Arbeit als auch die Reporter und Stenographen zu Thränen. Feierliche Bahr teten Stille herrschte in dem Kopf an Kopf gebrängten Saale. Alles richtete Weis feine Blde nach dem Gouverneur; Jeder dachte, es müsse dem aus faffen tieffter Seele sprechenden Redner gelungen sein, das Herz des alten Bannes zu rühren.

Kram So dachten die Arbeiter Delegaten, so dachten sicherlich auch die An­rängt gehörigen.

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Und der Gouverneur?

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Er saß da wie ein Steinbild, nicht eine Miene vere Onesie hend es wäre ebenso gut gewesen, zu einem Geldsad zu Sprechen oder zu einem Mühlstein, als zu diesem Menschen Breffe wiffen wir jett. Er hörte alle Sprecher und Sprecherinnen bis Abends efen, gegen 5 Uhr an, nahm alle Gesuche entgegen, ftellte nur geschäftliche enheit Fragen, hörte die juristischen Auseinandersetzungen eines der fähigsten richt, Advokaten des Staates Jllinois, des bejahrten Chef- Redakteurs der noch hiesigen ,, Advokaten Zeitung", ja auch noch in einem Separat- Bimmer Hoff die Angehörigen der Verurtheilten; erkundigte sich nach den Kindern die und sonstigen Verhältnissen.

sein Die Angehörigen hoffen und unterschreiben noch ein Gnadengesuch; mz ist nur Lingg's Braut nicht.

Schreckliche Täuschung! Alles war Heuchelei von dem Alten; e er hat ntels, gethan, was Grinnell und Garry ihm riethen..." Söhne In der That scheinen sich Viele bis zum letzten Augenblick über die so Absichten der maßgebenden Kreise in Bezug auf die Bollstreckung des einem monströsen Urtheils Jllusionen hingegeben zu haben. Dieselben Chicagoer Arbeiter, die bei der kurz zuvor stattgehabten Richterwahl, bei den Des ohen monftrationen zu Gunsten der Amnestie 2c. fich eine relativ kleine Mins berheit ausgenommen von fträflicher Läffigkeit gezeigt, haben den für tliche ihre Sache Gefallenen hinterher ein wahrhaft großartiges Begräbniß Entel, bereitet.

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den Am Sonntag das Begräbniß. Fünf Leichenwagen, enthaltend bie üp fünf Opfer der Klassenjuftiz, bewegen sich drei Stunden lang durch die Be Straßen, dumpf und still nur mit den rothen Abzeichen versehen und mit vielen, vielen Kränzen bedeckt, Inschriften enthaltend, wie sie diesen e und Männern gebühren.

Feierlich ernst marschiren bei den dumpfen Trauerweisen von vielen Mufitchören 15,000 Arbeiter. Hier gab's teine Prinzipien- Unterschiebe mehr: Turner, Sänger, Gewerfschaftsmitglieder, Sozialisten, Arbeits orter titter, Bürger und Anarchisten, Alle zusammen. Ueber 100,000 Menschen entral bilden Spalier mit entblößtem Haupt und thränenfeuchtem Blick. Chicago's gs ganze Arbeiterschaft war in Trauer.

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An diesem Sonntag hat das Bolt zum ersten Mal gerichtet!"

Wir wollen den Werth dieser Demonstration, die um so bedeutender war, als fie ganz spontan war, durchaus nicht in Frage stellen, aber tet, festgehalten muß werden, und die Arbeiter allerwärts mögen es sich tief nie als Lehre einprägen: hätten die Tausende und Abertausende, die den Trauerzug bildeten, und deren Masse selbst der Rapitalistenpresse Be ben fürzung einjagte, zur rechten Seit gehandelt, so hätten sie wahr. An scheinlich ihren zu Unrecht verurtheilten Klaffengenossen das Leben

Dor gerettet.

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Tisch-Da versteht die Bourgeoisie ihr Klasseninteresse weit fich beffer. Wie die amerikanischen Blätter melden, ist der Bertheidiger der nim Chicagoer Angeklagten, Rapitän Blad, durch ben Prozeß volls tänbig ruinirt. Seitdem er die Vertheidigung übernommen und Hung pers, es fich gezeigt hat, daß er die Sache nicht als Geschäft auffaßte, sondern Borb fich vielmehr übermenschliche Anstrengungen foften ließ, der Wahr= ber heit und Gerechtigkeit zum Siege zu verhelfen, wird er von der Affo Chicagoer Geschäftswelt systematisch geboykottet ein anständiger" Mann darf ihm feinen Auftrag geben.

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Creter Babor Ja, wenn er irgend eine betrügerische Rapitalistengesellschaft vertheidigt atur; und ihre schwindelhaften Manipulationen durch geschickte Novokatentniffe bor der verdienten Ahndung gerettet hätte, das wäre etwas Anderes, bann gehörte er zu den geachtetsten Männern des Rechts, es wäre eine Ehre, ihn zum Anwalt zu haben. Aber er hat sich wider die Bourgeoisie als Klasse vergangen, und daher ist er ein todter Mann.

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1. w. ebft

Wie weit ist die Maffe der Arbeiter dem gegenüber noch schwach.

fich müthig!

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Die Bildungsschule des Volks( nach Moltke, Noon und Ronforten): Thatsachen sprechen. Nachstehend zwei Notizen, die ihm wir an einem Tag- dem 25. November zwei deutschen Zeis aden tungen von gleichem Datum entnommen haben, und unverändert zum Berbdruck bringen.

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I.( ,, Berliner Boltszeitung.")

Ein Vorfall in Straßburg . Die Straßburger Post", ein nein ben dortigen Regierungstreisen nahe stehendes Blatt, meldet unterm veis. 22. November: In der vergangenen Nacht wurde von der Wache der das Nikolaustaserne die unverehelichte Louise Hanter aufgefunden. Der Wach­Feuer habende ordnete die Verbringung des Mädchens zur Polizeiwache an. booie nun die Patrouille mit dem Mädchen in der Nähe des Polizei. ber bureaus des 2. Reviers auf der Züricherstraße angekommen war, ergriff bie Berhaftete die Flucht. Der Patrouillenführer rief vorschriftsmäßig bas Mädchen an und gab, als die Louise Hanter auf den Anruf nicht abre gleich stand, auf dieselbe einen Schuß ab. Die Kugel zerschmet it in ferte dem Mädchen den Kopf, so daß der Zob sofort aftor eintrat. Die Patrouille war vom Infanterie- Regiment Nr. 99. Die nder Leiche des Mädchens wurde dem Hospital übermittelt." Der Patrouillen­Entführer rief vorschriftsmäßig das Mädchen an," so heißt es in dem Be bas right, und gegen die Richtigkeit dieser Aeußerung läßt sich nichts ein­nnen menden; aber man muß doch mit schärfstem Nachdruck fragen, ob eine in solche Vorschrift in einem Falle, wie dieser, sich rechtfertigen läßt. Das ab Mädchen scheint sich vor der Kaserne herumgetrieben zu haben und wäre, Diffe, vor die zuständige Polizeibehörde gestellt, vielleicht mit einem Tage Ges gen, fängniß bestraft oder einem Arbeitshause überwiesen worden. Der Arres iffes, ftant, ein Frauenzimmer, das von militärischer Disziplin und militäri­ihre scher Borschrift teine Ahnung hat, ergreift die Flucht und wird nach den borschriftsmäßigen Burufen einfach niedergeschoffen. Man wird sicherlich nicht einwenden können, daß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Stete. burch bas verhaftete Frauenzimmer in solchem Maße verlegt worden war, daß gefordert werden mußte, es selbst um den Preis seines Lebens In der Polizeiwache zu überliefern. Hätte es denn nicht näher gelegen, daß auf der Patrouillenführer das Mädchen, ehe er es ohne weiteres nieder­

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hoß, durch einen Mann seiner Patrouille verfolgen und ergreifen ließ? mid Dber wäre das vielleicht nicht vorschriftsmäßig gewesen? Ist dem so, ober, bann muß im Intereffe der öffentlichen Sicherheit gefordert werden, baß ten folche Vorschriften geändert und die Patrouillenführer mit besseren Jn aud formationen versehen werden. So viel Unterscheidungsvermögen muß steht auch dem einfachsten Soldaten zugetraut werben, daß er sich sagt, daß nem in einem Falle wie dieser doch noch andere, menschlichere Mittel zur chen Sabhaftwerbung eines Arrestanten anzuwenden find, als die Schußwaffe. Bro Wir glauben bestimmt, die Erwartung aussprechen zu dürfen, daß dieser auen Fall Beranlaffung geben wird, das Berfahren bei militärischen Trans portzügen von Arrestanten in einer den Kulturanforderungen unserer affen Beit entsprechenderen Weise zu ändern." II.( Freifinnige Zeitung.")

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8um Rapitel der Soldatenmishandlungen und der viel Bericht surtheile wird uns aus Weimar geschrieben: Das Land­gericht in Weimar hat am 16. b. M. eine Entscheibung getroffen, welche ge zu bezeichnenb für gewiffe zeitgenössische Berhältnisse ift. Im Juni d. J. aus hatte eines Sonntags Abends in der Jenaer Kaserne eine größere An ation Jahl Soldaten einen dienstlich mißliebigen Rameraden in seiner Stube dem überfallen und mit Klopfpeitschen und Leberscheiden oder ben Seitengewehren bearbeitet( amtlicher Wortlaut!), so daß die iges empörte Nachbarschaft der Kaserne fich veranlaßt sehen mußte, einzu. greifen. Der stud. phil. S. zeigte darauf den Vorfall, deffen Ahn­enberbung verlangend, beim Bataillonskommandeur v. B. an, dabei das Ver­fort balten der Erzedenten mit starken Ausdrücken charakter firend. Dieselben Ausdrüde ließ der Redakteur 8. in der in Weimar erscheinenden Zeitung iefer Deutschland " paffiren. Nachdem wurden die Nebelthäter durch bas en: Militärgericht zu geringen Freiheitsstrafen verurtheilt, gegen den Stu. benten und den Redakteur indeß das Strafverfahren wegen Beleidigung ber Egzebenten eingeleitet, zunächst auf Veranlassung des Bataillons tommandeurs. Es wurden denn auch Beide zu 20 refp. 10 Mt. Gelds Arafe, Tragung der Kosten und Publikation bes Urtheils in zwei Beis tungen verurtheilt. Der Richter hatte den rohen Borfall in der Kaserne als von gesundem Korpsgeiste" und gegenseitiger Er

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Reb.

ziehung" der Soldaten zeugend aufgefaßt! Die seitens der Verurtheilten eingelegte Appellation an das Landgericht ergab eine Bes stätigung des Urtheils, wenn auch unter völliger Verwerfung seiner Begründung."

Dies die unveränderten Notizen.

Eines Rommentars bedürfen sie nicht.

Die Verthierung des Soldaten, der ein wegen eines gering­fügigen Polizeivergehens verhaftetes Mädchen todtschießt wie einen tollen Hund, und die Verrohung des Richters, der in den bru­talten Erjeffen einen gesunden Rorpsgeist" und gegenseitige Erzie bung" der Soldaten steht find glänzende aber nicht überraschende Triumphe der Moltke'schen Erziehungsanstalt".

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Aus dem Reichstage haben wir bis jetzt von besonders inters effanten Vorgängen nur die Berathung des Reichsetats, die am 29. und 30. November stattfand, und die Debatte über die von der Regierung beantragte Erhöhung der Getreidezölle( am 1. und 2. Dezember) zu erwähnen. Die Erftere gab unserm Genoffen Bebel Gelegenheit, in einer überaus energischen Rebe die ganze innere und

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äußere Reichspolitik einer wahrhaft vernichtenden Kritit zu unterziehen. Dem Eindruck seiner fachlichen Ausführungen konnten sich auch die gegs nerischen Parteien nicht entziehen; wenn sie an verschiedenen scharfen Ausdrücken, an der rücksichtslosen Kennzeichnung des 1871 im Siegess taumel gemachten Fehlers der Annegion von Elsaß- Lothringen , unter deren Folgen das deutsche Volt heute noch zu leiden hat, Anstoß nah men, so werden grade diese im Volte um so nachhaltigeren Eindruck machen, denn sie haben die Wahrheit auf ihrer Seite. Bebel tenn zeichnete die Heuchelei, in der Thronrede von ,, unchristlichen Nationen" zu reden, welche an Ueberfälle denken, während man selbst 1866 einen folchen unchriftlichen Ueberfall beging und keinen Anst ind nahm, das eigene Volt gegen den angestammten König" zum Aufstand aufzureizen. Darüber höste Entrüstung im parlamentarischen Froschteich- b. h. nicht über die Sache, die war ja höchst patriotisch und lobenswerth, aber über ihre richtige Qualifizirung und der unvermeidliche Ord­nungsruf. Bebel schilderte dann die unerhörte ununterbrochene Steige rung der Militärlasten, und die Abwälzung derselben auf die ärmste Klaffe der Bevölkerung durch die indiretten Steuern, nahm speziell die neue Schnapssteuer und die geplante Erhöhung ber Getreidezölle vor, wies die hinfälligkeit des Bettelalmosens der Arbeiterversorgung nach und schloß mit der Erklärung, daß die in Aussicht genommenen Verschärfungen des Ausnahmegesetzes und die religiösen Ronventikel, in denen die allerhöchsten Herrschaften" zusammen­treten, um den Sozialismus zu bekämpfen, zur Nutlofiakeit verdammt seien. Wenn sich die Herren Staatsienter mit dem Worte trösteten: Nach uns die Sündfluth," so wäre das ein schwaber Troft, es könne auch kommen, daß es heißen werde: Bor uns die Sündfluth." Bei der Berathung des Voltsaushungerungsgesetes, wie man die vorgeschlagene Erhöhung der Getreidezölle am richtigsten nennen mag, entwickelte Genoffe Singer in ausführlicher, mit scharfen Bemerkungen wider die Banditenpolitik der Agrarier ges mürzten Rebe den absolut verwerfenden Standpunkt der Sozialdemokratie. Ganz besonders wies er auch die lächerlichen Nedens arten des Herrn Gehlert zurüd, der als Vertreter eines der ärmsten sächsischen Industriebezirke sich nicht entblödete, die Erhöhung der Brod. steuer zu befürworten, mit dem Hinweis auf das Lohngefeh, das schon dafür sorgen werde, daß der Lohn eventu I um den Sitz der Bertheuerung steigen werde. Selbst wenn das Lohngesetz in der Ricardo schen Formulirung richtig wäre, was indeß nicht der Fall, so würden erst Hungersnotb, vermehrte Sterblichkeit der Ars beiter 2c. diesen Ausgleich herbeiführen ein n tter Christ und Arbeiterfreund, der auf solch schöne Lösungen spekulirt!

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Herrn Gehlert sekundirte in würdiger Weise sein Landsmann Frege, einer der unverschämteften Agrarier, und der Bauernheld, Herr von Kardorf, lekterer im Grunde nur aus Bosheit" gegen die Goldwährung. Nationalliberale und Zentrum schickten Redner für und gegen die Vorlage ins Feld. An diese Erscheinung wird man sich überhaupt bei beiden Barteien nachgrade gewöhnen müssen. Beide sind eben die sprechendften Zeugen für die ungesunden politischen Zustände im Reiche der Gottesfurcht und frommen Sitte.

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Was Recht ist, braucht das Licht nicht zu scheuen. Die Verhandlungen über die geplanten Berschärfungen des Schand­gefeges werden, wie der off ziöse Korrespondent der Münchener A. gemeinen" berichtet, im Bundesrath mit der größten Geheim haltung gepflogen". Deshalb können auch," schreibt er, nähere zuverlässige Angaben, abgesehen von dem, was schon über die Gültigkeitss dauer des Sozialistengesetzes und die Verschärfung der Ausweisungen bekannt geworden ist, nicht gemacht werden. Abweichend von dem bestehenden Brauche, nach welchem die Bundesrathssachen in einer Auf lage von ungefähr 500 Exemplaren gebrudt und nicht allein an die Bes vollmächtigten, sondern auch an eine Reihe von Behörden der Einzel­staaten verth ilt werden, ist die Vorlage über die Bekämpfung der Ums fturzbestrebungen in einer geringeren, auf die Zahl der Bevoll mächtigten und Stellvertreter beschräntten Auflage gebrudt worden."

Dieses geheimnißtbuerische Gebahren ist eigentlich schon die beste Kritik deffen, was demnächst zur weiteren Mundtod machung der deutschen Ar­beiter in Szene gesetzt werden soll. Wär's ein Vorschlag, der sich aus dem wirklichen Stand der Dinge mit ehrlichen Beweis ründen verthei gen ließe, es brauchte der Heimlichkeiten ein wahrer Geheimbund

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ber Unterdrückenden gegen die Unterdrückten - nicht. Das Volk wird daher die wahren Motive der neuen Knebelungsgesetze auf keinen Fall erfahren, zumal das, was sich deutsche Volksvertretung nennt, nicht das nach geartet ist, Aufklärung überhaupt zu wollen. Der durch Lug und Trug zusammengeschwindelte Reichstag wird zu keiner Gemeinheit feine Mitwirkung versagen. Nicht auf ihn kommt es daher an, wie weit die Rechte des Volkes weiter gemeuchelt werden sollen, sondern wie weit es Bismard und seine Mitkumpane für opportun halten, in dieser Richtung vorzugehen. Wäre kein Reichstag da, das Volt wäre nicht schlimmer daran als gegenwärtig, vielleicht eher noch beffer. Der Reichs­ tag , wie er jetzt ist, ist nicht mehr das Feigenblatt, nein, er ist der Schild, der schirmende Panzer des Absolutismus.

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Bourgeoisjustiz. Jn Gent ist am 25. November der Anarchist August Lootens, der auf eine Anzahl Arbeiter mit einem Revolver geschoffen, von den Bourgeoisgeschwornen freigesprochen wor den. Woher diese Milde gegen einen Anarchisten? In einer Genter Korrespondenz der Frankfurter Zeitung ", die auch in Arbeiterblättern Aufnahme gefunden, wird die Sache folgendermaßen dargestellt:

Dieser( Lootens) sollte am 1. Dftober dieses Jahres gelegentlich ernster Straßen- Raufereien, die in Folge öffentlichen Verkaufes des neuen anarchistischen Blattes De Dpstand"( Der Aufstand) zwischen Sozialisten des Vooruit" und den aus ihrer Mitte ausgeschiedenen Anarchisten entstanden waren, einen unbetheiligten Arbeiter Namens Ban Mansa ert mittelst eines unter die Menge abgefeuerten Revolvers schusses schwer verwundet haben. Das meiste Interesse( für die Bourgeoiste!) bei diesen Berhandlungen gewährte die Vernehmung der zahlreichen Zeugen, die den beiden verfeindeten Parteilagern entstammten und sich vor Gericht auf das heftigste anschuloigten und schmähten. Es konnte jedoch bei den sich widersprechenden Aussagen der Zeugen nicht konstatirt werden, wer an jenem Abend den verhängnißvollen Schuß ab: gegeben hatte, und so bleibt die Möglichkeit, daß die Anschuldigung gegen Lootens nur auf Rintüne der Leute des Vooruit" beruht. Diese Mög lichkeit muß(!) auch das entscheidende Motiv für den Wahrspruch der Jury gewesen sein, denn sie sprach Lootens von der Anklage des Mord. versuches frei, worauf derselbe sofort aus der haft entlassen

wurde."

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Das muß" ift bezeichnend für die Verlegenheit des Schreibers, ben Wahrspruch der Geschworenen genügend zu motiviren, der nämlich durch die Thatsache seine besondere Juustration ertält, daß in Lootens Wohnung Kugeln von ganz demselben Kaliber gefunden wurden, als die, durch welche Mansaert verwundet worden. Wären Lootens' Gegner Bourgeois und nicht sozialistische Arbeiter gewesen, diese Thatsache würde zu einer Verurtheilung auf Jahre genügt haben, aber- und hier liegt die Er. flärung für die merkwürdige Milde: Lootens hat in seinem Blatt der Genter Bourgeoiste den Gefallen gethan, den ihnen verhaßten ,, Vooruit" und seine Leiter in der gemeinsten Weise zu verdächtigen, und ,, eine Liebe ist der andern werth". Wir gönnen Lostens gern die Freiheit, aber

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gegenüber den Beschönigungsversuchen der Bourgeoispreffe muß das wahre Motiv der Freisprechung ins rechte Licht gestellt werden.

Beiläufig, ist es denn der Frankfurter Zeitung " absolut unmöglich, Rorrespondenten im Ausland zu halten, die einen etwas weiteren Blid haben als der erste beste Dugend- Bourgeois?

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Gemästete Agitatoren und verhungerte Agitatoren. Das paßt zwar nicht zusammen, und wir haben z. B. noch nie etwas von gemästeten preußischen Schulmeistern gehört, dafür aber defto mehr von verhungerten. Indeß ein Kartellbruder bringt Alles fertig, und nachdem die biederen Herren der Ordnungsparteien über Jahrzehnte lang den gemäßteten" Agitator herumgezeigt hatten( der nur nicht Jerusalem oder Winkelmann heißen darf), haben sie jetzt auf einmal auch einen verhungerten Agitator entdeckt. Wir lesen nämlich in den kartellbrüderlichen Blättern- und zwar in allen, ein Beweis dafür, daß es aus dem Berliner Breßbureau kommt daß Hasenclever in Folge ungünstiger Vermögensverhältnisse dem Jers finn verfallen sei. Also zwar nicht verhungert, aber doch vor Hunger wahnsinnig was noch schlimmer. Und warum zur Abwechslung ein mal diese Rehrseite des gemästeten" Agitators? Natürlich nicht um der Wahrheit die Ehre zu geben, sondern um dem Gros der Agita­toren" eins auszuwischen. Denn sie sollen ja Schuld daran sein, daß Hasenclever von Nahrungssorgen gequält wurde. Daß auch letteres eine blöde Lüge, haben wir schon früher gesagt, und wir erwähnen der Sache nur, um an einem neuen Beispiel die bodenlose unehr­lichkeit unserer Gegner zu zeigen.

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Die Nachrichten über das Befinden Hasenclever's lauten leiber nicht günstig. Zwar sind die Sensationsnotizen gewisser Blätter von Zobsuchtsanfällen u. f. w. zum Glück aus der Luft gegriffen, allein ein schweres Gehirnleiden ist doch festgestellt.

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Bom Zentralfomite der italien ischen Arbeiterpartei geht uns folgendes Schriftstück zur Mittheilung an unsere deutschen Ges noffen zu:

Werthe Genossen!

Wir haben die Resultate Eures jüngst in St. Gallen abgehaltenen Rongresses gelesen und können nicht umhin, Euch unsere lebhafteste Bes wunderung der Festigkeit, der Jntelligenz und der Ueberzeugungstreue auszudrücken, mit der Ihr unter der Verfolgungs- und Unterdrückungs­Politik Eurer Regierung Eure Sache fortführt.

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Leider können wir in Italien nicht dasselbe sagen.

Unser leicht zu Ueberschwänglichkeiten und etwas oberflächlicher Bes trachtung der Dinge geneigtes Naturell ist es zunächst, das unseren Rampf wesentlich erschwert. Gegenwärtig hat jedoch unsere Partei einen neuen Aufschwung genommen und wir hoffen, in furzer Zeit eine starke und verbreitete Organisation zu befizen.

,, Wir beeilen uns, Euch mitzutheilen, daß wir dem Beschluß Eures Parteitages, im Jahre 1888 einen internationalen Rongreß abzuhalten, voll und ganz zustimmen. Wir werden sehr gern an demselben theilnehmen und drüden schon heute den Wunsch aus, daß die Arbeiter aller Länder sich im Namen der ihnen allen gemeinsamen Sache der Emanzipation vereinigen mögen."

Das Schriftstück schließt mit der Bitte an die Parteivertretung der deutschen Sozialdemokratie, die italienischen Genoffen über alle für den Rongreß gethanen Schritte auf dem Laufenden zu halten, und dem Ruf: " Hoch die Emanzipation der Arbeiter!"

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In Frankreich hat die Ersawahl für den abgegangen Präsidenten Grevy einen unter den obwaltenden Verhältnissen günstigen Ausgang genommen. Da weder eine Abschaffung der ganzen Präsidentschaft noch die Wahl eines wirklich radikalen Res publikan rs zu erwarten war, so ist es immerhin als günstig für die innere Entwickelung der Republit zu betrachten, daß nicht der mit dem Börsengaunerthum intim liirte und mit den Reaktionären fofettirende Jules Ferry , sondern ein Mann gewählt wurde, der vielleicht nicht radikaler als dieser, aber wenigstens tein so abgebrühter Intrigant ift. Herr Sadi Carnot , der mit 611 Stimmen gewählte neue Präsident, liefert nach seiner ganzen Vergangenheit wenigstens die Garantie, daß die Herrn Monarch sten nichts von ihm zu erwarten haben.

Die Wahl Ferrys verhindert zu haben, ist zum guten Theil ein Vers dienst der revolutionären Sozialisten von Paris . Den Intriguen der Opportunisten, dieser würdigen Abbilder der deutschen Nationalliberalen, wäre es vielleicht schließlich doch gelungen, mit Silfe der Rech en ihren Abgott den andern Fraktionen aufzuzwingen, aber die Pariser Revolus tionäre, und insbesondere die Blanquisten, zeigten sich so entschlossen, der Wahl des Tonkin- Mannes W derstand entgegenzusehen, daß sie den Pariser Gemeinderath mit sich fortriffen und eine große Anzahl von Republikanern, die doch vor einer zweiten Auflage der Kommune zurüc schreckten, schließlich flein beigaben.

Das deutsche Reptilien esindel, das mit pharisäerhafter Schadenfreude auf die Präsidentschaftswirien in Frankreich hingewiesen und dem deuts schen Spießbürger triumphirend zugerufen hatte: seht, bei uns in der Monarchie ist das viel besser, ist diesmal gründlich hereingefallen. Sie tönnen Herrn Carnot beim besten Willen nichts am Zeuge flicken. Dem Korrespondenten der Kölnischen 3tq.", der die Einmischung der Straße und deren einstüchternden Einfluß auf die Wahlvorgänge als einen schwarzen Schatten" hinstellt, antwortet die demokratische Zürcher Post sehr gut:

Wenn anderswo die Straße" einem Fürsten , Hurrah" brüllt, vers wandelt dieser Statten sich sofort in ein rührendes Zeichen unzerstör barer Anhänglichkeit an das erhabene Herrscherhaus."

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Aus einem früheren Artikel der Bürcher Post" sei noch folgende Stelle den salbungsvollen Moralbrüdern des Gottesgnadenthums als Denkzettel gewidmet:

,, Er( Grevy) hat leider gezaubert, aber er geht. Die Gekrönten Europas alle wiffen, daß vor ihren Thronen mehr Schmut lag und noch liegt, als vor Grevys Fauteuil und ste find leider nicht gegangen. Ihre Minister und Abgeordneten haben ihnen auch weder laut noch leise den Rücktritt nahe gelegt. Ein kürst darf sich schon was erlauben, denn strenger An stand wird nur von einem bürgerlichen Präsidenten gefordert.

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Ein falscher Bruder. Aus zuverlässiger Duelle erhalten wir nachstehende Mittheilung:

Wie man sich erinnern wird, gehörten zu den Beugen im Prozeß Neve zwei Strafgefangene, der Eisendreher Robert Drichel und der Schuhmacher Krause. Ersterer wird als derjenige bezeichnet, an den die Kiste mit Sprengstoffen adressirt war, deren Absendung Neve zur Last gelegt wurde, Krause war s. 8t. als eifriger Agitator des Anars chismus bekannt. Dieser Krause nun hat, wie ein aus Plögensee ent laffener Strafgefangener mittheilt, sich zu diesem, mit dem er in der felben Belle internirt war, geäußert, er werde ben Neve bei der Verhandlung gerade so verpfeifen", wie Drichel mit ihm und mehreren anderen seiner Anhänger es gethan; er würde sich badurch eine günstigere Behandlung und vielleicht auch einen Straferlaß erwirten.

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Neve's Verurtheilung erfolgte bekanntlich auf bloße Berdachtsmomente, sogenannte, Annahmen hin, und so dürften die Aussagen des biederen Krause wahrscheinlich erst die rechte Würze für diese An nahmen" geliefert haben. Von den fünfzehn Jahren Bucht­haus, die das Reichsgericht Neve aufdiftirte, diesem Manne, dessen Selbstlosigkeit und Ehrenhaftigkeit Jeder anerkennen muß, der je mit ihm in Berührung getreten, kommt ein guter Theil auf Ronto des " Beugen" Krause.

Wahrscheinlich hofft dieser Schurke nach seiner Freilassung, die kaum lange auf sich warten laffen wird, als Spiel Anstellung zu finden. Es si ihm daher bereits heute die Maske vom Gesicht gerissen- der sich stets so radikal Geberdende ist kein Märtyrer, er ist ein Ber räther seiner Sache.

Soweit die Einsendung.

Wir bemerken unserseits, daß, wenn wir nicht sehr irren, dieser Krause berselbe ist, der vor etlichen Jahren in Nürnberg dem dortigen Lügenblatt ,, Kurier" Material( bas freilich danach war) zu Angriffen gegen Grillenberger lieferte.

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8um Breslauer Bubenstüd wird uns berichtet: Ein Meineid, von dem im hiesigen Sozialistenprozeß bekannt gewordenen Herrn von Donat, soll hiermit zur öffentlichen Renntniß gebracht