|»e{ vier ist. Denn BiSmarck'sche Richter würden es sehr leicht fertigdringen, die Behauptung, Bismarck suche den Kaiser zu vergewaltigen,>u einer MajestStSbeleidigung zu„konstruiren", sintemalen eS„unlaiser-lich" und eines„Kaisers unwürdig" ist, sich vergewaltigen zu lassen.So—- steht es in Deutschland und die beste Illustration dieser schwach-«ollen Zustände ist gerade diese Furchtsamkeit der nicht aus demReptilienfond gespeisten Prefie.Rur Eine Partei hält den Kopf oben und kämpft unentwegt undununterbrochen gegen diesen beispiellosen Despotismus. Und deßhalb,und« u r deßhalb ist sie geächtet.— Bon der republikanischen Propaganda in Deutschland.Als die„ K a n z l e r k r i s i s"— das heißt die Hätz für die DynastieBismarck— ihren Höhepunkt erreicht hatte— schrieben die rechts«Nationalliberalen, ordnungsparteiltchen„Hamburger Nachrichten":„Man hört über den Battenberger und seine Sache in hohen Kreisenwie in der Bevölkerung in Ausdrücken sprechen, die sich kaum andeutenlaffen. Was sich noch schwerer andeuten läßt, das find die Gefühle undEmpfindungen, welche mehr in der Luft liegen und sich in der Auffasiungwiderspiegeln, daß event. die Entscheidung über die Battenberger-Sacheeine Frage wieder in Fluß bringen könne, deren Erörterung bisherebenso takt« wie pietätvoll unterblieben ist."DaS heißt auf gut deutsch:Fritzeken, Fritzeken, hüte di,Wenn du nicht nachgiebst, so— battenbergern wi di!Ueberhaupt bietet die Situation des„SiegsrS von Wörth" mancheAnalogie mit der deS unglückseligen Sieger? von Slivnitza in Bulgarien.Auch er hat seinen„Ernroth" zur Seite, der ihm vorschreibt, was erthun darf und was nicht, wen er anzustellen hat und wen«— nicht«ntlassen darf; auch ihm fehlt es nicht an„treuen" Benderows undGruewS, und wie die Leiter der Militärpartei in— Bulgarien sonstnoch heißen; auch ihm fehlt eS nicht an einem Metropoliten Clement,der mit den Augen nach einem ganz Anderen schielt, wenn er vonAmtswegen des Himmels Segen auf ihn herabfleht. Es fehlt ihmauch nicht...Rein, hier stockt die Analogie. Er hat kein„Väterchen", das aufseine« Stur, lauert.— 1848 und 1888. AlS im„tollen" Jahr« lS4S der Kampfzwischen Königthum und Volk in Berlin zu den Barrikadenkämpfen deSlS. und 13. März geführt hatte, da fand sich bei den Eltern eines unsererMitarbeiter, die damals in einer ganz außerhalb des Verkehrs gelegenenStraße der Slldwestvorstadt wohnten, voller Angst und Schrecken derSanitälsrath Dr. W. ein und flehte sie um Obdach an. Er sei Leib-arzt des Königs, und da das Volk so erbittert gegen diesen sei, sofürchtete da« ängstliche Männchen, daß sich diese Erbitterung auch aufihn lenken werde, dessen Beruf es ja sei, des Königs Leben zu hüten.Zitternd stand der arme Jünger des HippokrateS hinter den Gardinenam Fenster und schaut« sorgsam auS, ob nicht die bösen Revolutionäredie Straße herauf kämen, und sobald er Menschen erblickte, deren Phystog-aomie ihm etwas„bassermannisch" vorkam, verkroch er sich eiligst ineinen wenig bequemen Versteck. Seine Asylgeber, selbst Anhänger derVolkssache, amüstrten sich natürlich nicht wenig über dieses lächerlicheV-nehmen, denn kein Mensch im Volke, selbst die erbittertsten Barrikaden-kämpf« nicht, dachte daran, dem harmlosen Arzte auch nur ein Haarzu krümmen. Er aber ließ sich die Berechtigung seiner Deduktion nichtausreden, und blieb in seinem Asyl, bis er die Ueberzeugung gewonnen,daß der Kampf zu Ende war.Was im Revolutionsjahr so ungemein lächerlich erschien, eshat jetzt, vierzig Jahre hinterher, seine etwa» späte, aber um so nach-drücklichere Rechtfertigung erhalten. Di« Mackenzie-Hetze beweist,daß d« arme Dr. W. durchaus nicht der Narr war, für den wir ihn,trotz seiner medizinischen Kenntnisse, gehalten, sond«n ein höchst weit-blickender Geist, und daß wir ihm daher nachträglich Abbitte zu leistenhaben für die vielen Lachsalven, die wir durch Erzählung dieser März-«pisode auf seine Kosten schon veranlaßt haben.In einem Reporterbericht, der eine am 13. April unternommene FahrtFriedrich III. nach Berlin schildert, hieß es am Schluß:„Im kaiser-lichen Gefolge befand sich auch Sir Morel! Mackenzie, welcher,im offenen Wagen sitzend, mehrfach vom Publikum sympathischd e g r ü ß t wurde." Bismarcks Leibblatt, die„Norddeutsche Allgemeine",dre hochosfiziösen„Berliner Politischen Nachrichten" und nach ihnen dieganze Kartellpresse druckten die Notiz ab, lassen aber, wie auf Kom-m a n d o, den obigen Schlutzsatz fort. Mackenzie ist und bleibt g«-ächtet. Warum? Er ist der Arzt, den die Hauptschuld dasür trifft,daß Friedrich III. noch im Besitz feiner Kehle ist.Mackenzie ist geächtet— natürlich von der guten, von der bestenGesellschaft. Und hier liegt der einzige Fehler in der Deduktion deSseligen Geheimrath Dr. W.: er hat das revolutionäre Volk von Berlin«in« Rohheit für fähig gehalten, deren nur die— Edelsten undBesten der Natron fähig sind.— Trost für betrübte Patriotinnen. Eine Genossin sendet unsdie folgende, dem Beiblatt der„Jllustrirten Frauen- Zeitung"(Nr. 13«om 2ö. März) entnommene Prachtleistung auf dem Gebiet der V«-hündelung und Versimpelung Deutschland?:„Schmuck zum Andenken an Kaiser Wilhelm. In derTrauer um den dahingeschiedenen geliebten Kaiser wird ei dem weib-lichen G-müthe Trost gewähren(und ob!), ein Erinnerungszeichen mitseinem Bilde zu besitzen. Einfach und schlicht ist der seinem Andenkengewidmete Schmuck. Gemahnt die zi«lich durchbrochene Renaissancearbeitder Fassung durch ihren dunklen Eisenton an Deutschlands trübste Zeit(sehr sinnreich, dieser Vergleich. Das wahrscheinlich einzig Geschmackvolleon dem Schmuck„gemahnt" an Deutschlands„trübste Zeit"), so steigt umso herrlicher die Gestalt Dessen in unser« Erinnerung auf, der unserVolk aus den Gipfel seine» Ruhmes geführt hat.(Im Interesse desDeutschen Volkes wäre allerdings zu wünschen, daß es von dem„Ruhm",den eS unter Wilhelm» Regierung erlangt hat, den Gipfelpunkt hint«sich hat.) Die silberne, in die Broch« wie in das Armband eingelasseneMedaille trägt aus der Rückseite neben einem schmucklosen Kreuz dieDaten des Kaiserlichen Geburts- und Sterbetage«. Das sein zierlicheSB. der oxydirten Kravattennadel wird von der Kais«krone überragt 2c. ,c.Dann folgt die Bezugsquelle für den Schmuck.Man sieht, Deutschland ist nicht umsonst da« Land der höheren„Töchter"!Run, mögen sie sich zum Trost für den verlorenen geliebten Kaiser, fürden man so schön schwärmen konnte, weil er ja so ein„lieber, alterHerr" war, mit allen möglichen Schmucksachen behängen, die Töchter«nd Frauen der deutschen Arbeiter tragen ihren„KaiserWilhelmschmuck" schon längst: Die abgerackerten, durch die Sorgeum den von Ort zu Ort gehetzten Bat«, Mann oder Sohn vergrämtenGesichter. Ihnen ist das Andenken an den„dahingeschiedenen, geliebtmKaiser" auch ohne Erinnerungszeichen mit seinem Bilde lebendig. Wozubrauchen sie auch einen anderen Schmuck, die Frau des Proletarini«rmangelt ja ohnehin deS„weiblichen Gemüths".— Die Wirkungen des Systems Puttkamer im Lichte Putt-kamer'scher Darstellung. Die Berliner„Kreuzzeitung", das spezielleOrgan des Spitzelministers, schreibt in einer seiner letzten Nummern:„Zwei Erscheinungen sind eS, welche gegenwärtig dem G-bahren derSozialdemokratie das Gepräge geben, das revolutionäre Jntransigenten-thum und die verächtlichüe Korruption. Beide ergänzen-inander undbezeugen ebenso sehr die schließlichen Konsequenzen der sozialdemokratischenWeltanschauung, als die von uns längst vorhergesehen« innere Fäulnißund Zersetzung ihrer Träger. Seit dem bekannten Aufruf der„Frank-surter Genossen" im Frühjahr 1885 hat die geheime Organisation, jeneSlichtscheue Agitatorenthum geringer» Gattung, systematisch daran gear-beitet, den Einfluß der Retchstagssraktion zu untergraben und alle ge-Mäßigten Elemente bei Seite zu schieben, so daß sich heute nur noch da»revolutionär« Führerpaar Bebel- Liebknecht und(charakteristisch genug!)die Vertreter der jüdischen Geldaristokratie Singer und Sabor an derSpitze zu halten vermögen. Der sogenannte„rechte Flügel" der Parteiist dagegen vollständig verschwunden. So waren noch bei d« Begrün-dung de«„B«l. Bolksbl." als Letter des politischen Theiles die„ge-mäßigten Abgeordneten Bloi und Hasenclever eingesetzt worden, die„Radikalen" zwangen jedoch dies« zum Rücktritt, und Herr Liebknechtwurde Spiritus rsvtor des Blatte». He« BloS beschäftigt sich jetzt mitder Abfassung literarischer Feuilletons und Herrn Hasenclever führt« dieZurücksetzung zur geistigen Umnachtung. Ebenso ist der frühere Abge-ordnete Viereck«st kürzlich wieder tn den Bann gethan, während.dessenGesinnungsgenosse Kayser durch den Tod abgerufen wurde. Neben diesenFührern galt nur noch der Abgeordnete Grillenberg« alS Vertreter der„Gemäßigten", doch auch an dessen Sturz wird seit langer Zeit gearbeitet.Diese Thatsachen aber sprechen deutlich genug und beweisen, daß daSanarchistische Element vollständig die Oberhand gewonnen hat. Dazutritt die Korruption der jetzigen Führerkaste, welche die Gefährlichkeitsolcher Elemente keineSw-gS verringert, sondern verstärkt. Denn d«-artig- Revolutionsschreier, denen für Geld AlleS feil, die sich von denArbeitergroschsn mästen und zugleich ihre Dienste der Polizei anbieten,bilden wohl die größte Gefahr, die unser inneres Leben bedrohen kann."Angenommen, daß sich das alles so verhielte, wie es da geschildertwird, was würde es andnes beweisen als di« total« Nichtsnutzigkeit deSpolitischen Systems, unter dem sich diese Entwickelung vollzogen? DieVerdrängung de»„gemäßigten Elements" durch die„anarchistische Rich-tung", der ehrlichen Führer durch die„Käuflichen Revolutionsschreier",ist sie nicht, nach der obigen Darstellung, vor sich gegangen in der glor-reichen Zeit, da die Handhabung des Sozialistengesetze» und der politi-schen Polizei ausschließlich dem unübertrefflichen Tugendminister Putt-kamer unterstand?„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen"— einnettes Bild, das die„Kreuzzeitunz" da von den Früchten der staatS-retterischen Thätigkeit ihres Herren und Meisters entwirft.Freilich ist das Bild selbst eine schamlose Fälschung der Wirklichkeit.Jeder, der die Verhältnisse unserer Partei auch nur einigermaßen kennt,weiß das. Es kennzeichnet die ganze Verkommenheit der augenverdrehenden„KreuzzeitungS"-SippIchaft, Dinge, die selbst Barbaren, wenn nichtMitgefühl, so doch achtungsvolles Schweigen abnöthigen würde, wie diegeistige Umnachtung Hasenclevers, den Tod Max KayserS jetzt für ihreschmutzigen Zwecke fruktifiziren zu wollen. Wenn die Frag« untersuchtwürde, in wie weit äußere, auf dem Gebiet der Politik liegende Vor-gänge diese Ereignisse mit herbeiführen geholfen, so hätten gerade siealle Ursache, sich ganz still zu verhalten, denn jedermann weiß, und weres nicht weiß, dem können wir es durch Briefe von der Hand Hasen-clevers beweisen, wie sehr diesen daS Verbot der„Ham-burger Bürger-Zeitung", deren Mitarbeiter er war,getroffen hat, und daß die brutale Art, wie Kayser von Ort zu Ortgehetzt wurde, ganz sicher mit dazu beigetragen hat, seine Gesundheit zuerschüttern, braucht keiner besonderen Beweisführung.Jndeß, was halten wir uni dabei auf? Haben dieselben frommenChristen ihr« Kannibalengesinnung doch einer ganz anderenPersönlichkeit gegenüber, einem Manne, dem in D-muth ergeben zu sein,ihr erster politischer Glaubensartikel ist, so rücksichtslos dokumentirt,daß man sich wirklich nicht wundern darf, wenn sie es Leuten gegenübernicht anders machen, die sie offen als Todfeinde verfolgen.Um noch eine Lüge anzunageln, so sei hi-r festgestellt, daß die„Acht-erklärung" Viereck'S mit der Frage der„Mäßigung" absolut nichts zuthun hat.Welchen Zweck die ganze Lügennotiz hat, liegt auf der Hand. Siezeigt zwar nicht die Dinge, wie sie in Wirklichkeit sind, aber, indem sie«ine Reihe von Thatsachen in entstellter Darstellung tendenziös gruppirt,wi- sie nach den Wünschen der Patrone der„Kreuzzeitunz" eigentlichsein sollten, oder noch prägnanter ausgedrückt, zwar nicht di« er-zielten, wohl aber die gewollten Wirkungen des SystemsPuttkammer.— Die Demagogie hat gesiegt, ER triumphirt. Für den un-befangenen Zuschauer war daS freilich vorauszusehen. Gegen die schäm-losen Lügen seiner Kreaturen, gegen daS mit wahrer Virtuositätorganistrte Korps von Hetzagenten und Stimmungsmachern, die mitvertheilten Rollen nach einem sorgfältig vorbereiteten System einanderin die Hände arbeiteten, gegen das gewissenlose Spiel mit dem Kriegs-gespenst, gegen das beharrlich wiederholte Geschrei, das Vaterland seiin Gefahr, wenn ER nicht zu seinem Schutz an der Spitze stehe, gegenalles das mußte die Gezenagitation unterliegen. ER triumphirt, undläßt durch seine Kreaturen der Welt verkünden, daß ER daS Land, undda» Land ER sei.Von wem wir sprechen? Natürlich nicht von Bismarck und demruhmreichen Ausgang der„Kanzlerkrists", sondern von Boulanger,dem grrroßen Boulanger, der am Sonntag im Departement du Nordmit 172,520 gegen 85,548 Stimmen zum Deputirten gewählt wordenist. DaS zum großen Theil bonapartistisch gesinnte Landvolk stimmtefast wie ein Mann für den„guten" General, der allen so viel versprichtund auf den Bildern so ungenirend dreinschaut. Aber auch die Städtebrachten ihm große Majoritäten, die Sozialisten waren viel zu spät indie Agitation eingetreten und mußten außerdem auf die Aufstellungeines eigenen Kandidaten verzichten, da sie über viel zu wenig Mittelverfügen, um eine Wahlagitation, die stch über eine ganze Provinzmit gegen 400,000 eingeschriebenen Wählern erstreckte, unternehmen zukönnen. Selbst in den Städten, wo sie Anhang besitzen, sind ihre AuS-sichten bei den Wahlen geringe, da ein sehr großer Theil gerade derFabrikbevölkerung auS Belgiern besteht, also nicht wahlberechtigt ist.Trotzdem hat in den Städten, wo die Sozialisten Einfluß besitzen, wieLille und Armentieres Boulang« wenigstens nicht die absoluteMajorität erhalten.D,S famose Listenskrutinium mit den Riesenwahlkreisen hat sich wiedereinmal herrlich bewährt, es ist das beste Op-rationsfeld für die Arran-geure eines Staatsstreichs. He« Boulanger führt auch schon ganz dieStaatsstreichsprache. Nun wäre es um die jetzige Kammer, wenn sieauseinandergejagt würde, gewiß nicht schade, aber die Kammer, die HerrBoulanger an ihrer Stelle zusammenbrächte, würde sicher noch viel wenigertaugen, also kann nur ein Narr od« ein Schwindler den französischenArbeitern anrathen, wie es Rochefort und die„Revolutionäre" des„Cridu Peuple" thun, zur Strafe für die Bourgeoisie in der Kammer Äou-langer zu unterstützen. Diese Strafe würde die Arbeiter weit mehrtreffen als die Bourgeoisie. Da» Säb-lregiment ist für Niemand v-r-derblicher als für die nach Emanzipation ringende Arbeiterklasse. Es istdaher sehr erfreulich, daß alle überzeugten Sozialisten, in Frankreich, ohneUnterschied der Schule, einig sind im energischen Widerstand gegen denDemagogen-General.Für diejenigen wackeren Patrioten in Deutschland ab«, welche dieErfolge deS Boulanger noch übertreiben, um dem deutschen Boulangis-mus daraus Kapital zu schlagen, sei doch bemerkt, daß im gleichen De-partement bei den Wahlen des Jahre» 1885 die reaktionäre Liste mit182,000 Stimmen über die republikanische siegte, di« 116,000 Stimmenauf stch vereinigte. Im Verhäitniß zu diesen Zahlen erscheint sein Siegnicht übermäßig groß, wenn man bedenkt, daß er als Republikanerkandidirt«, republikanische Abgeordnete für ihn agitirten und die Mon-archisten ihn ebenfalls als ihren Kandidaten proklamirten. ES ist genauwie mit den Kartellwahlen im Februar 1887, die bei näherer Betrach-tung auch viel von ihrem„Glanz" verlieren.— Man schreibt unS:„Eine„Sulturblüthe" de«„neuen"deutschen Reichs, welche auf dem Baume deS heutigen Militarismusg, wachsen ist und den verstorbenen Kaiser Wilhelm zum Züchterhatte.Kaiser Wilhelm wird jetzt im deutsch>n Reich und auch außerhalb,wo ähnliche Machtanbeter vorhanden sind, über alle Maßen gelobt undwegen seiner großen,„fruchtbaren Kulturarbeit" in den Himmel erhoben.Wir wollen nicht versäumen, auch unser Sch-rflein zu dieser„Bergöt-terung" beizutragen.Kaiser Wilhelm hat in Europa das M i l i t ä r s y st e m auf die Spitzegetrieben— es ist wesentlich seine Arbeit. Und dieses System mußtenatürlich auch seine Wirkungen auf Denken und Fühlen de» Volkeshaben. Zu den Wirkungen gehört vor Allem die Demoralisation derMassen, welche sich bei jeder Gelegenheit kundgibt und u. A. recht deut-lich in der massenhaften Errichtung von Schlachtenpanoramen zuTage tritt.Im alten Römerreich war es ähnlich. Dort wurden Arenengebaut, in welchen die Menschenschlächterei wirklich betrieben ward,um die Massen zu ergötzen. In der Zert, wo das römisch« Reich seinemVerfall entgegenging, blühte dies« Art der Schlächterei am meisten.—Aehnlich in Deutschland. Erst unter der„segensreichen" Regierung Wik«helm's gelangte diese kulturdlüthe der Schlachtenpanoramas zur höch,sten Entwicklung. Unter ihm wurde der Militarismus auf die Spitzegetrieben, und unter ihm wurden die Menschm dazu dressirt, sich tndiesen modernen Arenen zu ergötzen.Ein z i v i l i s i r t« r Mensch kann beim Anblick solcher Massenmord«Darstellungen niemals Genuß empfinden. Da» kann nur, wer Vergnügendaran findet, seine Mitmenschen todtzuschießen oder todtzuschlagen. Daßman heute in diesen Arenen nicht mehr tödtet, sondern bloi das Ge-'metzel abmalt, hat seinen Grund darin, daß die große Masse deSVolk«», daß die unteren Klassen doch zivilisirter sind als vor 2000Jahren. Ginge es nach den oberen Klassen, so würde auch heute dasMassenschlachten in Wirklichkeit geübt. Die große Mass- des Volke«aber zu korrumpiren, das ist die Aufgab« der Schlachten-Panoramen.Die Sache wird ganz systematisch betrieben. Mit Vorliebe sängt manbei Schulkindern an, welche heerden weise zu ermäßigtenPreisen hingelootst werden; der zarten Jugend wird so di« Freude amMassenmord eingeimpft, und diese Freude wird dann sorgfältig aufge-nährt, bis das Opfer der sauberen Erziehungsmethode bereit ist, selbpbeim wirklichen Massenmord mitzuhelfen.Große Gebirgspanoramen stellt man nicht auf, denn sie haben keinenWerth für die„Zivilisation". An ihnen würde die Masse stch laben,und die Zuschauer bekämen Lust, diese prachtvollen Naturschönheiten zusehen, aber der Sinn für Krieg und Mord könnte verloren gehen. Dasdarf nicht geschehen. Und doch ließen stch aus diesem Gebiet ent»zückend« Panoramen darstell-n, aber für solch- hat man keinen Platzund kein Geld.Ist das heutige System einmal beseitigt, so wird auch diese„Kultur-blüthe" die Verachtung und Verabscheuunz finden, mit denen heute dieGladiatorenkämpse des alten Rom betrachtet werden."So unser Korrespondent.Daß die Schlachtenpanoramen, die jetzt in Deutschland in allen Städtenund auf allen Messen und Märkten ausgestellt werden, zum System de»Militarismus gehören und einen Theil der„nationalen Erziehung" bil-den, ist unzweifelhaft richtig. Ebenso richtig ist, daß dies« Mordbild«demoralisirend aus daS Volk wirken müss-n, und daß gerade unsere sog.gebildeten Klassen eine starke Vorliebe nicht blos für gewaltige Schlachten,sondern auch für wirkliche Schlächtereien haben. Wie viel Versuchesind nicht in den letzten Jahrzehnten gemacht worren, um die spant«schen Stierkämpfe im übrigen Europa einzuführen— und vonden Stierkämpfen, in denen das Blut in Strömen fließt und auch Men-scheu häufig das Leben verlieren, zu den ZirkuSspielen wie im altenRom ist eS nur ein ganz kleiner Schritt.— Z« viel des Reichthums. Dem verstorbenen deutschen Kaisersoll bekanntlich ein„Nationaldenkmal" gesetzt werden. Allein der AuS-sührung des mit obligater„Begeisterung" aufgenommenen Plans stehenleider zwei Hindernisse entgegen, deren Ueb-rb-ückung nicht leicht seinwird.Erstens wollen alle Städte, in welchen„Patrioten" wohnen, dasNationaldenkmal in ihren Mauern haben, und wie soll man die wür-digste herausfinden? Man weiß, was für entsetzlich; Folgen das:„Dem Besten!" Alexander's des Großen gehabt hat, und wie da»Weltreich des mazedonischen Eroberers an dem Versuche, den„Besten"zu finden, zu Grunde gegangen ist. Damit dem deutschen Reiche keinähnliches Loos beschieden werde, schlagen wir ein sehr einfache»Mittel zur Beseitigung der Schwierigkeit und Gefahr vor: nämlich ei«W e t t k r i« ch e n der kriechfreudizsten und kriechzewandtesten„Patrioten"der betreffenden Städte. Die Stadt, deren Bürger bei dem Wettkriechengewinnen, erhält das Nationaldenkmal.Die zweite Schwierigkeit liegt in dem Beinamen, welcher demKaiser Wilhelm auf dem Nationaldenkmal gegeben werden soll. Vor»giichlagen sind: 1) Wilhelm der Gute, 2) Wilhelm der Beste, 3) Wil»Helm der Einzige. 4) Wilhelm der Friedliche, 5) Wilhelm der Siegreich«.8) Wilhelm der Große, 7) Wilhelm der Gerechte, 8) Wilhelm der Bn-vergleichliche, 9) Wilhelm d« Ewige.Es sind noch andere Benennungen vorgeschlagen, sie fallen unS ab«augenblicklich nicht ein.Jedenfalls wissen wir für d i e s e Schwierigkeiten keinen Rath. Da»kommt vom zu vielen Ruhm.— Sin Kulturblld. Mit großer Genuzthuung berichtet diefeudal-junkerliche„Kreuzzeitung" über die„straffe militärisch«Erziehung," welche die Prinzen Wilhelm, Eitel-Frltz und Adalbert,die Söhne des jetzigen Kronprinzen, erhalten. Der sjährize PrinzWilhelm hat nach ihr,„als Aeltester und als zukünftiger Thronerbe,das unbeschränkte Kommando über seine Brüder. Sowieder Vater das Zimmer betritt, oder wenn sie zum Vater gehen, rufter„Antreten" und di- drei Prinzen warten dann, nach der Größerangirt und„strammstehend" die Begrüßung deS Vater« ab."Entzückend. ES kann dem zukünftigen Deutschland gar nicht fehle«.— Es ist eine wahre Schande» wie gerade die Presse, die sichdie aufgeklärte nennt, in ihrer Sucht, loyal zu erscheinen, der vonder bewußten Reaktion betriebenen Verblödung des öffentliche«Geistes noch nach Kräften die Wege ebnet. Der Tos des alte«Wilhelm hat einer ganzen Anzahl von spekulativen Mrlern, Lithogra-phen ic. erwünschte Gelegenheit geboten, den Markt mit allerhand sym-bolischen und allegorischen Darstellungen desselben, Apotheosen»c. zuüberschwemmen, von denen eine immer alberner und geschmackloser ist,als die andere. Zu dem unstreitig Albernsten und Geschmacklosesten, wasauf diesem Gebiet geleistet worden, gehört ein Buntdruck, der denEmpfang Wilh-lm'S im Elysium darstellen soll, und sich injeder Hinsicht al« eine Schleuderarbeit niedrigster Gat-tung herausstellt, an Jdeenarmuth mit den weiland berühmten„Neu-ruppiner Bilderbozen" wetteifernd.Man höre nun, wie dieses Dokument für die Versumpfthsit unser«Epoche im Feuilleton der demokratischen„Frankfurter Zeitung"paraphrasirt wird:„Das Bild, welches den weithin unbekannten Namen Karl R ö h l i gträgt, ist das wunderlichst«, abstoßendste und zugleichrührendste Gemisch von Naivetät und künstlerischer Rohheit, vonPhantasiearmuth und Gefühlsüberschwang, welche« sich denken läßt. Mansieht den Kaiser in seiner gewohnten Tracht und schlichten Erscheinungauf den Wolken stehen, während ihm die Königin Louise, zwei nackteGenien an der Hand, entgegentritt. Die Königin in dem Liebreiz ihre»jugendlichen Alters, in welchem sie dahingeschieden ist, und ihr 3 l jährigerSohn bilden einen Gegensatz, welcher darum so merkwürdig wirkt, welldie Phantasie der Beschauer, wie man an den Mienen der dichtenSchaar-» von theilnahmSvollen Neugierigen beobachten kann, ihn in d»That wie spielend auflöst. Das Ferne und daS Nahe, da» Unbegreff»liche und das nüchterne Alltägliche wird von dem Empfinden der Massenzu einer höheren Einheit umgeschmolzen. So vollzieht sichhier etwas Aehnliches, wie in jenen glücklichen Zeiten, wo alle Kunstnur Symbol war, und wo ein aus dem Munde der Jungsrau Mariahervorgehender Zettel mit der Lebensbeschreibung der Matter des Hei-landes oder die naturalistische Wiedergabe der sieben Schwerter, vondenen ihr Herz durchbohrt ist, die Phantasie deS Volkes emporhoben.Die verlebendigende Kraft des Volksgemüths kann also noch immer dieplumpe Sinnfälligkeit einer rein äußerlichen Darstellung vom Zauber-hauch der Poesie umwittern lassen. Es erscheint ungemein komisch undist von einem höheren Standpunkt aus doch gar nichtkomisch, wie aus dem Bilde der alte Fritz, Prinz Friedrich Karl, sobanneinige andere dahingeschiedene Hohenzollern, auch Feldmarschall v. Ma»-teuffei u. s.»., stch bis auf den letzten Uniformknopf in der Erscheinungpräsentiren, in welcher sie zu typischen Gestalten geworden sind. IndemdaS naive Empfinden unbewußt die Fähigkeiten ausübt, künstlerischeAndeutungen abrundend zu ergänzen, verlangt es von der Kunst garnicht, über sich selber hinausgehoben zu werden. DaS wunderliche Bildist darum so charakteristisch, weil eS das, was der dunkle Triebin den niederen Regionen der Volksseele will undalS Geist von seinem Geist anerkennt, an einem greif-baren und augenfälligen Beispiel zeigt....."Genug. Ist ein ärgerer, nichtswürdigerer Salimathia» denkbar? D«Stumpfsinn einer systematisch zur Denkfaulheit erzogenen Meng« wirdal» Vorwand benutzt, die Förderung dieser Denkfaulheit, die Korruption von Urtheil und Geschmack in bombastischen Worten zu recht»fertigen. Denn einen anderen Sinn hat es nicht, wenn da voneinem„Umschmelzen zu einer höheren Einheit" gefaselt oder von„einemhöheren Standpunkte au»"— je niederträchtiger eine Sache ist, um so„höher" da» Blech, das man darüber zum Besten gibt— behauptetwird, das Bild zeige, was„der dunkle Trieb in den niederen Negionmder Volksseele will." Der„Volksseele", oder vielmehr dem„dunkle»Trieb" in der„Volksseele" wird damit etwas angedichtet, worüberNiemand mehr erstaunt sein würde, wenn man e» ihm mittheilte, al»