die Kontingents aus anderen Stadttheilen eintrafen. Der riesige Platz war gedrängt voll. Die Polizei wagte nicht einzuschreiten. Die zahlreich vorhandenen berittenen und nicht berittenen Polizisten und Detektives mußten ruhig mit anhören, wie man ihre Gemeinheiten mit dem rich- tigen Namen benannte. Der Grundton aller Reden war der deS Triumphs, des Triumphs über die Polizei. Gestern, am 24., besiegelte diese ihre Niederlage. Die Liberalen und Radikalen von Rotherhuhe hatten eine Massenversammlung mit Fackeln unter freiem Himmel für den Abend deS 24. einberufen, um gegen das Vorgehen der Polizei zu protestiren. Die Versammlung konnte nicht ver- boten werden, um aber die Liberalen zu chikaniren, verbot der Chef der Londoner Polizei, Sir Charles Warren , wenigstens das Mitbringen der Fackeln. Die Versammlung wurde nichtsdestoweniger abgehalten, und zwar m i t F a ck e l n. Die Polizei ließ sie ruhig gewähren und beschränkte sich darauf, den Namen und die Adresse eines Fackelträgers zu notiren l So ist denn das Polizistenthvm auf allen Punkten geschlagen: eine einzige Kraftanstrengung der Londoner Arbetter hat genügt, eS in feine Schranken zurückzuweisen. Es ist das nicht die erste Niederlage der Polizei in England in ihrem Kampf gegen die Arbeiter, es wird auch nicht die letzte sein. Di« Herr- fchenden Klassen kommen einmal ohne Polizei nicht mehr auS. Die Lide- ralen, die heute die Polizeiwirthschaft bekämpfen, werden sie selbst stützen, sobald sie am Ruder sind. Aber alle Versuche, den englischen Arbeiter einem Polizeiregime zu unterwerfen, werden enden wie die Affäre von Doodstreet 1885, wie die Affäre von Trafalgarsquare und Rotherhithe dies Jahr geendigt haben. Die Polizeischuftereien können hier bloS den einen Erfolg haben, den sie in Deutschland , wo sie uralt sind, schon längst gehabt haben: auf der einen Seite die Erweckung der Arbeiter und ihre Loslösung von alten Parteien zu fördern, auf der anderen Seite den Kastengeist der verschiedenen Arbeiterkategorien im gemeinsamen Kampfe erlöschen zu lassen: der Kamps mit der Polizei ist ein mächtige? Mittel zur Hebung de» Klassenbewußtseins einer unterdrückten Klasse. Die Polizei arbeitet also in England wie überall in letzter Linie blos für uns. Sozialpolitische Rundschau. Zürich , 2. November 1887. Die Wahlpflicht spuckt wieder in den Reptilblättern, und wenn heutzutage die Frage des Wahlrechts nach der einen oder andern Seite von dieser Presse behandelt wird, kann man sich darauf verlassen, daß irgend eine Teufelei geplant wird.Wahlpflicht" das klingt eigentlich ja sehr hübsch und hat sogar einen urdemokratischen Beigeschmack. Die alten Athenienser zur höchsten Blüthezeit des Freistaats hatten insofern die Wahlpflicht zum Gesetz gemacht, als jeder Bürger, der das Wahlrecht ausübte, für die Zeit, welche er dazu gebrauchte, eine Geld- entschädigung erhielt, so daß, wer seine Wahlpflicht verabläumte, durch das Wegfallen dieser Geldentschädigung gewissermaßen bestraft wurde. Denen, welche mit der Entwicklungsgeschichte unserer Partei be- kannt sind, wird eS erinnerlich sein, daß die Absicht bestanden hat, die Wahlpflicht in das Parteiprogramm aufzunehmen, denn die Ausübung eines so wichtigen Rechts ist ohne Zweifel eine Pflicht. Also an sich ist gegen die Wahlpflicht gar nichts einzuwenden. Aber es ist ja eine, von uns schon wiederholt besprochene Gewohnheit unserer modernen Machthaber, daß sie Worte und Sätze von gutem Klang sich aneignen und ihnen dann durch einen systematischen Fälschungs- Prozeß einen ganz anderen, dem ursprünglichen meist entgegengesetzten Sinn unterlegen. Nehmen wir nur ein Beispiel.Beamte dürfen keine Jolitik treiben," forderte seit Jahren die preußische Fortschrittspartei. ut,Beamte dürfen keine Politik treiben," ruft Junker Bismarck an- läßlich der Wahlthätigkeit des fortschrittlichen Landraths Baum- bach und jeder Beamte, der bei der Wahl nicht stramm für die Regierung eintritt, wird ohne Gnade gemaßregelt.Der Beamte darf keine Politik treiben," heißt natürlich bloS: er darf keine der Regierung unangenehme und der Regisrungspolitik entgegenlaufende Politik treiben. Die Politik der Regierung ist keine Parteipolitik, sie steht über den Parteien, sie ist richtig und unfehlbar orxo muß sie von dem pflichttreuen Beamten mit allem Eifer und aller Kraft unterstützt und gefördert werden. Und wenn der Beamte dies thut, treibt er keine Politik, sondern sorgt blos dafür, daß die unfehlbare, allweise Regierung ihre Politik treiben kann zum Wohle des lieben Volks und zum Heile des Staats. Und so b.kommt der oppositionelle und demokratische Satz,der Beamte soll(a l i Beamter) keine Politik treiben," genau den umgekehrten Sinn Feuilleton. Friedrich Engels/ ) Von K. Kaut> Die Zeit, in der die Geschichte der Arbeiterbewegung vom proletari- schen Standpunkt aus geschrieben wird, scheint noch nicht gekommen, und sie dürfte noch in ziemlicher Ferne liegen. Man schreibt nicht Kriegs- geschichte mitten in der Schlacht, und die Schärfe der Klassengegensätze, die die heuttgen Klassenkämpfe erzeugen, ist-her im Zu- als im Ab» nehmen begriffen. Aber wenn ein Kämpfer, wie die Sozialdemokratie, nur wenig Muße findet, seine Vergangenheit eingehend und systenia isch zu erforschen, so wirft er doch von Zeit zu Zeit einen Blick nach rückwärts und schöpft neue Kraft und Zuversicht, wenn er sieht, wie viel Terrain er bereits gewonnen hat. EineS der besten Mittel, dieS zu ermessen, besteht darin, den Spuren unserer Vorkämpfer zu folgen und den Weg zu überblicken, den sie zurückgelegt. Unter ihnen aber steht neben Karl Parx in erster Linie Friedrich Engels . Er hat mitgeholfen, die moderne proletarische Bewegung zum Selbstbewußtsein zu bringen und sie aus eine wissen- schaftliche Grundlage zu stellen; er steht seit fast einem halben Jahr- hundert in ihr und hat an ihren bedeutendsten Aeußerungen thatkräslig-n »ntheil genommen. Sein Entwicklungsgang ist mit dem unserer Partei auf's Engste verknüpft, seine Geschichte ein gut Stück Parteigeschichte. Nichts erscheint unS lehrreicher und ermuthigender als fie, denn sie läßt unS deutlich erkennen, wie viel daS Proletariat in dieser Zeit ge­lernt hat, wie sehr eS gewachsen, wie hoch sein Einfluß gestiegen ist. Mit der Geschichte von Engels ist verknüpft die Entwicklung der poli« tischen Arbeiterorganisationen vom Verschwörungsklub zur Propaganda« Gesellschaft und von dieser zur politischen Partei, mit ihr verknüpst die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft . Diese Entwicklung und die wechselseitige Einwirkung, die Engels auf sie und sie auf Engels ausübte, eingehend darzustellen, würde natürlich den Raum eines Kalenderartikels weit übersteigen, ganz abgesehen von anderen Erfordernissen einer solchen Darstellung, die mir fehlen. Viel- leicht dürfte aber auch die kurze Skizze, die ich mit den folgenden anspruchslosen biographischen Notizen geben will, nicht ganz unnützlich fein. ) Wir entnehmen obigen Aussatz demOeste»reichischen Arbeiter- Kalender" für das Jahr 1888, der im Verlag de» Volkssreund" in Brünn (Josefstadt Nr. 3S) erschienen ist. Preis: 35 Kreuzer. Der Kalender, diesmal besonders reich ausgestattet(144 Seiten stark) und mit dem Porträt Fr. EngelS' sowie einer Beilage: Gruppenbild der sozialdemokratischen Abgeordneten de« deutschen Reichs« tags" geschmückt, kann den Parteigenossen hiermit bestens empfohlen werden. und bedeutet, unter Beibehaltung der alten Form, in Wirklichkeit:der Beamte muß die Politik seiner Regierung treiben." Diese Art der Falschmünzerei ist von dem Lehrer unseres Kanzlers Eisenstirn, dem Lumpazius Bonaparte-Badinguet, zuerst im Großen praktizirt wor- den, und der Schüler sucht auch in dieser sauberen Kunst den Meister zu übertreffen. An Schamlosigkeit und zynischer Verhöhnung des öffent- lichen Anstands und Rechtsgefühls hat er ihn in der That auch auf diesem Gebiet übertroffen. Mit der Wahlpflicht hat e« eine ähnliche Bewandtniß, wie mit dem Satz:Der Beamte soll keine Politik treiben." Unter Wahlpflicht versteht man von Haus auS, daß jeder Staatsbürger zur Ausübung seines Wahlrechts bestimmt werden soll, indem ihm für den Fall der Ausübung ein Vortheil, für den Fall der Nichtausübung ein Nachtheil in sichere Aussicht gestellt wird. Der Zweck ist aber auf alle Fälle, zu bewirken, daß m ö g l i ch st jeder Staatsbürger in die Lage gebracht wird, seiner Ueberzeugung gemäß frei zu wählen. Gut sagen die Handlanger des Kanzlers Eisenstirn. Die W a h l- Pflicht ist ein schön Ding. Nur muß sie auch ernsthaft durch- geführt werden. Mit moralischen Mitteln sanftem Druck durch Vermahnuiizen, Geldstrafen u. f. w. ists nicht gethan neben der Wahlpflicht muß der Gensdarm und Polizeidiener st e h« n. Der Genidarm und Polizist kann allein die Wahlpflicht zur Wahrheit machen. Ohne den Gensdarm und Polizist ist sie eine elende demokratische Heuchelei. Kurz, der Gensdarm und Polizist hat den säumigen Wähler an die Wahlurne zu schleppen, und dafür zu sorgen, daß er auch richtig wählt, und den R i ch- tigen wählt. Selbstverständlich ist daS der Regierung skandidat. Und wie der pflichttreu« Beamte so ipso die Polittk der allweisen und unfehlbaren Regierung zu treiben hat, so hat auch der pflichttreue Wähler durch sein Votum die Politik der allweisen und unfehlbaren Regierung zu unterstützen und zu fördern. Punktum! Und dieWahlpflicht", welche die Reptilien des Kanzlers Eisenstirn uns jetzt so warm empfehlen, heißt Ersetzung der kartellbrüderlichen P r i v a t-Schlepper" durch wohlbestellte Staats-Schlepper durch Gensdarmen und Polizisten. In der Privat Schlepperei hat man doch ein Haar gefunden, und namentlich haben auch viele Privat-Schlepper ein Haar dran gefunden. Nicht jeder Wähler ist höflich und geduldig, und wir kennen Schlepper, die wochenlang nach der Wahl noch mit geschwollener Backe herumliefen. Durch Verstaatlichung der Schlepperei Herr Sparig nennt'sLootserei" wird diesem Uebelstand aufs Gründlichste abgeholfen. Wer einem Gensdarmen oder Polizisten nicht gehorcht, leistet der hohen Obrigkeitstrafbaren Widerstand", und wer gar einem Gensdarmen oder Polizisten eine Ohrfeige applizirt, kann sich schon auf Monate, wo nicht Jahre Gesängniß vorbereiten. Genug die Idee ist so schön, daß eingeniales" Bürschchen wie unser Kanzler Eis-nstirn sie sicherlich nicht leicht wird fahren lassen. Und unter solchen Umständen müssen wir uns daraus gefaßt machen, daß dem Ges-tzesvorschlag zur Verlängerung der Legislatur- Perioden ein Gesetzesvorschlag zur Seite stehen wird, welcher den Schlepperdienst bei Wahlen verstaatlicht und das Watzl- recht korrigtrt, indem die Wahlpflicht proklamirt und polizeilich regulirt wird. Der deutsche Reichswähler zufrieden und wohl behütet zur Wahlurne wandelnd, wie der biedere Hammel zur Schlachtbank Gensdarme rechts, GenSdarme links, der Wähler in der Mitten O herrliches Zukunftsbild! O du süße, staatSretterische Wahlpflicht! Für die Schlepper so schreibt man uns aus dem L e i p- ziger Landkreis sind die Tage angebrochen, von denen sie mit dem weisen Salomo ausrufen können:sie gefallen mir nicht." Sie hatten eine recht schlechte Zeit am 18. Oktober die armen Schlepper. Bierkrästtg und zuversichtlichen Schritts kamen die Studentlein auS Leipzig herangezogen und wollten die Wahllokale besetzen und die son- stigen patriotischen Dienste verüben, die ihnen am 21 Februarden Dank des Vaterlands" und einen mordsmäßigen Brand mit emsprechen- dem Kater(der eigentlich schon eher«in LS«- oder bengalischer Tiger war) eingebracht hatten. Allein bald merkten die Bürschchen, weiland die Retter des Vaterlands" und warum auch nicht? So gut die römi- schen Gänse einst das Vaterland gerettet, kann es doch wahrhaftig auch ein deutscher Student. Oder sollte eine römische Gans mehr werth sein als ein deutscher Student? kurz, die Bürschchen, wetland Retter des Vaterlands, merkten bald, daß am 18. Oktober ein anderer Wind wehte wie amglorreichen" 21. Februar, wo Sparig, den Knüppel in der Rechten, den Humpen in der Linken, die Wahlschlacht leitete und die taumelndenSchlepper" taumelnd zum Sieg führte. Zunächst fehlte Sparig, der große Sparig Sparig, der Mottle der sächsischen Wahlkampagne Sparig, der vertraute des Leipziger Krelshauptmanns, der Rathgeber desGentleman" Nostiz-Wallwitz, seines Zeichens Minister des Innern. Sparig fehlte, und der Knüppel fehlte, und der Humpen fehlte. Aber wo war Sparig, und sein Knüppel und sein Humpen? Sparig saß grollend»n seinem Zelt, der Knüppel stand ruhig in der Friedrich Engels wurde 1820 in Barmen als der Sohn eines Fabri- kanten geboren. Seine Heimath die Rheinprovinz war das indu- striell und polUisch entwickeltste Land Deutschlands . Die Nähe Englands auf der einen und Frankreichs aus der anderen Seite, die Lage an der Wasserstraße des Rheins, der Reichthum an Kohlen und Erzen, alles das hatte in der Rh-inprovinz früher als anderswo in Deutschland eine mächtig« Großindustrie erstehen lassen und eme dem Feudalismus feind- liche, revolutionäre Bourgeoisie, aber auch ein starkes Proletariat, das bereits Keime eineS besonderen Klassenbewußtseins entfaltete. Das Klein- bürgerthum überwog in den Rheinlanden weniger als anderswo in Deutschland . Sie waren auch einig« der wenigen deutschen Landstriche, die eine revolutionäre Tradition besaßen. Hatten sie doch zwei Jahrzehnte lang, bis 1315, unter dem Einfluß der französischen Revolution gestanden, zum Theil als französischer Besitz, und die Anschauungen und das Recht, die die große Revolution geschaffen, waren da in der Jugendzeit von Fr. Engels noch in voller Kraft. Damals war aber auch die Blüthezeit der deutschen Philosophie. Die gesellschaftliche Revolutton des 18. Jahrhunderts mit ihren Ausläufern, die in England am offenbarsten als industrielle Revolution auf- trat, in Frankreich als politische, wurde in Deutschland in Folge eigenthümlicher Verhältnisse zu einer bloßen Revolution in den Köpfen, zu einer Revolution der Philosophie. Während die Revolution der Dinge in Deutschland viel langsamer und unvollständiger vor sich ging als in Frankreich und England, wurde dafür die Revolution der Ideen um so gründlicher besorgt. Ihren Höhepunkt erreichte dies« in der Hegel' schen Philosophie. Deutsche Schulmeister haben sie als eine reaktionäre Rechtfertigung alles Veralteten und Verrotteten denunzirt. Hegel sagte nämlich:Alles, waS wirklich ist, ist vernünftig, und Alles, was vernünftig, ist wirklich." Die Schulmeister, die nur die veralteten und verrotteten politischen und gesellschaftlichen Formen ihrer Zeit sahen, glaubten, daß nach Hegel nur diese vernünftig seien. Sie vergaßen, daß die Keime deS Reuen ebenso wirklich bestanden als die Ueberreste des Alten. Weit entfernt, konservativ zu sein, ist die Hegel'sche Philosophie ihrem innersten Wesen nach revolutionär, aber nicht im Polizeisinne, sondern im philosophischen Sinne, das heißt, durch die beständige Umwandlung und Umwälzung de« Bestehenden, durch das beständige Erwachsen neuer und die beständige Ueberwindung bestehender Gegensätze. In diesem Sinne hat auch die Hegel'sche Philosophie. in der That hauptsächlich gewirkt. Neben einem Heinrich Heine , Feuerbach , Marx und Anderen wurde auch Friedrich Engel « von Hegel machtig beeinflußt. Daß die Hegelei nicht zu bloßer dialektischer Spielerei wurde, sondern zu einem Mittel wissenschaftlicher Forschung, nicht zu einer Methode, die wirklich bestehenden Verhältnisse aus den Ideen zu konstruiren, sondern die Ideen aus den wirklich bestehenden Verhältnissen zu begreisen: dafür sorgte bei Engel« seine praktische und theoretische ökononnsche Schulung. Er wollte ursprünglich ökonomische Universttätssiudien machen und hatte Ecke, desto weniger Ruhe hatte der Humpen, der beständig von dem fieberhaft durstigen Mund zu dem Tisch, und vom Tisch zu dem Kellner wanderte. Denn das Zelt war ein Bierhaus. Grollend, ein zürnender Achilles, faß Sparig in feinem Zelt, und vertilgte Bier, Bier, Bier. Bier! Und warum faß Achilles-Sparig grollend in seinem Zelt und vertilgte Bier, Bier. Bier, Bier?! O, es war ihm schweres Leid widerfahren! Am Abend des 21. Februar, da Alles trunken war vom Wahlsiege und vom Wahlbier, halte der Generalstab der reichstreuen Männer seinem Moltke noch eine besonders Ovation bereitet und ihm das Land- tagsmandat für unseren Kreis feierlich versprochen. Und dieses Versprechen war schnöde gebrochen worden, weil der Gene« ralstab, nachdem die Dünste des Wahlbieres oerflogen und nachdem die bösen Sozialdemokraten das süße Geheimniß ausgeplaudert hatten, sich doch der Einsicht nicht hatte verschließen können, daß Sparig Sparig war. Und da Sparig Sparig war und um den Siegespreis nicht ge« prellt sein wollte, so hatte er sich in sein Zelt zurückgezogen, und am 18. Oktober fehlte sein Knüppel und sein Humpen in der Schlacht. Und während der Sparig fehlte, war etwas Anderes anwesend ein gewisses unbeschreibliches Etwas, das von den Lippen der sozial- demokratisch ausschauenden Arbeiter lachte und aus ihren Augen voll höhnender Zuversicht blitzte.-- DieSchlepper", schon ein bischen verdutzt, treten in die Wahl- lokale. Sind Sie Wähler?" fragt ein sozialdemokratisch ausschauender Ar« beiter, und das gewisse Etwas blitzt aus den Augen und lacht von de» Lippen. Na na na nein!" stammelt der patriotischeSchleppe»" Dann haben Sie kein Recht, hier zu sein!" Und betrübt, gleich begossenen Pudeln, mußten die patriotische» Schlepper aus den Wahllokalen abziehen.-- Aber wir können wenigstens säumige Wähler heranlootsm l" Gesagt, gethan! Doch wehe! wehe! Da war wieder daS unbeschreibliche Etwas; und überall, wohin die patriotischen Schlepper kamen, fanden sie sozialdemo- kratisch ausschauende Arbeiter meist vierschrötige Gestalten, welch» in puoolo der Schlepperei ein Kompagniegefchäst anboten die Schlepper ins Schlepptau nahmen. Kur, die Schlepper wurden geschleppt, und diesmal hatte» fie den Kater schon vor dem Brand. Und die Moral der Geschichte: einen Schwindel wie den deS 21. Fe« bruar macht man nicht zum zweiten Mal. Noch Eins muh ich erwähnen. In Reudnitz hatten die Kartellbrüder für 3850 Wähler blos ein Wahllokal bestellt in der löblichen Ab« sicht, das Lokal am Vormittag, wo die Arbeiter nicht abkommen können, zu füllen und dann die Arbeiter am Wählen zu hindern oder eine Schlägerei zu provoziren, bei der die Polizei natürlich zu Gunsten der Ordnungsleute intervenirt hätte. Jndeß auch auf diesen Kniff hatten die bösen Sozialdemokraten sich vorbereite». Sozialdemokratische Arbeiter stehen früher auf als ordnungS« parteiliche Bourgeois, und die heilige Ordnungsschaar, welche sich Bor » mittags 8 Uhr der Zugänge zum Wahllokal bemächtigen wollte, fand zu ihrem namenlosen Erstaunen die Zugänge schon von einem Dutzend kräftiger Arbeiter besetzt, welche, mit dem gewissen Etwas auf den Lippe» und in den Augen, lächelnd erklärten:Wir sind hier, um die Ordnung ausrecht zu erhalten und eine Verstopfung des Zu« gangs zu verhindern." Und die Sozialdemokraten bewahrten die O r d» n u n g so wirksam, daß Alles aus daS Glatteste verlies und die Hin- ausprügelung derOrdnungspartei in der ordnungS» mäßigsten Weise von derWeltvorsichging. Die letzte SonntagSnummer de«Verliner Boltsblatt" wurde tonfiSzirt wegen eines Leitartikels, der sich gegen ein Flugblatt richtet, daS Slöcker und Konsorten erlassen und in dem sie die infamsten Ver- leumdungen gegen denJuden Singer " wiederholen, die schon hundertmal widerlegt wurden. Aber ein Angriff aus Stöcker, daS ist ein Angriff aus dt« Regierung dacht« die Polizei, und sie hat Recht; dieser meineidige, schamlose Hofpfaffe ist in ver That die Berkvrperung des heute in Deutschlan d herrschenden Regierungssystems. Und da ma» das doch nicht so ganz offen eingestehen will, so hat man, wie Putty'S Post" mittheilt, in dem fraglichen Artikel auch noch dieheftigsten An, griffe aus die besitzenden Klaffen" gefunden. Außer der Polizei hat daß natürlich Niemand gesunden, und die einzige Stelle, von der man n«" langem Suchen annehmen kann, daß st«, der Polizei als Anhalt für Behauptung dienen könnt«, lautet wie folgt: Zweierlei ist das Maß, mit welchem heute gemessen wird. Wenn i» überwallendem Unmuth heut« dem Proletarier ein Wort entschlüpft, welches sich nicht genau in den Grenzen hält, welche strenge Gesetze ihm stecken, so droht ihm Verbannung, Kerker, Roth und Elend. Wenn der Proletarier nur klagt, wenn er das Drückende semer Lage Allen offen« baren will, so schließt ihm eine eisern« Faust den Mund. Wenn aber ein Mann, dessen Berus e« ist, öffentlich zu verkünden, daß der vor« nehmst« Grundsatz seiner Religion lautet:Liebe Deinen Nächsten al» deshalb nach Durchmachung der kleinen Barmer Realschule(deren An» schauungsunterricht in Physik und Chemie ihm für seine naturwissen« schastliche Fortbildung eine unschätzbare Grundlage lieferte) das Gym» nasium in Elberfeld bezogen. Familienverhältnisse und frühe politisch« oppositionelle Richtung, die ihm jede B-amt-nkarriere verhaßt machten, veranlaßt«« ihn. ein Jahr vor dem Abiturientenexamen die iaufmäm nische Laufbahn zu wählen. Er betrieb seine philosophischen Studie», indeß er in einem Barmer Handels Hause als Volontär arbeitete(seit 1838), sowie später in Berlin als Einjährig-Freiwilliger. und dann in Manchester , wo er von 18421844 in einem Fabriksgeschäft arbeitete, worin sein Vater Th-ilhaber war. In Enzland, im Mutterland des Kapitalismus, erschloß sich seinem ökonomisch und philosophisch bereits geschärften Blick bald das Getrieb« der tapttalistischen Produktionsweise. Deutlicher als anderswo konnte er dort die Lage des Proletariats erkennen, seine Leiden, aber auch sein» historische Zukunft. Sein Interesse für das Proletariat wurde mächtig gesteigert, und bald finden wir ihn mitten im Getriebe sowohl des da- mal« noch utopisttschen Sozialismus, wie der damals noch nicht sozia» listischen Arbeiterbewegung. Eifrig studirte er beide, aber nicht als Z u« schauer, sondern als Mitkämpfer. Er wurde Mitarbeiter de» Northern Star"(Nordstern), des Parteiorgans der Chartisten, und deSNew Moral World"(Die neue sittlich« Welt) von Robert 0 Auf" seiner Rückreise nach Deutschland besucht« er Marx in Pari». mit dem er bereits im Briefwechsel stand. Von da an datirte ihr» Freundschaft, die für si- beide von so weittragender Bedeutung werde» sollte. Ihre Jdeengemeinschast wurde bald eine so innige, daß sie ge- meinsam ein Buch verfaßten, da» ihren Bruch mit der Junghegelfchen Schule offenbaren sollte. Der Hegelianismus war ja, wie die deutsche Philosophie überhaupt, ideologisch; er nahm an. die Ideen seien nicht Abbilder der wirklichm Verhältnisse, sondern hätten ein selbständiges Dasein und ihre Entwick- lung sei der Grund der Entwicklung der Dinge. Dagegen erhoben sich Marx und Engels ; fie hielten an der dtalekttschen Methode Hegel« fest, nicht ab-r am dogmatischen Ueberbau setner Philosophie. An Stelle der Ideologie setzten sie den MatertaliSmuS. Sie entschlossen sich, die wirNiche Welt- Natur und Geschichte so aufzufassen, wie sie sich selbst einem Jeden gibt, der ohne vorgefaßte idealistische Schrullen an sie herantritt; man entschloß sich, jede idealistische Schrulle unbarmherzig zum Opfer zu bringen, die sich mit den. in ihrem eigenen Zusammenhang und in keinem phantastischen, aufgefaßten Thatsachen nicht in Einklang bringen ließ. Uno weiter heißt Materialismus überhaupt nichts») i Zum erstenmal trat dieser neue, dialektische Materialismus auf in dem oben erwähnten Buche:Die heilige Familie, oder Kritik der kritischen Kritik, gegen Bruno Bauer und Consorten". ES wurde 184« in Pari« geschrieben und erschien IS45 in Frankfurt . Der größere Theil ist von Marx versaßt und der Inhalt, den Studien entsprechend, *) F,. EngelLudwig Feuerbach ", Reue Zeit, 1636, S. 1»?.