Schweizer BundeSrath durchkreuzte jedoch die Fürsorge für den so werih>vollen Schützling des Herrn Fischer und verfügte dessen Ausweisung ausder Schweiz."Nun— Singer und Liebknecht haben dem Patron, der die klasstscheNotiz verfaßt hat, gebührendermaßen heimgeleuchtet(obgleich das kaum«ölhiz gewesen wäre). Für uns hat die Notiz nur eine symptomatischeBedeutung. Wie gesagt, sie stammt au? erster Quelle, d. h. vom Krüger,der richten Hand des Puttkamer. I�s style o'est rhomme. Der Stilist der Mensch. Aus diesen paar Zeilen kann sich ein sachkundigerMenschenkenner die ganze deutsche Polizei konstruiren, gerade wie C»vieraus einem einzigen Knochen ein vorweltliches Thier zu konstruiren ver««achte.»Liebknecht hat offen zugestanden, daß Singer die Spitzel gelauft."Der Krüger hat sie nicht gekaust.Der Puttkamer hat sie nicht gekauft.Der Singer hat sie gekauft.Beweis: der Liebknecht hat es«offen zugestanden".Das Polizeikunststück ist so plump, daß der dümmst- Kartellgimpel dieMache steht. Aber— und dies ist der Punkt, ans den es uns an-kommt— wir haben hier die deutsche Polizeimache vor uns.S o arbeiten die Leute des Herrn Puttkamer. So arbeiten dieckeute, in deren Händen jetzt die thatsächliche Regierung DeutschlandsRegt, und welche, ihrer eigenen Behauptung nach, die Weltordnung mit-tmmt der Moral vor dem Ansturm der kulturfeindlichen Umstürzlerwahren wollen.An dem einen Beispiel sehen wir die ganze Praxis, das ganze»gen- und Fälschungssystem.In dem vorliegenden Fall ist die Sache freilich nicht schlimm, weildai Manöver im Licht« der Oeffentlichkeit vor sich geht und die Infamiedurch ihre eigene Dummheit aä absuräum geführt wird. Aber nun be-denk- man: die eigentliche Thätigkeit der Polizei— es versteht sich vonselbst, daß wir nur die sogenannte„politische Polizei", d. h. daShöhere und niedere, das offizielle und offiziöse Spitzelthum imAuge haben— also die Thätigkeit der Spitzelpolizei, welche jetzt inDeutschland herrscht, ist wesentlich eine geheime, ste scheut dai Tages-licht, sie geht imDunkelnvorsich, ohne jegliche Kon-i r o l e.Und wie sie arbeitet, das haben wir an dem vorstehenden BeispielSehen, welches uns, wie man durch einen Glasbienenstock daS Treiben! Bienen sieht, das Treiben der Polizei genau sehen, ihr gewiffermaßenin» Herz hineinschauen läßt.So lügt die Polizei.So fälscht die Polizei.So zieht die Polizei ihre Schlußfolgerunge».Und nun bedenke man: aus Grund solcher Lügen, Fälschungen undSchlußfolgerungen handelt die Polizei, verhaftet die Polizei,«erfolgt sie, zettelt sie Prozesse an.Die Zeugen, welche sie in den Prozeffen gegen unsere Genoffen auf-«arschiren läßt, sind Kollegen, Handwerksgenossen, Agenten desIndividuums, welches die obige Notiz angefertigt und darin seine Ge-schästspraktiken, sowie die seiner Menten und Patrone mit so lobens-«erther Deutlichkeit enthüllt hat.Kurz— so ist die deutsch« Polizei der Puttkamer«nd Krüger.Undror dieser Polizei sollen wir uns demüthig verneigen? Und daß»>r diese Polizei und ihre Praktiken bekämpfen, wird uns als Ver-brechen angerechnet— von„freien Schweizern"?!Nachschrift. Ehe wir uns von der journalistischen Leistung deSHerrn Krüger verabschieden, wüffen wir aber den„heimtückischen Vor-stoß gegen den Minister von Puttkamer" noch in unser Rarttätenkabinetausnehmen. Der Haupt, der Schröder und andere„Nicht-Gentlemen"wurden von Pultkamer's Krü er dafür bezahlt, ihm Material für dasExpatriirungsgesetz zu verschaffen, und zwar um jeden Preis. Der—»alürlich nicht„heimtückffche" Vorstoß des Puttkamer gegen die deutscheSozialdemokratie ist kläglich mißlungen, die Haupt, Schröder und Kon-sorten sind von der sozialdemokratischen Sicherheitspolizei abgefaßt und»»schädlich gemacht worden, Herr von Puttkamer ist schrecklich„herein-gefallen"— und das nennt der journalistische Spitzel und Spitzel«Journalist der„Kreuzzeitung" einen„heimtückischen Borstoß gegen—Puttkamer".Ach, der Arme I Er hat diesen jammervollen Appell ans Mitleid wahr-haftig verdient.— Von einem altbewährten Parteigenoffen wird uns geschrieben:Die Differenzen, zu welchen die letzten Stadtverordneten-Ersatzwahlen unter den Genossen in Berlin geführt haben,sind nunmehr zu aller Genugthuung in daS Stadium ruhiger Erwägunggetreten, und wenn man die Erklärungen liest, welche jetzt von beidenSellen veröffentlicht werden, so begreift man in der That nicht, warumder ganze Streit ausgebrochen ist. Hätten die Befürworter der Enthal-tung sich von Anfang an klar ausgesprochen: wir wollen uns dies-w a l nicht bethecklgen, weil es uns an geeigneten Kandi-daten fehlt, so würde Niemand etwas auszusetzen gehabt haben—jedenfalls wäre der Vermuthung, es handle sich uui irgend eine„prin-»ipielle" Stellungnah,« gegen das Wählen, von vornherein der Bodenentzogen worden. Aus gewissen Redewendungen konnte das allerdings•'schloff.» werden— und obgleich diese Wendungen oder Andeutungensich nur gegen das Wählen mit beschränktem Wahlrecht undö e n s u S richteten, so mußten ste doch bei manchem Parteigenoffen,der die Geschichte der Partei und der Parteikämpfe kennt und die un-geheuren Vortheile, welche daS Wählen unserer Sache gebracht hat,p« schätzen weiß, ernsthafte Bedenken erregen.Wo sollte die Grenzlinie des WählenS und Nicht«»ählens sein?B.im Zensus?Ja, aber auch die sächsischen LandtagSwahlen sind Z e n«tu s w a h l e n. Und genau mit demselben Rechte, wie die Wahlen zurierliner Gemeindevertretung, wäre die Betheiligung der Sozialdemo-traten an den sächsischen Landtagswahlen zu verurtheilen.Und wäre es nicht geradezu ein Selbstmord, wollten wir unserePosition im sächsischen Landtag aufgeben?Also der Zensus bildet keine sichere Grenzlinie.Ebensowenig die Definition: Beschränktes Wahlrecht.Luch das Wahlrecht zum Reichstag ist beschränkt. Die Aus-schließung der Männer vom 21. bis zum 2S. Jahre ist eine argeBeschränkung. Und welcher prinzipiell durchgebildete Sozialdemo-trat will bestreiten, daß die Ausschließung der Frauen vomStimmrecht eine Beschränkung des Wahlrecht» ist und unseren Prin«»ipien zuwiderläuft?Kurz, wir wären auf der schönsten„schiefen Ebene" und kämen zu-letzt konsequenterweise zum absoluten Nichtwählen, das heißtdahin, wo die Puttkamer, Schröder und Konsorten unshaben wollen.Wer dies erstrebt, ist entweder ein sehr großer Wirrkopf oder»r ist ein Feind unserer Partei, und wenn er hundertmal seine„Begeisterung" für unsere Sache an die große Glocke hängt.Hier gilt daS„prmoipiis obsta!" In den Anfängen muß man«lue falsche Richtung, einen Jrrthum bekämpfen. Man darf den JrrthumAch nicht einwurzeln, ihn nicht mächtig und groß werden lassen.Daß das Wählen uns nicht Zweck ist, sondern Mittel— das»ersteht sich von selbst.Und ebenso versteht es sich von selbst, daß wir dieses Mittel zu demZweck der Stärkung unserer Partei anzuwenden haben.Ob das Wahlrecht ein beschränkt. 3 ist oder nicht— das ist hierbei«ine untergeordnete Frage. Nur ein haarspaltmder Prinzipienreiter wirdda Bedenken haben.Die Frage ist blo»:biet«tda« Wahlrecht un» Aussichtauf praktischen Erfolg— natürlich ohne PreiSgebung desPrinzip», ohne entehrende und schädliche Kompro-«ntffe.Für die Berliner Stadtverordnetenwahl braucht aber die Frage nicht«rst beantwortet zu werden. Sie ist seit Jahren beantwortet. Die Po-t:ion im„rothen Hause" hat der Partei wesentlich genützt.nd auch Diejenigen, welche diesmal für die Enthaltung waren, habenda»> ückhaltlo» zugegeben.Und eine Position, die man hat, gibt man nicht auf—» fei denn,daß zwingende Gründe das Ausgeben gebieten.Und solche zwingende Gründe liegen im gegenwärtigen Falle nicht vor.Sie sind nicht einmal behauptet worden; und die Opposition gegen dieBetheiligung an den letzen Berliner G-meindewahlen ist, wie schon an-gedeutet, auf rein zufällige, auf persönliche Motive zurückzuführen. Wirkönnen uns darüber nur freuen, und wäre der Sachverhalt gleich vonAnfang an klar zum A iSdruck gekommen, so hätten diese meine heutigenBemerkungen keinen Sinn. Sie sind geschrieben in der einzigen Absicht,die Wahrheit festzustellen und Mißverständnisse zubeseitigen."So unser Genosse, dessen Standpunkt wir im Wesentlichen nur theilenkönnen. Auf einige von ihm nicht berührte Punkte der Frag« kommenwir gelegentlich noch zurück.— Erwiderung auf den Artikel„Fort mit den Illusionen"!Wir erhalten folgende Zuschrift:„Durch Zufall habe ich erst diesen Monatdie Nummer 12 des„Sozialdemokrat", worin der Artikel„Fort mit denIllusionen" abgedruckt war, erhalten.Genosse Dixi hat mich wohl nicht ganz richtig verstanden. Das, waser in seiner Zuschrift ausführt, unterschreibe ich auch, bis aus einige kleinenebensächliche Punkte. Der Grundgedanke, den ich in meinem Briefbehandelte, war:«Wie würde bei einem etwa ausbrechenden Kampfezwischen Negierung und Volk, das jetzige Militärsystem sichbewähren? Ich schrieb: Unter„Vertheidigung des Vaterlandes" kannman Verschiedenes verstehen. Zum Beispiel: Gegen einen Staats«streich, gegen eine Verschwörung von Volksaushun-g« r e r n, kurzum, e» muß nicht immer gegen einen äußern Feindsein."Damit ist wohl ganz bestimmt gesagt, daß ich einen innerenKampf meinte. Denn, wenn Deutschland von Außen angegriffenwird, wird es wohl kaum einen Genoffen geben, welcher sich derVertheidigung widersetzen würde. Ein solches Beginnenwäre Wahnwitz, bei welchem die Sache nur Schaden, aber keinen Nutzenzu erwarten hätte.Es wird oft die Ansicht laut: Wenn einmal die Regierunzen oder, wasso ziemlich dasselbe ist, die herrschenden Klaffen eine„Revision" d e rVerfassung mit Gewalt und widerrechtlich vornehmen, sohaben sie das Militär zur Verfügung des Staatsstreiches, und eS wirdden Vertheidigern der Verfassung und des Gesetze»unmöglich sein, die Vertheidigung mit Erfolg zu führen.Um diese irrige Ansicht zu widerlegen, führte ich auS, daß im ge-gebenen Falle das jetzige MilitSisystem gegen daS Volk versagenund zum Borthetl deS arbeitenden Volkes umschlagen dürfte.Dies der Grundgedanke, und diesen wird wohl auch jedenfallsGenosse Dixi richtig find».— Von äußeren Feinden habe ich nichtgesprochen. Bei Beleuchtung der Frage muß ich noch hinzufügen, daß1848 das Heer der Regierung klein, aber auch die Zahl der geübtenBarrikadenkämpfer sehr klein war. Heute ist das Heer der Regierunggroß, aber auch die gedrillten und geschulten Volkskämpfer wären inMillionen vorhanden. Uno so wird sich der Fortschritt des Militär-systems wieder durch die gedienten gewaltigen Rejeroemaffen aus-gleichen. Ob der nächste Kampf auf Barrikaden oder in einer an-deren Form stattfindet, lag außerhalb meiner Untersuchung. Es wurdenBetrachlungen über die gegenseitigen Kräfte angest-llt und das Ergebnißderselben als durchaus nicht ungünstig für die Arbeitergeschildert. Bis jetzt haben sich die Arbeiter m�Hrem Kampfe gegenAusbeutung und Unterdrückung meisterhaft gehalten, mögen sie es auchfernerhin thun und sich nicht zu Putschen hinrerß.». lassen, dann wird,dann muß ihnen der Sieg zufallen. Wenn es die Regierenden abergewaltsam zu einem Zusammenstoß treiben sollte«, so würde das Resultateines solchen wahrscheinlich ihnen frlbst am verderblichsten sein.Mit sozialdemokratischem GrußDer„Landwehrmann".- Wahrhaft kläglich ist die Haltung, welche die Deutsch.Freisinnigen gegenüber der von Bismarck eröffneten Hetze gegenFriedrich III. und dessen„Mitregentm" einnehmen. Statt sich daraufzu beschränken, die Jntriquen und Gem-inheiten der Hosklique, sowie dieLügen der reptilisirten Presse:c. bloßzulegen und der verdienten Ver«achtung vreiszugeben, zetern sie darüber, daß Leute es überhaupt wagen,andere Meinungen zu vertreten, al» die Friedrich lll., d. h. sie stellensich auf denselben hyperloyolen Standvur.il, den die Blsmarck'schen Ossi-ziösen bisher ihnen gegenüber eingenommen, und eifern gegen die Hal-tung, die sie selbst nothgedrungen einnehmen müssen, wenn Wilhelm II. andie Regierung kommt, ja, die sie sehr leicht gegen Friedrich III. nocheinzunehmen gezwungen sein können. Gegenüber diesem Gebahr-n sindnatürlich die Blsmarck'schen R.ptile vollständig im Recht, wenn sie sichüber die„absolutistischen Neigungen" der Fre si inigen lustig machen.Wenn z. B. nationalservlle Zeitungen Friedrich III. verbieten,des Kanzlers auswältige Politik zu durchkreuzen, nachdem derselbe kürz-lich von Reichs- und Landtag so rklatauie Vertrauensvoten erhalten, sofordert diese Berufung auf einen Grundsatz des von eben die'en National-servilen als der wahre Gräuel vor dem Herrn verschrienen parlamen-tarischen Regierungsiystems gewiß den laut. st n Spott herau», und,da es außerdem mißbräuchlich geschi ht, auch scharfe Brandmarkung.Aber mehr auf keinen Fall. Sonst schlägt der Angriff in einen Angriffauf die Rechte der Volksvertretung mw Und gerade das thundie Deutsch Freisinnigen jetzt, und zwar einem Manne zu liebe, der ihnenbis jetzt nur Enttäuschungen bereitet hat.— Etwas zur Naturgeschichte der Polizel-Pfaffe«. Da»Berliner Stöckerorgan schreibt:„Es ist eine überall wiederkehrende Erscheinung, daß jeder sozialdemo-kratische Agitator, sobald er auch nur einmal öffentlich von sich redengemacht, sofort seine bisherige Arbeit aufgibt und sich von seinen Partei-genossen ernähren läßt. Da erscheint er entweder als Zigarrenhändler,Redakteur oder Kolporteur sozialdemokratischer Preßerzeugnisse, nur einsist er nicht mehr, nämlich Arbeiter. Hier in Berlin existirt auch nichtein einziger der bekannt gewordenen Agitatoren, der sich noch mit seinerHände Arbeit ernährte, sondern bei allen hat sich diese Metamorphosevollzogen, und wir sehen jetzt diese Leute unthätig in ihren Läden undSchanklokalen die Arbeiter zu unnützen Ausgaben verleiten. Die Quellealler dieser sozialdemokratischen Geschästsunternehmungen aber ist derName Singer, der sich auf diese Weise eine Truppe gefügiger Werkzeugeschafft, niit deren Hilfe er seine demagogischen Gelüste zu befriedigenweiß. So gibt es für all« jene Hetzer nur ein Streben, die Partei zuihren persönlichen Geschäft-zwecken auszunutzen, die Befreiung von jederberufsmäßigen Arbeit und das mühelose Leben eines Zigarrenhändlerioder RestaurateurS. Da nun freilich die Zahl Derer, die nach diesemPreise streben, eine recht große ist, so entwickeln sich inmitten dieser EU»mente oft genug die widerlichsten Kankurreuz'ämpse, in denen der eine„Genosse" dem anderen seine Sinekure zu entreißen sucht. Hierin alleinhaben alle jene widerwärtigen Zänkereien der Sozialdemokraten unter«inander ihren Grund, und dies ist auch der Boden, aus dem die Kor-ruption groß gezogen wird. Daß ein solches Schmarotzerthum aberleicht dazu kommt, sich, um seine Einnahmen zu erhöhen, auch dem Gegneranzubieten, scheint uns durchaus nicht unbegreiflich. Um so mehr aberist es an der Zeit, eine derartig verkommene Partei deröffentlichen Verachtung preiszugeben."So schreibt Stöcker, der Eidesheiäger. Allerdings die geeignetste Per-sönlichkeit, um das Zensoramt über die Sozialdemokratie auszuüben. Wirsind ganz zerknirscht. O diese Korruption I Was die Spatzm bisher vonden Dächern heruntergepfiffen, betreffend den großen Reptilienfond,aus welchem die Preßkloaken gespeist werden, das Alles war Märchenund Lüge. Nicht der sechszehn Millionen starke Reptilienfond ist«S, der die Korruption im Großen organ sirt— nein, eS ist da» großePortemonnaie Singer'», dem, gleich der Büchs« der Pandora, alle Uebelder Welt entspringen. Nun— der Stöcker hat's gesagt, folglich ist'Swahr. Und doch möchten wir einen bescheidenen Z v.isel äußern. Ent-weder muß der böse Singer nicht der dämonisch« Schlaumeier sein, alsden Stöcker ihn durchaus hinstellen will, oder sein Portemonnaie mußdoch nicht so ganz unerschöpflich sein. Denn wie wäre eS sonst möglich»daß die Stöcker und Konsorten— gar so schlecht auf ihn zu sprechensind? Di« Fähigkeit, zu wedeln, verstehen sie doch, trotz dem gelehrigstenPudel?— Nur»eine„Tendenz". In einem Bericht der Münchener„Allgemeinen Zeitung" vom S. April über die Wochenautstellung de»Münchener Kunstvereins stoßen wir auf folgende Stelle:„M. Gcönvold's Bild„Arbeitsfose" schildert eine grelle Szene ausdem Leben einer Arbeiterfamilie, welche mit ihrer Habe auf einem Karrenauswandert; es wirkt wie der Jammerschrei eines Agitators und gehörtzu jener Tendenzmalerei, welche die Kunst durch pessimistische Sozial-Politik trübt. In Norwegen sieht man häufig genug Familien, welchemit Kind und Kegel nach Amerika auswandern; doch sind es nicht dürreGestalten mit blutunterlaufenen Augen und mit hohlen Wangen, wie mansie auf dem Gemälde Grönvold's sieht, sondern kräftige Arbeiter, welchewohlgemuth der Zukunft entgegensehen. Solche Auswanderer lieferneinen kunstwürdigen Bildervorwurf. In Deutschland begegnet man kaumeiner solchen Auswanderersamilie, wie sie Grönvold darstellt, denn eswird da nureineFormderArbeitschlecht gelohnt: dasHetzen für den Umsturz der Staatsordnung und gegeneine organisch sich entwickelnde humane Gesetzgebung. Um gerecht zu sein,darf man im übrigen dem Gemälde Grönvold'» eine erbarmungsloseKraft im aufreizenden Charakterisiren nicht absprechen."Ein netter Kunstkritiker, der das geschrieben.„Tendenzmalerei, welchedie Kunst... trübt". Und die Kaiser-, Bismarck- und Mollkebilder, dieSchlachten- und Heiligenbilder, die man heute auf allen deutschen Kunst-ausstellungen dutzendweise antrifft, gehören sie etwa nicht zur„Tendenz-malerer"? Allerdings, aber Tendenz und Tendenz sind zweierlei. Esgibt eine erlaubte Tendenz und eine unerlaubte Tendenz. Tendenz, diedem satten Mäzm seine Arbeit des Berdauens durch beruhigende Zu-stcherungen oder durch Erregung des beseligenden Gefühls platonischerRührung verschönert, da» ist die gute Tendenz, die läßt man sich gefallen. Aber eine Tendenz, die seine Ruhe— seine theuere, unschätzbareRuhe stören, in ihm unheimliche Betrachtungen wecken könnte, das istdie häßliche, die schlechte Tendenz, die wird verpönt. Von der albernenBemerkung, daß eS in Norwegen kein Elend gebe und daß in Deutsch-land nur das„Hetzen", d. h. das Eintreten für die Sache der Unter-drückten und Ausgebeuteten schlecht gelohnt werde— wir„Hetzer" hättengewiß nichts dagegen, wenn es mit dem„nur" seine Richtigkeit hätte— gar nicht zu reden. Nur ein Jahr— was sagen wir? eine Wochezu Arbeitslöhnen schlesischer Bergleute, sächsischer Weber und Wirker,thüringischer Spielwaarenarbeiter verurtheilt, und der Herr, der sich mitpü zeichnet, wird so sicher zu andern Ansichten über„Tendenzmalerei"kommen, wie er nach VerÜbung obiger Leistung zu irgend einem„Bräu"gewandert ist mit dem Ausruf des echten Jsar-Athener»: Mei' Ruh' willi hob'n!— Tltilv«een»«kulee— da» Nützliche mit dem Ange«nehmen verbinden, ist die höchst« L.bensweiSheit. So lehrten schondie Alten, und Niemand hat das besser kapirt, al» da» kapitalistischeProfitbürgerthum unserer Tage. Utile cum dulci— man suche ausallem sein schönes Profitchen herauszuschlagen. Da ist ,. B. der KaiserWilhelm gestorben, der„Begründer der deutschen Einheit". Utile—Pflicht jedes guten Deutschen ist es, sich über den Tod eines längsthinfälligen neunzigjährigen Greises so trostlos zu geberden, als hätteein Elementarereigniß das blühendste, hoffnungsreichste Leben zerstört.Und natürlich überbot man sich in den rührendsten Schmerzensergüffen.Aber das dulce— die Prozentchen— werden dabei in keiner Weis«vergessen.Vor uns liegt die Nummer 11 der zu Berlin erscheinenden„Eisen-Zeitung", Organ des Verein» deutscher Eisengießereien. Sie trägteinen dicken, schwarzen Rand, denn eS ist die erste nach dem Tode desDeutschen Kaisers erschienene Nummer dieses interessanten Blatte». Undstatt eines Leitartikels gegen die Begehrlichkeiten der Arbeiter, bringt sieeinen gar wunderbaren Artikel über„des Kaisers Andenken". Da heißtes u. A., nachdem alle die großen technischen Fortschritte aufgezählt wor«den, die Kaiser Wilhelm— auch ein Verdienst!— mit erlebt hat,wörtlich:„Aber was ist all' der technische Fortschritt gegen die eine Thatsache,die Begründung des deutschen Reiches, das eigenste Wer? de» deutschenKaisers und seines großen Kanzlers!"Ein Pfeifenstiel, selbstverständlich. Die riesenhafte Entwicklung derProdultionS- und Verkehrsmittel bedeutet für die Geschichte der Mensch«heit keinen Pfifferling, gegenüber der Thatsache, daß verschiedene Grenz-pfähle anders angestrichen wurden.„Erst von dem Zeitpunkt an hatder Deutsche als Deutscher fühlen und handeln gelernt." Sehr richiig.Schiller und Göthe, Kant und Fichte fühlten und handelten als Boto-luden.„Er braucht weder mehr seine Waare, noch seine Sprache hinteranderen Völkern zu verbergen", wie das z. B. die armen Bewohner derVereinigten Staaten von Amerika müssen u. s. w. u. s. w. Mit einemWort, vor dem glorreichen Jahre 1870 war alles wüste und leer, seit-dem aber herrscht eitel Wonne in den deutschen Landen.Soweit das Nützliche und nun kommt daS Angenehme. Kaiser Wil-Helm hat sich zwar im Herzen jedes Deutschen ein Denkmal gesetzt, das„wahrlich mehr werth ist, wie jedes Denkmal von Erz", aber so»echtviel Denkmäler von— Gußeisen wären auch kein schlechtes Geschäft.„Uns aber", heißt es,„die wir diese Sonne"— näml'ch Wilhelm,den Siegreichen— noch selbst im vollen Glänze geschaut haben, uns istzugleich die Aufgabe gestellt, unfern Nachkommen die lebhaste Erinne-rung an diese historisch so große Zeit wach zu halten. Wir pflegen inDeutschland den Scdantag zu feiern, wie wäre eS, wenn wir diesenTag gleichzeitig zu einer großen Feier für unfern verstorbenen Kaisererweiterten, wenn wir die Jugend vor das Standbild dieses Kaisersführten und sie lehrten, gerade wie dieser Kaiser, Bürgertugend üben,im Frieden durch strenge Pflichterfüllung und im Felde— im Kampsfür den vaterländischen Herd— als tapfer« Männer, getreu bis in denTod.»Srhr schön. Und zu solch' löblichem Beginnen braucht man natürlichvor allen Dingen Standbilder.„Wir sollten denken, es dürfte keine Stadt, groß oder klein, ja keinDorf bis hinaus in die entlegensten Gebirge ohne ein nationales Denk-mal für Kaiser Wilhelm sein. Hier— und nun kommt die Haupt-fache— hat auch unsere Eisenindustrie ein dankbaresFeld, denn sie ist sehr wohl in der Lage, gute Standbilder zu verhält»nißmäßig so geringem Preise zu liefern, daß auch fast das ärmste Dorfsich damit schmücken kann. Es findet sich überall ein Brunnen oder einanderer passender Platz, wo das Bild des Kaisers eine würdige, weitsichtbare Ausstellung findet. Mögen sich die großen und wohlhabendenSläote theur« Denkmäl-r aus Marmor und Granit bauen, die Uebrigeufinden auch im Erz einen guten Ausdruck ihrer vaterländischen Gesinnung.Wir regen diese Frage hier deßhalb an, damit die Fabrikationsich sobald wie möglich zur Lösung der an sie herantretenden Ausgab«vorbereite, zugleich aber auch, damit diejenigen unserer Leser, welchein den Gemeinden ein Wort mitzureden haben, diesenGedanken weiter anregen und verfolgen, und die Parole ausgeben:„Keine Stadt, kein Flecken, kein Dorf ohne Stand«„bild des großen Kaisers Wilhelm I."Eine geniale Idee, die es der Mühe lohnt, weiter auszudenken. Wiehübsch wird sich z. B. so ein H a n d lu n g s r« i s e n d e r in„Stand-bilde rn" ausmachen.„Brauchen Sie kein Kaiser Wilhelm Denkmal?"Habe vorzü stich« Muster aus Lager. Reichste Auswahl von Inschriften.Elegant, billig, dauerhaft."Nur Eine» darf nicht vergessen werden:„Wiederverkäufer«rhatte«Rabatt".— Utile cum äulo,-.— Unverständlich und doch verständlich. Unter diesem Mottoschreibt die Brllnner„Arbeiterstimme":„Die Gemeinde Enzesseldin Nieder-Oesterreich hatte eine Versammlung einberusen, umüber eine Petition gegen den Lichtenstein'schen Schulgesitzentwurf zu be»rathen. Gegen diese Petition stimmte nicht nur der Pfarrer, wag jaauch selbstverständlich war, sondern auch d-r Gutsverwalter des JudenRothschild. Unter den heutigen Parteiverhältniffen und derKampfestaktik im politischen Leben hat für Jeden, der eine solcheSt-llung einnimmt, das alte Sp-üchlein:„Wessen Brod ich esse,dessen Lied ich singe", ziemlich stramme Geltung, also ist anzu-nehmen, daß dieser GutSverwalter im Sinne seines Herrn gestimmt hat.Diese Annahme wird noch dadurch gerechtfertigt, daß ,. B. in Mähiisch-O st r a u ein Arbeiterblatt von chrtstlich-sozialer Fär-bung erscheint, welches die Arbeiter in den M.-Ostrauer Eisenwelken,die ebenfalls dem Haus« Rothschild gehören, abnehmenmüssen, indem ihnen der für diese» Blättchen zu zahlende Betragganz einfach vom Lohne abgezogen wird. Die Arbeiterverwenden dieses Blättchen allerdings zumeist an dunklen Orten, alleincharakteristisch bleibt e» doch, wenn da» Hau» Rothschild durch sein«