Jahr 48", das doch ihr am meisten Vortheil gebracht, zu spotten, so «alten wir, die Partei der Arbeiterklasse, daS Andenken dieses Jahres der Freiheit in Ehren und gedenken dankbar der damaligen Freiheits- Kmpfer, ob sie im März aus den Barrikaden, ob sie später in Baden ans dem Schlachtfelde gefallen oder ob sie im Rastattsr Fsstungsgraben «euchlingS erschossen worden sind. Mag ein verächtliches Renegaten- chum die Kämpfer jener Zeit verspotten und verleumden wir frier« sie als die Ersten, die das Banner einer neuen Zeit getragen! Denn die Märztage des Jahres 1848, die ersten Siegestage des Lölkes, bilden trotz alledem die Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland   und eröffneten die Bahn einer neuen Epoche. Dem Ziele der Bewegung jener Tage treiben wir zu durch die Macht der Verhält- aiffe. durch den wirthschaftlich-politischen Entwicklungsgang, der durch nichts gehindert werden kann, der aber durch die Arbeiter in die richtigen Bahn n trotz aller Gegenströmungen geführt wird! Die Gegenströmungen, welche vereint Regierungen und Bourgeoisie in Szene setzen, sind ver> schiedener Art: rücksichtsloseste Durchführung der Ausnahmegesetze. An- bahnungen von Verschärfungen, welche selbst einem Theil der Bour- geoisie zu brutal erscheinen, Beschneidung des Wahlrechts, Einführung einer Sozialreform, welche als Zuckerbrod im Gegensatz zur Züchtigungs- peitsche für den Arbeiter dienen soll. Welche großartige Leistungen strebt die Regierung in Bezug auf die Alters- und Jnvalidenversorgung der Arbeiter an! Da soll der Arbeiter, wenn er 70 Jahre alt wird, die großartige Rente von»3 Pfg. pro Tag erhalten. Wer lacht Nicht zu solcher Arbeiterfreundlichkeit? Heißt das nicht zu der Unter- drückung den Hohn fügen? Und wenn alle diese Ratznahmen nicht genügen, das Volk, die Ar- bester zu beschwichtigen, dann wird das bekannte alte Entsagungslied hervorgesucht: der Glaube an das Uebersinnliche und Unsinnige, die Religion muß dem Volk« erhalten bleiben. Jüngst sagte Fürst Bismarck  in der bekannten Reichstagsrede: Wir Deutschen   fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt. Würde er aber Gott fürchten, so könnte er unmöglich Dinge einführen und vertheidigen, die all- Menschlichkeit auf- heben und das Menschenrecht mit Füßen treten. Er fürchtet nicht Gott, sonder« er fürchtet vor allem die Arbeiter, die den Klassenstaat abschaffen und gleiche Rechte und Pflichten einführen wollen, denn dann wird es aus sein mit der Herrlichkeit aller Gewaltherrscher und des Gottesgnadenthums. Ein weiteres beliebtes Mittel, um das Volk von dem berechtigten Bestreben zur Erlangung seiner politischen und wirthschaftlichen Frei- hest abzulenken, ist das Komödienspiel der ständigen Kriegsgefahr. Mtt welchen Unsummen von Geld wirthschaften die Regierungen, allen voran die deutsche, in dem riesenhaften Ausbau des Militärsystems, wie über- wäßig und unmenschlich wird das Volk heute durch dieses System, das es auf die Dauer unmöglich ertragen kann, ausgesogen. Der Kriegs- schwinde! ist es auch, der durch seine Beängstigung der Geschäftswelt »lles Zutrauen benimmt und dadurch die Erwerbsverhältnisse des Lölkes noch schwieriger macht. Ein solcher Zustand der unaufhörlichen Beunruhigung ist verwerflich. Er muß und kann geändert werden, wenn das Volk sein Mitrederecht nicht vergißt, wenn es bei Wahlen durch die Erwählung von Arbeitervertretern zeigt, daß es friedlich ge- sinnt ist und nichts zu thun haben will mtt denen, welche an Krieg Und kriezssurcht ein persönliches Interesse haben. Die energische Willensäußerung der Völker in diesem Sinne in allen zivilisirten Ländern ist die beste Friedensbürgschaft. Die Schädlichkeit des Krieges und des bewaffneten Friedens hat schon der Freiheitskämpfer Robert Blum  im Jahre 1L48 in einer Wählerversammlung im Schützenhause zu Leipzig   am 16. August richtig bezeichnet:Die Länder können und werden nicht aufblühen, so lange der Friede nur auf den Spitzen der Bajonette und der gegenseitigen Beobachtung, dem allgemeinen Miß- trauen ruht." Die Grundlage aber, auf welcher alle diese volksschädlichen und die Zustände der Jetztzeit auf die Dauer unmöglich machenden Verhältnisse erwachsen sind, das ist die heuttge wirthschaftliche Produktionsweise, die Anarchie des ganzen Erwerbslebens. Die heutige planlose Produktions- weise hat eine schrankenlose Konkurrenz gezeitigt, deren Kosten daS ar- bettende Volk zu bezahlen hat. All« diese krankhaften Erscheinungen sind nvth- wendige Folgen deS herrschenden bürgerltch-kapita- listischen Staats- und Gesellschaftssystem» und können nur gründlich beseitigt werden durch Errichtung der sozialistischen   Gesellschaft. Darum auf, Arbeiter und alle ehrlich denkenden Mitmenschen! Es gitt, da» Werk fortzusetzen und zu vollenden, zu welchem der Grund- siein schon vor 40 Jahren gelegt worden ist. Nützen wir die wenigen uns noch gebliebenen Rechte um so energischer aus! Fordern wir un- ablässig die Gesammtheit der uns zustehenden aber widerrechtlich vor- enthaltenen Menschen- und Bürgerrechte! Thue Jeder seine Pflicht! Dann kann uns keine Macht widerstehen, dann werden alle Unter- drückungsversuche der Bourgeoisie und der Regierung wirkungslos bleiben! Das Volk muß frei werden, e« muß selbst bestimmen können über sein Geschick! ES müssen neue Märztage kommen, größer al« die vor vierzig Iahren, die gründ» lich aufräumen mit Unterdrückung, Ausbeutung und Elend des Volke« in jeder Form! Wir wollen die Gerechtigkeit und bekämpfen das Unrecht! Wir wollen die freie Arbeit und bekämpfen die Lohnsklaverei! Wir wollen daS Wohlergehen Aller und bekämpfen das Elend! Wir wolle« die Bildung Aller und bekämpfen die Ber- dummung und geistige Rohheit! Wir wollen Friede und Ordnung und bekämpfen den Klassenkrieg und die gesellschaftliche Anarchie! Wir wollen den sozialistischen   VolkSstaat und bekämpfen den unterdrückerischen Klassenstaat! Wer fordert, was wir fordern, und bekämpft, was wir bekämpfen der schließe sich UNS an und wirke mit all feinen Kräften für Uns« Sache, für die Sache der Sozialdemokratte, für die Sache der Menschheit, auf daß der Sieg bald errungen werde! Möge dem deutschen   Volle recht bald der März seiner Befreiung kommen und möge er eS wachsam und stark finden! Hoch die Sozialdemokratie! Die» ist da» Flugblatt. Jeder, der an die Sprach« eineS freien Landes gewöhnt ist, wird die Sprache de« Flugblattes nichtmaßlos", sondern schwächlich finden. Jeder, der die Ereignisse der letzten 40 Jahre und die Zustände ber Gegenwart kennt, wird sagen müssen, daß das Flugblatt nur Wahr- hett enthält, aber bei Weitem nicht die ganze Wahrheit. Verschiedene bürgerlich demokratische Zeitungen, z. B. dieBerliner Lolkszeitung" haben zum Andenken an die Märzrevolutton Lettartikel gebracht, die weit schärfer find und daS herrschende System weit kräftiger geißeln. Aber die Verbreiter des Flugblattes waren Sozialdemo» k raten, und im Reich der GotttSfurcht und frommen Sitte sind die Staatsanwälte nebst den Polizisten dazu da, aus die Sozialdemokraten Jagd zu machen, wie aus wilde Thier«, und ist das Amt derunab- hängigen" Richter, die Sozialdemokraten auf Kommando zu verurtheilen. Den Schweizern aber, die unser Blatt lesen, sagen wir: Das ist da» bismarck'sche Deutschland  ! Und könnt ihr un« verargen» daß wir ein System, welche» solche Infamien zettigt, auf Leben und Tod be- kämpfen? Die Aktenstücke betreffend den sogenannten Jnternatio- nalen Kongreß der englischen TradeS Union  « können wir jetzt zum Abschluß bringen. Wie den Lesern bekannt ist, wurde, nachdem den deutschen   Sozialdemokraten durch die Haltung desParliamentary Com- Mtttee" der Besuch des Londoner   Kongresses verboten war, von Sellen der belgischen Genossen demParliamentary Committee" der Wunsch ausgesprochen, dieStanding Ordre" stehende Ordnung für die Trade» Uniont-Kongress« doch für den nächsteninternational­sein sollenden Kongreß dergestalt zu erwettern, daß den Deutschen   der Zutritt und die Theilnahme ermöglicht«erde. Gleichzeitig wurde von schweizerischer Seite in ähnlichem Sinne vorgegangen, und formell ein bezüglicher Antrag an da»Parliamentary Committee" den parlamentarischen Ausschuß gerichtet.
Die Antwort, welche recht lang aus sich warten ließ, ist«un einge- troffen, sie lautet: Parlamentarischer Ausschuß der Trades UnionS- Kongresse 19 Buckinghamstr. Strand V. C. London  15. Mai 1888. Geehrter Herr! Ihr Schreiben wurde in der letzten Sitzung des obigen Ausschusses verlesen, und ich bin beauftragt, Ihnen zu erwidern, daß der Aus- schuß gänzlich außer Stand ist, von dem Buchstaben und Geiste der stehenden Ordnung abzuweichen, welche in der vorläufigen Ankündigung deS inter­nationalen Kongresses enthalten ist. Aufrichttg der Ihre: H. Broadhurst. Hiermit ist die Sache endgültig erledigt, und das Schicksal und der Charakter des sogenanntenJnternattonalen Kongresses der Trades llnions" entschieden. Es wird ein Rumpfkongreß sein, wie jeder internationale Arbeiterkongreß, von welchem die deutschen   Sozial- demokraten und Arbeiter ausgeschlossen sind, mit Rothwendigkeit ein Rumpfkongreß sein muß. Ueber das Handeln desparlamentarischen Ausschusses" und des Herrn Broadhurst verlieren wir kein Wort. Die Aktenstücke, welche der Arbeiterwelt vollständig vorliegen, sind so klar und reden so deutlich für sich selbst, daß sie keiner Erläuterung bedürfen. Das Borgehen der deutschen   Sozialdemokratie war von vornherein ebenso offen als korrekt. Es ist ihr nicht eingefallen, den internattonalen TradeS Unions-Kongreß für die Zwecke sozialistischer Propaganda benutzen zu wollen; sie hatte die loyale Absicht, den St. Gallener Beschluß zu vollstrecken, und ein Zusammenwirken sämmtlicher Arbeiter-Organisa- tionen zu dem bestimmten und ausschließlichen Zweck der Anbahnung einer internationalen Fabrik- und Arbeiter-Gesetzgebung herbeizuführen. Durch sein starres Festhalten an demBuchstaben und Geist" eines Statuts, dessen Berechtigung für die gewöhnlichen Gewerkschafts- Kongresse wir nicht bestreiten, welches aber für einen i n t e r n a t i o- nalen Arbeiterkongreß viel zu eng gefaßt ist und einen wesentlichen Theil der Arbeiterbevölkerung positiv ausschließt durch dieses sein starres Festhalten an derstehenden Ordnung" hat derparlamentarische Ausschuß" der englischen Trades Unions den Beschluß des vorjährigen Kongresses der englischen Trades Unions zu Gunsten eines internatio- nalen Arbeiterkongresses t h a t s ä ch l i ch a u f g e h o b e n. Ob sich die englischen Trades UnionS dies gefallen lassen oder nicht das ist ihre Sache. So viel steht fest: der Kongreß, welcher nächsten November in London   mit dem Namen eines intsrnationalen Kongresses zusammen- treten soll, wird kein internationaler Arbeiterkongreß sein. An den deutschen   Genosse« liegt es nun, dafür zu sorgen, daß die Vorbereitungen für den Kongreß, welcher kraft des St. Gallener Beschlusses zu berufen ist, rechtzeitig und wirksam getroffen werden. Von dem Gedanken, einen intsrnationalen Arbeiterkonzreß gleichzeitig mit dem Kongreß der Trades Unions oder unmittelbar nach demselben tagen zu lassen, wurde aus mancherlei praktischen Gründen Abstand genommen. Ebenso wenig konnten sich aber auch die mit der Ausführung des St. Gallener Beschlusses betrauten Genossen dazu verstehen, den in dem letzten Zirkular der Reichstagssraktion ent- haltenen Rath: den englischen Trades Unions-Kongreß nicht zu beschicken, zurückzunehmen. Eine Zurücknahme erschien schon deshalb für un- thunlich, weil die deutschen   Arbeiter ja so wie so von dem Besuch dieses Kongresses ausgeschlossen sind. Und in die Aktion der Arbeiter deS Auslands können und wollen wir uns nicht einmischen. In England ist man, auch in den Kreisen der Trades Unionisten, weit entfernt, das Handeln des Parliamentary Committee zu billigen; eS wird unzweifelhaft zu lebhaften Debatten kommen; und das können wir schon jetzt mittheilen, daß einflußreiche e n glische Trade« Unions den internationalen Arbeiterkongreß besuchen werden, welcher in Ausführung des St. Gallener Beschlüsse» vorbereitet wird. Wir können ferner mittheiley, daß auch die amerikanische» Ge- werkschaften sich an diesem unserem internationalen Kongreß betheiligen werden; und da auch die Mitwirkung der Belgier und Schweizer  gesichert ist, und die der F r a n z o s e n in sicherer Aussicht steht, so wird der Kongreß, welcher auf Grund des St. Gallener   Beschlusses vor- bereitet wird, ein wirklicher und ächter internationaler Arbeiterkongreß sein, welcher die ihm obliegende Aufgabe auch so zu erfüllen vermag, wie der St. Gallener Arbeitertag esgewollthat. Ei« wahres Wettrennen um Popularität wird jetzt von dem Personal der deutschen   Kaiserfamilie, der deutschen   Kronprinzen- familie und der Dynastie Bismarck   aufgeführt blos die Dynastie T y r a S hat sich bisher noch nicht betheiligt. Als vorige Woche das Bau-Unglück am königlichen Schauspielhause in Berlin   vorkam, erschien erst der Kronprinz auf dem Schauplatz mit 80 Flaschen Wein. Dann kam die neue Kaiserin zugleich in Vertretung ihres ManneS   dann die alte Kaiserin, und endlich auch selbstverständlich unter starker polizetticher Bedeckung der Chef der Dynastie Bismarck  . Die vor- nehmen Herren und Damen haben offenbar die Macht des Volks und ihre Abhängigkeit von ihm und die Hinfälligkeit der heutigen Staats- einrichtungen erkannt, und sie bringen ihren Tribut dem kindlichen, kin- difch-n Riesen dar, der sie so geduldig auf seinem Rücken trägt, sie so geduldig in seine Taschen greifen läßt, und sie jeden Augenblick, wenn er nur will, in Atome zerschmettern kann. Apropos, in den aristokratischen Kreisen Deutschlands   hat man viel gespottet über den Einfluß, den dieDamen der Halle" weiland drüben in Frankreich   ausgeübt haben. Wohlan, vor 10 oder 14 Tagen stattete die deutsche   Kaiserin Viktoria den Damen der Halle von Berlin  feierlich einen Besuch ab, und ließ sich von ihnen anhochen ganz wie weiland Marie Antoinette   drüben in Paris  , und später die Helden der blutigen französischen   Revolution. Und den folgenden Tag kam auch der pflichttreue Sohn der Kaiserin, um den Fischweibern anzuzeigen, daß auch er noch am Leben sei und bereit, je eher je lieber, die Erbschaft seine« programmwidrig Kaiser gewordenen Vaters anzutreten. Das sind kleinliche Züge. Widerliche Züge. Erbärmlichkeiten. Und doch schicksalsschwanger- Zeichen der Zeit! Und der Blödsichtigste muß sehen, wie das Alles Komödie ist, und wie die Hauptakteure in dieser pomphasten Komödie sich sehr wohl bewußt sind, daß d a S MeS blo« Komödie ist. Ueber dasselbe Kapitel schreibt man un» aus Deutschland   weiter: Eine unglaubliche Nachricht kommt aus Friedrichsruhe  . Bismarck  hat den dortigenArbeitern" 1000 Markgeschenkt" aus welchem Fonds, wissen wir nicht. Jedenfalls gehört diese erstaunliche Großmuth auch zu dem famosen Wettrennen um die Volksgunst. Apropos, in unserer ersten Nottz hatten wir bemerkt, die Dynastie Tyras sei bis dato dem Wettrennen fern geblieben. DaS ist aber nicht ganz richttg. Denn Tyras in Selbstperson hat sich ja dem deutsch  -amerikanischen   Fart  - catcher Karl Schurz   vorstellen und sich von ihm interviewen lassen. Er ist also auch offiziell und formell in den Kon- kurrenzkampf«ingetreten. AuS de« Nichteruenerung de» Belagerungszustands für Spremberg haben Sanguiniker allerhand Folgerungen gezogen, als ob nun überhaupt mit Beseitigung de»Kleinen" sowie des ganzen Sozialistengesetzes der Anfang gemacht sei. Alle Schlußfolgerungen dieser Art zeugen von vollständiger Unkenntniß der Sachlage. Der Sprem- berger Belagerungszustand wurde weiland nur verhängt, um dem alten Wilhelm die Rothwendigkett der Beibehaltung des Sozialistengesetzes klar zu machen. E» handelte sich bekanntlich um einen gewöhnlichen Rekruten-Radau, der in uaum Guilelmi zu einem sozialdemokratischen Rebellionsversuch zurechtgelogen ward und dem Heldenkaiser all oculos demonstriren sollte, daß die Sozialdemokratte sogar da» Allerhettigst« de« Militarismus bedrohe. Der alte Wilhelm ist todt, der neue Friedrich hat kapitultten müssen, und damit ist der Spremberg  « Belagerung»- zustand zwecklos geworden. Vielleicht läßt man noch Stettin   in ähn­licher Weise wieder los, denn auch dort hatte es sich blo» um ein« Sin- schüchterung de» alten Wilhelm gehandelt. Mtt den übrigen belagert«
Städten verhält es sich aber anders. Sie sind« i r k l i ch e Zentren der Sozialdemokratte, und hier würde es einer Aenderung deSSystem» bedürfen, um die Aufhebung des Belagerungszustands zu ermöglichen. An eine solche Aenderung ist aber auch nicht im Entferntest« zu denken. Der neue Kaiser ist ganz machtlos er kann wohl dann und wann einmal in kleinen Dingen seinen Willen durchsetzen, z. B. in der Ordensverleihung an Virchow, allein in allen großen Dingen gilt der Wille seines Hausmeier». Eugen Richter   brachte dies« skandalösen Zustand noch am letzten Tage der Landtagssession zur Sprache natürlich ohne daß irgend etwaS Praktisches erreicht wurde. Der neue Kaiser den die Antisemiten soeben wieder in einem unfläthigm, unter polizeilicher Assistenz in Berlin   vertheilten antisemitischen Flugblatt als todten Mann hinstellen und von dem künf- tigen Stöcker-Kaiser überstrahlen lassen hat allerdings in einer Auf- wallunz vonLiberalismus" an den Puttkamer geschrieben, er solle bei den nächsten Wahlen für W a h l f r e i h e i t sorgen. Das bedeutet jedoch in Wirklichkeit nichts anderes, als daß der Puttkamer auch die nächsten Wahlen zu leiten hat der Puttkamer Wächter der Wahlfreiheit hübscher kann das Sprüchwort vom Bock, der zum Gärtner gesetzt wird, sicherlich nicht illustrirt werden. Genug, wir behalten den Puttkamer und wir behalten denKleinen". Ueberhaupt bleibt Alles beim Alten nur daß die Praxis sich immer mehr zuspitzt. Das rothe Gespenst und das Kriegsgespenst können von den heutigen Beherrschern Deutschlands   keinen Aug«blick mehr entbehrt werden. Das Gehetz gegen Frankreich   steht in genauester Verbindung und wird von denselben Personen dirigirt, wie die Hätz auf die Sozialdemokratie. Auch die Hätz gegen die S ch w« i z bildet einen Theil de» System«. Was letztere Hätz anbetrifft, so wird sie den Schweiz  «« jedenfalls weniger Schmerz bereiten als den Hetzern selbst. Das gilt übrigens von all diesen Hetzen. Die Polizeistppe ist geradezu wüthend, daß die Schweizer  Presse nicht sofortgekuscht" hat. Run kommen die Verbote. Den Reigen eröffnete derBasler Arbeiterfreund"; er wird bald Ge- sellschast haben. Für unser bismarckisches Polizeivolk ist jeder Schweizer  so etwas wie ein unreines Thier. Und wenn er den Staub von deutsch  « Polizeistiefeln leckt er ist und bleibt Schweizer   und Republikaner, also ein angehender Hochverräther. Keine Servilität kann da» ändern. Sie kann höchstens bewirk«, daß eine größere Portion Verachtung der Dosis von hochnäsiger Brutalität beigemischt wird. Die bevorstehenden prensiischen LandtagSwahlen kün- digen sich schon an. Diesmal wird bekanntlich auf fünf Jahre gewähtt, wie auch von jetzt an für den Reichstag  , und Herr Bismarck  will eine Majorität haben, die wo möglich noch gefügiger ist als die bisherige. Auf geradem und ehrlichem Wege geht das nicht es muß also ein krummer eingeschlagen werden. Und welcher das ist, daS haben uns die letzten Reichstagswahlen gezeigt. Der deutsche   Michel muß wieder gründlich in die Angst und Wuth hineingearbeitet werden, so daß ihm sein BiSchen Denkfähigkeit bis auf den letzten Rest abhanden kommt und er blindlings den uneigennützigen Führe« folgt, die ihn vor den fran- zösischen Melinitbomben und Bretter barracken zu retten versprechen. Jetzt geht der Hexensabbath schon los. DaS schuftige Geschimpfe auf Frank- reich und Rußland  , die nichtswürdigen Grenzmaßregeln gegen Frankreich   das ist der Beginn der Wahlkampagne. Natürlich wird diesmal die Dosis etwas gesteigert werden müssen. Die Wahl wird im September und Oktober stattfinden, und bis dahin wird vermuthlich mindestens ein Armeekorps, vielleicht zwei oder drei, mobil gemacht werden. Dann kommt die richtige Stimmung unter die Leute. Von der Wolle, die dem Schafe Volk in dem ersten der gewonnenen fünf Jahre abgeschorm wird, werden die Kosten spielend bezahlt. Und anderthalb Jahre später gibt's eine abermalige Aufführung, in vergrößertem Maßstabe wenn nämlich der Reichstag   auf fünf Jahre zu erneuern ist. Mit einer theilweifen Mobilmachung wird's da nicht gethan seinganz Deutschland  , vom Belt bis zum Bodensee  , vom Rhein   bis zur Weichsel,  " wirdin Waffen zu starren haben"(wie der Regisseur sich in der famosen 18 Cognac-Rede aus« drückte), damit die Sache in Ordnung kommt. Und wird der Theater- brand zu einem wirklichen Weltbrand nun, was schadet'S, wenn nur der Zweck erreicht wird! Kommen wird'S aber so, und wer nicht Lust hat, daS Opfer ein« schimpflichen Farce zu werden, der sei hiermit bei Zeit« gewarnt. Wie man den Friede« unter den Rationen sichert. Um die berüchtigte Paßmaßregel an der französisch-elsäffischen Grenze zu rechtfertigen, veröffentlicht BismarcksNorddeutsche" einen langen Bandwurmartikel, an deffen Schluß es heißt: Wir wünschen keinen Krieg, wir wünschen nur entferntereBe- zie Hungen   zu Frankreich  , und da wir an unsere Nachbarschaft gebunden sind, so müssen wir uns damit begnügen, im Verkehr mit Frankreich   zurückhaltender zu werden und ihn auf der Grenze, wo er zur Agitation der Bevölkerung des Dsutfch-Elsaß benutzt wird, mehr al« bisher einzuschränken. Wir wünschen, daß die Franzosen ent» haltsamer werden in ihrem Verkehr mit dem Elsaß  , und werden kein Bedauern empfinden, w«n Frankreich   infolge dessen Maßregeln ergreift, welche in analoger Weise auf die Enthaltung unserer deutschen   Landsleute vom Besuch deS fran« zösischen Territorium» hinwirken. DieseS Streben ist frei von Feindseligkeit; es ist nur eines der international berechtigten MUel, welche wir anwenden, um den historischen Prozeß der Regermanisirung dieser deutschen   Reichslande und ihrer Loslösung aus der Verbindung mit Frankreich   zu besörde«. Di« internationalen Friktionen, welche der bisherige Verkehr der Franzosen   im Elsaß   ermöglicht und fördert, sind für die Dauer und die Befestigung de» Friedens gefährlicher, als eine schärfere Betonung der Grenze und ihrer trennenden Wirkung sew kann. Deshalb glauben wir, daß die Reichsregierung dem Frieden einen Dienst erweist, wenn sie Frankreich   in dem Bestreben entgegenkommt, den Grenzverkehr genau zu kontroliren und der Lebhaftigkeit desselben die Schranken zu geben, durch welche politische Friktion« nach Möglichkeit ausgeschlossen werden." Ehedem glaubte man, daß nicht» besser geeignet ist den Frieden unter den Nationen zu befördern, als recht leb hafter Verkehr der Angehörigen derselben untereinander. In diesem Sinne hat man um die Mitte dieses Jahrhunderts die Einführung der Eisenbahnen al« einen mächtigen Faktor des Friedens freudig begrüßt. Wie voreilig. Je näher die Völker einander rücken, um so gefährlicher ist es für den Frieden, so lehrt die neue Staatskunst, die hoch erhaben ist über alle früheren Auf» fassungm von dem, was das Volkswohl fördert und was nicht. Je entfernter die Beziehungen der Völker, je weniger sie einander kenn« lemen, d. h. je mehr sie nur da» von einander erfahren, was ihre Lenker ihnen mitzutheilen für gut befind«, um so besser für den Frieden. Darum schnell alle Geschäftsverbindungen abgebrochen und ja vor- gesehen, daß kein deutscher   Mann sich in einwelsches" Mädchen, kein deutsches Mädchen sich in einenwelschen" Mann verliebt. Hoffentlich zieht man auch bald die Konsequenzen dieser neuen Theorie, schafft die Eisenbahnen ganz ab, reißt die Telegraphen nieder und er- richtet eine große, große Mauer um da» Reich der Mitte Europa». ImReich" kriselt eS wieder. Der neue Kaiser hat keine Lust, daS Gesetz über die fünfjährigen Legislaturperioden deS Landtag» zu publiziren. Die Bedenken kamen ihm in letzter Minute, denn er hatte das Gesetz schon unterzeichnet. Werth leg« wir auf den Vorgang nicht. Aber er zeigt wieder einmal so recht handgreiflich das Prekär« und Provisorische der ganzen Lage in Deutschland  . Wenn der todtkrank« Kais« die Nacht einmal w«ig hustet und sich am Morgm wohl fühlt, macht er seinem Hausmeier Opposition, und wenn dann eine ermattende Nacht mit vielem Husten kommt, muß er vor dem gestr«g« Zuchtmeist« wieder zu Kreuz kriechen. Eine ähnliche Satyr« auf das monarchische Prinzip hat die Welt nicht gesehen. Und«» gehört die geradezu bodenlose Frechheit unserer Reptilien und ihrer Brot- Herren dazu, unter solchen Verhältnissen von den prekären Zuständen anderer Völker zu reden! Die Satze läßt da» Mause« nicht. In ew« Paris  « Kor  » respondmz d«Weser-Zeitung" lesen wir: Mit d« deutschen   Sozialdemokratte lag diese Gruppe(diePossibi» sistm") stets im Hader. Noch jüngst, al« d« au» der Schwei  , au»ge- wies«« Redaitionsstab de» ZüricherSozialdemokrat" nach Pari« kam, durstm sich dies« deutsch  «Brüd«" nur in ein« klein« Privat-