� Wir geben auf solch« Versprechungen nicht viel. Es ist ja wohl mög«stich, baß es Most, der im Gefängmß Zeit genug gehabt hat. zu über-?egen, wem er durch seine frühere Kampfweise am meisten geschadet, im«ugenblick mit dem, was er s-gt, Ernst ist, aber— auf wie lange?Most hat uns an so viel Wandlungen in seinem Auftreten gewöhnt, daß|pir auch auf fernere gewärtig sein müssen. Immerhin sei von dem löblichenPorsatz Kenntniß genommen— an unserer Stellungnahme gegenüberdem A n a r ch i s m u s, zu dem sich Most nach wie vor bekennt, wirddadurch ohnehin nichts geändert.� Beiläufig wird die„B e! e h r u n g" M o st s von der deutschen PolizeiBereits pflichtschuldigst verwerthet.„Most ist zu den Sozialdemokratenübergegangen, weil er gefunden hat, daß die Sozialdemokraten au tbuckhoch Anarchisten in seinem Sinn sind— nur etwas klüger"— so lautetdie Polizei-Argumentation, deren Grundlagen freilich nichts neues sind,sondern aus den Puttkamer'schen Reden über und über bekannt. Run,Bnr wollen unseren Puttkamern und Putlkämerlingen den Spaß nichtVerderben. Sie haben den Most vor seiner„Bekehrung" stark ausge-ichlachtet, warum nicht auch nach derselben?Und wie kommen wir dazu, von solchen Kindereien zusprechen? Nun,'Joir haben sehr ernsthafte Gründe, und wer sie jetzt etwa nichtBerstehen sollte, wird sie beim nächsten großen„Geheimbundsprozeß",'snit dem man der Abwechslung halber ein kleines Hochverraths-prozeßchen verbinden möchte, sehr deutlich verstehen. Thatsache ist,«aß die deutsche Spitzelpolizei sich's Unsummen kosten läßt,„Anarchisten"|u züchten und mit diesen gezüchteten(und— je nach Bedarf auchMt ho nor irten)„Anarchisten" durch irgend ein, noch so«ummeSFädchen die deutscheSozialdemokratieinVer-bindungzu bringen. Wir gehen sogar nicht zu weit, wenn wirdaß dies jetzt die Hauptaufgabe und Hauptthätig-Bett der deutschen Reichsspitzelbande ist.� Meineid und Zuchthaus. In Chemnitz wurden am 17. Mairei Arbeiter, der Schlosser Carl August Dörr, der Schirmmacherirnst Robert Reichel und der Strumpfwirker Gustav Albin R e i ch e l tvom Schwurgericht des Weineids, bezw. falschen ZeugeneidsTlr schuldig erkannt und Reichel zu 2 Jahren Zuchthaus, Dörru 1 Jahr 6 Monaten Zuchthans und Reichelt unter„Zubilli.ung mildernder Umstände" zu 1 Jahr Zuchthaus verurtheilt. Siehatten,'in einem wider den Schlosser F. W. Götze anhängig gemachtenStrafprozeß wegen Verbreitung verbotener Schriften, unter ZeugeneidAusgesagt, daß sie von Götze nie verbotene Schriften erhalten, währenddieser sich selbst als schuldig bekannte und behauptete, ihnen solche dochgegeben zu haben.Haben sie wirklich«inen„Meineid» geschworen? Wir wissen es nicht.Wir wissen nur, daß sie zu einer Zeugenaussage g e p r e ß t und zwischen dieAlternative gestellt wurden, für den Fall, daß die Annahme deslvntersuchungsrichters begründet war, entweder eine Jnfamiezube-1 e h e n oder eine Unwahrheit zu sagen— sie wurden in derlblicheu Äklse überrumpelt, und ehe sie zum vollen Bewußtsein dertragweite ihrer Worte gekommen, wurde ihnen die Pistole auf dieBrust gesetzt: sie mußten schwören. Und— wir haben uns mitnesen„S o z i a l i st e n f a l l e n" schon wiederholt beschäftigt. In Chem-Nitz ist die Sache sonst durchaus normal verlaufen. Und die Richterihaoen— fiat justitia— die schuldig Befundenen zu ZuchthausB-rurtheilt. Selbst die verurtheilenden Richter mußten aber gestehen, daß�nicht ehrlose Motive das Handeln der Angeklagten bestimmt haben. Wir-brauchen nicht zu sagen, daß auch dieser Justizmord auf Rech.'«ung des Sozialistengesetzes kommt.— Nachträglich wollen wir auch noch einen AnarchistenprozeßBrwLhnen, der eine Woche vor dem sozialistischen Geheim--bundsprozeß in Magdeburg verhandelt wurde, und zwar gegenden Schuhmacher Krause, Maler Dienemann, Kesselschmiede n t s ch, Modelltischler Brandt und Gußputzer Wille. Sämmt-slichen Angeklagten, lesen wir darüber in deutschen Blättern, wurdeKur Last gelegt, verbotene Druckschriften verbreitet zu haben, und(»war die„Freiheit", den„Rebell" und die„Freie Gesellschaft». Nach«Mer sehr umfangreichen Beweisaufnahme, zu welcher 18 Zeugengeladen waren, darunter der hiesige Polizcikommissar Schmidt,>«er«ine Zuchthausstrafe von SJahr LÄonatenzu»Halle verbüßende Eisendreher Robert Drichel und der«seiner Zeit viel genannte, im Magdeburger Geheimbunds-Prozeß mit-'Zetheiligte Metallarbeiter Rudolph Speck, schloß sich der Gerichts-'.Hof den Ausführungen des Staatsanwaltes an und verurtheilt« den-�Krause zu 2 Jahren, Dienemann zu vier Monaten, den Brandt zu drei-Monaten, den Wille zu zwei Monaten Gefängniß, Jenlsch wurde freiKesprochen; der Staatsanwalt hatte für den Krause 4 Jahre Gefängniß�beantragt. Aus der Verhandlung wäre noch zu erwähnen, daß derBli Zeuge vorgeladene Polizeikommissar Schmidt erklärte,«aß ex die BertrauenSperso«, welche ihmdieganz sicherenMittheilungen gemacht habe, nicht nennen werde. Es bezogsich dieses auf einen Fall, wo Anfangs Dezember 1883 der„Rebell"M verschiedenen Hunderten von Exemplaren, auf den Straßen undBauplätzen hiesiger Stadt verbreitet worden wäre. Der Polizei waren»einige'-20 Nummern in die Hände gekommen und die Verbreitung habewer Krause besorgt, welches der Herr Polizeikommissar auch beschwor.WtV t6"-®!aa'ä.a"®aIt hob in seinen Ausführungen die„vollsteGlaubwürdigkeit des wegen einem gemeinen Verbrechen»u lö Jahren und 2 Monaten Zuchthaus bestraftenMlsendreherRobertDrichel, welcher die Angeklagte n»n schwerer Weise belastete, hervor.".'Einmettsr„Zeuge", in der That! Der Polizeikommissär SchmidtMt derienige„Ehrenmann", mit welchem pp. Schwennhagen(steheMr..12 und 18 des„Soz.") verkehrte und dessen Wirthin beruhigte, sie'■Sonne wegen Schwennhagen's Schulden außer Sorge sein, S ch w e n n-(Hagen werde durchsein«(Schmidt's) Vermittlung einestöhnende Existenz erhalte« undwürdedannAlleSaus-Bleichen.�Wer ist nun wohl die„Vertrauensperson» des Herrn KommissarMchmidt, die er nicht nennen wollte, in den von ihm und seinere n- P�Vz« ß«* � 0 n" f°b'i,irten„Anar-O« leI80wne«ürdiger Kumpan des„glaubwürdigen" Zucht.�slersgUNd b""e�"e�utb,8en" Mündelgeldverputzers. Puttkamer's.— Meber den Kronzengen im famosen Berliner Meineids-Wrozesi haben wir folgendes nachzutragen:-Rudolf Naporra, Stellmacher ans Kulm in Westpreußen.>ar längst den Genossen in Berlin als der Spionage ver-ächtig signalisirt. Er hat unter den verschiedensten V o r spi e gelun-81«N sein elendes Handwerk betrieben, und derart seine polnischen Lands.eute schließlich in's Zuchthaus zu liefern gesucht..«.Signalement: Mittelgroß, blondhaarig, Gesicht oval, gesundeWarb«. Kleines Schnurrbärtchen.-7 Die Verqnicknng des„SchriftstetternS" mit der Spitzeletschreibt man uns— das ist die neueste Geschäftsspezialität, welche** Aera Bismarck-Jhring-Mahlow-Puttkamer ihre Existenz verdankt.uer.moderne Polizist will auch in der Tagesliteratur glänzen— er istZournalist, Feuilletonist, Reporter, Redakteur, unter Umständen sogarDichter und Romanschreiber. Die Spitzel, welche der— leider jetzt inUngnade gefallene Krüger auf die Journalistentribüne des Reichstags»'"girle, damit sie darüber wachten, daß der tapfere Otto nicht durch einJ««,'3 hervorgezogenes weißes Taschentuch(das ja eine DpnamitbombeSchallen könnte) erschreckt würde, waren sämmtlich Mitarbeiter undRedakteure der„Norddeutschen Allgemeinen" und der„Kreuzzeitung".•««d auch jetzt weisen die Spitzel, welche den Reichstag unsicher— Ver-l�hung, wir wollten ja schreiben: sicher machen, allesammt Journa-Ulpen, Legitimationen auf.«iir«' Hülste der deutschen Zeitungikorrespondenten in Frankreich unde tel der deutschen Zeitungskorrespondenten im übrigen AuslandIi"?. Spitzel. Die„Kölnische Zeitung", in deren Spalten noch mehrfc ihr Wesen treiben als selbst in den Spalten der„Nord-utschen Allgemeinen Zeitung», wird fast ausschließlich von Spitzeln„�'ent. Und man mißverstehe uns nicht. Wir vertauschen keine Worte.Meinen hier nicht Reptilien, sondern richtige, echtep'tzel, von der Polizei bezahlte, in regulärem oder irreguläremDienst stehende Polizeiagenten, welche zum Theil internationale, zumTheil nationale Spitzelei ausüben.Kurz, es ist kaum mehr möglich zu sagen, wo heute noch in derdeutschen Presse der Spitzel aufhört und der Journalistanfängt.Der Korrespondent der„Kölnischen Zettung", welcher seine Studienüber den„Anarchismus und seine Träger» auch als„selbständiges"Buch hat drucken lassen, ist ein bekannter Polizist mit literarischenNeigungen, ein Agent Krügers, in dessen Auftrag und mtt dem zusammener auch bei der Verhaftung Neve's nicht ganz unthätig war.Dieser Herr hat übrigens unzweifelhaft mehr Talent zum Roman-schreiben als zum Spitzeln— wenigstens neun Zehntel seines„Buchs"sind— allerdings fast ausnahmslos abgeschriebener— Roman, undnur das übrige Zehntel hat Beziehungen zur Wirklichkett— jedoch Bs«Ziehungen sehr zweideutiger und zweifelhafter Art, wie das bei einemschriststellernden Spitzel nicht anders erwartet werden kann.Besagter schriftstellernder Spitzel, der beiläufig auch Mitarbeiter, undzwar hochgeschätzter, der„Leipziger Zeitung" ist, hat jetzt einenArtikel geliefert, durch welchen er den Beweis erbringen will, daß derAnarchismus in Deutschland ganz naturgemäß ent-standen sei und nicht, wie die Fortschritts, und sonstige Oppositions-presse behauptet, erst durch das Sozialistengesetz gezüchtet worden sei.Beiläufig eine recht charakteristische Aufgabe! Der Jhring-Mahlowmuß doch dem Putty schwer im Magen liegen! Er will jetzt durchausder Welt klar machen, daß er— der Putty— nicht der Erfinder deSAnarchismus ist. Nun— die Mühe hätte sich Putty ersparen können.Es gibt wohl Niemand, der ihm diese Erfindung zugetraut hätte—diese so wenig wie irgend eine andere— namentlich nicht die des Schieß-pulvers. Item, unser schriftstellernder Spitzel hat dieses Thema„auf-bekommen" und er behandelt es mit der ihm eigenen Geschicklichkeit undMethode. Das heißt er nimmt etliches, einem jeden Nichtspitzel zugäng-liche Material und schreibt es ab— nur mit den pflichtschuldigen Polizei-f ä l s ch u n g e n und Polizei pointen.Im vorliegenden Fall ist M o st seine Quelle.Most, dessen Worte ihm natürlich Evangelium sind, hat erzählt, daßReinsdorf schon vor 1878 Anarchist war, und daß er in die Baku-nistische Schule gegangen, Reinsdorf sei aber— wie Most verkündet—der Vater des deutschen Anarchismus, der folglich, sintemalen Reinsdorfein Deutscher, urdeutsches Gewächs sei— nach Most. Auch Hödel seiein echter und rechter Anarchist gewesen,«in Schüler Reinsdorfs, unddas sogenannte Hödel-Bttentat ein echtes und rechtes Anarchisten-Atten-tat— alles nach Most. Und so weiter. Das Mitgetheilte reicht aus,um das neueste Machwerk des schriststellernden Spitzels zu kennzeichnen.Kurz, Most hats gesagt— Most, Most und wiederum Most.Apropos— Most soll sich ja„bekehrt" haben— ob er vielleicht jetztso viel— Ehrgefühl hat, zu gestehen, daß er mit seinem Hödel, wiespäter mit seinem Lieske, nur renommirt hat, um sich wichtigzu machen?— Jetzt endlich, wo Matthäi am letzten ist, hat die F o r t s ch r i t t s-partei sich zur Gründung einer Anti-Korn-Zoll-Liga, d. h. einerOrganisation und Agitation gegen die Kornzölle und sonstige agrarisch-junkerliche Diebsideale entschlossen. Schon vor Jahren war der Borschlagvon sozialistischer Seite gemacht und auch von vielen der angesehen.sten Fortschrittler gebilligt worden. Allein Herr Eu g e n Richter hatteaus Haß gegen die Sozialdemokratie, der, wie er— freilich nicht mit Unrecht— meinte, der Löwenantheil des Erfolges zufallenwürde, sein Veto eingelegt. Auch jetzt steht Herr Engen grollend beiSeite. Auf sein Veto kommt's aber nicht mehr an, das sind tompipasaati.- Ein braves FortschrittSvlatt ist die„KönigsbergerHärtung's che Zeitung". Sre war es, welche für die Stich-wählen des Februar und März zuerst die Losung ausgab: Lieberden Kartellbruder als den Sozialdemokrat. Und sieist es, die jetzt die sozialdemokratische Partei unter allen fortschrittlichenOrganen auf daS Pöbelhafteste beschimpft und am Läppischsten angreift.Die Sozialdemokratie, so sagt sie unter Anderem, thue Unrecht, dieSchuld ihrer Wahlniederlao«(!) auf andere Parteien und aus ungesetz«liche Wahlveeinflussungen zu schieben— sie habe dre Niederlage einzigund allein sich selbst zuzuschreiben. Sie habe durch die im Reichstag be-wiesene Unfähigkeit das Vertrauen, welches ein großer Theil der Arbeiterin sie gesetzt, vollständig getäuscht— ihre einzige parlamentarische Lei-stung, das Arbeiterschutzgesetz, sei so jämmerlich ausgesallen, daß sichbeim besten Willen nichts daraus habe machen lassen— kurz, die Ar-bester hätten sich überzeugt, daß die Sozialdemokratie nichts zu leistenvermöge, und in Folge dessen sich von ihr abgewendet. So erkläre sichdie Wahlniederlage der deutschen Sozialdemokratie auf ganz natürlicheWeise.Es fällt uns nicht ein, diese Albernheiten widerlegen zu wollen. Dashieße ihnen eine Wichtigkeit geben, die sie nicht haben. Wir wollen sieblos an den Pranger stellen.Den konserativen Blättern, welche das„fortschrittliche" Ge-schreibsel mit Behagen abdrucken, sei nur bemerkt, daß wir uns noch einpaar„Niederlagen" wie die deS 21. Februar wünschen; und daß unsnichts Angenehmeres und Nützlicheres passiren kann, als wenn dieBrodherren der konservativen Blätter in der bisherigen Weise forthausen.—„Ein rüpelhafter Sohn eines rüpelhaften Baters."Unter dieser wenig respektvollen Ueberschrift lesen wir in amerikanischenZeitungen:„Chicago, K. Mai. Prinz Friedrich Leopold vonPreußen, der Großneffe des Kaisers Wilhelm, einziger Sohn desverstorbenen Prinzen Friedrich Karl, des sogen.„Rothen Prinzen", wargestern der Gast des deutschen Konsuls, Baron v. Nordenflycht.„Aus Galesburg wird berichtet, daß der Prinz sich weigerte, währendder Fahrt von Quincy dorthin den Bremser in den Waggon zu lassen.Der arme Teufel mußte während der langen Strecke aus der Platformstehen und hatte von dem Regen und kalten Winde sehr zu leiden. DerVorfall hat hier zu unliebsamen Bemerkungen Anlaß gegeben."Schade, daß das Gottesgnadenfrüchtchen von diesen unliebsamen Be-merkungen wahrscheinlich nichts zu hören bekommen. Sie hätten demwürdigen Sohn des würdigen Vaters und noch würdigeren Großvaterswahrlich nichts geschadet. Von dem demokratischen Geiste der Republikwird der Enkel des Thalerprinzen bei seinen deutschen und amerikanischenWirthen ohnehin wenig zu merken bekommen haben. In den Kreisenherrscht drüben derselbe Ton wie bei uns zu Hause— vielleicht nochschlimmer.— Während einzelne der Magdeburger Angeklngten vor Ge-richt in bedauerlicher Schwäche die Sozialdemolratie verleugnen zu müssengeglaubt haben, hat die Mehrzahl derselben ihrer Ueberzeugnng muthi-gen Ausdruck gegeben, zum Theil in geradezu imponirenderEntschlossenheit. So der Schlosser Oskar Nitschke:„Ichbin Sozialdemokrat mit Leib und Seele", so der Schlosser HermannD i e ck, dessen„hohen graben Much" der Staatsanwalt ausdrücklich an-erkannte, so der Zimmermann Ad. Schulze, der Former Erb, derArbeiter Mollenhauer und Andere, die sämmtlich offen erklärten,der Sozialdemokratie anzugehören und den„Sozialdemokrat" bezogen zuhaben.Daß sie sich nicht schlechtweg für schuldig im Sinne der Anklage er-klärten, kann ihnen Niemand verargen. Handelte es sich doch um reinformale Vergehen, die erst durch das Schandgesetz geschaffen sind.Ueber das Verhör des Denunzianten Speck lesen wir im ausführ-lichen Bericht„Reuen Magdeburger Tageblatt":„Speck(spricht anfangs kaum hörbar, nervös, ängstlich): Ich lasden„Sozialdemokrat" und erhielt ihn von Max Bätge. Ich kenne dieOrganisation. Magdeburg und die Vorstädte sind in ig Bezirke getheilt:1) Neuer Stadttheil, 2) Grüne Arm, 3) Mittelbezirk, 4) Sudenburg,5) Friedrichstadt, 6) Alte Neustadl, 7) Neue Neustadt und ferner drei,wahrscheinlich sechs Buckauer Bezirke. An der Spitze jedes Bezirks standein Bezirksführer. Die Ig Bezirkssührer bilden das„Leitungs-Komite".Das Agitationskomite bildeten Hobermann, Bremer und Klees. Kassirerwar Dieck, Schriftennertheiler Bälhge.In den Bezirksjührersitzungen wurde abgestimmt und verhandelt überöffentliche Angelegenheiten, Kassa Angelegenheit u. s. w. Wir wurde vonDieck Schweigen auferlegt. Der„Sozialdemokrat" wurde in den Sitzun-gen verthettt. Derselbe kam unter dimrsen Deckadressen an und wurdedann an Bätge abgegeben, der den einzelnen Bezirkesührern jedem dieAnzahl seiner Exemplare für die Leser im Bezirk aushändigten. jDßBezirkssührer gaben das Blatt ihren an sie zahlenden Lesern. 38itfwußten von einander nur wenig; man kann Positivesvon Einzelnen überhaupt nicht behaupten, das be-ruht alles auf Aermuthungen. Es war meist gan�dunkel bei den Berathungen, so daß manNiemanderkennenkonnte.Ueber die sogenannte 2. Organisation weiß ich nicht?,'Wir hielten den„S.'D." als Parteiblatt, den Ausgetretenen der zweitenOrganisation war der„S.-D." von uns entzogen, ob sie denselben direktvon Zürich bezogen, weiß ich nicht.Die CorporaPersammlungen wurden in den Bezirksführersitzungenbeschlossen. Ein Bezirkssührer suchte einen Platz aus, die andern Bezirks-führer erhielten am Tage vorher erst Kenntniß des Orts und lud dannjeder seine Bezirksgenossen ein, das heißt nur die zahlenden MÄ«glieder.Scheibe hat mich in das Parteigetriebe hineingebracht. Er lud mich züeiner Besprechung ein, ich ging mit. Die Corpora-Versammlungen wur-den formell wie jede ordentliche Versammlung geleitet, eröffnet, einVorsitzender und ein Schriftführer gewählt. Diese Corpora-Versamm»lungen beschäftigten sich mit:Abends von S bis 12, resp. 1 Uhr Nachts:Versammlung v. 1. Febr. 8S: Abrechnung über die Wahlen von 84/„„9. Aug. 85: Gründung eines Lokalblattes,„„ 12. Sept. 85: Wahlangelegenheit.Nachmittags von 3 bis 5 Uhr:Versammlung v. 13. Dez. 85: Lokalblattangelegenheit,„„ 18. Jon. 86: Schlichtungsversuche innerer Differenzen.Abends von 9 bis 1 Uhr Nachts:Versammlung v. 8. Mai 86: Bericht über den Erfolg der Schlichtungs«Versuche,„„ 2. Juni 36: Innere untergeordnete Angelegenheiten„„ 2. Okt. 86: Neue Schlichtungsversuchs und die Schub-den des Volksblattes.Alle Versammlungen fanden auf freiem Felde, an verdecktenPlätzen statt, unter Benutzung einer verdeckten Laterne.Vorsitzender: Angeklagter, haben Sie von der Polizei 200 Rk. fürIhre Mittheilungen erhalten?Angeklagter: Nein.Vorsitzender: Wollten Sie nach Amerika gehen und wurden Sie«u«durch-die Verhaftung an der Flucht gehindert?Nein.Bertheidiger Abg. Träger beantragt, die Ehefrau Speck vorzuladen»um über beide Punkte ibr Zeugniß abzulegen.Vorsitzender: Angeklagter, waren Sie überhaupt jemals Sozialdemo-krat, oder stellten Sie sich nur so, um der Polizei als Spion diene«zu können?Speck: Bis zum 5. Februar 87 war ich Sozialdemokrat, von da adnicht mehr.Klees: Dem Daniel hat der Speck im Gefängniß erklärt, wenn ernoch 12 Stunden länger Zeit gehabt hätte, wäre ernach Amerika entkommen. Der Speck hat schon früher einmalSozialdemokrat sein wollen, hat der Polizei als Zeuge gedient und istdann wieder Sozialdemokrat geworden.Vertheidiger Dr. F r e u d e n t h a l: Hat der Speck etwa an jenerverdeckten obenerwähnten Laterne seine„Notizen" gemacht?Speck will für seine Hintermänner im Bezirk jene Notizen über dieSitzungen des Leitungskomites gemacht haben, aber weshalb auch überCorpora- Sitzungen, wo die Bezirksgenossen selbst anwesend waren?Speck verweigert hierüber die Auskunft.Dr. Freudenthal fragt, ob gegen Speck ein Prozeß wegen Unter«schlagung von Mündelgeldern schwebt.Speck:„Davon bin ich mich nichts bewußt."Speck, weiter befragt, erklärt: Die Expedition des„Sozialdemokrat�schrieb an Organisation 1, daß sie auch an Organisation II„Sozialdemo«kraten» senden würde.—Dr. Freudenthal: Kann uns Speck die angezogenen Deckadressennennen?Sp-ck: Nein! Gedrängt, erklärt« er daraus: Ich kenne solche, ver«weigere aber die Auskunft.Bremer: Hat und wie lange Speck die„Freiheit» gelesen und wielange ist er Anarchist gewesen?Speck verweigert auch hierüber jede Auskunft.»F r a u S p e ck, als Zeuain vorgeladen und aufgefordert, die Fragezu beantworten, ob ihr Mann im Dienste der Polizei g«-istanden, dafür 200 Mk. empfangen und später nach Amerika habeflüchten wollen— verweigert die Aussage.Inspektor Krieter verweigert über diese 200 Mk.«best«falls jede Aussage; jedoch befragt, ob er jene 200 Mk. etwckprivatim dem Speck gezahlt, antwortet er ohne Zögern:„Nein."Das Letztere wollen wir meinen. Auch dem Arbeiter Winter gabHerr Krieter das Geld seinerzeit schwerlich aus der eigenen Tasche. Für?Korruptionszwecke hat man an maßgebender Stelle Heiden«mäßig viel Geld.Schande und Schmach, daß Arbeiter ihre politischen Angelegenheitennur in geheimen Zusammenkünsten behandeln können! Schande undSchmach über das System, das Lumpen und Verräther züchtet und dieFalschheit prämiirt!— Ans Frankreich. Bei den Stichwahlen zum PariserGemeinderath sind noch fünf weitere Mitglieder der Arbeiter»federation gewählt worden: Paul Brousse, Arzt, L a o y, Lehrer»S. Paulard, Handlungskommis, Reties, Knopfarbeiter, undSimon Svens, Schuhmacher. Der Blanquist Chauviöre, derursprünglich als gewählt gemeldet wurde, ist dadurch, daß seinem radi»kalen Gegner nachttäglich drei Stimmen zugezählt wurden, gegen diesenum eine Sttmme im Hintertreffen geblieben.Eineruns aus Paris zugegangenen längeren Korrespondenz entnehmenwir folgende interessante Einzelheiten über den Wahlkampf und die all»gemeine Situation:„Man kann angesichts des vorliegenden Resultats mit Recht sagen.daß bei den französischen Arbeitern der Radikalismus an. Zugkraft ge-waltig eingebüßt hat und im Niedergange begriffen ist. So wird daSFeld allmälig für die Sozialisten frei, und wenn dieselben, wie sie esbei dieser Wahl gethan, ihre Zänkereien einstellen, und eine Vereinigungder Fraktionen zu Stande kommt, so gehört Paris, der klassische Bodeiider Revolution, dem modernen Sozialismus.Der„Temps", das tonangebende Bourgeoisblatt, und mit ihm di»gesammte Bourgeoisprefle, ist über diesen Ausgang der Wahlen ganzbestürzt. Der„Temps" klagt„die blinde Logik des allgemeinen Stimm-rechts" an und zieht aus dem Wahlergebniß noch den Schluß, daßRevolutionäre und Reaktionäre eng mit einander verwandt und ver-dunden seien, sie unterstützten, sie stärkten einander gegenseitig. Und die.guten, klugen, gemäßigten Bürger haben darunter zu leiden.„Aber.aber," meint der„Temps" weiter,„Ihr blinden Reaktionäre, seht Jhsdenn nicht, daß Ihr für die Partei der Revolution arbeitet, anstatt daßIhr Euch mit uns,„den weisen Republikanern"(»agemont republi.cains) vereinigt? Stoßt Euch doch nicht daran, daß wir uns„Republikkaner"(in Gänsefüßchen) nennen, auch wir erstreben, was Ihr wolligden König abgerechnet." Also ein offenes Eingeständniß, daß sämmtlich«politische Parteien den Sozialisten gegenüber nur eine kompakte reak-tionäre Masse bilden, in ihren Theilen solidarisch handeln müffen. Wasder„Temps" weiterhin verblümt zwischen den Zellen sagt, das poltert.der„Matin" offen heraus:„Fort mit dem allgemeinen Wahlrecht!"Diese Haltung der liberalen Blätter erinnert ganz an das Benehmender gesinnungswaschlappigen Presse in Deutschland, nur daß in Frank»reich schwerlich der Boden ist, wo man in politischer Beziehung nach„berühmten Mustern" arbeiten kann. Außerdem vergißt der„Matin".und seinesgleichen, daß sich die Bourgeoisie nur ins eigen« Fleisch schnei»det, wenn sie das von ihr erfundene Heilmittel des alleinseligmachenden)allgemeinen Stimmrechts, das sie dem Volke bei jeder passenden undunpaffenden Gelegenheit empfiehlt, auf einmal verdammt.Die Sozialisten werden sich das gesagt sein lassen, vorläufig aberdieses Recht so viel als möglich für die Propaganda ausnutzen. Solltedie Zell wirklich eine Entziehung des allgemeinen Stimmrecht? bringe»,so werden sie sich schon zu helfen wissen."...„Unsere Pariser Genossen haben während der letzten Wochen ein«äußerst rührige Agitation entfaltet. Versammlungen folgten auf Ver»