tat Ort und Zeit gehalten, wie öffentlich»«gestanden wurde, um der deutschen Polizei eine internationale Intervention, bezw. Unmöz- lichmachung deS Kongresses zu verwehren. Die TheUnehmer verschwiegen aus dem gleichen Grunde am fremden Orte ihre Namen, ein Theil auch »och deshalb, weil er, nach Hause zurückgekehrt, polizeiliche Verfolgungen, Maßregelung auS Brod und Stellung oder, wie in den Belagerungs- »ustandsbezirken, die Ausweisung gewärtigen durfte. DaS ist alles seiner Zeit im Chemnitzer und Freiberger Prozeß rückhaltlos zugegeben worden und macht- den Richtern die V-rurtheilung auf§ l 28 unmöglich. Aber Krieterchen muß lügen, verdrehm und unterschlagen, sonst hätte seine Schrift keinen Inhalt. In den Schlußkapiteln sieht sich«rieterchen gezwungen, auch auf die Angriffe gegen die Fraktion aus der Mitte der Parteigenossen und auf dieradikale- undgemäßigte« Strömung in der Fraktion zu sprechen tu kommen. Die diesbezüglichen Ausführungen strafen seine eigenen Be- hauptungen von der geheimen einheitlichen Organisation der Partei und ber diktatorischen Gewalt der Zentralleitung Lügen. Nach ihm steht gegen- wärtig die Fraktion in der Partei gänzlich isolirt, die letztere will vom Parlamentarismus nichts mehr wissen, auch spricht er, Seit-«0 im Widerspruch mit dem vorher Ausgeführten von der Nothwendigkeit der polizeilichen und gerichtlichen Aushebung der in den einzelnen Städten geschaffenen Organisationen, nachdem er Seite öS von der »Züricher Parteileitung« gesprochen hat die plötzlich, man weiß nicht wie. auf der Bildfläche wieder als besondere Leitung erscheint Und die eS verstehe, die mit i h r in Verbindung stehenden Parteimit- slieder in straffer Zucht zu halten. So stolpert ein Widerspruch über den andern.._ Vielleicht erleben wir noch im deutschen Polizeilager einen Streit über die Frage: wer am besten die Geheimnisse der Sozialdemokratie zu «nchüllen weiß. Als zu Anfang dieses Jahres der Hamburg -Altonaer E�heimbundsprozeß im Gange war, ließ EhrewEngel durch die Presse »erkünden: jetzt endlich seien die Fäden der geheimen Organisatron der Sozialdemokratie über ganz Deutschland entdeckt, welche die Frerberger Angeklagten so hartnäckig leugneten. Der Prozeß fand statt und nichts »am zum Vorschein, was über den Rahmen von Altona und Umgegend hinausging. AlS vor 4 S Monaten abermals Massenverhastungen in Hamburz-Altona stattfanden, ward durch Ehren-Engel, aus dem gleichen Wege wie das vorige Mal, die gleiche Neuigkeit verkündet. Der näch- ßenS stattfindende Prozeß wird abermals beweisen, daß es sich nach dieser Richtung um eine Ente handelte.(Ist mittlerweile auch im vollsten Maße geschehen. Red.) Inzwischen erschien Ehren-Krieters Broschüre und »ahm Ehren-Engel den Wind aus den Segeln, aber was sie enthält ist Wind, und nicht? als Wind. Hiermit ist das Machwerk gekennzeichnet, daö Krieterchen dem ver« blüfften deutschen Spiehbürgerthum als die Entschleierung des Bildes von Egrs glaubt präsenttren zu dürfen. Den deutschen Parteigenossen können wir eine Anschaffung des Machwerks nicht zumuthen, sie wissen »unmehr, was sie davon zu halten haben. Den Vorgesetzten Krieterchens »der rathen wir, der schriftstellerischen Thätigkeit ihres Untergebenen ein wenig schärfer auf die Finger zu sehen; es ist doch eine Blamage sür öie gesammte Polizei, wenn eines ihrer Mitglieder, gestützt aufautori- tative Quellen«, eine Arbett veröffentlicht, die in ihrem Mangel an Wgik hinter der Leistung eines mittelmäßigen Quartaners zurückbleibt, »> der Unverfrorenheit deS Urtheils über richterliche Leistungen die schlimmsten Reichsseinde übertrumpft, und eine für einen höheren Polizei- ««amten beschämende und beleidigende Unwissenheit aktenmäßig festqestell- l-r Thatsachen verräth. Das Machwerk Krieters wird aber am schlagend- sten durch die Thatsache widerlegt, daß seit dem Erscheinen desselben auch M Magdeburg einer der jetzt Mode gewordenen GeheimbundSprozesse stattfand und eine Reihe von Verurtheilungen auf die Ks 123 und 129 lur Folge hatte, ohne daß von dem nach Krieters Schrift über ganz Deutschland verbreiteten Geheimbund das Geringste nachgewiesen wurde. Die Ironie des Schicksals wollte e« sogar, daß das einzige in diesem Proz:ß Mitangeklagte frühere Reichstagssraktionsmitglied, Heine, frei- ßesprochen werden mußte. Die Krieter'schenEnthüllungen" haben also nicht einmal in M a g d e- bürg bei den Richtern Glauben und L.achtung gefunden. Eine solche Desavouirung ist allerdings bitter.-g- Sozialpolitische Rundschau. Zürich, ?. September 1887. . Eine charakteristische Thatsache sei bezüglich des devor­stehenden sozialdemokratischen Parteitages hier mitgetheilt. Seit nach den letzten Wahlen die Abficht der Abhaltung eines sozialdemokratischen Parteitages bekannt wurde, sind au« B« l g i e n. H o l l a n d. L u x e m- �urg, Dänemark , England und der Schweiz an die deut- lch-n sozialdemokratischen Abgeordneten DutzendevonZuschriften »«richtet worden, in welchen Gastfreundschaft, geeignete Lokale »- s. w. angeboten wurden. Und zwar sind das macht die Thatsache »ach charakteristischer diese Zuschriften zum Theil von Männern auS- »«gangen, welche unserer Partei fernstehen, es aber sür ihr- Pflicht halten, einer so schmachvoll verfolgten Partei ein vorübergehendes »svl gegen Polizeiwillkür zu gewähren. . Unter anständigen Leuten hat die deutsche Sozialdemokratie eben «wen besseren Namen als P u t t k a m e r und Genoffen. Unser Zeitalter ist in der That das Zeitalter der ent- wickeltenHumanität eS begnügt sich nicht damit, den Thi-ren Anspruch auf eine menschliche Behandlung zuzusprechen, eS geht noch«inen Schritt weiter und vermenschlicht sie. Den Anfang machen, wie «illlg, die Hunde. Konnte man vor einigen Wochen von den Jag d< stunden deS Herzogs von Southerland lesen, die mit Gefolge be- stehend aus Lakaien tc. zu ihrer Erholung von den Strapazen der ätzten Jagdsaison in ein französisches Seebad reisten und dort als Bade- »Üste ln die Kurliste eingetragen wurden, so erfreuten den zum Lesen der Halen Tagespresse Verdammten bald darauf die Notizen über die R-ise ssiner hündischen Durchlaucht nicht doch, seiner durchlauchtigen Hunde- nele Verzeihung, des Leibhundes seiner Durchlaucht des Fürsten Bismarck, Tyras, nach Kissingen . Dieser Auserwählte unter den Hunden t-ist nicht nur in eigener Equipage, mit hündischem und menschlichem Angestellten Gefolge, er hatte auch überall, wohin er kam, ein frei« williges Gefolge, dieses aber nur aus Zweisüßlern bestehend. . Aber nicht alle Hunde können Jagdhunde eines Herzogs, nicht alle vunde Leibhunde eines Fürsten sein, dessen Reichthum auf Blut und Dhränen ausgebaut worden. Andere Mitglieder dieser interessanten Rasse Wiissen sich ihre menschenmäßige fast hätten wir gesagt, menschen- Würdige Stellung erst verdienen. Nun gibt es ja schon seit ssilms Zeiten die Beruf« der Hofhunde, Ziehhunde, Schäferhunde»c., »as sind aber blos ganz spezielle Hundeberufe, erst unserer Zeit blieb «3 vorbehalten, den Hunden Berufe anzuweisen, die auf den Namen Menschlich« Anspruch haben. .Eines der interessantesten Schauspiele auf dem gewaltigen Zentral- Viehhofe der Stadt Berlin " lesen wir in Berliner Blättternist Arbett der Treiberhunde. Diese unansehnlichen Thier- leisten in «er Dressur das Höchst-, denn sie arbeiten mit vollem Ber- »ändniß ihrer Aufgabe. Einer dieser Hunde entladet und be» ladet ganz selbständig einen Waggon mit Hammeln, wobei ihm tei jünger- Thier« affistiren. DiedretHundeverrichtendie rbeit von zehn Menschen. Der Haupthund treibt die Hammel wich einander in den Waggon, während die beiden neueren ihm die Vierde zusammenhalten. Und dabei sind die Thier« u n g e m e i n g e- »!lgsam; Fleisch bekommen sie gar nicht, um nicht bissig zu werben. ?in solcher Hund repräsentirt auch ein kleines Kapital, mit 7088 Ahalern wird ein guter Hund gern bezahlt/ i-ltert um einen Betrag, mit dem ein Mensch noch nicht zufrieden wäre. ust da« nicht der höchste Triumph moderner Wirlhschastlichkeit? Assen !»r Menschen, Hunde für Menschen sei gepriesen, o«era der Ueber- »uss>gmachung menschlicher Arbeitslöhne! Indeß mit dem Hund als Kur- und Badegast, dem Hund als Kutschen» Insassen, dem Hund alS Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt ist das Register noch nicht erschöpft. Es fehlt noch der höchste, der heiligst« der Berufe, der Beruf des VaterlandSvertheidiger». Und auch dafür ist gesorgt. Man höre nur, waS die Berliner Blätter weiter zu berichten wissen: Als am Montag Vormittag gegen 11 Uhr die Standarten- Eskadron, welche dieses Mal das Regiment der Garde« du Corps stellte, mit klingendem Spiele sich dem Palais des Kaiser » näherte, um die Standarten wieder abzubringen, konnten die Zuschauer, die sich wieder, wie stets bei diesem imposanten militärischen Akt, in zahlreicher Menge eingefunden hatten, hierbei ein drolliges Intermezzo beobachten. Reben dem Eskadronchef trabte, wie ein Adjutant, vorschriftsmäßig auf der linken Seite, der Schwadronshund, ein kleiner schwarzer Affen- pmtjcher ohne Maulkorb und mit einer Dienstschabracke gesattelt. Beim Aufmarsch zur Front vor dem PalaiS begab er sich alsschließender Offizier" hinler die Mitte der Front, zwei Schritt hinter die Reihe der schließenden Unteroffiziere, und hielt dann beim Kommando zumPrä­senttren" die Augen reglementsmäßig auf dieStandarte gerichtet, bis das Kommando zumSchultern« erfolgte. BeimAb- schwenken« der Eskadron zum Abmarsch war er wieder, wie der Wind, auf der linken Seite seines Eskadronchefs. Man konnte bemerken, wie das drollige Thier bei den Kommandos dienstfertig die Ohren spitzte und ständig den Blick auf seinen Chef gerichtet hielt, unbekümmert um die Vorgänge auf der Straße. Auch heute am Paradetage sah man ihn unermüdlich seine Pflicht thun und zwar noch stolzer wie sonst, denn heute kokettirte er mit einer nagelneuen Parade» s ch a b r a ck e. Als Auszeichnung für seinen Diensteifer hat er denn be- reits auch denhöheren Grad der Gemeinheit« erreicht, denn an seinem Halsbande sieht man die Gefreitenknöpfe prangen. In der Schwadron munkelt man sogar, daß er nach dem Herbstmanöoer zum Unteroffizier« befördert werden soll.« Gönnen wir ihm die Ehre. Und hoffen wir zugleich, daß der neu- gebackene Unteroffizier sich Präsenten in Gestalt von Wurst und Schinken ebenso unzugänglich erweisen werde als seine zweibeinigen Herren Kameraden«. Jedenfalls ist es sehr erhebend, daß das bunte Tuch, die Knöppe", Schabracken tc. nicht blos aus Menschen ihren geheimnißvollen Zauber ausüben, sondern daß die weltbewegende Bedeutung dieser im Militärstaat unentbehrlichen Dinge selbst den Hunden ausdämmert. BiS zu welcher beispiellos tiefen Stufe der Gesinnungsniedertracht der deutsche ServiliSmuS be­reits angelangt ist, davon legt nichts deutlicher Z-ugniß ab als die Natur der Geschichtchen tc. vom alten Wilhelm, vom Bismarck , vom Moltke tc.. welche die Presse des Denkervolkes ihren Lesern aufzutischen für gut findet. Daß die Völker ihren Heroen oder denjenigen, die sie dafür halten, gern allerhand vortreffliche Eigenschaften ,c. andichten, bezw. andichten lassen, die diese nicht besitzen, ist eine alte Geschichte, und wenn daher die deutsche Bedientenpresse unS vom alten Wilhelm geist- reiche Aussprüche, von Bismarck edelmüthige Handlungen und von Moltke Akte der Freigebigkeit mittheilen würde, so würden wir ihr zwar nicht glauben, aber ihr Verfahren sehr begreiflich und somit auch ganz in der Ordnung finden. Wie die Heuchelei ein Kompliment an die Tugend ist, so wäre eS immerhin eine Konzession an den guten Geschmack des Volkes. Aber weit gefehlt. Heute hält man der- gleichen nicht mehr für nölhig, heute bleibt man bei der Wahrheit nicht weil man es für ein Unrecht gegen das Volk hielte, es zu belügen, sondern weil man es für verkommen genug hält, die seichteste Albernheit sür geistreich zu finden, blos weil sie aus dem Munde des HeldengreiseS stammt, die roheste Gemeinheit erhaben und schön zu finden, sobald sie von Bismarck verübt worden mit einem Wort, aus Krie- cherei die Begriffe in ihr direktes Gegentheil zu verkehren. Da ist z. B. das Wort Hübsch. Was bedeutet hübsch? Dem Sprachgebrauch nach so etwas wie schön im moralischen Sinne, nicht grade etwas außergewöhnlich Schönes, aber doch immer noch etwas, was unfern Beifall herausfordert. Nun wohl, vor Kurzem konnte man imBerliner Tageblatt«, einem Reptil, das unter liberaler Flagge segelt, Folgendes lesen: Von der Sparsamkeit unseres Feldmarschalls Moltke weiß die Schweidnitzer Zeitung« Kreifau, das Gut deS Grafen Moltke, liegt bekanntlich in der Nähe von Schweidnitz folgende hübsche Anekdote zu erzählen, für die wir dem genannten Blatt allerdings die Bürgschaft überlassen müssen: Graf Moltke besuchte von seinem Gute Kreise jüngst auf einem seiner Ausssüge einen Gastwirth und ließ sich ein Glas einfaches Bier einschenken. Der Wirth führte nur daS sogenannte einfache Bier und ausnahmsweise auch einmal Doppel- bier, welches in dortiger Gegend sehr beliebt ist. Von ersterem kostet ein Glas 5 Pfennig, von letzterem aber 10 Pfennig. Der Wirth glaubte nun, dem Herrn Grafen das bessere Bier vorsetzen zu sollen, was auch geschah. Feldmarschall Gras Moltke , welcher bei diesem Wirth schon zu öfteren Malen Einkehr gehalten, legte, nachdem er das Bier getrunken und sich lobend über dasselbe ausgesprochen hatte, ein Zehnpfennigstück auf den Tisch, in der Erwartung, daß der Wirth 5 Pfennig herausgeben würde. Da nun der Wirth das Geld dankend einsteckte und nichts her- ausgab, empfahl sich Graf Moltke , ohne ein Wort zu verlieren. An einem der nächsten Tage kehrte der Feldmarschall wiederum, wie ge- wohnlich, bei dem Gastwirthe ein und verlangte ein Glas Bier. Der Wirth schenkte auch heute ein Glas Doppelbier ein. Vor der Abfahrt wurde der Wirth gerufen und Moltke sprach zu demselben:Ich habe Ihnen beim letzten Hiersein 10 Pfennig gegeben, und da Sie mir nichts herausgaben, so habe ich noch 5 Pfennig gut, womit das heutige Glas Bier bezahlt ist.« Aus die Bemerkung des WirthS, daß eS ja Doppelbier gewesen fei, welches 10 Pfennig koste, erwiderte F-ldmarschall Graf Moltke:Ich habe ja kein Doppelbier bei Ihnen bestellt!« Sprach's und fuhr lächelnd weiter.« Wir fragen nun jeden urtheilssähigen Renschen: Was ist an der Ge- schichtehübsch«? Wenn dem Moltke es nicht paßte, daß ihm der Wirth Doppelbier statt einfachem Bier vorsetzte, dann stand eS ihm frei, dasselbe zurückzuweisen. Das wäre auch noch nicht«hübsch" gewesen, sondern eben nichts als sein gut-S Recht. Trank er aber das B.er aus, so hatte er es als anständiger Mensch auch zu bezahlen, und wenn er daS nicht that, so hat er sich einfach schofel, zum mindesten klein- lich benommen. Wenn die Geschichte wahr ist, so läge also für die Be- wunderer des Schlachtenlenkers aller Grund vor. sie zu verschweigen. Aber, wie gesagt, so tief ist man in Deutschland schon in byzantinischer Speichelleckerei versunken, daß man den Großen gegenüber nicht nur auf jedes politische, sondern überhaupt aus jedes Urtheil verzichtet hat. Zur Frauenfrage. Durch die Presse läuft gegenwärtig fol- gende Rotiz: Die hervorragende Rolle, welche die Frauenarbeit in der modernen Industrie spielt, zeigt sich in dem Beispiel der schweizerischen Textilindustrie. In der Züricher Seidenindustrie sind 30,000 Frauen beschäftigt. In der ganzen Schweiz sind 51,132 Frauen in der Seidenindustrie thät ig gegenüber 11,7 71 Männern, in der Baumwollen, tndustrie 23,343 Frauen und 18,320 Männer, in der Leinen- und Halbleinenindustrie 5332 Frauen, 5553 Männer, in der Wollen- und Halbwollen industrie 2022 Frauen, 1470 Männer, in der Stickerei 23,000 Frauen, 15,724 Männer. In der Schweizer Textilindustrie überhaupt sind 103,452 Frauen und blos 52,838 Männer beschäftigt. Daneben finden sich die Frauen in fast allen ersten Industrien, und fast keinen Beruf gibt es in der Schweiz , in welchen die weibliche Arbeitskraft nicht eingedrungen ist.« Diese Zahlen, denen sehr leicht entsprechende für England, für Deutsch- land kurz, für alle modernen Industriestaaten anzufügen wären, sind viel beredtere Anwälte für die Gleichberech- tigung der Frauen als alle sentimentalen Freiheitsphrasen schön- geistiger Frauen Emanzipatoren. Für die Arbeiterklasse wird z. B. die Frage deS F r a u e n st i m m r e ch t S bald nicht mehr eine Frage der Gerechtigkeit, sondern eine durchaus zeitgemäße Jnteressenfrage sein. Bei Volksabstimmungen, Wahlen tc. ist das industrielle Proletariat enttschieden im Nachtheil, kommt seine Siimme nicht zum gebüh- renden Ausdruck, so lange der weiblichen Arbeiterschaft das Stimmrecht vorenthalten ist. Wer weiß, ob Wahltreise, wie der 17.. 18., 13. tc. sächsische Wahlkreis, trotz Kriegslügen tc., am 21. Februar der Arbeiter- jache entrissen worden wären, wenn die in den dortigen Textilsabrilen tc. beschäftigten Frauen stimmberechtigt gewesen wären. Im Kanton Zürich ist in verschiedenen hochindustriellen Bezirken an eine erfolgreiche Arbeiier» kandidatur gar nicht zu denken, denn die Mehrzahl der arbeitende» Bevölkerung besteht aus Frauen und stimmt daher nicht mit. Daß die Frauen ihre Lage nicht begreifen oder nicht im Stande sind, sie zu be» greifen, dafür liegt nichi der mindeste Anhalt vor; wenn sie heute noch vielfach unterwürfiger sind als die Männer, so ist grade das Bewußt- sein ihrer politischen und sozialen Rechtlosigkeit in hervorragendem Maße schuld daran. Wo die Frauen dagegen, sei es durch außerordenlliche Ereignisse, wie in Revolutions- und Kriegszeit«» u.s.w., oder auch auf Grund bestimmter historisch herangebildeter Verhälinisse, wie in Amerika , politische Geltung erhielten, haben sie eS an Unab» hängigkeitsfinn nie fehlen lassen. Nicht diejenigen, die für die Gleich berechtigung der Frauen eintreten, sondern diejenigen, die sie bekämpfen, find unverbesserliche Doktrinärs. Bebel ei« Verbrecher gegen die Sittlichkeit, da» ist ge» miß eine Entdeckung, die alle Diejenigen, welche unfern schneidigen Ge» nossen persönlich oder aus feinem öffentlichen Wirken kennen, auf'« Höchste überraschen muß. Indeß sie ist Thatsache, und zwar ist es da» Kaiserlich königliche österreichische Oberlandesgericht in Wien , dem daS Verdienst derselben zufällt. Die Sache verhält sich so. Vor einiger Zeit fiel der Polizei in Gmunden eine Sendung von BebelsDie Frau in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft" in die Hände, und wurde natürlich sofort nach dem derühmtenobjektiven« Ver- fahren*) verboten. Sin österreichischer Genosse, Jndra, legte gegen das Verbot Einspruch ein, und zwar mit Erfolg. Das k. k. Kreisgericht in Wels hob das objekttoe Verfahren auf. Dagegen rekurrirte nun die Staatsanwaltschaft ihrerseits, und hat jetzt den Triumph, daß da» schreckliche Buch auf Grund des§ ö13 des österreichischen Strafgesetz» buchs verboten ist und bleibt. Dieser Paragraph aber lautet: Wer durch bildlich- Darstellungen oder durch unzüchtige Handlungen die Sittlichkeit oder Schamhaftigkeit gröblich und auf eine öffentliche» Aergerniß erregende Art verletzt, macht sich einer Uebertretung schuldig und soll zu strengem Arrest von 8 Tagen bis zu 6 Monaten verurtheitt werden. Wuroe aber eine solche Verletzung durch Druckschriften begangen, so ist sie als ein Vergehen mit strengemArrestvo« 3 Monaten bis zu einem Jahre zu ahnden.« Es liegt ein tiefer Sinn im Anziehen grade dieses Paragraphen. Es gibt zwar viele Leute, die da meinen, es könne kaum em sittlichere» Buch als daS Bebel'sche geben, und wenn man dieses, als die Sittlich» keit und Schamhaftigkeit gröblich verletzend, verbiete, dann müsse man unser« sämmtlichen Klassiker, namentlich aber unsere Philosophen eben» falls verbitten, aber dieulben haben eben keinen Begriff von dem feine» Gefühl der Weener Richter und Staatsanwälte. Diese besitzen, wie die sogenannten Wiener Witzblätter beweisen, eine Sittlichkeit und Scham- haftigkeit ganz eigner Art. Sie können die pikanten Nacktheiten und die noch pikanteren Halb-Nacktheiten derBombe", desFloh" tc. beschauen, ohne roth zu werden, und finden fogar, daß sie die öffentliche Sitt» lichkeit und Schamhaftigkeit heben; aber daß Jemand Bebel's Buch lesen könne, ohne roth zu werden, das sei undenkbar, meinen die Wiener Richter. Und wer möchte behaupten, daß sie Unrecht haben? Es bleibt also dabei, Bebel ist ein Sittlichkeitsoerbrecher, und sei» Buch wird demnächst in sechster Auflage erscheinen. Mit dem Raubzug Rr. 2 der Schuapsbreuner 9h. i ist bereits im famosen Schnapssteuergesetz vollzogen wird es also für diesmal nichts. Es hatte sich zwar die genügende Anzahl Theilnehmer gefunden, um an der versprochenen Beute th-ilzunehmen, aber ein Thett derselben unter Bedingungen, welche es den Gründern des Schnapsringes für rathsam erscheinen ließen, einstweilen von demGeschäft" Abstand zu nehmen. Selbstverständlich ist damit der schöne Plan nur aufgescho» ben, nicht aufgehoben. Mit der Beharrlichkeit, die edle Seelen ziert, wer» den die Herren vielmehr an ihm festhalten und jetzt all ihren Witz an- strengen, einen Weg ausfindig zu machen, die widerhaarigen Elemente zum Eintritt in den Ring zu zwingen. Das Ziel ist des Schweiße» der Edlen werth: 30 Millionen und mehr pro Jahr aus den Tasche» der armen Leute dem kann kein ehrlich Junkerherz Widerstand leiste«. In de« Arme« lagen sich Beide und weinte» vor Schmerz«ud vor Freude. Die von echt christlicher Gesinnung zeu- gende, uneigennützige Aufnahme des Schnapsringes der Junker an der Börse hat auf die Ersteren tiefen Eindruck gemacht. Um den Preis«ine» momentanen Profitchens, der für sie dabei abgefallen wäre, einen ganzen Geschäftszweig opsern, ist das nicht der Gipftt hochherziger Entsagung? Menschen, die so handeln, müssen gute Menschen sein, sagten sich die Junker, wir haben der Börse Unrecht gethan: wahres Christenthum, praktisches Christenthum ist nur noch auf der Burgstraße in Berlin zu finden. Darum, reicht uns die Hand, arg verlästerte Cohns und LevyS Arm in Arm mit Euch fordern wir das Jahrhundert in die Schranken! DasDeutsch- Tageblatt«, wohlgemerkt, das agrarisch-feudaleDeutsche Tageblatt«, wendet sich gegen die geplante Besteuerung aus- ländischer Werthpapier« und mit Argumenten, die jedem Jobberblatt Ehre machen würden.Eine hohe Emiffwnssteuer«(Besteue» rung der Zeichnung fremder Werthpapiere), schreibt es,die den aus» ländischen Geldsucher erheblich b.lasten würde, müßte dem deutsche » Markt nothgedrungen weil sie ihn dem Auslandsmarkt gegenüber konkurrenzunfähig machen würde kreditwürdige und solvente Schuld» ner abspänstig machen, während die faulen Geldsucher dadurch auch nicht zu verscheuchen sind, denn je weniger Jemand an'« Rückzahlen seiner Schulden denkt, desto liberaler ist er in seinen Zugeständnissen an den Darleiher. Eine Kouponsteuer, die ja auch nur sür neu einzuführende Werthe in Betracht kommen kann(da sie andernfalls«in« nicht z« rechtfertigende V er m ö g e n S k o n f i Sk ati o n bedeute» würde), würde genau denselben Effekt haben, wenn sie auch ertrag«, reicher werden könnte als eine Emissionssteuer. Wir glauben nun, daß es auf den Ertrag bei dieser Steuer weniger abgesehen ist, alS auf die Reinigung des deutschen Marktes. Diese aber, wir wiederholen es, kann auf dem Steuerwege nicht erreicht werden.« Mtt andern Worten:Bitte, liebe Regierung, verschone die gute Börse mit dieser Steuer!" Welche rührende Freundschasl! Oder sollte nicht nur die Börse durch die projektirte Steuer bedroht sein, sondern auch die Geloschränke dernothleidenden Lanowirthschaft«? Mobiles Kapital und immobiles Kapital, die sich fo lange w den Haaren gelegen, find Brüder, und«in Rarr, wer sich durch ihre häaS» lichen Zänk-reien, die gelegentlich wieoerkommen werden, darüber hin» weztäuschen läßt. Ueber die infame Behandlung der Sonntag den SS. August in Grünau bei Berlin , gelegentlich eines AuSfluges zur Ge» dächmißseier Ferdinand Lassalles, verhafteten Berliner Arbeiter(siehe unsre heutige Berliner Korrespondenz) lesen wir in der BerlinerVolks-Tribüne": Wie man mit den Verhafteten umsprang, davon nur«in Beispiel. Gegen 2 Uhr Mittag« wurde ein Arbeiter arretirt, die Gründe sind ihm heute noch nicht bekannt. Gegen V,4 Uhr wurde er dann mtt vier Genossen auf einem Wagen nach Glienick « geschleppt, unter Eskorte von Gensoarmen mit aufgepflanztem Bajonett. In Glienicks nah« daS Spritzenhaus die gemeingefährlichen Verbrecher auf. War dieses Loch eigentlich für fünf Mann schon zu eng, so wurde die Lage der Jnhaftirten eine geradezu v.rzweiselte, als gegen 9 Uhr Abends noch weitere sechs Männer hineingesperrt wurden. Von Liegen war keine Rede, weil überhaupt kein Platz dazu da war. Man kauerte auf etwas Stroh. An Schlafen wäre aber auch sonst nicht zu denken gewesen, denn draußen machte säbelklappernd mit möglichst großem Geräusch ein Knecht des Dorfes die Rande. Auch die Glienicker Bauern mußten natürlichdie verfluchte Sozialistenbrut", wie sich einer von ihnen ausdrückte, sehen und mit anzüglichen Reden beschimpfen; einige sollen fogar brennend« Cizarrenrester in das(strohgefüllte I) Spritzenhaus ge- worsen haben. Als man früh etwas Waschwaffer verlangte, war der Gemeindeschulze impertinent genug zu fragen, wozu denn Sozialdemo- kraten Waschwaffer brauchten? Bis Montag früh um 9 steckten die Jnhaftirten in dem Loch, dann ging es unter Begleitung des Geni� *) Dasselbe besteht darin, daß das betr. Preßerzeugniß kurzerhand auf Grund irgend eines Strafge etzbuchparagraphen konfiszirt wird, ohne daß geg n Verfasser ooer Verleger Anklage erhoben würde.