Ordnung anpassen, da es uns außerordentlich angenehm wäre, einige deutsche   Arbeiter ssomo German workmen) auf dem Kongreß anwesend zu haben. Wollen Sie die Güte haben, den Inhalt dieses Briefes Ihren Freunden mitzutheilen. Sehr aufrichtig der Ihrige. Broadhurst. Wer diese Aktenstücke vorurtheilSfrei durchliest, und namentlich auch da« zweite Schreiben des Herrn Broadhurst mit dem ersten vergleicht, wird zugeben müssen, daß der freundschaftliche Rüffel, welchen die Socialdemocratic Federation unserer Reichstagsfraktion zu ertheilen für Kit fand, vorschnell, unverdient und ungehörig war. Daß die Deutschen   unter solchen Umständen den Besuch des Kongreffes der Trades Unions nicht mehr für möglich erkennen konnten, das wird ein Jeder begreifen, der von den deutschen Berhältniffen nur die leiseste Ahnung hat. Auf Weiteres laffen wir uns nicht ein, da Verhandlungen obschweben, die wir nicht stören wollen."s�nt Dies die Zuschrift, der wir unserseits noch hinzufügen wollen, daß, welches auch das Endresultat der Verhandlungen sein möge, wir der Entsendung voneinigen deutschen Arbeitern", wie sie Herr Broad- hurst unfern Genossen zumuthet, das g S n z l i ch e F e r n b l e i b e n der deutschen Arbeiter vom Kongreß immer noch vorziehen. Entweder oder. Die kämpfende deutsche   Arbeiterschaft soll ihrer Bedeutung ent- brechend vertreten sein, oder sie soll gar nicht vertreten sein. Zur »loßen Staffage wird kein deutscher   Arbeiter nach London   gehen. Zu unfern Bemerkungen zum Rundschreiben der sozialdemokratischen Federation Englands schreibt das Organ derselben, die Londoner  Justice", Nr ihrer neuesten Nummer: Diese ganzen Bemerkungen scheinen uns durchaus vernünftig, und wir sind ebenso ärgerlich über die verächtliche ScheinheUigkeit des Par- lamentikomite der Englischen   Gewerkschaften wie unsere Genoffen im deutschen Reichstage. Wir hoffen aber, es wird doch noch billig gegen- über unser» deutschen Genoffen handeln. Wogegen wir uns wendeten, war nur, daß unsre Freunde den großen Einfluß, den sie durch ihre Ehrlichkeit und Fähigkeit mit Recht gewonnen haben, dazu ausbieten, Andere, die zu kommen wünschen, vom Besuch abzuhalten. Wir freuen uns, daß die Redaktion desSozialdemokrat" den Erlaß eines scharfen Protestes gegen den Ausschluß einer so starken und streitbaren Gemeinschaft wie die deutsche   Sozialdemokratie empfiehlt, zugleich aber auch empfiehlt, « die Aufforderung, gegen die wir uns gewendet, zurückgezogen werde. Wir hoffen dringend, daß die deutschen sozialistischen   Abgeordneten, für b>e wir die höchste Achtung empfinden, es für richtig halten werden, diesen Weg einzuschlagen." Sozialpolitische Rundschau. Zürich  , 25. April 1888. Unuöthige Vorfichtsmaffregeln. Kaum war die Nachricht von der Ausweisung in die Oeffentlichkeit gedrungen, so wußten gewiffe Pfiffikusse der Presse auch sofort, daß die Ausgewiesenen ihre Schritte nach Belgieu zu lenken und demSozialdemokrat" dort ein neues Standquartier einzurichten gedächten. Ob dieser Nachricht bekam denn auch die belgische Regierung sofort den Schlotter und ließ durch ihre Offiziösen erklären, daß sie so gräulichen Unfug auf ihrem neutralen «oden nicht dulden werde. Sie darf sich beruhigen, es ist nicht einen einzigen Augenblick davon die Rede gewesen, in dem Lande, von welchem au« Viktor Hugo seine pathetischen Schmähgedichte und Rochefort seine beißende, mit persönlichen Ausfällen gröbster Art angefüllteLaterne" gegen Napoleon III.   veröffentlichte, für das Organ der unterdrückten deutschen Sozialdemokratie ein Asyl zu suchen. WaS die bürgerliche Opposition, und war sie noch so wild, sich einst erlauben vurfte, darauf hat die Sozialdemokratie natürlich nicht den geringsten Anspruch. Von gleicher Angst wie die belgische, scheint die italienische Regierung befallen zu sein. Bereits unterm 20. April schrieb man uns aus Italien  : Sorgen Sie um Alles in der Welt dafür, daß unsere aus- gewiesenen Genoffen nicht nach Italien   kommen. Es ist fast sicher, daß sie verhastet und an Deutschland   ausgeliefert werden würden. Der P o l i z e i d i r« k t o r von Mailand   hat sich persönlich an die schweizer   Grenze begeben, um, wie es scheint, sich den Ruhm zu sichern, die gefährlichen Menschen dingfest ge- macht zu haben. Ich hätte Ihnen gerne telegraphirt, aber es besteht hier die telegraphische Zensur.   In Turin   sind mehrere Genoffen verhaftet worden, man will Dynamit gefunden ha- ben. Die Sache ist höchst wahrscheinlich ein Polizei-Ma- növer, und nach Allem, was uns bekannt ist, ist es nicht un- wahrscheinlich, daß ein ähnlicher Schlag auch für Mailand  vorbereitet ist. Derselbe würde dann sehr gut die Verhaftung unserer ausgewiesenen Genossen vor dem italienischen Publikum decken. Die mit der Polizei in Verbindung stehenden Zeitungen bereiten das Publikum bereits durch mysteriöse Nv- tizen vor." Wir hielten diese Mittheilung für übergroße Besorgtheit um das Schicksal unserer ausgewiesenen deutschen Genossen, erhalten indeß jetzt aus Mailand   die radikaleJtalia" Nr. 112 vom 23. und 24. April ft>it folgender Notiz zugesandt: Die Furcht de r italienischen Regierung vor den deutschen Sozialisten.   Die Mailänder   Polizeidirektion hat ge> stern Mittheilung erhalten von einem höchst vertraulichen Rundschreiben des Ministers des Innern an die Sicherheitsbehörden der bedeutenderen Städte des Königreichs. Der Minister ersucht darin die Polizeibehörden, die Ankunft, den A u f e n t h a l t und die Abreise einiger deutschenSozialisten, welche im Begriff stehen, aus der Schweiz  nach einem von dem deutschen   Reichskanzler Bismarck   weniger scharf be- pachteten Lande abzureisen, auf's Genaueste zu überwachen. Die Polizeidirektion ließ sofort den verschiedenen Unterbehörben Spezial- Vorschriften in dieser Richtung zugehen. Wir wissen z. B., daß dem Stcherheits-Polizei-Jnspektorat und den diensthabenden Karabiniers auf dem Zentralbahnhof Weisung zugegangen ist, von jetzt ab auf die Paffagiere noch schärfere Obacht zu geben." Das wird den Paffagieren hoffentlich nur nützlich und angenehm sein, Unsere Genossen aber werden von dieser Maßregel schwerlich profitiren. Es ist ihnen nämlich auch nicht im Traum eingefallen, von dem Vater- lande der Orsini  , Mazzini, Garibaldi  , der Crispi und wie die Ver- schwörer und revolutionären Patrioten sonst noch heißen, denen das heutige Italien   seine Einheit und seine Unabhängigkeit verdankt, selbst nur für einen Tag Obdach zu beanspruchen. Bor 20 Jahren konnte ein Caoour noch sagen, mit dem Belagerungszustand kann jeder Dumm- köpf regieren, heute aber ist Herr Crispi Ministerpräsident in Italien  , Und Herr CriSpi befolgt als getreuer Verbündeter thunlichst alle Wei- sungen, die ihm von dem unübertrefflichen Staatsmann in Berlin   zu- gehen, der nur mit dem Belagerungszustand regieren kann. Der Liebe Müh  ' war also überflüssig, in Belgien   wie in Italien  . Aber umsonst war sie darum doch nicht; sie zeigt, wie weit es in Europa   ge- kommen, wie knechtisch ein Staat nach dem andern sich vor Bismarck  beugt und wie nöthig es daher ist, daß die Völker, denen an ihrer Un- abhängigkeit gelegen, sich aufraffen und ihren Regierungen ein energisches halt da! zurufen. ZW Artikel tc. beleidigendster Art gegenüber der deut- scheu Kaiserfamilie" seien es gewesen, welche die Untersuchung und schließlich die Maßregelung desSozialdemokrat" zur Folge hatten. So heißt es in den Motiven des Bundesraths, und gewiffe Blätter in der Schweiz  , die sich als die eifrigsten Hüter der Republik   hinstellen, wiederholen es nicht nur, sondern finden es ganz in der Ordnung, daß einem Blatt, welches sich herausnehme, die Kaiserfamilie des deutschen Reiches zu beleidigen, der Mund verboten werde. Diese zartfühlenden Republikaner  " haben jetzt die beste Gelegenheit, sich davon zu über- zeugen, was man im monarchischen Deutschland   über die deutsche  Kaiserfamilie schreiben darf, ohne daß Bismarck-Puttkamer pardon, irgend ein Staatsanwalt dagegen einschreitet. Da erscheint z. B. in Leipzig   eine national-miserable Wochenschrift, dieGrenzboten" betitelt. Dieses Bismarckfromme Blatt schreibt in seiner neuesten Nummer über die gegenwärtige deutsche   Kaiserin: Die Kaiserin ist bis heute Engländerin in der Fremde geblieben, und es kann zweifelhaft erscheinen, ob sie mehr Werth auf die Würde einer deutschen Kaiserin legt, als auf den Titel einer Prinzeß royal of Englan d." Ist das etwa keine Beleidigungeines Mitgliedes der deutschen Kaiserfamilie"? Wird demselben da nicht so eine Art landeSver- rätherische Gesinnung nachgeredet? Aber es kommt noch besser. Von den Konferenzen, die Viktoria mit Bismarck   gehabt, schreiben die Grenzboten", es sei in denselben von der Battenbergereinicht mit einem Wort", desto mehr aber vonGeld- und anderen Besitz- angelegenheiten" die Rede gewesen,die der hohenDame besonders nahe am Herzen zu liegen scheinen. Das heißt mit anderen Worten: Viktoria denkt nur an ihren persönlichen Vortheil, er geht ihr über das Wohl des Landes, an dessen Spitze ihr Mann gestellt ist, und in dem sie eine so hohe Stelle einnimmt. In der Sprache des Volkes ausgedrückt: sie sei ein L u m p e n w e i b. Nehmen wir an, es sei wahr, was dieGrenzboten" da schreiben, und derSozialdemokrat" hätte sich erlaubt, das in ehrlichen, geraden Worten dem deutschen   Volke zu sagen, o wie würden da die bismarckischen nicht doch, die guten R e p u b l i k a n e r derAllgemeinen Schweizer Zeitung", derOstschweiz  " k. in Entrüstung gerathen! Aber eS in hinterlistiger, wadenkneiferischsr Weise dem Vater des Reptilienfonds zu Liebe zum Besten geben, das ist schön, das ist erhaben, das ist p a t r i o t i s ch". Wenn zwei dasselbe thun, ist es«ben nicht dasselbe, und diePreß- s r e i h e i t" ist nur dann recht, wenn sie den Mächtigen der Erde zu Gute kommt. Die schweizerische Arbeiterschaft hat den Schlag, der gegen denSozialdemokrat" geführt worden, nicht unerwidert ge- lassen. Ihre OrganeGrütlianer",Arbeiterstimme", BaslerAr- betterfreund", und der B-rnerSchweizerische Sozialdemokrat" haben in schärfster Weise ihrer Entrüstung über den Bundesrathsbeschluß Aus- druck gegeben. Die Nummer derArbeiterstimme", welche den Beschluß mittheilte, erschien mit schwarzem Rande in Bern   und in Zürich  haben letzten Sonntag Protestdemonstrationen gegen die Aus- Weisungen stattgefunden, und an anderen Orten sind solche in Aus- ficht genommen. In Zürich   begründete Genosse Vogelsanger, der Redakteur desGrütlianer", in Bern Conzett unter großem Beifall den Protest der sozialistischen   Arbeiterschaft. In letzter Stadt nahmen außerdem zu kernigen Voten über die Ausweisungsmaßregel die Genoffen Reichel, Riesen und Schräg das Wort, in Zürich   leitete Ge- nosse Merk im Namen des Zentralausschuffes der Arbeitervereine die von über 4000 Theilnehmern besuchte Protestversammlung. Die Referate selbst wiederzugeben fehlt unS der Raum, wir lassen daher nur noch den Wortlaut der einstimmig beschlossenen Resolutionen folgen. In Zürich   beschlossen: Die heutige Volksversammlung erblickt in der Ausweisung der vier deutschen Sozialdemokraten Bernstein  , Motteler, Schlüter und Tauscher eine Verletzung unseres Asylrechtes und einen Bruch mit den freiheitlichen Ueberlieferungen unseres Landes; sie erkennt darin ein unschweizerisches Nachgeben gegenüber unge- rechten Forderungen und demüthigenden Drohungen einer fremden Regierung; sie hält diese Ausweisung für die denkbar schlechteste Antwort, welche auf die unserem Lande durch daS Treiben der Lockspitzel und die Angriffe des preußischen Ministers v. Puttkamer   zugefügte Be- leidigung gegeben werden konnte; sie spricht ihr Befremden darüber aus, daß eine so harte Maß- regel plötzlich getroffen wird, nachdem derSozialdemokrat" zehn Jahre lang bei uns unbehelligt und unbestraft erschienen ist und seine Haltung in der letzten Zeit noch thatsächlich eine gemäßigtere war; sie spricht gleichfalls ihr Befremden darüber aus, daß die Bundesbehörde im Falle des Basler Fastnachtsgedichtes, wo es sich doch um eine nur unwichtige Sache handelt, alle Sicherheiten und Vorzüge des richterlichen Verfahrens gewährt, während in der An- gelegenheit desSozialdemokrat", welcher Ideen verficht, denen zweifellos eine geschichtliche Berechtigung zukommt und welche einzig durch die politische Entwicklung selbst geklärt und geformt, niemals aber durch den Polizeistock zerstört werden können, nur die rohe, administrative Willkür geübt wird; sie protestirt aus diesen Gründen gegen die vom Bundesrath verfügte Ausweisung und verlangt in Zukunft für alle gleichen und ähnlichen Fälle die Anwendung eines richterlichen und wirk- lichen rechtlichen Verfahrens, wie solches allein der Auffassung vom Rechtsstaat und den heutigen Begriffen von einem zivttistrten Staats- wesen überhaupt entspricht; sie drückt den ausgewiesenen Kämpfern für eine gerechte und allgemeine Sache ihr Bedauern und ihre Sympathie aus." In Bern   beschlossen: Die Versammlung erblickt in dem Ausweisungsbeschluße des BundeSrathes vom 18. April, laut welchem daS leitende Personal desSozialdemokrat" des Landes verwiesen wurde, eine flagrante Verletzung der bisher in unserem Lande sür Alle, Einheimische und Fremde, geltenden Freiheit und erklärt es für Pflicht jedes patriotischen Schweizers, mit aller Kraft dem weiteren Vor- dringen ähnlicher reaktionären Absichten des BuudesratheS ent- gegenzutreten." Erwähnt sei noch, daß in Z ü r i ch und in Bern   dem Bundesrath Ruchonnet, dem Einzigen, der gegen die Ausweisungs- Maßregel gestimmt, begeisterte Ovationen dargebracht wurden, und zwar in Bern   vor dem Hause desselben. Im Bericht derArbeiter- stimme" heißt es darüber: Vor dem Hause des anerkannt tüchtigen Juristen und Staatsmannes Ruchonnet machte das wackere Proletarier-Bataillon Halt und brachte dem Republikaner, welcher den Muth hatte, gegen die von Preußen ge- wünschte Ausweisung Front zu machen, ein aus dem tiefsten Herzen der Betheiligten kommendesdonnerndes Hoch". Mancher, der von Groll Erfüllten schüttelte den Kopf, alS vorn im Zuge die Nationalhymne ohne Verabredung angestimmt wurde.Rufst Du mein Vaterland!" wenn die besten Freunde der opferwilligsten Vertheidiger desselben aus- gewiesen werden?Was kann und ist uns noch das Herren-Vater- land?" so hörten wir Manche offen fragen. Doch als die Schluß- strophe ertönte: Heil Dir Helvetia, hast noch der Söhne ja, Wie sie Sankt Jakob   sah, freudvoll zum Strett', als nach Wiederholung derselben Zeder einsehen mußte, wem es galt, dem Wackern und den Andern, die zu ihm stehen, da stimmte Alles ein und Trommelwirbel machte dem weitern Absingen ein Ende. Der Moment hat uns tief ergriffen.Die Republik   ist undankbar!" heißt eS. Nein, sie ist e« nicht. Der wackere Ruchonnet hat gehandelt, wie alle BundeSräthe hätten handeln sollen und das wird ihm vom Proletariat und von jedem ächten Republikaner gedankt! Eine gute Lektion. Die protestantisch-muckerische Allgemeine Schweizer Zeitung" hat von allen schweizerischen Zeitungen am meisten die Hetze gegen denSozialdemokrat" unterstützt und die Ausweisungen am lautesten begrüßt nur daß ihr noch nicht genug der bösenUmstürzler" ausgewiesen zu sein scheinen. EbendieselbeAllg. Schweizer   Ztg." aber hat am 21. April, einen Tag später, nachdem sie daS Halleluja über die Ausweisungen angestimmt, einen Artikel zum vierhundertjährigen Geburtstag Ulrichs von Hutten veröffentlicht und darin folgenden Satz geleistet: Die Geschichte kann solche Feuergeister nicht entbehren, sie erfüllen in ihrer Weise auch eine Mission, indem sie immer wieder auf Mißbräuche und Uebelstände hindeuten und so in der großen, trägen Menge das Gefühl erwecken und wachhalten, daß vieles faul sei und der Neubildung bedürfe." Das katholischeBasler Volksblatt", das der Sozialdemokratie viel- leicht noch feindlicher entgegensteht alS dieAllgemeine Schweizer Zeit.", das aber in der Asylfrage einen echt republikanischen Standpunkt ein- genommen hat, nimmt diesen Satz zum Ausgangspunkt eines Artikels, in welchem es mit dem genannten Organ dsS hochkonservativenEid­genössischen Vereins" in scharfer Weise ins Gericht geht. Es zeigt Hutten zwar in katholisch-tendenziöser, aber immerhin der historischen Wahrheit weit näher kommenden Beleuchtung, als es die protestantische Geschichtsschreibung thut, d. h. als revolutionären Demagogen, und weist nach, wie Alles, was heut« als Kennzeichen desAnarchisten" gilt, in Be- zug auf Hutten zutrifft. Hutten", schreibt es,bekämpfte ebenso jede weltliche wie kirchliche Autorität, wenn er auch zuweilen erstere gegen letztere zu gewinnen suchte. Schon in der ersten größeren Streitigkeit, welche dem Auftreten Luther'S   unmittelbar voranging, im Streit des Humanisten Reuchlin   und seiner Genossen gegen die Kölner   Theologen, schreibt Hutten an Reuchlin  13. Januar 1517:Fasse Muth. Längst wird ein Brand vor- bereitet, der zur rechten Zeit, hoffe ich, aufflammen soll. Ich geselle mir solche Genossen zu, deren Alter und Verhältniffe der Art des Kampfes angemessen find." Den Kölnern selbst versichert Hutten:Wir haben über zwanzig an der Zahl uns zu eurer Schmäh- ung und zu eurem Verderben verschworen."(Vorwort zum Trium- pims GapnionU.) Von der Ebernburg aus, dem Hauptsitz Franz von Sickmgens, erläßt Hutten im September 1520 mehrere Sendschrei- ben. In einem an Friedrich von Sachsen   gerichteten Schreiben sagt er: Cato der Aellere hat vor Zeiten in Rom   gesagt, die Amtleute und Regenten, welche Unrecht zu erwehren vermöchten und nicht erwehren, sollte man mit Steinen zn Tode werfen. Was wir vorhaben, wird nicht ohne Mord und Blut- vergießen geschehen. Die allerhestigsten Krankheiten pflegt man mit den allerhestigsten Arzneien zu heilen. So muß es auch hier ge- schehen, weil es nicht anders sein kann." Gegen eine so kräftige Sprache müssen wir uns allerdings ver- stecken. Zum Schluß heißt es imBasler Volksblatt" mit treffendem Spott: Vom gastlichen Boden der SdHweiz aus, wie heute die amtliche Sprache sagt, gefährdete Hutten die guten Beziehungen der Schweiz   zu einer auswärtigen Macht, Deutschland  , in sehr bedenklicher Weise. So schreibt er z. B. am Juli 1523 an Eobanus Heffus:Mich hat die Flucht zu den Schweizern geführt und ich sehe noch einer weitern Ver- bannung entgegen. Denn Deutschland   kann in seinem gegenwärtigen Zustand mich nicht dulden, aber ich hoffe, diesen Zustand in Kurzem er- freulich geändert zu sehen durch Vertreibung der Tyrannen.Er über- schickte dem Eoban eine Schriftwider die Tyrannen", und bat drin- gend, da damals die Buchdruckerei desSozialdemokrat" in Zürich   noch nicht bestand, dieselbe in Erfurt   zum Druck zu befördern, und obwohl Bismarck   sein Sozialistengesetz noch nicht gegeben hatte, fügte er doch bei:Die Sache kann in der Stille und heimlich abgemacht werden und das nirgends besser als bei euch, wo Niemand so etwas vermuthen wird, besonders da ich so weit entfernt bin." Hutten mußte Basel   verlassen, weil er am Umsturz des bestehenden Kirchenwesens arbeitete, für den die Stadt noch nicht reif war. Was damals noch Verbrechen war, galt nach einigen Jahren als Verdienst. Aus gleichem Grunde mußte er aus Mühlhausen   flüchten, zuletzt fand er Aufnahme in Zürich   bei Ulrich Zwingli.  (Tont comme chez nous!) Bald darauf starb er an der Lustseuche, 36 Jahre alt, auf der Insel Ufenau   im Zürichsee  , Ende August 1523.-- Sind die von Hutten verfolgten Tendenzen andere als die der heuti- gen Anarchisten? Umsturz der bestehenden Gesellschafts- und Staats- ordnung, wie der religiösen, das ist das gleichmäßige Ziel beider. Sind die Mittel verschiedene? Mord und Brand, Aufruhr und Klaffenkrieg hier wie dort. Nur die Menschenklasse ist eine andere, zu deren Gunsten der Umsturz bewerkstelligt werden soll. Damals war der niedere Adel zum Proletarier geworden, er fühlte sich gegenüber dem Städtebürger, den Fürsten   und der Geistlichkeit enterbt, zu seinen Gunsten sollte ge- schehen, waS heute die Anarchisten für den vierten Stand anstreben. Im Wesen und Grundsatz ist daher hier wie dort das Gleiche. Die anarchisti- schen Zuckungen ver Gegenwart sind nur die letzten Wirkungen des revolutionären Geistes, welchen im sechszehnten Jahrhundert die Gesell- schaft in sich aufgenommen hat, der damals in Hutten seinen vollkommen- sten Typus und sein wirksamstes Organ gefunden hat. Das ist der Mann, dessen Zentenarium gefeiert wird von der liberalen Bourgeoisie, die heute ihr Hepp Hepp gegen die Sozialdemokraten er- tönen läßt; das der Mann, der verständnißvolle, sympathische Würdi- gung findet bis hinein in die Reihen der Konservativen, in der Schweiz  wie in Deutschland  . Im vorigen Sommer schon erschien ein Aufruf, der z. B. im hyperloyalen, nach Anarchisten schnoppernden Baden die Unterschritten derSpitzen" jener Städte trug, wo er erschien: Zivil- beamte, Offiziere, Borstände der Gelehrtenschulen u. s. w. Zu einem Denkmal, würdig dieses großen Pioniers moderner Bildung, sollten überall Sammlungen veranstaltet werden. Wie selbst das Zentralorgan des eidgenössischen Vereins seiner Misston gerecht wird", haben wir einleitend bemerkt. Wenn dies gerade am Tage der Sozialistenaustreibung geschah, möchten wir darin keine Ironie erblicken, vielmehr einen Trost für die von der Bundes« polizei Betroffenen: Nach 400 Jahren, welche dieAllgem. Schw. Ztg." in der neuen Polizei-Aera zu erleben hoffen darf, wird dieselbe am heutigen Tage einen Ausruf bringen zu einem Denkmal für Bernstein  , Schlüter, Tauscher und Motteler, für welches wir unmaßgeb- licher Weise die Inschrift vorschlagen:. Die Geschichte kann solche Feuergeister nicht entbehren, sie er- füllen in ihrer Weise auch eine Misston» indem sie immer wieder aus Mißbräuche und Uebelstände hindeuten und so in der großen trägen Menge das Gefühl erwecken und wachhalten, daß vieles faul sei, und der Neubildung bedürfe." Gut abgefertigt. Und es geht nicht nur an die Adresse derAllgem. Schweizer Zeitung", sondern überhaupt aller Huttenverehrer, die zugleich Sozialistenfresser sind, ob sie sich nunliberal" nennen oder wie sonst immer. DaS also war de» Pudel» Kern! Lakonisch melden deutsche Blätter vom 24. April: Der Kaiser hat gestern die E r n e n n u n g des Grafen Herbert Bismarck   zum königlich preußischen Staatsminister vollzogen." CS kreisen die Berge und geboren wird ein neuer Staats« minister. Wenn demnächst die Reptile derKölnischen Zeitung  " wieder einmal das Vaterland in Gefahr erklären, wird man ihnen statt aller Wider- legungen hoffentlich nur noch die Eine Frage entgegenhalten: Wozu der Lärm? Was steht dem Herr« zu Diensten?" Wer ist stärker? Die S o z i a l d e m o k r a t i e wird verfolgt, seit sie aus der politischen Bühne erschienen ist; seit 10 Jahren steht sie in Deutschland   unter einem Ausnahmegesetz, und Bismarck   mit dem deutschen Kaiser und der ganzen Macht des deutschen   Kaiserreichs gab sich 25 Jahre lang die erdenklichste Mühe, die Sozialdemokratie zu unter- drücken und auszurotten. Die Sozialdemokratie hat aber all' seiner Anstrengungen gespottet, sie ist durch jede Verfolgung nur gekräfttgt worden und steht heute weit mächtiger da als in dem Moment, wo Bismarck   den Kampf auf Leben und Tod gegen sie übernahm. Und Bismarck? Er hat alle Macht des Staates in seiner Person konzentrirt. Solange der alte Wilhelm   lebte, war des Kanzlers Wille Gesetz auch im Kaiserpalaste. Da starb Wilhelm 1.   und Friedrich III.   weigert sich, dem Befehl seinesDiener s" sich ebenso unterzuordnen, wie es der Vater gethan hat. DerVasall" erhebt sich gegen seinen Lehnsherrn und hetzt ihm die ganze Reptilienpresse auf den Hals. Trotzdem hat er seinen Willen nicht vollständig durchgesetzt er hat erfahren müssen, daß seine Macht nur von den Launen eines anderen Menschen abhängt. Und er weiß und wir Alle wissen, daß, wenn Friedrich III.  nicht todtkrank wäre, daS persönliche Regiment Bismarck  '» jetzt sein Ende erreicht hätte. Also wie steht es um die Allmacht dieses Manne», die jetzt blos auf der Krankheit und Hilflosigkeit eines anderen Mannes beruht? Wer aber, so fragen wir weiter, anlnüpfend an unseren vorjährigen Artikel über das 25jährige Jubiläum Bismarck  '» und der deutschen Sozialdemokratie: Wer ist stärker: Fürst Bismarck   oder die deutsch  » Sozialdemokratie?