Zur B-urtheilung de» BreSlauer Prozesse» braucht ti j-doch keine» weiteren Materia!». Da» Urtheil steht fest. Und Niemand» der die Thatsachen in»»uz« faßt und fie unbefangen »ruft, wird die Ueberschrist diese» Artikel» und de» vorhergehenden unpaffend finden. Betrachten wir un» die Thatsachen, welche der Anklage zu Grunde legen, und die Personen, welche den Prozeß eingefädelt und durchgeführt haben halten wir nebe» die Geringfügigkeit, ja geradezu Nichtigkeit der Anklagepunkte die Brutalität der Untersuchung, die V ch e u de» Gerichtshöfe» vor derOeffentlichkeit, die gewissen- lose Härte de» Erkenntnisses, so können wir nur zu dem ei««» Gr» »ebniß kommen: Dieser Prozeß ist ein vnbenstüS. Sozialpolitische Rundschau. Zürich  , 30. November 1SS7. Veit dem 24. November ist der Retch»tag wieder versnm- «elt. Außer der Bewilligung der nöthigen Millionen für da» » Rillimeter-Gewehr ff. unten) wird er stch hauptsächlich mit der«eiteren Erhöhung derGetreidezölle zu beschäftigen haben. Wa» die Krautjunker vor 10 Jahre«, eh« da» Schandgesetz den deutschen  «rbettern die Hände band, nicht einmal anzudeuten wagten, da« fällt ihnen heute, Dank der Feigheit und Engherzigkeit de» deutschen  vürgerthums, als reife Frucht in den Schooß. Die neue Zolloorlage herdert«ine Erhöhung der Zölle auf: Weizen von 30 Mark auf SO Mark pro 20 Ztr. Roggen8060 20 Hafer1530 ,, 20 und entsprechend für eine Anzahl anderer Feldfrüchte, sowie für Mehl, Stärke ,c., wa» für«ine Arbeiterfamilie von fünf Köpfen eine Mehr- belastung von mindesten» 40 SOMark pro Jahr au»- «acht. Alle», damit dienothleidende Landwirthschaft" auf einen grünen Zweig kommt, d. h. die Herren Söhne der Landprotzen ihren standes­gemäßen Aufwand an Mätressen, Pferden»c. uneingeschränkt bestreiten können. Als Ersatz für diese 40-50 Mark, die«S ihnen au» der Tasche stiehlt, verspricht da» Reich den deutschen   Arbeitern einen Zuschuß zur Aller»- und Invalidem Versicherung von ganzen 6 Mark pro Jahr Nicht doch, dieser üppige Zuschuß soll ja der Ersatz für die Mehr- besteuerung de» Branntweins sein, also einen Zuschuß einen Zuschuß ganz richtig,«in« Verlängerung und womöglich Ver« schärfung de» Polizeiinfamiegesetzes. Wie lange dieses nichtswürdige Treiben noch fortgehen wird, hängt von der Langmuth de» deutschen Michels ab. Damit nun diese vortreff- liche Eigenschaft nicht allzuoft auf die Probe gestellt werde, wird die Partei der nationalen Ehre der Regierung den Antrag auf Ver- längerung der Legislaturperioden von drei aus fünf Jahre allerhundedemüthigst apportiren. Man möchte doch so lange als möglich hübsch unter stch allein bleiben, unddrei Jabr' find eine kurze Frist". Natürlich wird Bismarck   da« Geschenk gnädigst entgegennehmen nehmen ist Christenpflicht, und unchristliche Neigungen kennt nach der Thronrede die Regierung deS Reiche» der Gottesfurcht und frommen Sitte nicht. Man nimmt dem Volk, was daS Herz begehrt. So leitet auch die zweite Session des Schwindelprodukt» verheißungsvoll »in. Und die dritte und vierte werden ihr nicht nachstehen. Der 21. Feb- »uar rentirt sich hoffentlich läßt die Rückbezahlung nicht zu lange auf stch warten. De« deutschen  «olk ist große» Heil widerfahre»: Bäter- chens Zorn, der fett etlicher Zett auf ihm lastete, weil es nein, weil fein großer Staatsmann im Verdacht stand, Rußlands   Banditenpolitik w Bulgarien zu durchkreuzen, ist durch Aufklärungen, die dem Zaren »et seinem Besuch in Berlin   durch Bismarck   geworden, ganz wesent- lich gedämpft worden. Es hat stch herausgestellt, daß diejenigen, die da behaupteten, Bismarck   treibe in der Balkarfraxe nicht russische, sondern deutsche   Politik, schänoliche Verleumder waren, und so wird die Sonne der zarischen Huld bald wieder über Deutschland   leuchten. Zur Vorfeier dieses festlichen Ereignisse» werden einstweilen die Zölle auf Einfuhr von Maschinen, Sämereien in Rußland   erhöht, die definitive Versöhnung soll durch Schließung verschiedener deutscher   Schulen und Rassen- Aus- Weisung von Deutschen   geschehen. Je befreundeter heutzutage Regie« »ungen, um so ungenirter dürfen sie mit den gegeuseittgen Landeskindern »erfahren. Di« schändlichen Verleumdungen Bismarck  » gehen natürlich von den Orleans au«. Bismarck   braucht ja stet» feine dStos voiroe(schwarzen Männer), auf die er seine Meute hetzen kann. Früher waren es die Welsen, und jetzt find«S die Orleans  . Nun, wir haben durchaus nicht» dagegen, wenn e» ein wenig gegen diese gierigen Kronenschlucker geht. Ersten« haben sie e» schon um ihrer Jntriguen gegen den Ausbau der Republik   in Frankreich   verdient, und zweiten» von wegen der Rückwirkung auf die, welche noch am Äollesgnadenthum halten. Auch die Orleans  find von SotteSgnaden. Reißen Sie fie daher kühn herunter, Durchlaucht, »«opor füiqaid haeret. t**' deren Bekämpfung die herrschenden«lassen ebenso ruhig der Pol,, er überlassen konnten, wie die Bekämpfung de« Gaunerthum«. So jftstand jener gewaltig« Kampf»wischen Marx und»akunin. der zur Spaltung derInternationale" führte und deren Absterben einleitete. An allen diesen Kämpfen nahm Engel« al» Mitglied des General- vathe» derInternationale"(1871 korrespondirender Sekretär für Bel- gien und Spanien  , später für Italien   und Spanien  ) hervorragenden An- weil. Mit diesem Hinweis müssen wir un» begnügen. Eine detaillirte Dar- stellung der Thätigkett von Engel» in derInternationale" würde nicht gemessenen Raum weitau'' I�UUIty iKjyvK*--- VjngUiJJ III Wfc*____ Nur den der vorliegenden Skizze zugemessenen Raum weitaus übersteigen, sondern auch«in Studium der Protokoll« und Korrespondenzen de« ...- ----_-pöVöVavMv Mt»v___ Generalraths voraussetzen, die der Oeffenllichkett heute noch nicht vor» liegen. Rtt dem Aufhören derJnternattonale" endete die praktische un- wittelbare Parteithätigkeit von Engel» sowohl wie von Marx. Aber ihr Wirte« verlor dadurch nicht an Bedeutung sür die wissenschaftliche wie die polittsche Entwicklung de» Sozialismus. Zwist und Verfolgung hätten dieInternationale" kaum getödtet, wenn fie auch ihr Ende beschleunigten. Die Grundursache desselben lag darin, daß sie sich überlebt hatte, in dem Sinne, daß ihr Ziel erreicht war: di« Arbeiterb-w-gunz war aller Orten in vollem Gange und die «tternationale Solidarität der gesammten Arbeiterklasse war so fest ge- gründet, daß da» formelle Band einer ausdrücklich für diesen Zweck »«bildeten Assoziation schon«ine Fessel wurde. In Deutschland   erfocht die Sozialdemokratie einen Wahlfieg nach dem andern und konnte schon daran denken, Einfluß auf di« Gesetzgebung zu nehmen. Wo man so w«tt war, mußte die Parteithätigkeit mehr durch die polittschen und «konomischen Besonderhetten de» betreffenden Lande« bestimmt werden, als vordem, wo e» sich mehr um die Propaganda von Prinzipien ge« handelt hatte. Di« Bewegung nahm da immer mehr einen nattoualen Charakter an, Nicht in dem Stnu«, daß sie die internattonale Solidarität vergessen bitte, sondern daß sie mehr von den Sigenthümltchkeiten de» Volks- und de« Staatswesens beeinflußt wurde, auf da» fie zu wirken hatte. Di«Internationale" al» Organisation wurde in Folge der «ortschritte de« SozialiSmu  « daher ebenso überflüssig, wie seinerzeit der -.Bund der Serechten". Aber d,e internationale Solidarität de» Proletariats blieb bestehen, und ohne irgend welche Abmachung oder Ernennung, ganz von selbst, blieben Marx und Engel» deren Träger. (Schluß folgt.) Mit Bezug auf di« famosenGrundzüge der Alter»- und Invalidenversicherung", diesenSchlußstein der großen Sozial- reform", schreibt man uns aus Deutschland  : Bei der BiSmarck'schenSozialreform" waren wir von Anfang an im Zweifel, ob wir der Ungeschicklichkeit oder der Unehrlich- keit den Preis zuerkennen sollten. Wir sind jetzt auf dem Punkte, die Krönung des Gebäude»" zu erleben; dieGrundzüge" der Alter»- und Jnvalidenversorgung liegen gedruckt vor un», und siehe da, unsere Zweifel sind noch immer nicht geschwunden, wir sind heut« weiter denn je davon entfernt, ausfindig zu machen, ob die Unehrlich- kest größer ist als die Ungeschicklichkeit, oder die Ungeschicklichkeit größer al» die Unehrlichkeit. Wir werden wohl auf die Entscheidung dieser Frage verzichten und un» zu dem Kompromiß entschließen müssen: di« Unehrlichkeit und die Ungeschicklichkett sind gleich groß. Und hier haben wir wirkliche Größe, keine von Schmarotzern und Reptilien gelogen« Größe, nein, echte, wahrhaftige, unverfälschte, unerlogene, ur- wüchstge Größe der Unehrlichkeit und Ungeschicklichkeit. Wie ichreckUch leicht wäre es, bei der beispiellosen Bescheidenheit und Anspruchlostgkeit der deutschen   Arbeiter wie leicht, wie kinderleicht wäre es gewesen, die deutschen   Arbeiter durch sozialreformatorische Linsensuppen auf Jahr- zehnte hinaus zufriedenzustellen und di« Massen wenigstens von umstürzlerischen Bestrebungen" fernzuhalten! Betrogen mutzten die Arbeiter ja werden. D i e Nothwendigkeit erkennen wir für den Eisenstirnigtn an. Aber zwischen Betrügen und Betrügen ist ein Unterschied. ES gibt ein vornehme», diplomatische» Betrügen, und eS gibt ein gemeine» und spitzbübische» Betrügen. Ein» gute, solide Linsensuppe statt de» legitimen Erbtheils, das wäre ein vornehme», diplomatische» Betrügen gewesen den AuS- druckstaatsmännisch" wollen wir absichtlich vermeiden. Allein dieser Betrug war dem Eisenstirnigen zu nobel. Da« Linsengericht  mußte noch verfälscht werden. Ein« elende Bettel- f u p p e anstatt de» Linsengerichte« da» ist diese Schwindel- Sozialreform, welche jetztgekrönt" werden soll. Eine schöne Krönung! Würdig deS übrigen Schwindelbaues. EineReform der Armengesetzgebung" nannten die sozial- demokratischen Abgeordneten von Ansang an die sogenannteSozial- reform" des pommerischen Junker», der sich von seinen Soldschreibern zum O e d i p u» der sozialen Frage hatte auspuffen lassen. Eine Verhunzung der bisherigen Armenpflege da» wäre eine richtiger« Charakteristik. Man betrachte sich nur dieGrundzüge". Bom siebenzigsten Jahr an haben die Arbeiter, welche das große Loo» eines so langen Lebens ziehen, eine Altersrente von ganzen 120 Mark jährlich. Macht aus den Tag genau dreißigPfennigl Nicht Pence, sondern dreißig Reichspsennig, in anderen Worten drei Groschen! Und die Arbeiter, welche vorher invalid werden, erhalten im durch- schnittlich günstigsten Falle ebensoviel, und im a l l« r g ü n- stigsten Falle, 8. h. wenn ste auch das große Loo» de» Greisenalter« gezogen haben, die erstaunliche Summe von 250 Mark jährlich, d. h. sechs, ig Pfennig per Tag, müssen dann aber, damit das deutsche Reich nicht an solcher Großmuth zu Grunde geht, auf die Alterspenlion verzichten! Bei der jetzigen Armenpflege«erden für jede unterstützte Person durchschnittlich 400 Mark jährlich ausgegeben. Die BiSmarck  'sche Sozialreform reduzirt diese 400 Mk. aus durch« schnittlich weniger als die Hälfte. Was bedarf e» da weiterer Worte? Die Thatsache genügt. Doch neii»; zu dieser Thatsache gehört noch eine andere: die Alters- und Jnvalidenversorgung soll aus Grund des Arbeits- bucheS errichtet werden. Das Arbeitsbuch, dieses Zeichen der Sklaverei, der Entmündigung des Arbeiters, bildet die Basi» der Bismarckschen Sozialreform. Die deutschen   Arbeiter werden stch das merken. Und vielleicht kommen wir später doch noch zu dem Schluß, daß die Ungeschicklichkeit noch größer ist als die Unehrlichkeit so riesig entwickelt diese auch sein mag. Mit hoher polizeilicher Genehmigung hat Ehren-Stöcker letzt« Woche ein zweites Flugblatt gegen unsere Partei im Allgemeinen und Genosse Singer im Speziellen losgelassen, das an Lügen und Ver- läumdungen dem Berufe des würdigen Verfassers alle Ehre macht. Wenn Byron irgendwo von seinen Helden sagt, Er heuchelte mit vierzig Psarrerkrast, so war das eben zu Ansang de» Jahrhunderts geschrieben, da die Technik noch in den Windeln lag. Ueber so unbedeutende Leistungen zuckt«in Stöcier die Achseln. Er ist mit der Zeit fortgeschritten, und lügt, schimpft, verläumdet mit 100 mit 200 mit 1000 Psarrerkrast. Jndeß, das ist nichts Neues, besonders Erwähnenswerthes. Wa» diese» neue Flugblatt, daS. wie gesagt, mit spezieller Genehmigung des Berliner   Polizei-Präsidenten verbreitet worden ist, so überaus charakteristisch macht, ist sein Schluß: Ein Hoch dem arbeitenden Volke, das seine Ketten bricht!" Das wagt derselbe Patron dem arbeitenden Volke der Hauptstadt zu bieten, der am eifrigsten daran war, die Ketten zu schmieden, die das- selbe heute an Händen und Füßen lähmen. Freilich diese Ketten meint er nicht, weder die politischen Ketten, in die der Klassen- und Polizeistaat, noch die wirthschaftlichen Ketten, in welche die Aasb.-uter- gesellschast das arbeitende Volk legen, sind gemeintdieKetten", die eS brechen soll, sind seine Grundsätze, seine Ueberzeugung, sein Gerechtigkeitsgefühl. Brecht mit Euren Grundsätzen, tretet eure Ueberzeugung mit Füßen, werft von Euch den Sinn für Recht und Gerechtigkeit, werdet Lumpen, und ICH, der große Stöcker, bringe höchstselbst ein Hoch auf Euch au». Em Hoch dem Lumpen, der seine Prinzipien verräthwehe dem Proletarier, der an seinen Ketten zu rütteln wagt." Da» ist der wahre Sinn diese» Flugblattes. Wen kann es vom GewoHnHeiiSlügner wundern, wenn er da» Gegen- theil sagt, von dem was er denkt? Niemand. Aber daß daS Polizei­präsidium den echt revolutionären Satz: Ein Hoch dem arbeitenden Volke, da» seine Ketten bricht!" unbeanstandet durchläßt, das muß unbedingt hier konstattrt werden. Nicht etwa als Vorwurf wider Herrn Richthofen, behüte. Wir stimmen vollständig mit ihm überein, daß au» einem Stöckerschen Flugblatt jeder da» Gegentheil herausliest, was gedruckt ist; insofern ist das Flugblatt also unschuldig. Aber so knappe, prägnante Sätze prägen sich dem Ge- dächtniß ganz besonder» fest ein, sie bleiben hasten auch wenn der Krimskram», der darum herum gemacht wurde, längst vergessen ist. Die Stöckerschen Lügen sind zwar über die Maßen dick und fett, haben jedoch erstaunlich kurze und plumpe Beine und sind schnell unschädlich gemacht. Nicht vergessen aber wird der Ruf: Ein Hoch dem arbeitenden Lolke, da» seine Ketten bricht!" Und darum besten Dank, Herr Polizeipräsident! Bitte sehr! In derMünchener Allgemeinen" schlachtet irgend «in Nationalliberaler einen jüngst erschienenen Nordau'schen Roman ab und gibt dabei u. A. folgenden Satz zum Besten: Herrn Rordau's Held erachtet das nun erlassene Sozialistengesetz mit Herrn Nordau für höchst ruchlos und unvernünftig und gibt au» den Mitteln eines verstorbenen Freundes, die ihm zur Verfügung gestellt sind, 1500 Mark für die Ausgewiesenen und deren Hinterlassen«. Da- für wird er selbst au« Berlin   ausgewiesen. Deutschen   Lesern braucht nicht erst versichert zu werden, daß ein solcher Willkürakt auch nach dem Sozialistengesetz unmöglich wäre und ist." Bitte sehr, verehrter Herr, obwohl Sie sich auf Ihr« Kenntniß der deutschen   Verhältnisse und der deutschen   Rechtszustände auf Kosten de» deutichschreibenden Ungarn" so viel zu Gute thun, scheinen Sie doch da» Sozialistengesetz, diese Zierde deskraftvoll" aufgeblühten deutschen Reiche«, nicht zu kennen. Nach dem Sozialistengesetz i st nicht nur j e d e r Willkürakt möglich die Polizei kann ausweisen, wen sie will, ohne Angab« eines Grunde» sondern ist speziell der von Norvau beschrie- bene Fall wiederholt dagewesen. Wir erinnern nur an die Ausweisung des verstorbenen Karl Höchberg   aus Berlin  . Diese erfolgte, ob- wohl Höchberg   sich damals jeglicher Agitation enthielt, einzig und allein, weil er viel sür Unterstützung von Ausgewiesenen opserte. Herr Nordau hat hier, wie bei andern, von seinen Rezensenten mit Entrüstung erwähn« ten Stellen, die Dinge nach der Wirklichkeit gezeichnet, so verfehlt sein Roman sonst fein mag. Uebrigen» steckt, nach dem falschen Patho» und den geschraubten Aus- drücken zu schließen, hinter dem anonymen Rezense nten kein Anderer al» Hänichen Blum. Diesem Ex-Studenten der unveräußerlichen Menschenrechte und wohlbestallten Advokaten der Leipziger   Kaufmann- schast ist«ine so kraftvolle, um seinen LieblingSausdruck zu gebraucheng Verdrehung der Thatsachen schon zuzutrauen. Bei de« Berliner   Stadtverordnetenwahlen haben in de» zwei Stadtbezirken, in denen die Sozialisten in die Wahl«intraten, die betreffenden Kandidaten Krohm und Splettstößer 38g bezw. 41» Stimmen erhalten. Splettstößer kommt mft dem Kandidaten der Frei« finnigen, Berliner  , der 419 Stimmen erhielt, in Stichwahl. Die- selbe ist aus Dienstag den 13. Dezember angesetzt. Verschiedene Zuschriften über die, mit Bezug auf die Frage der Wahl- betheiligung ausgebrochenen Differenzen bestätigen un», daß denselben «in« prinzipielle Tragweite von nennenswert her Bedeutung nicht inne- wohnt, e« handelt sich in der That, wie wir bereits in voriger Nummer hervorhoben, mehr um rein lokale Angelegenhetten, die unter normalen Verhältnissen, d. h. wenn Putty feine Taktik n icht plötzlich geändert und eine zur Erledigung der streitigen Frage anberaumte Wählerversamm« lung nicht hätte verbieten lassen, auch in der ruhigsten Weise zum Au»« trag gebracht worden wären. Dem Entscheid einer allgemeinen Versammlung hätten sich beide Richtungen ohne Murren gefügt, und deshalb das Verbot. Putty möchte um jeden Preis«ine Spaltung, tausend Anzeichen deuten darauf hin, daß er Alles darum gäbe, wenn er«inen namhaften Theil der Berliner   Arbeiterschaft in'» anarchistische Lager drängen könnte, aber grade darum muß e» auch daS Bestreben jedes einsichtigen Genoffen sein. Alle« zu vermeiden, wa» Putly's nichtswürdiges Spiel unterstützen könnte. In der Hitze der Debatten hat man das aus beiden Seiten nicht ge« nügend beachtet und sich zu Dingen hinreißen lassm, welch« di« Gegen- sätze noch unnöthig verschärften. Jetzt, nachdem der eigentliche Gegenstand deSSkeits außer Diskussion gerückt, wird auch in Bezug aus die übrigen Fragen eine objektivere Auffassung Platz greisen. Daß Letzteres möglichst bald geschehe, ist auch mit Bezug aus die au»- stehende Stichwahl im 37. Stadtbezirk wünschenswerth. Obwohl auch wir zu denen gehören, welche die Art. wie schließlich die Wahlfrage in ein- zelnen Bezirksversammlungen zur Entscheidung gebracht wurde, für grund« falsch halten sie würde in ihrer Konsequenz zur Politik der Kirch- thurm sinteressen führen so würden wir e» doch sür da» Best« halten, wenn trotzdem auch die Gegner der Wahlbetheiligung stch jetzt auf den Boden der Thatsachen stellen und in den Kampf zwischen dem sozialistischen   und dem liberalen Kandidaten energisch für Erster«» eintreten würden. Sie können das thun, ohne sich prinzipiell etwa» zu vergeben, würden aber auf solche Weise den besten Beweis liefern, daß fie sich lediglich von sachlichen Erwägungen leiten lassen. Die Frage, ob Wahlenthaltung der belle Protest oder nicht, ob die Disziplin ver- letzt worden oder nicht, wird durch den Ausgang der Stichwahl nicht entschieden, sondern nur die: Soll in der Berliner   Stadtverordneten« Versammlung die sozialistische Arbeiterschaft einen Vertreter mehr haben oder nicht. Und auf diese Frage kann die Antwort unsres Erachten» nicht zweifelhaft sein. Ei« militärischer Gentestreich.Man wird sich erinnern," schreibt man uns aus Deutschland  ,wie prahlerisch die deutsche   Reptilien- presse noch vor wenigen Monaten aller Welt verkündete, daß die deutsch  « Infanterie mit einem neuen Gewehr bewaffnet sei, welches die Gewehre aller übrigen Nationen weit übertreffe; und daß namentlich die Fran« zosen in Bezug auf die Bewaffnung ihrer Infanterie weit hinter un» zurück seien. Nun hat sich plötzlich das Blättchen gewendet, und die beschämend« Thatsache kann nicht länger verschwiegen werden, daß das vielgerühmte neue Gewehr unserer Infanterie nichts taugt, weil es ein viel zu große« Kaliber hat, und daß da» neue französische  Jnfanteriegewehr, welches ein wesentlich kleineres Kaliber hat, dem uns« rigen weit überlege» ist. Die deutsche Militärverwaltung sucht sich nun damit herauszureden, daß bei Emsiihnmz des neuen deutschen   Gewehr» ein für ein kleineres Kaliber geeignetes Pulver noch nicht erfunden gewesen sei. Diese alberne AuSrede beweist nur, daß unsere militärischen Genies das Pulver nicht erfunden haben wenigstens nicht das richtige. Jetzt aus einmal, nachdem der dumme Streich gemacht worden, ist daS Pulver vorhanden, und da» deutsche   Volk wird das Vergnügen haben, 100 Millionen Mari für die Herstellung eine» neueren Gewehrs nach französischem Muster zu bezahlen. Das kaum erst eingeführte neue Gewehr aber ist altes Eisen geworden. Das einzige Gute in dieser blamablen Affäre ist, daß unsere Krieg», Hetzer für einige Zeit zur Ruhe veairt heilt sind. Die Senilität (Greisenhaftigkeit), welche sich in unserem ganzen Staatswesen zeigt, tritt auch im Militärwesen zu Tage ganz wie zu Ende der Regierung Friedrich» des sogenannten Großen. Wo daS persön- liche Regiment so ausgebildet ist, muß natürlich mit dem körper- lich und geistigen Versall der herrschenden Personen der Verfall de» Systems und seiner Einrichtungen eintreten. An Bismarck  selbst hatten wir schon verschiedentlich Gelegenheit, den Verfall zu kon« statiren, der immer ficht- und greisbarer wird. Und Bismarck   mit seinen 75 Jahren ist noch der jüngste und kräftigste in dieser Sammlung von gebrechlichen Grabeskandidaten, die jetzt da»große" deutsche Reich repräjentiren." Segen wen haben wir unsere Uuklage zu richte«? fragt dieNewyorker Volkszeitung" mit Bezug auf den in Chicago  begangenen Justizmord, und führt au», daß, so groß auch die Schuld der kapitalistischen   Hetzblätter, dieser Brunnenvergifter der össent- lichen Meinung, der schmutzigen Schacherpolitiker, die, um ihr« korrupten Pläne zu decken, das Rachegeschrei gegen die Verurtheilten von Chicago  immer wieder zu verstärken suchten, der Polizei, der Großgeschwornen, des Staatsanwalts, der Richter, der Jury-c. rc. bis zum Gouverneur von Illinois   an jenem Verbrechen, alle diese doch nicht die Reihe der Schuldigen erschöpften. Es ist, es darf nicht unsere Sache sein," schreibt unser Bruderorgan treffend,die Klasse der Ausbeuter und ihre polizeilichen, richterlichen, exekutiven, sowie journalistischen und schacher-politischen Werkzeuge al» eine Horde von leibhastigen Teufeln hinzustellen, indem wir ihnen die alleinige Verantwortlichkeit für das Geschehene aufbürden; und nimmer- mehr darf und wird es unsere Sache sein, mit dem arbeitenden Volke «ine Art Götzendienst zu treiben. Deshalb heraus mit der Wahrheit gegen Freund wie Feind: Auch ein großer, sehr großer Theil der ausgeben« teten Klassen in Stadt und Land auch von Denen, für deren Sache jene Männer in Chicago   gemordet wurden auch von ihnen haben Viele sich der Mitschuld theilhastig gemacht. Zehntaulende, da« ist wahr, haben die Ehre de» Proletariats und der Menschlichkeit gewahrt, indem sie protestirten und bedeutende Opfer brachten, uni die Angeklagten der Klassenrache zu entreißen. Hätten auch Diejenigen ihr« Stimme gegen den Justizmord erhoben, die in stumpfsinniger Gleich giltigkeit verharrten oder gar ihre Meinung von der kapitalistischen   Piesse stch eintöffeln ließen, dann daran ist nicht zu zweifeln dann hätte gestern kein« Hinrichtung stattgefunden. Auch alle Jene, die am vorigen Dienstag es verabsäumten, ihre Pflicht in der politischen Arbeiterbewegung zu erfüllen, haben mit- geholfen, die Schlinge um den Hai« der Verurtheillen zusammenzu« ziehen. Doch genügt Ueberlass'n wir es der Geschichte, über die Mitschuldigen da» passende Urtheil zu fällen. Kein Gerichtssaal der Welt ist groß genug, um in demselben die ge- waltiae Masse der Angeklagten vorzuführen, welche all« an dem Ver- brechen des gestrigen Tages theilhastig sind: Ja, in seiner Gesammtheit ist das Volk dieses ganzen, weiten Landes mitschuldig an dieser lang« vorbereiteten, vor den Augen der Nation vollzogenen Schandthat. Di«» sollten jene Heißsporne und Konfusioaäre, jene wirklich schlechtenguten Freunde" der jetzt im Jllmoiser Zuchthaus eingekeikerten drei Anar» chsien wohl berücksichtigen Jen«, welche in ihrer obeiflächlichen Auf­fassung die Schuld nur in ein paar Pol zejsudjekten, Staatsanwälten, Geschwornen und Richtern»c. veilöipert sehen. Ja, noch viel mehr als auf allen diesen Einzelnen lastet di« Schuld aus der Gesammtheit des Volkes!