Dich selbst!"— wenn dieser Mann alle unedlen Leidenschaften einer irre gesührten Masse aufreizt, wenn er fie aufstachelt zu wildem, blindem Haß gegen seine Nebenmenschen, so ist das gottgewollt. So weit sind wir bei uns in Deutschland . Aber grade diese Handlungsweise hat es vermocht, daß au» dem Kinde Proletariat ein junger Riese geworden ist." Das darf ein Arbeiterblatt natürlich nicht schreiben, die Polizei muß es konftsziren und damit wider Willen den Wahrheftsbeweis liefern. —..Wir marschire» a« der Spitze der Zivilisatiott." Das Byzantinerreich haben wir längst überholt an Byzantinis- mu», dem Napoleon'schen Reich sind wir„weit über an heuch - lerischem Despotismus", staatlich organisirterBolks- ausraubung und systematischerkorruption des ge« sammten Staatswesens. Nur ein Borbild hatten wir noch nicht erreicht— jene römischen Kaiser, den Caligula und Heliogabalus , die, um die bodenlose Verächtlichkeit ihrer eignen p o litisch en S ch ö p fung und die Verachtung, welche sie selbst für fie empfanden, zu drastischem Ausdruck zu brin- gen, ihre HauSthiere zu den höchsten Staatsämtern beriefen und durch prachtvolle Denkmäler verherrlichten. Ein Pferd deS Caltgula wurde Senator, und die Pferde des Helio- gabalus erhielten bei Lebzeiten königliche Ehre und hunderte von Bildsäulen; und nach ihrem Tod wurden fie unter die Götter versetzt. Lange schien die» erhabene Muster uns unerreichbar, obgleich der Reichshund TyraS der Erste bereits einen tüchtigen Anlauf nahm und von den„nationalen" Hunde-Fartcatchern und den z w e i- b e i n i g e n Reichshunden schon den Halbgöttern beigezählt ward. Allein Tvras der Erste starb an Verdauungsbeschwerden— er hatte sich leider mit keinem„Hohenzollern-Magen" versehen— und konnte feine Mission nicht erfüllen. Jndeß, er hinterließ einen Sohn und Erben— Tyras den Zweiten, der die christlich-germanische Hundedynastie auf den Gipfel der Macht und des Glanzes erhob. Und Tyras der Zweit« ist der Ehre und der Ehren theilhaftig geworden, die daS grausam-neidische Schicksal seinem— legitimen oder natürlichen— Vater versagt hafte. Tyras der Zweite ist zwar noch nicht unter die Götter aufgenommen— das ging nicht gut, weil er noch unter den Irdischen wandelt— aber, nachdem die Kunst des Photo- graphen und des Malers ihn schon vorher unzählige Mal ver- ewigt, hat Tyras der Zweite nun auch seinen Bildhauer gefunden. In Erz und in Stein ist seine majestätische Gestalt aus- gerichtet, den Gläubigen zur Anbetung, den Paftioten zur Nacheiferung. Vorläufig sind die Bildsäulen nur in Privatwohnungen ausge- stellt, allein bald werden sie unsere Museen und öffentlichen Plätze schmücken, und wenn der C h e s der Dynastie Bismarck Noch einmal nach Canofsa geht, wird man in Rom gewiß keinen Anstand Nehmen, den Chef der Dynastie TyraS unter die Heiligen »U versetzen. Jetzt fehlt bloS noch, daß TyraS der Zweite in Lauenburg als RetchStagSkandidat auftritt. Gewählt wird er sicher von seinen zweibeinigen Kollegen und Mithunden; und ist er glücklich im Reichstag, so haben die Kartellbrüder ihren gebornen Führer rfunde», an dem es bisher noch gemangelt hat. So gute Reden wie ill und Herbert von der Dynastie Bismarck hält Tyras auch. Jedenfalls aber brauchen wir vor Caligula und HeliogabaluS nicht «ehr zu erröthen. Dank Tyras dem Zweiten ist auch nach dieser Rich- tung hin die E h r e des d e u t s ch- n R e i ch s gerettet. Und wenn man in Zukunft der staunenden Jugend von Caligula und HeliogabaluS erzählt, wird dabei auch die Dynastie Bismarck und die D y n a- stie Tyras nicht vergefsen werden. — Der Breslauer Prozeß beginnt den 7. Rooember. Dt« An- klageschrift liegt jetzt vor uns— nichts, nicht«, nichts! Eine frivolere Anklage ist selbst in Deutschland noch niemals erhoben worden. Tin « riesige Quantität— an S0 Druckseiten— und die Qualität Null! Nochmals: ni ch t», n i ch t S, n i ch t s! Die Angeklagten haben in einem WirthshauS geseffen, haben Spaziergänge gemacht, und mehrere von ihnen waren aus den„Sozialdemokrat" abonnirt— das ist daS ganze Belastungsmaterial. Und dazu kommt noch bei dem Unglücklichen Lux, daß zwei oder drei etwas schwulstige, aber sonst ganz harmlose Briefe gefunden wurden, die zwar nicht von ihm, aber—an ihn geschrieben sind 1 1 Eine solche Justizschande ist noch nicht erlebt worden. Anständig« Richter hätten dem Staatsanwalt, der eine derartige Anklageschrift ausarbeitete, die elende Makulatur um die Ohren geschlagen. Diese Anklageschrift ist thatsächlich das einzig« Corpus delicti in dieser unerhörten, beispiellosen I u st i z s a r c e. In nächster Nummer «erden wir Näheres aus der Anklageschrift mittheilen. — Bismarck '» Areigebigkeit ist sprichwörtlich— der Storch hat sich jedenfalls verirrt, als er ihn, am Hamster-Nest vorbei, in die pom- Mersch« Junkerstube legte— und so geht denn jetzt wieder folgendes Anekdötchen durch die Presie. Der bekannte Bismärcker Biedermann, seines Zeichens Professor in Leipzig , feiert« jüngst seinen 7S. Geburt«- tag; feine Freunde und nationalliberalen Mit-Eunuchen sammelten für ihn ein„Ehrengeschenk". Boshafte Zungen behaupteten, man sei dabei von dem Gedanken ausgegangen, ihn vor dem Schicksal Birnbaumes,
die dieser bis dahin vorwiegend getrieben, ein historischer und philosophischer. Da« ökonomische Gebiet wird nur selten gestreift. Der proletarische Standpunkt tritt aber bereits deutlich hervor. Jndeß sollten die Veröffentlichungen der Beiden bald einen mehr ökonomischen Charakter annehmen; Marx vertiefte sich immer mehr in die ökonomischen Studien. Engel« selbst legte damals da» Ergebniß feiner ökonomischen Forschungen in einer Arbeit nieder, von der erst jüngst eine englische Uecersetzung erschien, ein Zeichen, von welcher Be- deutung sie heute noch ist: wir meinen die„Lage der arbeitenden Klasse in England", die l84S herauskam. Kleinere ökonomische Aufsätze von Engel« waren schon früher er- schienen. Bor allem ist da zu nennen ein Artikel in den von Marx Und Rüge herausgegebenen„Deusch-französischen Jahrbüchern", 184«, detftelt:„Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie". Dieser Arttkel ist wichtig, weil hier zuerst der Versuch gemacht wird, den Sozialismus auf die politisch- Oekonomi« zu begründen. Letztere kannte Engels damals nur sehr oberflächlich(z. B. den Ricardo nur aus seinem Verwässerer Rac Culloch.) Duhee manche Jmhüii.ei neben einzelnen Keimen de» wissenschasilich-n Sozialismus, dessen Begründer Engels Nächst Marx werden sollte. Sie sind aber mitunter noch versteckt durch Anklänge an die Formen de« Sozialismus, die Engel» in England kennen gelernt hatte. Ganz ander« in der„Lage der arbeitenden Klasse in England". Engels stehet schon dem Chartismus wie dem Owenismus kritisch gegen- Über und verlangt die Vereinigung beider zu einer höheren Einheit: die Arbeiterbewegung soll die Macht werden, die den Sozialismus zum Durchbruch bringt; der Sozialismus soll das Ziel werdm, daS die Arbeiterbewegung sich steckt. Der englische utopistische Sozialismus, der Owenismus, wollte im Allgemeinen von der Arbefterbewegung nichts wissen, nichiS von Strikes, von Gewerkschaften, von politischer Thätigkeit. Die Arbeiterbewegung wieder, der Chartismus, bewegte sich ganz innerhalb der Grenzen des bestehenden Lohnsystems: volle Koalitionsfreiheit, das Wahlrecht, der Normalarbeitstag, allenfalls kleinbäuerlicher Grundbesitz, waren für die Mehrzahl der Chmftsten Waffen, nicht um die bestehende Gesellschaft«- «rdnung umzustoßen, sondern sie erträglicher für die Massen zu gestalten. Dem gegenüber erklärte Engels:„In seiner jetzigen Gestatt wird der Sozialismus nie Gemeingut der Arbeiterklasse werden können; er wird sich sogar erniedrigen müssen, einen Augenblick auf den chartistischen Standpunkt zurückzutreten.... Die Verschmelzung des Sozialismus Mit dem Chartiimus, die Reproduktion de« französischen KomuniSmus auf englische Weise, wird daS Nächste sein, und hat th-ilweise schon an- gesangen. Dann erst, wenn die« bewerkstelligt, wird die Arbeiterklasse wirklich die Herrscherin in Eng. Und sein." lS. 285, 586) Dies« Vereinigung de« Sozia- liSmus mit der Arbeiterbewegung bildet aber das Wesen be« modernen, wissenschaftlichen Sozialismus. In der„Lage der arbei- > enden Klasse" wurde zuerst entschieden ihre Nothwendigkeft ausge. sprochen; mitdiesemBuch nimmt also der Wissenschaft-
seines Mit-Professors, Mit-BiSmärckers und Mit-Sozialistentödters, zu bewahren, weil er wie dieser das Sparen wohl den Arbeitern ge- predigt, für sich aber auf die Ausübung dieser Tugend verzichtet habe. DaS„Ehrengeschenk" war aus 15,000 Mark berechnet— Schulze seligen Angedenkens brachte eS wenigstens noch auf 40,000 Thaler!— aber trotz aller Anstrengungen läpperten sich nur 14,000 M. zusammen. Doch wo die Roth am größten, da war früher Gott und ist jetzt— Bis- m a r ck am nächsten. Hans Blum, heißt eS weiter, habe nun sich an Bismarck gewandt und dieser habe die fehlenden 1000 Mark aus seiner Tasche zugeschossen. Man denke: Bismarck , auf Ansuchen deS bans Blum, 1 00 0 Mark geschenkt— aus seiner eigene» Tasche geschenkt! Das war natürlich gelogen, und so berichtigt« denn das„Leipziger Tageblatt " sofort, Hans Blum sei selbstoerständ- lich nicht so dumm gewesen, an Bismarck ein derartiges Ansuchen zu stellen, aber— zur großen Ueberraschung!— man beachte diese in- direkte Biimarck-Beleidigung im Munde eines nationalliberalen Blatte«! — habe der Reichskanzler diese Summe aus freien Stücken eingesandt.— Man steht, e i n Theil der Lüge— der Blum'sche Bettelbrief— wird berichtigt, der andere Theil— die Bismarck 'sche Privattasche— wird umgangen. Da« Schweigen über diesen Punkt ist ja schon sehr beredt, und die«völlige Ueberraschung" sagt alles Uebrige! Nebenbei bemerkt, verdient hat Biedermann diese BiSmarck'schen 1000 Mark, auch wenn sie nur phantastrt sind oder gar dem„Welsen- fonds" entstammen. Und da ein Bismarckoerehrer saus phraso wie Biedermann auch dem Grundsatz seines Abgottes: pecuuia neu olet— huldigen muß, so stinken auch diese 1000 Reptilienmark so wenig, alS die ergaunerte und räuberisch erpreßte„BiSmarck-Spende". — Zu einer imposanten Demonstration für die Sache des Sozialismus und der Revolution hat aus dem letzten Sonntag zu Moni- luyon eröffneten sranzösiichen Gewerkschaftskongreß daS Ver- bot der Polizei Anlaß gegeben, die rot he Fahne zu entfalten, ein Verbot, daS vom Präfekten „zur sofortigen Durchführung" bestätigt wurde. Die Bourgeoisregierung glaubte vielleicht bei dieser Gelegenheit konstatiren zu können, daß die gewerkschaftlich organisirten Arbeiter zu den revolutionären Sozialisten in Gegensatz stehen, aber das war eine arge Täuschung. Wie Ein Mann erhob sich der Kongreß und erklärte in namentlicher Abstimmung mit Einstimmigkeit, daß die rot he Fahne von allen Delegirten als ihre Standarte anerkannt werde, und als am Abend in der öffentlichen Sitzung der Polizeikommissär die Entfernung der rothen Fahnen verlangte, die das Kongreßlokal schmückten, ertönten von allen Seiten die Rufe:„Nein, nein! Hinaus mit der Polizei! Sie soll es nur versuchen, an unsere Fahnen zu rühren!"— und unter allgemeiner Entrüstung mußte der Polizeikommissär sich setzen— und die Fahnen blieben an ihrem Platze! — Gegen das Bluturtheil in Chicago haben in den letzten Tagen überall, wo die Arbeiter die Mögt chkeil der freien Rede haben, Protestversammlungen stattgefunden. Besonders großartig waren die drei Versammlungen in Newyork ; auch in Z ü r i ch hat letzten Montag im„alten Schützenhaus" eine ungemein zahlreich besuchte Arbeiter-Ver- sammlung, in der die Genoffen C o n z e t t und Fischer reserirten, folgenden Protest beschlossen: „Die heutige Versammlung protestirt gegen das Todesurtheil in Chi- cago, weil eS der Ausdruck brutalen KlaffenhaffeL und nicht gegen die acht Angeklagten, sondern gegen die von ihnen verfochtenen Ideen, gegen die Arbeiterklasse und deren Emanzrpationskampf gerichtet ist und weil der ganze Prozeß ein Hohn auf all« Begriffe von Recht und Gerechtigkeit war. Die Versammlung erklärt es aber auch als Pflicht der Arbeiterklasse, gegenüber allen Verletzungen der Versammlunzs- und V-rfassungsr-chte seitens der Polizei für die Ausrechterhaltung derselben mit allen Mitteln einzutteten." In Chicago hat der Stadtmayor einfach daS Versammlungsrecht aufgehoben und alle Versammlungen verboten, in denen über das Urtheil oder die verurlheilten Anarchisten gesprochen werden sollte. Die „amerikanische Freiheit" ist in den letzten Tagen überhaupt wieder recht drastisch illustrirt worden. In N e w y o r k hat die Polizei eine friedliche Versammlung der„Progressive Labor Party", in welcher die Kandidaten für die bevorstehenden Wahlen nomimrt werden sollten, ohne jeden Anlaß in der brutalsten Weise auseinandergeknüppelt. Gegen diesen infamen Einbruch in das verfassungsmäßig garantirte B-rsammlungs- recht veranstalteten die Rewyorker Arbeiter am 8. Oktober, Abends 8 Uhr, eine Entrüstungsversammlung auf einem großen freien Platze, Union Square, an der 20,000 Mann theilnahmen. Di« einzelnen Ge> werkschasten zogen in imposantem Zuge, mit zahlreichen Fackeln und der Vereinssahn« an der Spitze, nach Union Square; besonders fielen auf die Schweizer S t i ck e r, etwa 200 Mann, mit ihrer großen rothen Schweizerfahne mit dem weißen Kreuze; neben ihnen die Möbelarbeiter- Union Nr. 7, 500 Mann, die den Geist der Versammlung schon im Vorhinein andeutete, denn ihre Mitglieder hatten sich alle mit der Polizeiwaffe, einem derben Knüppel am Lederriemen, versehen. Gegenüber diesen Tausenden in ihrer entschlossenen Haltung zog die Polizei es vor, ihre letzte Brutalität als einen„Fehler", al« ein„Miß- verständniß" zu erklären, und diesmal ganz wegzubleiben, in- folge dessen nahm die Versammlung auch den würdigsten Verlauf, und
liche Sozialismus seinen Anfang. ES fußt bereits großen- theil«, wenn auch nur halb bewußt, auf demselben Boden, dem das „Kommunistische Manifest" zwei Jahre später entsprang, diese gemein- same Schöpfung von Marx und Engel« am Boden der materialistischen Geschichtsauffassung, die Marx zuerst klar aussprach. Die geschichtliche Rolle der Klassengegensätze und Klassenkämpfe ist in letzterem jedoch schärfer erfaßt. Engels sagt selbst darüber im Anhang zu seiner eng- tischen Ausgabe der„Lage": In diesem Buch wird großer Nachdruck auf den Satz gelegt, daß der Kommunismus nicht ein bloßer Partei- grundsatz der Arbeiterklasse sei, sondern ein« Theorie, die die Eman- zipation der ganzen Gesellschaft, mitsammt der Kapitalistenklasse, von ihrer gegenwärttgen Beschränktheit in sich begreift. Das ist in der Theorie vollkommen richtig, aber völlig unbrauchbar, und schlimmer als da«, in der Praxis. So lange diebefitzenden Klassen nicht nur kein Be- dürfniß nach einer Emanzipation fühlen, sondern der Selbstbefreiung der Arbeiterklasse energisch widerstreben, so lange muß die soziale Um- gestaltung von der Arbeiterklasse allein vorbereitet und durchgeführt werden". Die„Lage u. f. w." ist aber das erste Werk des wissenschaftlichen Sozialismus nicht blos durch ihren Standpunkt gegenüber Arbeiter- bewegung und UtopiSmu«, sondem auch durch ihre Methode der Darstellung der Lage der Arbeiterklasse Englands. Diese Darstellung ist nicht wie in so manchem philanthropischen Buche, eine bloße Samm- lung der Leiden der Arbeiterklasse, sondern eine Darlegung der geschicht- lichen Tendenzen der kapitalistischen Produktionsweise überhaupt, soweit sie die Lag« der Arbeiterklasse bestimmt.*) Engels sah im Elend nicht blos da« Elend, wie die Sozialisten seiner Zeit, sondern die Keime einer höheren Gesellschaftsform, die es in feinem Schöße trug. Wir, die wir im Gedankenkreise des modernen Sozialismus aufgewachsen sind, können kaum ermessen, welche Leistung der vierundzwanzigjährige Engels mit seinem Buche vollbracht hat zu einer Zeit, wo man die Leiden der Arbeiterklasse entweder leugnete oder beweinte, nicht aber als Glied einer historischen Entwicklungsreihe untersuchte. DaS schnoddrige, streberhafte sozialpolitische Literatur- und Dozenten- thum unserer Zeit, das den Sozialismus weniger in den Werken seiner wiflenschastlichen Vorkämpfer al« in den Polizeiberichten studirt, hat in der„Lage" nichts gefunden, was für seine Zwecke offenkundig zu ver- wenden war, als Prophezeiung einer in England bald ausbrechenden Revolution, und mit Befriedigung konstatirt es, daß diese Prophezeiung nicht in Erfüllung gegangen. Die Herren vergessen, daß England seft 1844 thatsächlich eine kolossale Revolution durchgemacht hat, daß diese *) Marx sagt von der„Lage":„Wie tief Engels den Geist der kapitalistischen ProdukttonSweise begriff, zeigen die lUctor� Reports, Reports on Mines u. f. w., die seit 1845 erschienen sind, und wie bewundrungswürdig er die Zustände im Detall malt, zeigt der ober- flächliche Vergleich seiner Schrift mit dem 18—20 Jahre später ver- öffentlichten offiziellen Reports der„Children Emploimenta Com- mission". Kapitel, 1. Aufl. 1.224
»um Schluß schworen die Tausende entblößten Haupte?, daß sie eine« nochmaligen Eingriff in ihre Rechte niemals dulden würden. Und die Rewyorker werden zeigen, daß sie diesem Beschluß gegen die Polizei auch Geltung zu verschaffen wissen. — Der famose Herr von Pacher» dessen„arbeiterfreundliche" Haltung in der Frage der Kinderarbeit am Hygieniker-Kongreß wir in vorletzter Nummer skizzirten, ist, wie die Wiener „Gleichheit" uns be- richtigt, kein Arzt. Und auf unsere ev. Frage, waS er dann am Hygieniker-Kongreß zu thun habe, antwortet sie schlagend: Nun, er war dort als einfacher Dilettant, als—„Arbeitersreund". Dieser Apostel für die Fabrikarbeit der Kinder, schreibt sie weiter, ist übrigens nicht einseitig. Den Textilindustriellen droht der Verlust der„zwölften Stunde". Man munkelt, daß das Handelsministerium das im österreichischen Fabrik- gesetz zugestandene Privilegium dieser Herren, ihre Lohnsklaven r e g e l- mäßig zwölf Stunden abrackern zu dürfen, von der zeitweiligen drei- zehnten und vierzehnten gar nicht zu sprechen, im Jahre 1888 ausheben wolle. Flug» ist Herr v. Pacher und seine„Pädagogik" zur Hand— in seinem Lexikon heißt das wahrscheinlich„Fortbildungsunterricht der Er- wachsenen". Er hält den Herren Baumwollspinnern einen rührenden Vortrag, in welchem er ihnen ins Gedächtniß zurückruft, daß ja ihre fetten Dividenden allein von den Hungerlöhnen ihrer Arbeiter abhängen, daß diese Hungerlöhne wiederum durch eine Abkürzung der Arbeitszeit gefährdet werden könnten, daß somit die„zwölfte Stunde" mft allen Mitteln festzuhalten sei. WaS die konspirirenden Baumwollbarone in ihrer Verzweiflung noch Alle» unternehmen werden, wissen wir nicht. Vorläufig haben sie sich zu einer Sturmpetition entschlossen. Hoffentlich wird das ausreizende Schriftstück nicht konfiSzirt und können wir unsere Leser damit bekannt machen. — Die fchtvedische» Bauern, schreibt der Pariser „Socialiste ", sind in voller Bestürzung, und mit allem Grund. Ihre zwei größten Schriftsteller, der Dichier Bj ö rns o n und der Dramaturg Ibsen , haben sich für den modernen Sozialismus erklärt. Welch ein Schlag für die„anständigen" Leute I Als Ibsen letzter Tage in Stockholm eintraf, war er von Seiten des Hose«, der Gelehrten, Professoren, der Literaten, der hohen und der kleinen Bourgeoisie der Gegenstand förmlicher Ver» ehrung. Fürwahr, als aus einer von der Blllthe der Bourgeoisie ihm zu Ehren veranstalteten Soiree ein Redner die Meinung ausdrückte, daß wir in der besten aller Welten leben, erhob sich Ibsen und bemerkte in einem ironischen Toast:„Nein, wir leben nicht in der besten der Welten, im Gegcntheil, unsere Zeit ist nur eine Uebergangsperiode, aus der ein» bessere Gesellschaft hervorgehen wird. Und ich bin fest überzeugt, daß unsere gegenwärtigen politischen und sozialen Einrichtungen bald anderm Platz machen werden, die mehr und besser im Stande sind, den Zurück- sorderungen und Ansprüchen der Zukunft zu entsprechen. Natürlich bin ich nicht im Stande, Ihnen auseinanderzusetzen, wie diese Zukunft im Einzelnen sich gestalten wird, aber das weiß ich, daß sie besser sein wird als die Gegenwart." Im ersten Augenblick legte die Gesellschaft kein großes Gewicht auf dies« Versicherung, aber die Ernüchterung folgte bald nach. Einige Tage später erklärte Björnson in einem skandinavischen Blatte, daß er in Bezug aus unsere Zeit der gleichen Ansicht sei wie sein Freund Ibsen , und daß die Sozialdemokratie die einzigeParteisei, der die Zukunft gehöre, selbst wenn ste in diesem oder jenem Punkt sich irrte. Nach dieser Erklärung Björnson'» begab sich ein Journalist zu Ibsen , um diesen zu„intervieven", ob er mit Björnson übereinstimme, und Ibsen bestätigte dies mit dem Zusatz:„Ich selbst bin Sozial- demokrat." Man kann sich von der Wuth der„hohen Gesellschaft" einen Begriff machen: die zwei größten Männer der skandinavischen Länder gehen zu den Sozialisten über. Stelle man sich nur einmal vor, schließt der „Socialiste ", Viktor Hugo erklärte sich in Frankreich für einen Kollek» tivisten, und man hat eine Idee von der Aufregung, welche diese»„Pro« nunziamento" von Björnson und Ibsen hervorgerufen. — Der Prozeß der Chicagoer wird gegenwärtig vor dem obersten Bunoesgericht verhandelt. Die hiezu nöthige neue Akten- Abschrift hat blos die Summe von 2840 Dollars(ca. 11,400 Mark) gekostet, was allein schon beweist, �daß in Amerika nur die reichen Halunken zu ihrem„Rechte" kommen können. In Bezug auf die Ver- Handlungen vor dem Bundesgericht schreibt der„Vorbote": Dieser Gerichtshof hat übrigens letzter Taxe in dem Falle deS gemeinen Raubmörders Maxwell(der in St. Louis seinen Wohlchäter Preller umgebracht hat) eine ganz eigenthümlich liberale Entscheidung abgegeben. Er hat nämlich erklärt, daß besagter Maxwell seinen Prozeß revidirr erhalten solle, und zwar kostenfrei, da er arm sei und dem Volke gezeigt werden müsse, daß es hier«Recht für Alle" gebe.--- Als man in der alten Stadt Jerusalem dereinst einen Mann kreuzigen wollte, der Joshua Christos hieß, da stand auch ein gewisser Barrabas, ein Straßenräuber, unter dem Galgen. Daß die Citizens' Assoziation von Jerusalem , als ihr die Wahl gestellt wurde, laut ausrief:„Gebt uns den Barrabas!" das dürfte bekannt sein. — Frankreich . Die S k a n d a l- A f s ä r e C a f f a r e l und den Schmutz, der dabei auf den in dieser Beziehung längst berüchtigten De.» putirten Wilson, den Schwiegersohn deS Präsidenten Grevy, abfiel,
bereits 1846 begann mit der Aushebung der Schutzzölle auf Korn>. worauf 1847 die Gewährung des zehnstündigen Normalarbeitstag«» für Frauen und Kinder folgte, daß von da an Konzesstonen aus Kon» zesstonen an die Arbeiterklasse in England folgten, die heute die Ziele des Chartismus im wesentlichen erreicht und die entscheidende politische Macht erobert hat. Daß die Prophezeiung aber nicht buchstäblich ein» traf, daran waren Ereignisse schuld, die niemand voraussehen konnte; vor allem die Junischlacht in Paris 1848 und die Entdeckung der Goldfelder Kaliforniens im selben Jahre, die die unzufriedenen Element» Englands über den Ozean verlockten und die Kraft der Arbeiterbewegung momentan schwächten. Nicht das ist wunderbar, daß diese eine Prophezeiung nicht buchstäblich in Erfüllung ging, sondern daß so viele andere Prophezeiungen des Buches stch erfüllt haben. Von einer andern Seite der„Lage" sprachen unsere Literaten weniger» und doch ist gerade ste für die deutsche National Oekonomie von besonderer Bedeutung geworden. In theoretischer Beziehung hat dies« nie etwas geleistet— die Gründe dieser Erscheinung hat Marx bereits in seinem„Kapital" dargethan. Ihre einzigen bemerkenswerthen Leistungen sind eine Anzahl von Darstellungen der Lage gewisser Arbeiterschichten an gewissen Orlen, Darstellungen wie sie Thun , Schnapper-Arndt» Braf, Sax, Singer, Herkner und Andere geliefert haben. So weit diese Beschreibungen wirklich von Bedeutung sind, eine Darstellung de» typischen und historisch Wesentlichen geben und nicht bloS«in pedan» tische » Sammelsurium zusammenhangloser Details, beruhen ste auf der Grundlage des„Kapital" von Marx und der„Lage der arbeitende» Klasse" von Engels. Aber nur wenige haben, wie Sax, den Muth oder die Ehrlichkeit gehabt, das einzustehen. Die heutige deutsche ökonomische„Wissenschast" lebt nur davon, daß ste Marx und Engels gleichzeitig plündert und anbellt, oder wiederlegr, wie ste das nennt. Und je mehr Einer hinterrücks gestohlen hat» desto» lauter bellt er. Wir stnd aus die„Lage" etwas auSsührlicher eingegangen, einerseits» weil sie das erste Buch des wissenschaftlichen Sozialismus» und ander» seits, weil sie im Buchhandel vergriffen und der Mehrzahl unserer Ge» «offen nicht zugänglich ist. Bei den folgenden Schriften von Engels werden wir nicht so lange zu verweilen haben. Sie sind leichter zu- gänglich, wir dürfen erwarten, daß die Mehrzahl unserer Leser sie schoir kennt, und ein anderer großer Theil unserer Leser durch vorliegende Skizze veranlaßt wird, sich mft ihnen näher bekannt zu machen. Auch ist der Standpunkt der folgenden Schriften derselbe, wie er in der „Lage" zum erstenmal eingenommen und im„kommunistischen Manifest" 1847 zum erstenmal systematisch und völlig durchgebildet vorgelegt wurde. (Fortsetzung folgt.)