— vcschlüssc deutscher Republikaner i« der Schweiz. InZürich haben fünfhundert Deutsche in einer Bersammlung„angesichtsder gefahrvollen Lage deS Baterlandes" einstimmig eine Reihe wichtigerBeschlüsse gefaßt, von denen wir die hauptsächlichsten hier folgen lassen:„Gegen die dynastische Politik der deutschen Fürsten, welche schonso viel Unheil über Deutschland gebracht hat und jetzt im Begriffesteht, unabsehbares Elend, Schimpf und Schande heraufzubeschwören,ist der bewassuete Widerstand des deutschen Volke«geboten"........„In Uebereinstimmunz mit der Volksversammlung zu....-erkennen wir in der deutsche« Republik die einzig mögliche Be'seitigung der beklagenswerthen und gefahrdrohenden Zustände unddie sichere Anbahnung einer friedlichen Entwickelung der deutschenRation zur Freiheit und Rächt."„Die Grundrechte des deutschen Volkes und die Einführungder allgemeinen Volksbewaffnung bilden und verbür-gen augenblicklich den einzig gesetzlichen Boden des deutschen Volkes."„Die Bersammlung fordert das Volk in allen Thülen Deutsch-landS dringend auf, angesichts der jetzigen Gesahr und Roth überallin Stadt und Land zu politischen Vereinen zusammen zu treten undeine organisirte Volksbewaffnung in Angriff zunehmen. Wir wollen hier hinter den Brüdern in Deutschland nichtzurückbleiben."'»Sind dies« Leute rasend?" hören wir gewisse Heuler hier ausrufen.»Wie können sie den Schweizer Boden zu so unerhörten Anschlägen widerfremde Regierungen mißbrauchen? Das rechtiertigt die schärfsten Maßkegeln gegen diese Hetzer, gegen diese Aufwiegler."Gemach! dies« Leute sind durchaus nicht rasend, oder vielmehr sie»aren durchaus nicht rasend, als sie die obigen Beschlüsse faßten. Sieritkirten nichts dabei, keine Ausweisung, keine Maßregelung. Im Früh-jähr 1866 waren eben die Nerven noch nicht so zart organisirt wieheutzutage, und zur Beruhigung für die freiwilligen und bezahlten An-geber in Zürich und anderwärts sei bemerkt, daß die zitirten Beschlüssebereits 22 Jahre alt sind.Die Zeiten ändern sich und die Menschen mit ihnen. Wie gar manche»on den Leuten, die damals offen zum gewaltsamen Sturz der deutschenFürsten aufforderten, stimmen heute mit ein in das Geschrei über die«ufreizende Sprache des„Sozialdemokrat", und unterstützen die Forde-rung von Represfionsmaßregeln gegen denselben. Wo findet man aberin unserem Blatt, wo in irgend einer Publikatton unserer Druckerei der-arttge Aufforderungen zu„Hochverrath und gewaltthätigem Umsturz"?Je nun. wir vertreten auch die Interessen der Arbeiterklasse,und vor 22 Jahren war dai Bürgerthum in der Opposition. Das«klärt alles..— Mit dem ganzen Dünkel eine» deutschen Professorssteht Herr Moritz Carriere in der„deutschen Revue" in ememFriedensbrief an Ernst Renan über unsern Genossen Bebel her, weilderselbe im Reichstag wiederholt seine atheistische Gesinnung bekundet undjugleich auf eine Reihe von berühmten Staatsmännern, Philosophen ic.als Gleichgesinnte in dieser Frage hingewiesen hat.„So will die Klein-heit", zetert er,„sich groß machen, so brüstet sich die Unwissenheit oderdie ebenso schlimme Halbbildung mit der vermeintlichen Weisheit derThoren, die in ihrem Herzen sprechen: es ist kein Gott. Bebel weißschwerlich viel von Platon und Aristoteles, von Leibnitz und Kant, vonKeppler und Newton, aber begierig liest er die frechen und frivolenDeklamationen der Feuilletonisten, die fett Jahren die Volksseele ver-giften."Die Berliner„Volkszeitung" ferttgt den zelotischen Pfaffen— Ver-zethung, Professor, sehr treffend mit dem Hinweis auf die grauenhafteUnwissenheit ab, die Herr Carriere in eben demselben„Friedensbries" inBezug auf die soziale Frage an den Tag legt. Der große Philosophspricht da nämlich von den„Maßregeln de« großen Kanzlers" undweint: Wenn diese Versicherung gegen Unfall, Roth, Krankheit undAltersschwäche durch das Zusammenwirken von Arbeitgebern und Arbeit-nehmern durchgeführt ist, hat die bestehend« Gesellschaft Recht und Pflicht,jeden Angriff eines revolutionären Kommunismus, eines auf Umsturzdes Staates sinnenden Sozialismus auch„mit Waffengewaltniederzuschmettern." Das tief« Verständniß sowohl für dieWirkungen der großen Sozialreform— es blieb Herrn Moritz Carrierevorbehalten, in ihr auch eine Versicherung gegen Roth zufinden— als für die Bedürfnisse der Arbeiterklasse wetteifert hier mitder nicht minder ttefen Geschichtsauffassung, die den Herren davon zukäumen erlaubt, eine Kulturbewegung wie die sozialistische„mitWaffengewalt niederzuschmettern."Doch lassen wir das. Was in dieser Hinsicht Herrn Carriere zujagen ist, ist zum größten Theil in dem erwähnten Arttkel der„Volks-jeitung" gesagt worden. Hier wollen wir eine andre Frage aufwerfen.Herr Carriere eifert wider die„Thoren, die in ihrem Herzen sprechen:ist kein Gott". Wenn daS ein Stöcker oder irgend ein römischerPfaffe thut, so sind sie— wir wollen nicht sagen in ihrem Recht, aberwenigstens in ihrer Rolle. Sie stehen auf dem Standpunkt des Offen-darungsglaubens: was in den Evangelien steht, ist ihnen die absoluteWahrheit— daS Wort Gottes. Herr Carriere aber glaubt ebensowenigals Herr Renan an die Unfehlbarkeit der Bibel, sie ist ihm Menschen-werk, der Bib-lgott existirt nicht für ihn. Aber anstatt nun offen zulagen: Wir wissen von keinem Gott und können von einem Gott nichtswissen, der Schöpfungsgedanke und der Gedanke eines die Geschicke derWelt und speziell der Menschen lenkenden Gottes ermangeln jeglicherwissenschaftlichen Grundlage und können daher unmöglich für mehr alssfcr Produtte einer unentwickelten Erkenntniß der Welt und der Natur-kräft« gelten, klügelt er sich einen Weltenschöpfer und Weltenlenker aus,der um kein Haar besser vor der wissenschaftlichen Prüfung besteht alsder OffenbarungSgott, einen abstrahirten Gott, der sich nirgends offen-bart als in den Werken deS Herrn Carriere, einen Gott, der von allenschlacken, die dem leiblichen Gott anhaften, befreit fein soll, der aberd-m gesunden menschlichen Fühlen nach ferner steht als dieser, geradeweil er«ine bloße Abstrattion, ein philosophisches Schattenbild ist.Wir wollen nicht mit Herrn Carriere über„Halbbildung" streiten,soviel steht aber fest: schlimmer als das mangelhaste Wissen ist daswangelhaste Wollen, das absichtliche Stehenbleiben auf halbem Wege.kknd das ist das Charakteristikum seines„Theismus". Für den sattenBourgeois eine Spielerei, wird er bei den Unterdrückten nie Eingangfinden. Er befreit sie nicht, er Köstet sie nicht, er erhebt sie nicht, erNimmt ihnen den Himmel und gibt ihnen die Erde nicht— er ist,wenigstens in unsren Tagen, der Deckmantel aller Feigheit und Ge-sinnungslosigleit. Und lieber ein„Halbgebildeter", der ein ganzer M a n nist, als«in mit Gelehrsamkeit vollgepfropftes Mollusk.— Demokratischer Chauvinismus und GerviliSmu». Wirhatten wiederholt Gelegenheit, uns mit der„Frankfurter Zeitung" zubeschäftigen. Daß der Moniteur deS Herrn Sonnemann in der Loyalitäts-«pidemi.-, welch- jetzt in Deutschland herrscht, nicht seuchenfrei bleibenwürde, daS war zu erwarten. Freilich, die Inbrunst des Knechtsinns,welche sie bei dem Tode de» alten Hohenzollernkaisers entwickelt, undbie Eleganz, mit welcher sie die dicksten polittschen Thatsachen wegeska-Aotirt hat, um mit dem verstorbenen Heldengreis Heroenkultus Keiben zukönnen— diese Orgien der Servilität haben selbst in den philisterhaftestenKreisen der Volksphilisterpartei Verwunderung erregt. Jndeß, das sindDinge, die man noch einigermaßen mit der herrschenden Drehkrankheit«ntschuldigen kann, welch« ja bekanntlich ansteckend ist. Aber keinerleiEntschuldigung gibt es dafür, daß die„Frankfurter Zeitung", die sich«in demokrattscheS Organ nennt, mit Sack und Pack in das Lager de«EhauvintSmus übergegangen ist, welcher im schroffsten Gegensatzsteht zu jedem demokratischen Prinzip. Die„Frankfurter Zeitung", dieschon früher bedenkliche Anwandlungen von Franzoseafrefferei hatte,«acht jetzt systemattsch in Franzosensresserei und Chauvinismus, und».schreckt bei Ausübung diese» traurigen Handwerks auch nicht vor denhandgreiflichsten Lügen und gröbsten Seschichtssälichungen zurück. Sobehauptet sie>. B. in chrer Nummer vom 24. März, die Franzosenhätten Deutschland schon unzählige Male, die Deutschen Frankreich nicht«in einziges Mal angegriffen. Daß 1732 das durchaussriedlich gesinnte Frankreich von den Ptllnttzer Verschwornen, in«rster Linie den Preußen und Oesterretchern, angegriffenward, und daß aus jmem Krieg die späteren RevoluttonSkriege und dieTapoleonifchen Kriege hervorgingen, d. h. mit anderen Worten, daß dieKriegsperiode von 1732 bis ISIS ganz wesentlich den reaktionärendeutschen Fürsten auf's Kerbholz zu setzen ist— daS schweigt diechauvinistische Frankfurterin todt.Es zeigt sich hier so recht deutlich, wie viel ihre sogenannte„Demo-kratie" werth ist. Schon der einfachste demokratische Instinkt müßte ihrsagen, daß der chauvinistische Haß gegen Frankreich die Basis derReaktion in Deutschland bildet, und daß der Militarismus seineExistenzbedingungen selbst in den Augen des dümmsten Mordspatriotenverlieren würde, wenn die Behauptung, daß Frankreich Deutschland zuüberfallen trachte, allgemein als Lüge erkannt wäre. Und das vorgeb-liche Organ der Demokratie verbreitet selbst diese Behauptung und fälschtin ihrem Dienst die Geschichte.Da eS sich um Thatsachen handelt, die in jedem GeschichtSwerk ver-zeichnet sind, so kann das Gebahren der„Frankfurter Zeitung" nicht aufUnwissenheit zurückgeführt werden, obgleich auch das keine Recht-ferttgung wäre. Es ist Methode in dem Treiben. Die„FrankfurterZeitung" handett mit vollem Bewußtsein. Sie ist in ersterLinie Bourgeois- und Börsenorgan— das Politische ist nur Beiwerk,die Demokratie Sport, und— erst da» Geschäft und danndas Vergnügen.— Polizeistaatliches. In Deutschland herrscht der Polizei-stab nicht bloS von„Staats"wegen, er ist dem deutschen Philister sogarbuchstäblich in Fleisch und Blut übergegangen. So ist z. B. in B a m-berg eine Zeitung, zwar nicht von der Polizei, aber von ihren Grün-der» und Lesern verboten worden. Verboten in aller Form Rechtens. Und was das Interessanteste an diesem neuen Verfahren,— dasPublikum, welche? der Polizei dies« Konkurrenz gemacht hat, ist—volksparteiliches Publikum. Das fragliche Blatt, das„Bam-berger Journal", war nämlich ein Organ der Volkspartei, und der Ar-ttkel, welcher die tapferen Herren Demokraten zum Entschluß gebrachthat, das Blatt eingehen zu lassen, weil es die„Partei" diskrebitirt habe— dieser Artikel ist eine sehr zahme Charakteristik deS ver-storbenen Kaisers, in der die badischen Heldenthaten ganz leicht ange-deutet sind! So tief ist diese Volkspartei gesunken. Roch unterdie Puttkamer'sche Polizei— denn diese hat das„BambergerJournal" nicht verboten— nicht einmal beschlagnahmt.— Gleiche» Recht für Alle im heutigen Klassenstaat, alias„Gleichheit vor dem Gesetz". In den Berliner Zeitungen vom 30. Märzd. I. finden wir folgende zwei Justizfälle:I.„Es muß ein ganz sonderbarer Zustand gewesen sein, inwelchem der alte Rentier N. an einem Sonntage des Januar,Morgen« gegen 7 Uhr, einen nach Moabit fahrenden Pferdebahnwagenbestieg. Er hatte die ganze Nacht mit guten Freunden durchzecht, wardann ein wenig in die Luft gegangen und ein gerade vorüberfahrenderPferdeeisenbahnwagen brachte ihn plötzlich auf die Idee, eine Frühfahrtnach Moabit zu machen. Er nahm in recht behäbiger Breite auf demHinterperron Platz und war nicht sehr angenehm überrascht, als einwährend der Fahrt aufspringender Passagier Miene machte, auf demnoch nicht vollbesetzten Perron gleichfalls Aufstellung zu nehmen. Mitdem Ton eines Mannes, der in dieser Beziehung etwas zu sagen habe,herrschte der alte Herr den neuen Ankömmling wiederholt an, daß derWagen besetzt sei, und als er damit kein Gehör fand, warf er denneuen Passagier mit einem heftigen Stoß vor die Brust einfach vomWagen, so daß der Mann in weitem Bogen aus dasStraßenpflaster fiel. Es ist ein wahres Wunder, daßderselbe nur mit«inigen geringeren Verletzungendavonkam und nicht von einem dem Pferdebahnwagen folgendenFuhrwerk überfahren wurde. Gegen Herrn N. aber wurde die Anklagewegen Körperverletzung mittelst einer das Leben gefährdenden Behandlung erhoben. Der alte Herr erklärte wieder-holt, daß er gar nicht wisse, wie er zu dieser That gekommen sei unddaß er die letztere tief bereue. Der Staatsanwalt glaubte ihm die« auchund beantragte deßhalb nur 14 Tage Gefängniß! daS Schöffengerichtentschied sich aber nach langer Berathung dahin, noch eine größere Mildewalten zu lassen und verurtheilte den Angeklagten zu Ivo Mk. Geld«büße, event. 15 Tagen Gefängniß."II.„Einen bemerkenSwerthen Mangel an Muth fördertegestern«ine Verhandlung vor der dritten Strafkammer am Landgericht Izu Tage. Der Schlächtergeselle Markeska besuchte mit seiner Brautein Bergnüzungslokal, in dem sich mehrere seiner Bekannten befanden.Einer der letzteren machte sich nun wohl etwas mehr mit der Braut zuschaffen, als es dem Markeska lieb war, so daß sich bald ein Wort-Wechsel entspann, in dessen weiterem Verlauf der letztgenannte einMesser zog und drohte, seinen Gegner niederstechen zu wollen.Als dieser die blinkende Waffe erblickte, wendete er sich um, und ob-wohl er gar nicht verfolgt wurde, lief er so lange mitWindeseile davon, bis er zusammenbrach. Markeska, der gar nichtdie Absicht gehabt hatte, zu stechen, lachte nicht wenig, dochwurde seine Heiterkeit unangenehm durch«ine Anklage unterbrochen. DerGerichtshof erkannte auf drei Monat« Gefängniß;ob der Angeklagte wirklich habe stechen wollen, müsse gleichgiltig bleiben,denn es genüge, daß bei dem Bedrohten Furcht erzeugtw i r d."Wir haben die beiden Notizen unverändert so wiedergegeben, wie dieLokalreporter sie geschrieben. Es sind sogenannte„geringfügige" Fälle,und doch wie lehrreich! Ein roher Bursche, der ohne jegliche Proooka-tion einen Menschen vom Wagen wirft, so daß es ein wahres Wunderzu nennen, wenn das Opfer des Bubenstreichs nicht Hals und Beinegebrochen, kommt mit einer verhältnißmäßig— d. h. für seine Verhält-Nisse— winzigen Geldstrafe davon.Und ein anderer roher Bursche, der sich den, allerdings sehr unpaffen-den„Spaß" macht, Jemand durch Ziehen eines Messer« zu erschrecken,von dem Messer jedoch keinen Gebrauch macht, wird zu dreiMonaten Gefängniß verurtheilt.Wenn I die Strafe von II erhalten hätte, und umgekehrt, so würbein den beiderseitigen Strafen vielleicht ein richtiges Berhältniß gewesensein; aber so wie die Strafen gefallen sind, ist die Ungerechtigkeit eineflagrante, und springt aus den ersten Blick in die Augen.Wie erklärt sich diese Justiz mit zweierlei Maß?Nr. I war ein„Rentier", also Mitglied der herrschendenKlaffe! Nr. II war ein„ S ch l ä ch t e r g e s e l l e", d. h. Arbeiter,und als solcher Mttglied der unterdrückten und ausgebeute-ten Klasse.Das sagt Alles.Und damit die Göttin der Gerechtigkeit nicht allein sei in der Bethätt-gung des Klasseninstinlt«, helfen die braven Reporter ihr noch hübschfreundlich, inoem sie den Namen des„Rentiers" diskret verschweigen,den des„Schlächtergesellen" aber rücksichtslos an den Pranger schlagen."— Eine lehrreiche Erinnerung. Die Thatsache, daß in New-Dork Herr Karl Schurz, der„Befreier Kinkel'«", sich dazuhergab, dem Mann die Gedächtnißrede zu halten, der Kinkelins Zuchthaus geschickt, die Besten der Mitkämpfer Kinkel'« gestandrechtelthatte, ruft eine Reihe von Erinnerungen wach an die Umstände, unterdenen die Befreiungsthat vor sich ging, und an die Folgen, welche die-selbe für diejenigen hatte, die nicht gleich Schurz so glücklich waren, insAusland zu entkommen.Schurz war mit Empfehlungen an den Gastwirth WilhelmKrause in Spandau gekommen, der ihn bei sich einquartirte, undihm pro forma Arbeit bei einem Schlossermerster verschaffte. An demzur Befreiung festgesetzten Abend lud Krause die Gesängnißbeamten ic.zu einer heißen Bowle zu sich ein, Schurz achtete darauf, daß keinerder Kneipbrüder daS Lokal verließ, während inzwischen Dr. Löwensteinund ein Gefängnißbeamter die Befreiung Kiniel'S bewerkstelligten.Zwischen 11 und>2 Uhr kommt ein Wagen angefahren und Krausesagt zu Schurz:„Schlosser, gehen Sie mal raus und sehen Sie, werda ist."„Zwei Herren wünschen für sich und ihren Kutscher«in GlaS„Warmes."„Hier nehmen Sie drei Gläser und sagen Sie, weil heute mein Ge-burtstag ist, nehme ich von Niemand B-zahlung."Im Wagen waren Professor Krnkel und Dr. Löwenstein. Noch inderselben Nacht kam Kinkel glücklich über die mecklenburgische Grenze undeinige Tage darauf nach England.Im Jahre 1851 kam vor dem königlichen Kammergericht zu Berlinder Prozeß gegen Dr. Löwenstein und Genoffen wegen Befreiung de«Hochverräthers Kinkel zur Verhandlung. Angeklagt waren Dr. Löwen-st ein, der Gefangenenwärter und der Gastwirth Krause.Schurz war glücklich nach England geflüchtet.Als der Präsident frug: Sind Sie der Gastwirth Wilhelm Kraus«?antwortete dieser:„Ja, Herr Präsident, das bin ich."Sie sind angeklagt, Beihilfe zur Befreiung des Kinkel geleistet zuhaben, und namentlich den angeblichen Schlossergesellen swd. phil.Karl Schurz, längere Zeit beherbergt, ohne ihn polizeilich gemeldet zuhaben.„Det stimmt Mens, Herr Präsident, aber ich muß Ihnen dabei«enekleene Geschichte erzählen. Es mögen jetzt so stiekener dreiJahre her sin, da kam eene Nacht, e« war sone recht stürmische März-nacht, eene Kutsche vorjefahren un rau» stiegen zwei Herren un frugenmir, ob sie bei mir übernachten können. Ick sage ja, un wollen Se mirjefälligst Ihr« Papiere jeben. Js nich nöthig, sagt der eene Herr, meinName ist von Brandt, Sie brauchen uns nich melden. Ick kannte ihnwohl, et war, meine Herren, der Prinz von Preußen. Watmeenen Se wol, wat det Volk von Spandau mit dem jemacht hätte,wenn ick ihm jemolden hätte. Na ick dachte, wat Herrn v. Brandtrecht is, is dem Schlosser Schurz, billi g."Dr. Löwenstein und der Gefangenenwärter wurden zu je 20 JahrenZuchthaus verurtheilt und Krause als unzurechnungsfähig aus der Haftentlassen.„Dr. Löwenstein starb im Gefängni ß", schreibt die„New-V orker Volks-Zeitung", der wir diese Erinnerung entnehmen,„Krauseist todt und Karl Schurz hält die Gedächtnißrede fürden„Prinz von Preußen".Das kennzeichnet den Mann. Kinkel hat später im Exil auch manche„Wandlungen" durchgemacht, aber zu solcher Gesinnungsl— osigkeit hätteer sich schwerlich herbeigelassen. Uebrigens sei bemerkt, daß Herr KarlSchurz später im Auslande zu den Erzrevolutionären gehörte, welch«gegen Marx hetzten und intriguirten, weil er sich aus die Revolu-tionsmacherei nicht einließ. Wie hat Herr Schurz den Titel, den ihmMarx damals beilegte, doch gerechtfertigt!„Was Herrn von Brandt recht ist, ist dem Schlosser Schurz billig"—diese schlichten Wort« des„unzurechnungsfähigen" Gastwirths kann mangewissen Leuten nicht oft genug ins Gedächtniß zurückrufen. Sie geltennatürlich auch in umgkehrter Satzfolge. Aber der einstige Flüchtling ge-hörte noch am Abend seines Lebens zu Denen, die unbarmherzig exilirten,und der mit von ihm Exilirte feiert heute sein Gedächtniß.Wo ist das Schamgefühl geblieben?!— Zu weffe« Gunsten? Eine Spitzelkorrespondenz, welche vom„Frankfurter Journal" aus die Runde durch die deutsche Kartellpressemacht, gibt sich gewaltig Mühe, dem Anarchismus auf den Strumpfzu Helsen, und da mit dem Bischen wirklichen Anarchismus, dernoch hie und da in vereinzelten Exemplaren zu finden ist, absolut keinAufhebens zu machen ist, so werden Anarchisten erfunden. So heißteS u. 31,;„Außerordentlich bezeichnend ist eS nun, daß der Züricher„Sozial-demvkrat" nach Lahmlegung dieser Konkurrenz den Anarchisten gegenübersofort eine veränderte Haltung annahm; e» scheint nämlich ein Kompro-miß zwischen beiden stattgesunden zu haben, wenigstens steht fest, daßsich in Zürich bereits eine anarchistilche Gruppe gebildet hat, welche denImport revolutionärer Brandschristen nach Oesterreich systematisch be-treibt. Auch in Deutschland scheint man sich den gegenseitigen Besitzstandgaranttrt zu haben, wenigstens ist»achgewiesen, daß die ohnlängst inBaden massenhaft verbreiteten anarchistischen Flugblätter in Zürich dasLicht der Welt erblickt haben. Ganz ohne Rückhalt ist auch das Bruder-organ des„Sozialdemokrat", welch-s in derselben Züricher Druckereihergestellt und von demselben Redakteur geleitet wird, in das anarchistischeLager übergegangen; unter Anderem veröffentlichte ersteres anläßlich derHinrichtung der Chicagoer Anarchisten ein mit schwarzem Rande ver-sehenes Blatt, in welchem diese verherrlicht wurden. Buch mehrereFührer der Sozialrevolutionäre in der Schweiz, z. B. der aus Deutsch-land ausgewiesene„Schriftsteller" Kahler und ein in Basel ansässigerTischler Namens Guthmann, der mit der Züricher Leitung bitter ver-feindet war, find wieder zu Ehren angenommen worden. Dieser Um-schwung ist ohne Zweifel darauf zurückzuführen, daß die radikale Parteiin kategorischer Form die Einstellung jeglicher Feindseligkeit zwischen denbeiden„sinnesverwandten" Richtungen forderte. In ganz gleicher Weisewar bereits vor Jahresfrist dem„Berliner Volksblatt" jede Polemikgegen Most untersagt worden. Um nun diese veränderte Situation unddie bevorstehende neue„sozialrevolutionäre Aera" der Agitation, zu wel-cher im Interesse der Selbsterhaltung von Zürich aus gegriffen werdenmußte, vor den Augen der eidgenössischen Polizei thunlichst zu verbergen,mußte die Ehrenberg-Affäre inszenirt werden. Wir zweifeln, daß es denHerren gelingen wird, in Deutschland— abgesehen von einigen vorge-schrtttenen freifinnigen Zeitungsredaktion.n— Jemandem Sand in dieAugen zu streuen."Man kann hier wirklich sagen, Satz für Satz unverschämt er-logen. Aber nebenbei auch sehr dumm erlogen, denn die Unwahr-heit jeder einzelnen dieser Behauptungen läßt sich fast dokumentarischnachweisen. Wir haben jedoch dazu heut weder Raum noch Veranlassung,aber die Frage wollen wir aufwerfen: Zu wessen Gunsten wirddas alles gelogen? Und wenn wir da nach dem alten Grund-satz verfahren,»ipso focit cui prodest"— der hat es gethan, dem eSnützt, bezw. dem es nützen soll, so müssen wir zu dem Resultat kommen,daß hinter dem Verfasser der Notiz kein anderer als ein sehr intimer,wenn auch entsetzlich tölpelhafter Freund des biederen— Ehrenbergzu suchen ist.Und nun verstehen wir auch, warum der Name de»„BruderorganS"des„Sozialdemokrat", da« in'S anarchistische Lager übergegangen seinsoll, so wohlweislich verschwiegen wird. Je unbestimmter dieDenunziation, um so schwerer ist der Urheber zu fassen. Immerhinwollen wir den Versuch machen und richten daher an die Redaktion des„Frankfurter Journal" die höflich« Bitte, ihren Korrespondenten aufzu-fordern, den Rameu diese« unseres anarchistischen„BruderorganS" zunennen. U. A. w. g.— Stimmt. Was de« neuen Kaiser» Verhältniß zurdeutschenSozialdemokratie bettifft— schreibt die„NewyorkerVolkSzeitung"— so wird Friedrich III. bald finden, daß der Ausspruch,den er vor einigen Jahren mit Bezug auf dieselbe that, durchauskorrekt ist. Wie die deutschen Zeitungen nämlich vor Kurzem, daangesichts der schweren Krankheit des damaligen Thronfolgers zahlloseAnekdoten über ihn austauchten, erzählten, hatte„Unser Fritz" vor«inpaar Jahren sich in einer kleinen westphälischen Landstadt mit einemehrsamen Schuhmacher, in dessen Werkstatt er auf die Erledigung eiveSkleinen Auftrags wartete, in ein Gespräch eingelassen. Der Kronprinzfragte den Schuhmachermeister, weßhalb er sich nicht ein paar Gesellenhalte, da er doch offenbar gute Geschäfte mache.„Ja, kaiserliche Hoheit",— erwiderte der westphälische Berussgenosse Hans Sachsens,—„dieschlechten Gesellen kann ich nicht brauchen, und die guten sind in unsererGegend sämmtlich Sozialdemokraten, und mit denen kann unser Einernicht fertig werden."„Unser Einer auch nicht," antwortete sehr ernst„Unser Fritz".Der Vorstand der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion versendetdas nachstehende Zirkular, das wir, weil auch für weiter« Kreise vonInteresse, hiermit zur Kenntniß unserer Leser bringen:Ansang März 1888.Wir theilen unseren Parteigenossen hierdurch mit, daß s ü r Unter-stützungszwecke von Anfang Dezember 1887 bis EndeFebruar 1888 folgende Beiträge bei un« eingegangen sind:Von Berliner Buchdruckern Mk. 100—. aus Osnabrück 30—, au«Greiz 15—, Halle 100—. Augsburg 40—, Weimar 15—,»erlinUng. 5—, Pegau 10—, Berliner Buchdrucker 100—, S. Frohburg8—, Reichenbach i.V. 25-, 13. Wahlkreis Sachsen 30—, Ob-rlung.witz 6—, Jena 150—, Görlitz d. K. 40 55, Sommerfeld S—. Dr.W. in B. 10—, Karlsruhe 20—, Iserlohn 10—, Untergrün beiIserlohn 10—, Braunschweig 50—, Ronsdorf 50—, Ohlau 8 10,Hannover 100—, Hamburg 1000—, H. a. Metz 3l 20, Wiesbaden33 30, Bukarest 80—, E. durch L. im Schwarzwaldorte 20—, Apolda