hand gelegten Macht be­bient, um unschuldige Menschen zu Grunde zu richten. Wir können es jezt nicht hindern und legen es zu dem Uebrigen.

Der Geldsack, der Geldsack! Seitens der Deutschfrei sinnigen ist der Vorschlag gemacht worden, die zur Deckung der erhöhten Militärausgaben nöthigen Summen durch eine Reichseinkommensteuer auf die größeren Einkommen von 10,000 Mark an zu decken. Motivirt wird dieser Vorschlag folgendermaßen:

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etwa

Der gefteigerte Steuerbruck trifft die dürftigen oder gar nothleidenden Klaffen mit den indirekten Steuern immer verhältnißmäßig am stärksten. Es ist daher durchaus richtig, in erster Linie an eine Deckung der neuen hohen Laften durch die besigenden Klassen zu denken, welche vorzugsweise der Militärvorlage ohne Weiteres zustimmen, die neuen Lasten aber leicht nehmen, weil sie von denselben nicht betroffen werden. Denn die Söhne dieser Klassen dienen entweder als Berufsoffiziere, und haben dann in Folge der Vorlage sogar Vortheile, ein um so rascheres Avanzement mit höheren Ehren und Bes soldungen zu erwarten, oder die Söhne dieser Klaffen dienen nach wie vor als Einjährig Freiwillige und werden also in Folge der neuen Vorlage weder durch stärkere Aushebung noch durch verlängerte und ers schwerte Dienstzeit betroffen. So in Bezug auf die persönliche Dienst pflicht und Dienstzeit und die Dienstkosten. Aber auch bezüglich des gefteigerten Staatsaufwandes für die Armee werden die betreffenden Klaffen, wofern der Aufwand durch indirekte Steuern gedeckt werden soll, bei der Art der noch in Betracht kommenden indirekten Steuern so gut wie gar nicht getroffen".

Als ernftgemeinter Antrag verwerflich, weil eine nicht zu billigende Halbheit, hat er als politisches Manöver sich vortrefflich bewährt. Denn mit einer Entrüftung, die diesmal nicht Romödie war, hat sich dieselbe Meute, welche nicht pathetisch genug gegen den Reichstag donnern fonnte, weil er gezaubert, dem Volk ohne Weiteres neue Lasten aufzubürden, gegen dieses Attentat auf den Geldbeutel der reichen Leute gewendet. Die Herren Antisemiten vergassen ihren Haß gegen das mobile Rapital und nannten den Antrag sozialdemokratisch, die Nationalliberalen aber, die die Reichseinheit auf ihre Fahne geschrieben, fanden, daß er gegen den föderalistischen Charakter des Reichs verstoße. Besser konnte diese Gesellschaft ihren flammenben Patriotismus" nicht charat terisiren als durch dieses offene Eingeständniß, daß er da aufhört, wo es sich um den eignen Geldsad handelt.

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- Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, welche in dem, sogenannten Le puger fruhrprozeß" vom Landgericht Leipzig gegen die Verurtheilten beschloffen wurde, hat selbst in juristischen Kreisen Aufsehen erregt. Und es ist unzweifelhaft auch ein Beschluß, der sich moralisch nicht rechtfertigen läßt. Aber, wir gestehen, wir legen der Sache nur eine sehr untergeordnete Bedeutung bei im Vergleich zu der sonstigen Monftrofität jenes Urtheils. Und neu ist eine derartige Pragis ja auch nicht. Wurde doch schon im Jahr 1872 Bebel das Reichstagsmandat, aberkannt", weil er eine Majestätsbeleidigung verübt haben sollte. Jene Aberkennung des Mandats war allerdings nicht gleich­bedeutend mit der Aberkennung des bürgerlichen Ehrenrechts, und fie verhinderte nicht, daß Bebel bei der nothwendig gewordenen Neuwahl mit größerer Majorität, als vorher, wiedergewählt wurde aber etwas Aehnliches war es doch. Was uns weit mehr empört, ist die Verurthei­lung zu Zuchthaus - eine Form der Berurtheilung, welche nur unter der Bedingung erfolgen darf, daß der Verurtheilte die ihm zur Laft gelegten strafbaren Handlungen aus ehrloser Gesinnung" verübt hat. Die Handlung war in diesem Fall bekanntlich, daß ein rothes Tuch als Emblem der Sozialdemokratie aufgesteckt ward, und ein paar Poli giften( noch obendrein nicht in Uniform), welche das Tuch gewaltsam entfernen wollten, eine Tracht Prügel erhielten. Worin liegt da die Ehrlosigkeit? Die rothe Farbe ist mindestens so ehrenhaft als die schwarzrothweiße; und einen Polizisten, der sich an einem rothen Banner vergreift, durchzuprügeln, ist mindestens ebenso ehrenhaft, als einen Franzosen tobtzuschlagen, der die Hand nach einer schwarzweißrothen Fahne ausfireckt. Die Auffassung der Richter erklärt sich bloß, wenn wir annehmen, daß sie die Sozialdemokratie selbst als etwas Ehrloses, und das Aufpflanzen eines sozia listischen Emblems als ehrlose Handlung auffassen. Eine andere Erklärung gibt's in der That nicht. Und sie ist auch zu­treffend. Unter Anführung des Reichsgerichts haben unsere deutschen Richter sich nachgerade in den hündischsten Servilismus derart hinein­gearbeitet, daß sie den Begriff der Ehre und der Ehrenhaftig. tett mit dem des Servilismus identifiziren und folges richtig, indem sie sich selber das Monopol der Ehre und Ehrenhaftigkeit zusprechen, jedem, der nicht ihre Servilität theilt, die Ehrenhaftigkeit absprechen. Es gehört dies zu jenem System potenzirter Heu chelei, welches das Laster in Tugend und die Zugend in Lafter vers wandelt, den Sinn der Worte umdreht, das Recht zu Unrecht, das Un­recht zu Recht stempelt, und schließlich auch konsequenterweise der Ere ben Mantel der Ehrlosigkeit, der Ehrlosigkeit den der Ehre umhängt. Nun wir deuten dem System und seinen Trägern blos nach der Stirn. Sie trägt das flammende Brandmal der Schande jenes nie verlöschende Brandmal, bas die Unsterblichkeit der Infamie sichert.

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- Einen Beschluß, der einer Republit Ehre macht, hat die fchweizerische Bundesversammlung in den letzten Sigun gen des abgelaufenen Jahres gefaßt: fie hat die Mittel bewilligt für die Errichtung eines schweizerischen Arbeiterfekretariats, und zwar eines von der organisirten Arbeiterschaft selbst zu erwählenoen. Wir lesen darüber in der letzten Nummer des Grütlianer": ,, Das Arbeiterfekretariat ist gesichert. Das Zentralkomite des Grütli vereins hat dieser Tage vom Bundesrath die Mittheilung erhalten, daß seinen Petitionen betreffend Schaffung eines Arbeitersekretärs entsprochen sei. Die für das erste Jahr, d. h. für etwa 6-7 Monate, während benen das Sekretariat noch wird funktioniren tönnen, ausgeworfene Summe beträgt 5000 Franken.

Die Drganisation geschieht in folgender Weise: Das Sentral tomite wird eine Delegirtenversammlung der sämmtlichen schweis zerischen Arbeitervereine, resp. ihrer Romittirten einberufen. Diese Versammlung wählt ein Romite, in dem die Hauptverbände und Arbeitsbranchen, ebenso die Hauptlandessprachen vertreten sind, das Romite wählt sodann den Arbeitersetretär. Jn der Abgeord netenversammlung wird auch das Reglement festgestellt. Dieses wie die Wahl des Sekretärs unterliegt der Genehmigung des Tit. Bundesra hs. Das Romite, deffen Mitglieder über die ganze Schweiz zerstreut stad, wird naturgemäß jährlich nur einmal, höchstens zweimal sich besammeln tönnen und sich hauptsächlich mit der Feststellung des Arbeitsprogramms bes Sekretärs beschäftigen müssen. Dem Tit. Bundesrath ist von den

Sigungen beffelben Renntniß zu geben, damit er wünschendenfalls durch einen Beamten mit berathender Stimme sich bei demselben vertreten laffen tann. Die Aufsicht über das Institut im engeren Sinn wird der Leitung des Romi tes anvertraut werden; diese gehört billiger Weise der Abordnung des Grütlivereins resp. seines Zentralfomites. Für ben Sekretär wird ein jährlicher Gehalt von Fr. 4000 vorgesehen; derselbe muß bei diesem Gehaltsansage eine gründliche Bildung, volle Kenntniß der Arbeiterverhältnisse und der Statistik haben und das Bers trauen der Arbeiter genießen.

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Das Sekretariat ift geeignet fährt der Grütlianer" fort-, für das Vorgehen der Arbeiterschaft einen festen Boden zu schaffen und so den Nachdruck ihrer Forderungen mächtig zu verſtärken; es wird naments lich auch die Fragen der Arbeiterversicherung abklären; seine Bedeutung gewinnt dadurch wesentlich, daß es zum Munde der gesammten schweize rischen Arbeiterschaft wird. Wird die Arbeit richtig an die Hand ges nommen, so datiren wir vom Zustandekommen des Sekretariats an eine neue Epoche der schweizerischen Arbeiterbewegung.

Die Organisation des Arbeitersekretariats wird in ihren Grundzügen vollkommen analog sein derjenigen des Gewerbesekretariats u. s. w. Der Sekretär hat auf Wunsch des Bundesrathes Fragen, die in sein Fach einschlagen, zu begutachten; über die Berwendung des Geldes ist belegte Rechnung zu stellen und für das folgende Jahr jeweilen ein Boranschlag aufzustellen. Der Sekretär wird ein wirklicher Arbeiter sekretär, das heißt er gelangt vollständig unter die Aufsicht und zur Verfügung der Arbeiter."

Unser Bruderorgan, die Arbeiterstimme", warnt vor Ueberschätzung dieses Erfolges, und wir stimmen ihr darin zu. Aber immerhin ist es ein Erfolg für die schweizerische Arbeiterschaft und, wie gesagt, eine

Neuerung, die der Schweiz Ehre macht.haft

Wie vort heilhaft unterscheidet sich dieses Entgegenkommen auf eine Forde rung der Arbeiter von dem hundsgemeinen Vorgehen der deutschen Be hörden gegen die organisirten Arbeiter! Das mächtige deutsche Reich mit sein en Millionen von Bajonnetten und seinen Krupp'schen Kanonen fann nicht bestehen, wenn die Arbeiter Vereine nach ihrem Ermessen bilden dürfen. Es löst sie auf, es unterbindet ihnen die Lebensadern, es erklärt fie für staatsgefährlich". Die fleine Republik, über deren Boltsheer jeder deutsche Laffe, der seinen geliebten Drill hier vermißt, faule Wige reißen zu müssen glaubt, hat die Arbeitervereine nicht zu fürchten. Was diese auch unternehmen mögen, es wird, solange nicht Puttkamer oder Butt fämerlinge dieselbe regieren, nie gegen den Bestand der Republit ges richtet sein. Das Institut der Reichsfeinde" ist das Produkt der Reich macher und Reichsregierer.

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worden

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Der Austritt der deutschen Abgeordneten aus dem böhmischen Landtage wirbelt auch in Deutschland in der Breffe viel Staub auf. Der Austritt erfolgte, als über den gegen einen Eclaß des Justiz ministers Prazak wonach bei den obersten Gerichten bie Eingaben, Protokolle u. A. in Prozeßsachen in derjenigen Sprache erfolgen sollen, in welcher die Klageschrift in erster Instanz eingereicht gerichteten Antrag der Deutschen von der tschechischen Mehrs heit zur Tagesordnung übergegangen worden war. Es handelt sich also weniger um eine Unterdrückung des Deutschthums, als um eine Verdrängung desselben aus einer bisher innegehabten Ma cht. position, wie denn überhaupt der ganze Sprachenstreit nur ein Macht ftreit ist, der in erster Reihe die Bourgeoisie und Bureaukratie angeht, und in den die Arbeiterklasse nur durch künstlich genährte Verhebung hineingezerrt worden ist. Wir müssen das immer wieder feststellen, damit sich unsre Genossen in ihrem Urtheil nicht durch die fast durch gängig im Sinne der deutschnationalen Hezer tendenziös gefärbten Bes richte in der deutschen Tagespresse beirren lassen.

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Wir stehen keineswegs auf Seiten der Tschechen , deren beständiges Anwinseln des Henters von Gatschina uns vielmehr gründlich anwidert, und wollen deren hezerisches Gebahren gegen alles, was deutsch ist, gewiß nicht beschönigen, wir sind auch durchaus der Meinung, daß es für die Entwickelung beider Völker besser wäre, die Tschechen lernten deutsch , als daß sich ein antideutsches Gebiet zwischen Deutschösterreich und dem nördlichen Deutschland drängte, aber grade deshalb laffen wir uns von den deutschnationalen Hezern nicht ein für ein u machen, und können auch unsern Genoffen nur empfehlen, dem Geschrei über Unterdrückung des Deutschthums" gegenüber den Kopf fühl zu behalten. Jn Böhmen wird etwas ganz anderes unterdrückt als das Deutschthum, nämlich die selbständige Arbeiterbewegung, und dazu reichen sich deutsche und tschechische Ausbeuter die Hand. Wie aus der neuesten Nummer der Wiener Gleichheit" hervorgeht, urtheilt das Prager Oberlandesgericht in allen Sozialistenprozessen nach genau denselben rechtsgaunerischen Grundsägen wie das deutsche Reichss gericht im Freiberger Prozeß. Wir wissen nicht, ob dieser Gerichtshof bereits tichech firt oder noch in deutschen" Händen ist, jedenfaus hat bisher kein einziges deutschliberales Blatt Veranlassung genommen, gegen seine Rechtssprüche" Verwahrung einzulegen. Den Arbeitern aber kann es wahrlich gleich sein, ob sie von deutschen oder von tschechischen Rechtss gaunern um ihr Recht betrogen werden. Sie werden sich dasselbe im Widerstand gegen beide zu erkämpfen haben.

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Was wird nun an die Reihe kommen? Nachdem vor einiger Zeit die wichtige Frage nach der Lieblingssuppe des deutschen Kaisers zur Befriedigung aller gutgesinnten deutschen Unterthanen ihre Erledigung gefunden, ist ist auch die brennende Frage unserer Zeit: Raucht Raiser Wilhelm?" zur Entscheidung gelangt. Wir finden darüber in der nationalservilen Elberfelder Zeitung" folgende wunder schöne Notiz:

Raucht Kaiser Wilhelm ? Auf diese gewiß weitere Kreise interessirende Frage finden wir die Antwort in einem Schreiben, welches aus dem Zivilkabinete des Raisers durch den Wirtl. Geh. Rath v. Wilmowski an den Bentralverein für Hans delsgeographie" gerichtet worden ist. Durch Vermittlung des ges nannten Vereins, der dem Kaiser gleichzeitig einen Katalog der 1886er füdamerikanischen Ausstellung überreichen ließ, hat der Aussteller Herr Aug. Krauel aus Belgrano( Buenos Aires ) eine Probe der von ihm in der erwähnten Ausstellung zur Schau ge brachten Bigarren an den Kaiser übersandt. Der lettere statiet nun bafür in einem an den Zentralverein für Handelsgeographie" ges richteten Schreiben seinen verbindlichsten Dant ab. Dann heißt es weiter: Da Se. Maj stät jedoch nicht rauchen und deshalb die ficher vorzüglichen Bigarren persönlich nicht zu würdigen vermögen, haben Allerhöchst dieselben solche Allerhöchst ihrem Entel, dem Prinzen Wilhelm von Preußen Kgl. Hoheit, zu verehren geruht." Der deutsche Kaiser ist also Nichtraucher."

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Die weiteren Kreise" werden sich hoffentlich damit nicht beruhigen, sondern weiter forschen: Schnupft Kaiser Wilhelm ? Raut er Zubat? U. s. w. u. s. w. Nur so beweist man die deutsche Gründlichkeit und die deutsche deutsche- Hundsknechtigkeit.

Nur eine Frage wird streng verbeten: Schnapst Raiser Wilhelm, und wie viel?

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Nuwetter. Unter diesem Titel wird uns geschrieben:

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Ganz Deutschland liegt unter Schnee und Eis, aber die Luft ist noch nie so schwül gewesen als eben jezt. Das Drängen des erwachenden Volkss geistes, der nach Lust und Licht ringt, und der eiserne Gegendruck der Gewalth aber erzeugen Hige, über der so erhigten Atmosphäre schwebt die buntle Wolke des Krieges von allen Seiten scheint die Luft schon von dem herannahenden Donner der Geschüße durchzittert. Wer schaus berte nicht vor dem Worte Krieg"? Wer sähe nicht im Geiste dabei Leichen auf Leichen gehäuft, brennende Städte und Dörfer, weinende Frauen und Kinder, Hunger, Berzweiflung, Krankheit, Elend, zahllose Leiben überall? Aber warum sollen wir Krieg haben? Wer will benn den Krieg? Wer hat Nugen vom Kriege? Die Völker? Nein, sicher nicht, die haben nur ihr Leben zu opfern und mehr Steuern zu zahlen, zu denen noch, im Fall der Krieg unglüdlich ausfällt, die Kriegsfontris butionen kommen von eroberten Milliarden bekommen sie nichts zu sehen. Zum Vortheil find die Kriege nur den Fürsten , Ministern, Bane quiers, Lieferanten, Offizieren, und allen den Herren und Herrschaften, die brum und bran hängen. Die brauchen Krieg, und die wissen, wie man den Krieg macht. Die Presse ist gefügig, sie wird von oben her bezahlt, und dann bringt ihr der Krieg auch gewiffe Bortheile, denn die Be tungen werben begieriger gelesen und gefauft.

So liegt es in ihrem Interesse, den Krieg als eine Nothwendig teit( für die weder sie selbst noch irgend ein Minister jemals im