um eines außerhalb ihrer selbst liegenden Zweckes unternommen wird." (V. 88.) Prüfen wir diese Theorie an der hier besprochenen Arbeit dei Herrn Dr. S. Adler, so stimmt fie klipp und klar, insbesondere in Hin- stcht defien, waS den„außerhalb ihrer selbst liegenden Zweck" der Ar- kcit angeht. Allein, find denn alle Arbeiten so beschaffen wie die deS LerfafferS? Wir athmen auf, indem wir die beklemmende Frage ver« «einen. Diese Arbeit kann gewiß nicht als ökonomischer TypuS hinge- stellt werden, wa« von ihr gilt, gilt nicht für den Durchschnitt aller «enschlichen Arbeit. Run wohl I Wenden wir einmal die Theorie de« Herrn G. Adler auf die allgemein« wirthschastlichen Thatsachen an. Nach derselben wird der Werth einer Waare bestimmt durch die Quantilät von Unlustmomenten, die in ihr enthalten find; darnach müßte das Produkt eines MalerS oder Bildhauers weit g'ringwerthiger sein alS das eines Lumpenfortireri, «der da« eine» KunfischlofferS geringwerthiger alt da« eines Kanal- »itumerS. Zu so gewaltigen Absurdiläten gelangen wir mit den„selbst- ständigen Argumentationen" deS Herr« Dr.®. Adler. Aber damit stehen wir noch lange nicht auf deren Höhe. Bei Halbweg« logischer Gedankenfolge müßte, nachdem der Berfasser als da« Maß, auf da« alle Arbeiten reduzirt werden, daL Unlustmoment gefunden hat, diese« auch al« Maß kungiren. Aber nein! Marx ist bekämpft worden und seine Theorie scheinbar vernichtet. Wenn Herr Georg Adler jetzt, wie e« ge< schuht, die Art der Beweisführung von Marx, in sehr ungeschickter Werse freilich, kopirt, so merkt der harmlose Leser nicht so leicht, daß der Berfasser bei Marx ein Ansehen macht. Plötzlich wird nämlich ohne irgend welchen logischen Zusammenhang (6. vl) dekretirt, daß da« Gemeinsame der Waaren die„Summe der Produktionskosten" sei. Der Verfasser ist hier im Stillen zweifellos be< strebt, eine der logischen Form nach der Marx'schen analoge Werththeorie tzusammenjustillen. Aber wie gelingt daS I Erst sucht er, wie Marx, ein einheitliches Maß, auf da» die versch edenen Arbeitsarten zurückgeführt «erden können, und er macht die großartig« Entdeckung, daß die« ein- heitliche Maß da» Unlustmoment fei. Dies« Entdeckung, warum wird sie zur Rull in dem Moment, wo Herr Georg Adler die Produktionskosten al« daS allein werlhbestimmende für die Waaren bezeichnet? Die Werth- theorie des Herrn Georg Adler ist eben eine ganz miserable Pa- »»die auf die von Marx wissenschaftlich begründete. Wenn Marx, nachdem er die Einheit für die verschiedenen Arbeiten gefunden, weiter- hin die Produktionskosten als allein werthbestimmend hinstellt, so kann er da«, ohne mit seinem System in Widerspruch zu gerathen, oder besser aesagt, er muß«S sogar. Denn bei ihm handelt es sich um zwei rommensurable(an einander meßbare, Red.) Größen: die Einheit, die er im Austauschverhältniß aller Waaren gesunden, kann durch ein« etnfache Multiplikation zu den Produktionskosten erhoben werden. Ander« bei Herrn Georg Adler. Zwischen den in einer Waare ver- körperten Unlustmomenten und zwischen ihren Produktionskosten herrscht Nicht der mindeste Zusammenhang, wir können nicht Eines auf daS Andere reduziren; zwischen Beiden besteht vielmehr«ine ganz gegensätz- liche Bewegung: Waaren, deren Produktion die größten Unannehm- lichkeiten verursacht, und die nach der e r st« n H ä l f t e der Theorie des V rfasserS enorme Preise erzielen müßten, würden nach der zwei- t e n Hälfte jener Theorie, nach der die Erzeugungskcsten für den Werth einer Waare ausschlaggebend sind, auf den Werth eine» Pappen- stiel« sinken. Um aus diesem Dilemma zu gelangen, können wir nur annehmen, daß die Waarenwerthe immer hübsch in der Mitte wandeln, um weder von der Skylla noch von der CharyddiS, weder von den in ihnen verkörperten Unlustmomenten, noch von ihren Produktionskosten verschlungen zu«erden. Die Produktionskosten besonders sind in der Definition de« Herrn Georg Adler in der That ein ökonomisches Ungeheuer. Man denke nur, «ine Untersuchung, die mit der denkbar größten Anmaßung den Anspruch erhebt, als eine wissenschafiliche zu gelten, entwickelt die Erzeugungskosten einer Waare folgende, maßen:„Wer sind diejenigen, welch« über den Tausch zu bestimmen haben? Es sind die Kapitalisten. Sie leiten die Produktion, s i e erhalten daS durch dieselbe geschaffen« Produkt zu Eigen- thum, sie bringen diese» auf dem Markt zum Verkauf, zum Austausch mit anderen Waaren. Der Standpunkt, welchen der Kapitalist einnimmt, die Gesichtspunkt«, welche für den Kapitalisten beim Berkaus seiner Waare maßgebend find, sind mithin die für den Tausch schlechthin gültigen Normen.(!)..... Für den Kapitalisten lösen sich die Produktionskosten in Kapitalauslagen auf, deren Ersatz mit dem üblichen Gewinn aus dem Verkauf« erwartet wird..... Man kann hiernach sagen: Der Werth der Waaren wird durch die zu ihrer Herstellung„ge- sellschaftlich nothwendige Kapitalauslage" bestimmt, wenn man nämlich mit dem Ausdruck„K a p i t a l a u s- läge" den üblichen Gewinn bereit« mitbegreift." <S. 83 fg.) Für den Berfasser genügt eS also gerade, wenn er so viel weiß, wie irgend ein Börsianer oder erstbester Handelsmann, wenn er weiß,„wie der Kapitalist rechnet," daß der Kauf des Rohstoffs a Mark, der Kauf der Arbeitskraft b Mark zc. kostete.(Vgl. S. 83.) Er reduzirt Alles auf eine Summe Geldes und damit basta! Wer wird da auch noch weiter fragen: WaS ist denn eigentlich Geld, was sind Kapitalauslagen u. f.«.—, da wo für einen Nationalökonomen die wissenschaftlichen Fragen erst anfangen, hört eben Herr Georg Adler auf, irgend«in Pro- dlem zu sehen. In dem 4. Abschnitt(S. 10l fg.) soll unS ein„wahres Rest von Ungereimtheiten" in der Marx'schen Werththeorie und in der von ihr abgeleiteten Mehrwerihlehre enthüllt werden. Sehen wir näher zu. Nach Marx wird der Werth von Waaren bestimmt durch die zu ihrer Pro- duktion gesellschaftlich nothwendige Arbeitsmenge. Wer also eine Waare verkauft— es wird vorausgesetzt, daß Rachsrage und Angebot sich decken— bekommt dafür eine andere Waare, welche dasselbe Arbeits- quantum und denselben Werth enthält. Hier nun schwingt Herr Georg Adler, wie er in seiner geschmackvollen Sprache sich ausdrückt, die„Streit- axt gegen das Idol der Marxisten", um— seine ganze Unsähigkeit in der glänzendsten Weise zu entfalten. Bei der eben angeführten Theorie hätte Marx sich„eklatant" widersprochen. Würde er— man achte wohl auf die folgende Argumentation— den Mehrwerth dem Profit deS Waarenbesitzer« gleichgesetzt haben, so wäre das Resultat seiner L-Hre konsequent gewesen. Marx aber habe wohl eingesehen, daß der Profit nicht auf die genannte Art, nämlich durch Ausdeutung der Arbeitskraft, entstünde, fönst müßte ja der Profit wachsen mit der Zahl der in einem Unternehmen beschäftigten Arbeiter. Darum habe er die Ausflucht vor- gezogen, zu erklären, daß Mehrwerth und Profit nach seiner Auffassung Nicht zusammerfielen; diese Ansicht aber enthalte einen grellen Wider- räch gegen die frühere Deduktion, einen Widerspruch, den Marx selbst wenrg verhüllter Weise zugegeben(!), wenn er sagt, daß der Mehr- werth neben dem Profit des Fabrikanten auch die Grundrente, ZinS, Handelsgewinn ic. enthalte. Der Fabrikant müsse daher dem Händler fein Produkt regelmäßig unter dem Werth verkaufen, denn nur in diesem Falle vermag der Händler einen Gewinn herauszuschlagen, der feinen Antheil am Mehrwerth realisirt.(S. 102 fg.) Adler polemisirt weiter: So läßt Marx denn„regelmäßig alle Waaren sich so austauschen, daß auf einer ganz bestimmten Seite der Tauschgleichung ein geringeres Quantum jene« gemeinsamen Elements vorhanden ist, als auf der andern Seite.... Damit widerspricht aber Marx seiner eigenen, als Basi» und Voraussetzung dienenden Werththeorie, welche zwei sich austauschende Waaren als Repräsentanten gleicher Quan- tiläten Arbeit auffaßte, aufs allerärgste. Der grelle Widerspruch im Marx'schen System ist sonnenklar."(S. lOS fg.) Sonnenklar, aber für wen? Doch nur für einen Skribenten, dessen Seichtigkeit und Flachheit, wenn überhaupt, nur übertroffen werden kann durch seine streberhaste Gesinnung. Handelt es sich denn bei Marx um die Waaren, rrkulation zwischen den Fabrikanten und Händlern, und nicht einzig und allein um die Waaren- Zirkulation zwisch.n Produzenten und Konsumenten? Wie die Kapitalisten den Mehrwerth unter einander theilen, ist-in- andere Frage; sie könnten das gegenseitige Schenken deS ganzen MehrwerthS zum Gesetz erheben, ohne auch nur daS Allermindeste an der Marx schen Werththeorie zu ändern. Thatsache bleibt, daß die fertigen Waaren an die Konsumenten zum vollen Werth verkaust werden müssen, und daS'st das Entscheidende. Wir müssen nochmals betonen, daß Marx da- bei von allen Marktschwankungen absieht. Kein Mensch, der das„Kapital" auch nur ganz flüchtig durch- gelesen, kann auf den absurden Gedanken de« Herrn Georg Adler kom- men, hätte der Letztere aber den zweiten Band deS„Kapital" und fpe-
ziell den 8. Abschnitt desselben nur etwa» genauer angesehen, so würbe ihm in der Darikellung der Zirkulation de« gesellschaftlichen Sesammtkapital« die richtige Auffassung gradezu an den Kopt qe chmissen worden fein.(Schluß folgt.)
Wahlbübere?en.
Di« brutale Willkür, welche die Polizei in Deutschland den Sozialisten gegenüber in Anwendung zu bringen gewohnt ist. hat bei der dieSmali- gen Wahl zu fo unerhörten Bergewaltiaungen geführt, daß eine kräftige Brandmarkung derselben sicher am Platze ist. Wir eröffnen daher hier eine spenellc Rubrik, in welche wir alle un« gemeldeten Gewaltakte verzeichnen, welche Polizei- und sonstige Behörden in dem Bestreben verübt, da« Wahlrefultat möglichst zu fälsche».
Diebstahl, nächtlicher Ueberfall und versuchter Einbruch. Au« Königsberg in Preußen schreibt man un« unter dem 2. Februar: „Am vergangenen Sonntag woMen die hiesigen Genoffen ihr erste» Flugblatt verbreiten; da«S in einer Druckerei am Ort gedruckt wurde, hatte Polizeikommissar Böttcher, unser aller Gönner, Wind davon bekommen und in der Nacht zum Sonnabend stahl uns die Polizei 12.080 Exemplare. Damit nicht zufrieden, und von dem Gedanken aus- gehend, daß er nicht die ganze Auflage vor sich Hab«, wollt« Böttcher mit an- «rkennenSwerther deutscher Gründlichkeit nichts halb machen und begab sich nach der Wohnung unser« Genossen und ReichstagSkandidaten Godau, ihm«inen Morgenbesuch abzustatten. E« war Morgens',3 Uhr, Böttcher ließ den R a ch t w S an Sodau's Hausthüre klopfen und um Oessnung bitten, denn es wäre eben„ein Reisender mit der Bahn angekommen". In der That ein würdiger Borwand. Godau glaubte, eS wäre ein Genosse au» der Provinz, seine Frau kleidete sich nothdürflig an und öffnete, sofort aber stürzte Böttcher, ge- folgt von zwei Beamten, aui den im Beit liegenden G-nossen und»er- langte die übrigen Wahlflugblätter. Es entspann sich eine Szene, die an dramatischer Lebend-gkei« nichi« zu wünschen übrigließ. Godau:„Ich weiß nicht, wo die Flugblätter sind und wenn ich es wüßte, würde ich eS nicht sagen." Böttcher:„Dann verhafte ich Sie." Godau:„Sie haben gar kein Recht, mich zu verhaften, Sie haben gar keinen VerhastSbesehl und wenn ich Ihnen folge, weiche ich nur der Gewalt. Sie haben gar kein Recht, mich jetzt zur Nachtzeit in meiner Wohnung zu überfallen." Während Godau begann, sich anzukleiden, erklärte Böttcher eine Haus- suchung vornehmen zu wollen und verlangte die Schrunkschlüssel. Godau: „Sie haben kein Recht zur Haussuchung, ich gebe keine Schlüssel." Zu- iällig stocken die Schlüssel im Schrank und Herr Böttcher dediente sich ihrer. Die Haussuchung ergab natürlich nichtS; als nun Godau aber seinerseits über Vornahme und Erfolg derselben ein Protokoll verlangte, wurde ihm dasselbe verweigert. Mittlerweile hatte er sich angekleidet und dem Polizeibeomten trotz der Anweirnieit der Untergebenen dess-lben gründlich die Wahrheit gesagt. Alsdann verlangte er eine Droschke, um mit Böttcher zur Polizei zu fahren, seiner Gesundheit wegen könne er so früh des Morgens nicht ausgehen. Böttcher:„Eine Droschke ist jetzt nicht zu haben, und wenn Sie krank sind, will ich Sie nicht mitnehmen." Godau:„So? Wenn Sie mich NachtS in meiner Wohnung übersallen können, werden Sie nicht im Stande sein, eine Droschke zu besorgen? Sie nedmen doch sonst nicht solche Rücksicht auf meine Geiundheit. Sie haben mich ja verhastet, und ich will jetzt Mit- kommen. Sie hatten kein gesetzliches Recht, hier einzudringen, kein Recht, mich zu verhaften, kein Recht, zu hausluchen, kein Recht, das Protokoll zu verweigern, und ich werde Ihr Veihalten an anderer Stelle vor Taulenden brandmarken." Wie ein begossener Pudel, in dem erhebenden Bewußtlein, wieder ein- mal eine kolossale Dummheit beganzen zu haben, zog Böttcher davon, ließ aber noch bis'/t8 Uhr Morgens einen Schutzmann vor der Woh. nung auf der Straße Posten stehen, der niemand zum Hause herausließ. DaS ist schon mehr„großer Bela ierr gSzustand". Und nun fragen wir, wie läßt sich das AlleS mit der Strafprozeßordnung, mit dem Gesetz in Einklang bringen? Gar nicht, natürlich, und ebenso natürlich, daß im Kan-pse gegen die-f-ff- Sozialdemokraten Alle« erlaubt ist. Die„ehren werthen" Beamten des Ministers mit dem doppelten Gehalt setzen sich über Gesetzesbestimmungen mit einer Unverfrorenheit hinweg, um die fie der gewiegteste Zuchthäusler beneiden könnte. Godau begab sich nach diesem nächtlichen Abenteuer, das sogar feine an Polizeistreiche recht gewöhnten Nerven in schon mehr als angenehme Erregung versetzt hatte, zum Polizeipräsident i. V. Landrath v. Brand, bei dem er energisch Beschwerde süh.te. Es kam zu recht lebhaften Aus- «inandersetzungen, da Brand ansang» das Verhalten seines Beamten vertheidigte. Schließlich wurde ein ausführliches Protokoll ausgenommen und wird Genosse Godau schon dafür sorgen, daß über das Alle« der große Mantel der christlichen Nächstenliebe nicht gedeckt wird. Herr v. Brand hatte bei Beginn des WahlkampseS in der Furcht, die Genossen würden bei zu rigorosem Vorgehen gegen sie die Bersamm- lungen der Gouvernementalen sprengen, keine Störung der„gesetzlichen" Agitation zugesagt. Wenn das aber so weiter geht, wenn noch ein Ftug- blatt beschlagnahmt wird, dann werden auch die Genoffen die entsprechende Melodie anzustimmen wissen."') Kandidat des national miserabel-konservativ-gouvernementalen Misch- Maschs ist der Bürgermeister Hoffmann, ehemals erzradikal, doch das war zur ZeU der blöden Juzendeselei. Heute Abend wird er in seiner Kandidatenrede seinen politischen Scharssinn zeigen. Die Herren triefen jetzt natürlich von Arbeitersreundlichkeit und erlassen Annonzen, in denen den hiesigen Arbeitern auswärts Arbeit angeboten wird. Dadurch wollen sie dieselben natürlich nicht von hm für ven Wahltag fortlocken, nein, sie handeln nur so, weil sie der Rath ihrer lieben Mitbürger ab- Helsen wollen. Für die Freisinnigen kandidirt hier Dr. Möller. Der Geist unter den Genossen ist hier ausgezeichnet, was ja auch bei den Orgien» die die Reaktion feiert, nicht anders sein kann. Der 2!. Februar, hoffen wir, wird für diejenigen, welche gewissenlos mit Gut und Blut der Völker spielen, ein Tag des Strafgerichts werden. Gesetzwidrige Freiheitsberaubung. In Freibnrg im Breiö- gau verhaftet« das Polizei betitelte Ordnungsvanditentyum am 26. Januar unsere Genossen Haug und Rauscher, der erster« Vorsitzen« der und der zweit- Kassier des dortigen ArbeiterwahlkomiteS. Soweit un» Rachrichten vorliegen, m-eiß noch Niemand, selbst nicht der Anwalt der Berhasteten, aus welchen V o r w a n d hin dieser frech« Ge- waltakt erfolgte. Heimtückischer Ueberfall«nd Freiheitsberaubung. Aui Danzig erhalten wir folgende Zuschrrst: Am 26. Januar ist unser Wahlkomite, bestehend au» 7 Mann, verhaftet worden. Unser Kandidat O t t o I o ch e m, der in der Komitefltzung mit anwesend war, ebenso vier weiter anwesende Genossen wurden mit verhastet. Eämmtliche Jnhaftirten find wegen„Geheim- bündelet" angeklagt und bis heute, den 2. Februar, noch nicht entlassen. Unsere Wahlorganisation ist natürlich dadurch zerstört, jedoch haben wir sofort ein neues Komit« gebildet und hoffen bestimmt, in Stichwahl zu kommen. Gemeiner Diebstahl. In Berlin hat die Polizei vorige Woche unsern Genossen nicht weniger al« 400,800 Flugblälter gestohlen und dem Diebstahl hinterher durch ein Verbot auf Grund de» Schandgesetze» gesetzlichen Anstrich gegeben. Desgleichen an ver- fchiedenen andern Orten Deutschlands . Lokalabtreibung. Dieses nichtswürdige Metier wird von der Po- lizei und den Ordnungsparteien mit einem wahren Wett» « i f« r betrieben. Wo die Polizei zu feige ist, die Versammlungen zu verbieten, wird die Lokalabtreidung inszemrt— so wurden unsern Ge. Nossen in Remscheid nicht weniger al« acht Säle verweigert. Nur in ") Auf j den Fall haben fie der Polizei gezeigt, daß sie immer noch früher als diese auszustehen wissen. Am ü. Februar wurden, während eine große sozialdemokratische Volksversammlung tagte, gleichzeitlg über 40,000 Flugblätter in der Eiadt oerbreitet. Die Polizei ist au« dem Häuschen und der Freisinn jammert.
einer verhältntßmäßig geringen Anzahl von Städten ist«S unseren Genossen möalich gewesen, Versammlungen abzuhalten. Diese fielen dafär aber auch sammt und sonder« um so glänzender aut. In den Slädtcn haben überhaupt alle Polizeigaunereieu nichts genutzt, der Geist ist vortrefflich, damit schließen alle uns zugehenden Bericht«. Ob fie in den kleineren Orten mehr Erfolg gehabt, wird der Wahltag zeigen, doch glauben wir un« keiner Sroß'precherei schuldig zu mache», wenn wir die vermuthung ausspreche«, daß eS nicht die Sozialdem«, kratie ist, die diese» Tag mit schwarzem Kreuz i» ihr Merkbuch wirb einzutragen habe».
Sozialpolitische Rundschau.
Zürich , 8. Februar 1887. — Au« Deutschland schreibt man uns: Wen« eine Bautze der abgefeimteste» Verbrecher sich durch irgend ein nieder» trächtiges Räuberstück— um den LuSdruck der„Leipziger Zeitung" zu gebrauchen— in den Besitz Deutschland « gesetzt häit»> könnte fie nicht anders handeln, al« unsere gegenwärtigen Machthaber eS thun. Lug, Betrug, Willkür, Gewalt. Um das Volk urtheilsunsihtg zu machen, und in da« Netz der Berliner sogenannten Staatsmänner»« treiben, wird feit der Auflösung de« Reichstags da« Gespenst de« Krieg« an die Wand gemalt, die schamlosesten Lügen werden»er» breitet, eine Slarmnachricht nach der andern in Kurt gesetzt. Von d» Lügen über die R-ichstagSauflösung wollen wir gar nicht reden. Wen» behauptet wird, die Majorität deS Reichstag » habe die Mittel zur B«- theidigung de« Lande« verweigert, so ist daS eine freche Reptstienlügey allein von diesem R-ptiliengesindel erwartet man ja nichts bessere«, uu» diese Lüge ist vergleichsweise unschuldig und harmlos. Ander« verhält es sich mit den Lüge», die unsere Beziehungen mit Frankreich zu« Gegenstand haben. Sie gleichen der Fackel, die in einem Palvermagazi« geschwungen wird. Um dem Kriegsgespenst ängstigende Wirklichkeit z» geben, muffen die chauvinistischen Leidenschaften entflammt und die Fr»»- »osen in der herausforderndsten Weise beschimpft und gereizt werde». Und das geschieht Tag für Tag durch fämmtliche im Dienst und unter dem Einfluß deS Reptilienfond« stehenden Blätter— mit den kleine» „Amtsblättern" an die Tausend. Wie gefährlich die« Treiben, das fleht Jeder auf den erst, n Blick. Wären die Franzoien nicht so vernünftig und durchschauten sie nicht daS Spiel de? Biedermanns von FriedrichSruhe — die M tzelei wäre längst in vollem Gang«. An der Thatsache i? kein Zweifel, die Frage isi bloS, hat dieser Liedermann es auf eine» Krieg angelegt, oder ist's bloßeS Wahlmanöver. Für die B. urlheil un> de« Menschen ist e« ziemlich gleichaültig, denn der Räuber, der seine« Opfer eine geladene Pistole vorhält, um eS inS Bockshorn zu jagen, wird — wenn die Pistole zufällig losgeht und Jemand löbfct, von keinem Sa» richt milder bestrast, wenn er sagt, ja selbst den Nachweis liesert, daß er nicht habe schießen wollen. Und was diesem verbrecherischen Treiben noch«inen besonder« widew lichen Charakter auldrückt, daS ist der Zusammenhang mit der Börse. Durch die Slarmartikel de« Reptiliengesindels ist«in großer Fall alle» Werlhpapiere herbeigeführt worden, und die Dutzende von Million«� die so den kleinen Kapitalisten— denn die„großen" lassen sich nicht leicht prellen— gestohlen sind, wandern in die Taschen der Gauner, die dieses schandbare Spiel veranstaltet haben und hervorragend dabei thätig find. Fügen wir zu diesem infamen Lügenspiel die sonstigen Wahlumtriei«. Polizeichikanen, Versammlungsverbote, das Wegfangen unlchulriger Bar» ger, ähnlich wie in den Schluchten der Abruzzen, und gleichartige Schar» kereien, so wird man den Anfang meine« Brief« sicherlich nicht zu stark finden, wohl aber vielleicht zu schwach. „Wenn" eine Räuberbande sitz Deutschlands bemächtigt hätte, schrieb ich, würde sie nicht anders verfahren können. Aber«st es nicht««»« Räuberbande, die jetzt im Reich der Gottesfurcht und frommen Sitte da« Regiment führt— eine Räuberbande, die da« S-fchäst mindesten» ebenso gut versteht, wie weiland die Dezemberbande unter dem Kommando des dritten Napoleon? — Verkauft, verkauft und wiederum verkauft, von de« berühmten HandelSman» im Süden. So hat denn also tha» sächnch Papst Leo sich dazu herbeigelassen, Bismarck au« der Patsch- z, Helsen , und seinen lieben Freunden vom Zentrum durch den Runliu» m München (das ja überhaupt nur noch eine Filiale von BeJm ist) den Wunsch ausgedrückt, sie möchten doch für da« Eeptennat stimme». Dem Oberhaupt der katholischen Kirche kann man au« diesem Schritt keinen Vorwurf machen, Schachergeschäste gehören zu seinem Se» ruf. und daß Rom speziell bei diesem Geschäft nicht den Kürzen, ziehe» wird, daran zweifelt kein vernünftiger Mensch. Aber eine Blamage, ein« bodenlose Blamage ist da« Geschäft für den großen Kanzler, u« den Europa Deutschland beneidet. Eine Riesenblamage für ih«, und«in« Schmach für das deutsch : Volt, da« alle Kosten des unlau» deren Handels zu tragen haben wird. Pickelhaube und Kutte Arm i» Arm, da ergeht's dem gulmüthigen Michel spottschlecht, wenn er sich nicht mit Händen und Füßen dagegen wehrt. Einstweilen sind e» die Z-ntrumsleute selbst, welch« gegen die Ei» Mischung des Papste» in rein weltliche Fragen Verwahrung einlege», und es ist üb-rauS ergötzlich zu sehen, wie sich die weiland wüthenoste» Kulturkampfblätter, voran die„Kölnische Z-ttung", jetzt darüber ereifern, daß di«„Römlinge" Rom nicht pariren wollen. Aber so lustig da» Schauspiel anzuschauen ist, so dürfen wir un« doch über den wahre» Charakter der Situation nicht täuschen. Da« Zentrum sperrt sich, weil es semer demokratisch gesinnten Wähler nicht siqer rst, aber daS psoff ch- junk-rliche Element ,st doch zu stark in ihm, al« daß der Umsalk nicht schließlich doch eintreten sollte. Kommt er nicht vor der Wahl, s« nach derselben. Di« Beschlüsse d«S Kölner Katholikentages laute» üoer» au« lahm und gewunden, dw Herren haben sich nach keiner Seit« hi» verpflichtet, und daS sagt für den, der sehen will, genug. Drum aufgepaßt, Genossen, man will über die Köpf« der Wähler hi» weg spielen. Vereitett den Herren daS Spiel, wo Ihr nur kön>l. 9i«< mentlich sorgt dasür, daß wo Zentrumskandidaten austreten, diese vor der Wahl bündige Erklärungen abgeben, so daß fie ohn» Wortbruch nicht für Bismarck stimmen können. Thun fie ei da»» doch— nun, desto besser für die künftigen Wahlen. — Zu de« schuftigsten Wahlmanöver« der Bismarck . Pu» kamer und Konsorten gehört die Einberufung von 73,000 M a n n R e s e r v« n. Sie gibt den Kriegslagen der Reptilien, die sonst zu wenig Glauben fänden, eine gewisse llnlerlage und— denn die Leute werden gerade di« nach den Wahlen im Dienst gehalten— es werden 73.000 Wähler, von denen die meisten gegen d,e Regierung stimmen würden, welche di« Frage, ob Krieg oder Frieden, am einschneidenste» berührt, von der Wahlurne entfernt. In Sachsen allein werde» durch diesen Kniff mindestens 10,000 sozialdemokratische Stimmen eSkamotirt. — Die Dirne Justiz hat neulich in Kiel wieder einmal ei» Exkrastückchen geleistet. Angeklagt war unser aus Hamburg auSge» wresener Genosse, Tapezier Eugen Grüneberg; sein Vergehe» bestand darin, daß er für«inen Freund ein- Adresse aus«in Paket ge- schrieben, in welchem sich Exemplare de«„Sozialdemokrat" besanden. Sin Beweis, daß Grüneberg den Inhalt de« Paket« kannte oder a» der Absendung des PaketS theilgenommen, konnte, wie der Staatsanwalt selbst zugestand, nicht erbracht werden; nichts desto weniger de» antragt« dieser Biedermann gegen Grüneberg da« höchste, im Schand« gesetz vorgesehene Strafmaß— 6 Monate Gefängniß, ferner Tra» gung der Kosten und Einschränkung de« Wohnsitze». I» wahrhast. glänzender Weis« leuchtete Rechtsanwalt Türk heim au» Hamburg dem Burschen— vonBernstorff ist der Name de» edlen Rechiszertreter«— heim.„Segen«inen Dieb," rief er auS,„de« antragen Sie im ersten Fall 1 Monat Gefängniß, also daS mindest« Sira'maß, und so fort bi« zu fünf und noch mehr Jahren Zuchthau». Gegen den Angeklagten, der nur emes volitischen Vergehen« verdächtitz ist, beantragen Sie gleich daS höchste Strafmaß, welche« da« Stra, gesetz»