| Uni damit neben dem R o t h en G e sp e nst auch das Kriegs- Gespenst nicht fehle, kündigt dieNorddeutsche Allgemeine" v e r- schärfte Grenzchikanen gegen Frankreich , oder richtiger gegen Elsaß-Loth ringen an, und lacht über diesentimentalen" Schwächlinge, die sich einbilden könnten,wir" hätten Lust, uns die Eympaihien derReichslande" zu erwerben, die wir nur aus mili- Urischen Gründen, um einen Schutzwall für uns zu gewinnen, den Franzosen abgenommen hatten. Und gewissermaßen als praktische Illu­stration dieses Hetzartikels derNorddeutschen" haben die juristischen Hausknechte des Eisenstirnigen einen neuen LandeSverraths- Prozeß in Szene setzen müssen, der mit breitestem Behagen im hellsten Acht demonstrativer Oeffentlichkeit sich jetzt, unter Tessendorf's erprobter Leitung, vor den Schranken des Leipziger Reichs« gerichts abspielt. Was der Polizei alles Passiren kann. Unter dieser Ueber« schrift lesen wir in deutschen Blättern:Der Werkmeister der Firma C.>. Ursprung, Herr Julius Süther jun. in Barmen, «iröffentlicht Folgendes:Um Gerüchte zu widerlegen, welche in Folge «einer vor einigen Monaten erfolgten Verhaftung entstanden sind, gleichzeitig auch, um zu zeigen, wie leicht eS selbst dem Unschuldigsten geschehen kann, durch einen Jrrthum der Polizei verhaftet und damit «uf'S Empfindlichste getroffen zu werden, gestatte ich mir, daS Folgende l» veröffentlichen: Am 3. April, Vormittags, wurde auf den Verdacht sin, daß ich einer geheimen sozialistischen Verbindung angehöre, HauS- luchung in meiner Wohnung gehalten. Dieselbe war selbstverständlich durchaus erfolglos, da ich mich nie um die Sozial» demokrati « oder deren Bestrebungen gekümmert, die«we sozialdemokratische Schrift gehalten oder einen Beitrag für der« artige Zwecks gegeben habe. Trotzdem wurde ich am Abend desselben SageS verhaftet und mußte die beiden darauf folgenden Nächte, sowie den dazwischen liegenden Tag im Gefängnih verbringen, aus dem >ch erst am dritten Tage infolge der von meinem Prinzipale eingeleiteten Schritte wenigstens vorläufig entlassen wurde. Meine Bemühungen »aren seitdem dahin gerichtet, Erklärungen über die Sache zu erhalten. Son der Staatsanwaltschaft in Elberfeld wurde mir »us eine bezügliche Eingabe hin nach Wochen der kurze Bescheid, meine Beschwerde erledige sich durch die inzwischen ersolgte Rückgabe der Kaution! Daraufhin wandte ich mich an Se. Ex< jjllenz den Herrn Justizminister und erhielt vor einigen Tagen von fiiln aus die folgende, vom 18. Juni datirte und von dem Präsidenten de» OberlandeSgerichts , Herrn Dr. Struckmann, sowie dem Oberstaats- «Nwatt Herrn Hamm unterzeichnete Zustellung:Auf Ihr Gesuch an dm königlichen Herrn Justizministsr vom 25. Mai d. I., welches von dem Herrn Minister uns zur Prüfung und weiteren Veranlassung zu- Befertigt worden ist, eröffnen wir Ihnen nach vorgenommener Prüfung, « Sie bei dem dortigen königlichen Landgerichte auf Grund polizei - >>cher Ermittelungen als des Vergehens gegen§ 128 Str.-G.-B. dringend »erdächtig zur gerichtlichen Untersuchung und Haft gezogen worden sind, daß sich aber hinterher dies« Ermittelungen als durchaus irrig und auf t'ner bedauerlichen Verwechslung Ihrer Person mit tiner anderen Person gleichen Namen» beruhend trgeben haben." Sehr richtig bemerkt dazu die BerlinerVolkszeitung": In diesem Schreiben wird dem durch diesebedauerliche Ver­wechselung" Geschädigten nicht mitgetheilt, was nun mit Denen ge« schehen ist, welche diese Verwechselung begangen haben. In einem Rechtsstaate müßten die Polizeibeamten, welche derartige Ermilte- lungen anstellen, eine strenge Bestrafung zu gewärtigen haben, müßt« eS dem Geschädigten gestattet sein, die für solche Er- Mittelungen verantwortlichen Personen selbst vor Gericht zu ziehen, müßten auch Staatsanwaltschaft und Gericht verpflichtet sein, dem unschuldig Verhasteten volle Ausklärung über den Jrrthum, durch den er seiner Freihett beraubt worden ist, zu Theil werden zu lassen, und zwar ohne einen gehorsamsten Anttag abzuwarten, und in Preußen--?" In Preußen erhalten die betreffenden Polizeibeamten zur Be- lehnung für ihrePflichttreue" eine eklatante Genugthuung. Raivetät oder Schlimmere»? Liberale deutsche Blätter lesen aus dem Satz der Thronrede Wilhelm's II.: Ich werde eS jederzeit als eine Pflicht erachten, allen religiösen Bekennwissen in meinem Lande bei der freien Ausübung ihres Glauben» meinen königlichen Schutz angedeihen zu lassen" An« Absage an den Antisemitismus heraus. Das heißt denn aber doch Ae Raivetät oder richtiger den Schein der Raivetät zu weit getrieben, Und die Antisemitenblätter haben nur Recht, wenn sie sich darüber lustig Uuuhen.' Jedermann weiß, daß der Antisemitismus mit der Religion bar nichts zu thun hat, er ist eine reine Brodfrage, oder vielleicht besser ausgedrückt, ein« Brodneidfrage und zwar eine Brodneid« frage der P r i v i l e g i r t e n. Ei handelt sich um das Privilegium »er Anwartschaft auf alle höheren Berufe, auf die Lehrstühle an Gym- Uasteen und Universitäten, auf die höheren Stellen in den richterlichen Und VerwalwngSbehörden, auf alle Ränge in der Armee vom Offizier uufwärti 2C. ic., da» der Christlich -Germane, oder was sich so nennt, für sich beansprucht, nicht aber darum, ob Jtzig zu Jehova beten darf. Behr bezeichnend für den Ruf, der Wilhelm II. alS Kronprinz sich zu er- »erben gewußt, ist, daß man sogar die Proklamirung der allerprimitivsten Religiösen Toleranz alS etwas ganz Ueberraschendes von seiner Seite «rklärt, aber wir sind, trotz 25 Jahren Bismarck , denn doch noch nicht jowett über dieErbschaften der französischen Revolution" hinaus, daß ßch eine Religtonsversassung nach altem Muster inszeniren ließe. Die Duldung der Religionsbekenntnisse ist heutzutage eine leere Phrase, die tu gar nichts verpflichtet, die den größten Ungerechtigkeiten und Ungleich- Seiten steten Spielraum läßt. Man frage nur heut« in der Armee Und bei den Behörden an, ob irgend ein Beamter e» wagen darf, seiner teligiösen Uederzeugungfreien Ausdruck" zu geben, wenn sie im Wider« spruch steht mit der positiv kirchlichen Richtung, d. h. mit der Ortho- b»rte. Wehe dem, der es wagen wollte, au» der Landeskirche auSzu- steten, oder auch nur seine Kinder nicht taufen zu lassen! Seine Lauf- bahn wäre unrettbar abgeschnitten. Und bildet man sich ein, daß Wil- Helm II. da» Genngst« an derstillen Vorschrift" ändern wird, daß »er Jude fich mindestens taufen lassen muß, wenn er in der Verwaltung tt. geduldet sein will? Schwerlich, wenn er etwas in dieser Beziehung ändert, so höchstens im Sinne des nakten Antisemitismus. Es ist also mehr wie naiv, aus der obigen absolut nichtssagenden Phrase eine Absage an die Stöcker, Liebermann und Konsorten herauSzu- deuten. Damit betrügt man nur die Masse und verhindert fie, ent- fchiedene Stellung zu nehmen. Ein»veniger»artigeS aber nicht minder charakteri- stifcheS Polizeistückchen enwehmen wir ebenfalls derBerliner Rolkszeitung". Das fortschrittliche Blatt veröffentlicht folgende Zuschrift: In Bredow bei Stettin streiken seit einiger Zeit die Werft« «rbeiter desVulkan". Im Lause der vorigen Woche hatten auf Anregung de» Amtsvorstehers von Bredow mündlich« Verhandlungen »wischen dem Vorsitzenden de»«ufsichtsraths, Kommerzienrath Dr. Del- brück, zwei Direktoren und einem Ober-Jngenieur de»Vulkan" einer- fest», und vier Mitgliedern der Lohnkommisfion der Arbeiter anderer­feit«, stattgefunden, über welche in einer am 30. v. R. abgehaltenen Versammlung der Sreikenden berichtet wurde. Die Vertreter des «Vulkan" hatten erklärt, eine Lohnerhöhung nicht bewilligen p» können, der«ine der Direktoren Auszüge aus den Lohnlisten vorge- legt, nach denen ein Hofarbester im Durchschnitt 2122'/, Pfg., ein Eisenarbeiter 28'/«-Sl'/.,«in Nieter 2S'/.-2»'/ ein EchiffSarbetter Und Handlanger»228 Pf. pro Stunde(was für üppige Löhne! Dabei müssen die Arbeiter«in wahre» Schlemmerleben führen. Red. desSoz".) verdient habe. Die von etwa«00 Arbeitern besuchte Ver- sammlung beschloß«instimmig, im Streik zu verharren. Ein Zwischenfall in der Versammlung bewies, vorausgesetzt, daß der »ms vorliegende Bericht derOstsee-Ztg." genau ist, wieder einmal die seltsam- Auffassung seiner Recht« undPflichten seitens eines Polizei­beamten. Ein Redner behauptet«,.uonnnerzienrath Delbrück habe bei jenen»erHandlungen geäußert, ein Lohnsatz von 18 Pf. sei noch viel zu viel, es genüge ein solcher von IS Pf. Der in die Versammlung «ntsandt« Poltzeikommissar erklärte nach dem Berichtediese Behauptung für unwahr und fordert« die Lohnkommission auf, dieselbe zu wider­

rufen, da er andernfalls sofort die Versaminlung schließen werde." Wenn der Kommissar in diesem Sinne gesprochen hat, so hat er sich nicht innerhalb der Grenze seiner Befugnisse gehalten. Er hat sich nicht in die Debatte zu mischen und ist nicht deshalb in die Versammlung gesandt, um abwesende Personen gegen etwaige unrichtige Behauptungen in Schutz zu nehmen, sondern nur, um darauf zu achten, daß in der Versammlung keine Verstöße gegen das Gesetz vorkommen. Zu der Drohung, die Versammlungschließen" oder richtigerauflösen" zu wollen, war er nicht berechtigt, selbst wenn, wie nachher ein Mitglied der Lohnkommission erklärte, Herr Delbrück nicht im Sinne, in welchem sie wiedergegeben, die Aeußerung gethan hatte." Nach Sinn und Wortlaut deS Gesetzes allerdings. Aber was braucht sich ein Polizeikommissar um daS Gesetz zu kümmern? In Preußen ist die Polizei das Gesetz, jeder einzelne Polizist bestimmt, was erlaubt ist und was nicht, und wer da» nicht anerkennt, der marschirt wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt in's Loch. Natürlich wäre eS dem biederen pommerschen Polizeier nicht einge- fallen, für einen Abwesenden einzutreten, wenn eS nicht gerade der Geheime Kommerzienrath" gewesen wäre. Dieser rührende Eiser um die Ehre und den guten Ruf des Geldmagnaten zeigt auf's Deutlichste, wie im gegebenen Falle diesem gegenüberÄleichhett vor dem Gesetz" gehandhabt werden würde. Vor dem Gesetz herrschtGleich- heit", aber vor denHütern des Gesetzes" herrscht der Geldbeutel. Die Ueberschrlft und der Umsturz. Eine anerkennenswerthe Leistung auf dem Gebiete der höheren Rechtsverdrehung hat kürzlich das Landgericht Hannover verübt. Der Korbmacher Freudenthal war angeklagt, durch Verbrettung einer ver- botenen sozialdemokratischen Druckschrift sich eines Vergehens gegen das Sozialistengesetz schuldig gemacht zu haben. Es handelte sich um die Broschüre:Die Belagerungszustände vor dem Reichstag, " die lediglich den stenographischen Bericht über die Reichs- tagsverhandlungen vom 19. April 1887 enthält.Es wurde," heißt e» im Bericht über den Prozeß,dargethan, daß die Druckschrift eine durch die Königliche Regierung zu Erfurt auf Grund deS Sozialistengesetzes verbotene sei. Dem gegenüber wies der Bertheidiger(R.-A. Lenzberg) darauf hin, daß gemäß Artikel 22 der deutschen Reichs- Verfassung das Verbot ungültig sei, da die Druckschrift ledig- lich einen wahrheitsgetreuen Bericht über Verhandlungen des Reichstags enthalte und solche gemäß dem zitirten Artikel der Ver- fassung von jeder Verantwortlichkeit frei bleiben müßten. Das Gericht war zwar mit der Vertheidigung der Ansicht, daß die dem Art. 22 ent- sprechenden Berichte auf Grund des Sozialistengesetzes nicht verboten werden könnten; erklärte aber, daß die weiter angeregte Frage, ob auch eine widerrechtlich durch die Regierung verbotene Druckschrist als ver- boten« Druckschrift im Sinne des§ 19 des Sozialistengesetzes anzusehen sei, im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben könne. Die Druckschrist sei nämlich nicht ausschließlich ein wahrheitsgetreuer Bericht über die betreffenden ReichstagSverhandlungen, da und nun kommt die großartige Entdeckung dieselbe eine Ueberschrift: Die Belagerungszustände vor dem Reichstag " trage, welche jedenfalls nicht zu dem Bericht über die Verhandlungen gehöre. Die Regierung könne(!) gerade hierin die Merkmale des tz 11 deS Sozialistengesetzes gefunden haben und ob das mit Recht oder Unrecht geschehen, entziehe sich der Nachprüfung des Gerichts." Sprachen' s, und verurtheilten den Arbeiter wegen des Verbrechens der Verbreitung eines wahrheitsgetreuen Reichstagsberichts zu vier- zehn Tagen Gefängniß. Man muh da» wirklich lesen, um es zu glauben. Nach der Reichs- Verfassung dürfen wahrheitsgetreue Berichte über ReichstagSverhandlungen nicht verboten werden, und doch nimmt sich eine Polizeibehörde heraus, einen solchen Bericht zu verbieten, und ein Richterkollegium findet sich, das Verbot zu rechtfertigen, weil die Ueberschrift nicht zu dem Bericht gehöre. Es war die Nachtigall und nicht die Lerche. Nicht der Inhalt, die Ueberschrift macht die Schrift gesetzwidrig. In der furchtbar revolutionären Ueberschrift:Die Belagerungs- zustände vor dem Reichstag " kann die Regierungdie Merk- male deS§ 11 des Sozialistengesetzes gefunden haben", nämlichsozia- listische, auf den Umsturz der bestehenden Staats- und Geselljchasts> ordnung gerichtete Bestrebungen". Die sachliche, trockene Angabe deS Inhalts ist der Umsturz. Besser kann das Schandgesetz und die Rechtskorruption, die eS gezeitigt, gar nicht gekennzeichnet werden, alS durch Konstatirung dieser Thatsache: Verboten, weil der Titel lautet: Di« Belagerungszustände vor dem Reichstage. Dr. Leopold Jakoby, unfern Lesern durch seine Gedichte und verschiedene wtssenschafttiche Arbeiten wohlbekannt, spricht sich in einem, an dieSan Franciscoer Arbeiter-Zeitung" veröffentlichten Schreiben über die Arbeiterpresse im Allgemeinen aus: Wenn ich für die Zukunft«inen Rath aussprechen darf, der sich auf Erfahrungen in Deutschland und auf sorgfältige naturwissenschaftliche Beobachtungen stützt, so möchte ich dringend davor warnen, da» Blatt etwa, wenn es günstig weiter geht, alsbald zu einem täglichen Arbeiterblatt umzugestalten. Ein Arbeiterblatt, welche« nicht ein täg- licher Neuigkeitsträger es muß ja auch solche geben sondern ein Lehrer des werkthätigen Volkes sein will, sollte mit Lettartikeln nicht öfter al» zweimal wöchentlich(höchstens ausnahmsweise dreimal wöchent- lich) erscheinen. Nur dann bleibt den Herausgebern und Redakteuren Zeit, gediegene Artikel zu verfassen und den Text mit Bewußtsein so zusammenzustellen, daß er die höchste Wirkung ausübt. Nur dann vor Allem bleibt dem Leser Zeit, das Gelesene zu verdauen, darüber nach« zudenken, es zu beurtheilen, eS mit anderen zu besprechen, mit einem Worte, selbst zu denken. Ein wahres»rbeiterblatt soll eben keine Denkmaschine sein, welche den Lesern da« Denken erspart', die? ist thatsächlich der Fall bei den meisten kapitalistisch hergestellten Zeitungsblättern, daher der Stumpfsinn in so weiten, auch den smartesten(geriebensten) Bourgeoiskreisen! sondern es soll ein in Zwischenräumen, die nicht unmittelbar aus einander folgen dürfen, wiederholter Ansporn und Antrieb sein, selbst zu urtheilen, selbst zu erkennen. Zeit haben zum Denken ist daS groß« Bedürfniß unserer Tage und eine Hauplbedingung für die kommende neue Zeit, und dieser Nothschrei und diese Lebensbedingung wird durch die Hetz« jagd nach dem Dollar mit tausend Mitteln fortwährend erstickt und zu Boden getreten. Es sind dies zum Theil neue Gedanken, die ich vielleicht einmal in einer besonderen Schrift zusammenzustellen gedenke; zum anderen Theil sind sie zuerst ausgesprochen in einer bekannten, hoch bedeutsamen Rede von Lassalle . So z. B. wirkt gegenwärttg noch dazu in seiner geheimen Ver- breitung derSozialdemokrat", der nur einmal wöchentlich erscheint und den meisten Arbettern in Zwischenräumen von vielleicht 10 Tagen zu- Seht, mit einer Kraft, deren Folgen sich erst in der Zukunft heraus« ellen werden. Das Blatt wird nicht nur gelesen, sondem studirt, d. h. durch wiederholtes Lesen geistig aufgenommen, sodann vorgelesen»md besprochen, mit Anderen die Meinung über bestimmte Mittheilungen ausgetauscht. Die ca. 12,000 Exemplare, welche nach Deutschland gehen und die sehr wohl«0,000 Leser vorstellen, haben so die Bedeutung einer Zusammenfassung von aufweckenden Gedanke«, einer Verdichtung von Thatsachen. die die Arbeiter angehen, auf den engsten Raum, und in den Ergebnissen dieser Erscheinung sehen wir wieder einmal glänzend die Blindheit der herrschenden Klassen an den Tag kommen, welch« durch Gewalt maßregeln gerade Dasjenige erzwingen, waS sie um Alles in der Well zu verhindern bestrebt sind." Lasset«»S Kaifer-Leichen sehe«" so deilamirt Hans Most pathetisch in einer der letzten Nummern seines Blattes. Darauf antwortet ihm daSPhiladelphia Tageblatt" mit treffendem SarkaSmuS; Zwischendecks-Billete nach Hamburg kosten zwanzig Dollars, und die Reise über den kühlen Ozean ist gerade jetzt,bei die Hitze," sehr ange- nehm. Nichts steht Herrn Most im Wege, einen, zwei oder gleich alle drei Kaiser Suropa's in Leichen zu verwandeln. Also man zu: DaS ewige Deklamiren wirktentnervend" aus dieRevolutionäre ", wie Hannes oft genug selbst versichert." �Natürlich wird Hans Most da« Zwischendeck-villet nicht lösen. Er und seine Mitschreier werden sich nach wie vor darauf beschränken, zum Vortheil de« internationalen Spitzelthums Attentate zu proklamiren. Und daß sie dem Wort« die That nicht folgen lassen, ist unter den ob-

waltenden Umständen eigentlich ein Verdienst, wenn auch ein negatives. Selbst wenn wir die Attentatstaktik im Prinzip billigten, würden wir sie Wilhelm II. gegenüber unbedingt verwerfen. Der ist gerade für uns, für die Sache der Sozialdemokratie, von unschätzbarem Werth. Er wird nichts unterlassen, was geeignet ist, in Deutschland Propaganda für die Republik zu machen. Es ist in unserer Zeit deS systematisch organistrten Byzantinerthums gewiß nichts leichter für einen Fürst«, als die Herzen der Philister zu erobern. Wilhelm II. aber hat es ver« standen, im Handumdrehen selbst die Zahmsten der Zahmen gegen fich aufzubringen. Das rückfichtSlos-brutale Verhalten gegenüber seinem sterbenden Vater, die roh-gemeinen Angriffe gegen seine Mutter habe», außer im Kreise der Junker und Mucker, überall Entrüstung erregt, und die bisherigen Regierungsakte des zweiten Wilhelm haben dies Gefühl in keiner Weise abgeschwächt. Die Gemeinplätze der Thronreden ver- rathen nichts al» den absoluten Mangel an eignen Ideen und das völlige Abhandensein eines Verständnisses für die wahren Bedürfnisse der Neu- zeit. Er wird die Geduldigen, die sich bisher immer wieder tröste» ließen, zu Ungeduldigen, zu Unzufriedenen machen, und uns so in der wirksamsten Weise vorarbetten. Durch und durch reaktionär, ohne die romantischen Schwärmereien seines Großoheims, wird er noch viel mehr al» dieser sich nützlich erweisen für die Sache der Revolution. Zur teutsch-patriotischen Hirnerlveichnng. Nachstehend« poetische" Leistung des berüchtigten Halle'schen Latein-Hanswursts(oder eines Verwandten) macht jetzt die Runde durch die gesammte n a t i o- nale Presse von Puttkamerun: Bismarck Heil ! Weis«: Deutschland , Deutschland Uber Alle». Bismarck Heil! Dem einzig Einen, Unsres Volkes treu'stem Mann, Ihm, der heldenhaften Geistes Kaiser uns und Reich gewann. Von den Alpen bis zum Meere Brausend stimmt den Hochruf an: Bismarck Heil ! Dem einzig Einen, UnsreS Volkes treu'stem Mann. Deutscher Glaube, deutsche Treue, Deutscher Muth in jeder Zeit, Deutscher Frohsinn, Zucht und Sitte, Deutsche Kraft und Biederkeit Alle guten Gaben seien Reich und Kaiser nur geweiht: Deutscher Glaube, deutsche Treue, Deutscher Muth in jeder Zeit. Der mit Gott und Kaiser Wilhelm Endlich uns zum Reich verband, Leb' in deutschen Herzen ewig! Schwört es laut mit Herz und Hand. Das sei unser Ziel und Streben, Dem auch Gr sich fest bekannt: Deutschland , Deutschland über Alles, Bismarck's unser Vaterland! Eugen Schwetschke. DerEinziz-Eine", der Deutschland zum preußischen Nationalzucht« haus gemacht,mit deutscher Treue" das Spitzelthum, die Stieberei, die Denunziantenseuche in'» Land gebracht, mitdeutschem Frohsinn" Mil- lionen deutscher Bürger rechtlos gemacht, Tausende in'» Gefängniß und in die Verbannung getrieben hat, und mitdeutschem Muth" nicht au»- geht, ohne von ein paar Dutzend Geheimpolizisten beschützt zu sein ER ist wahrhaftig seines Leibpoeten Werth er hat den Schwetschke verdient. Der Druckfehler Xeufel hat in letzter Nummer von einem idyllischen" Boden der Arbeiterverbrüderung und de» internatio« nalen Emanzipationskampfes zu melden gewußt. Eine sonderbare Idyll«, werden unsere Leser sich gedacht haben, dieseIdylle der Arbetter- Verbrüderung und de» internationalen Emanzipationskampfes", die fei- tens der Arbeiter so viele schwere Opfer an Freiheit und Existenz erfordert, und von Seit- der Regierungen verschiedenster Couleur mit so rücksichtsloser Brutalität zu zerstören gesucht wird. Natürlich sollte statt desidyllischen" Standpunttes der i d e o l o g i s ch e" in Gegensatz gebracht werden zumprakttschen Boden"(des Betteln« und de» Hingehalten- un� Vertröstetwerdens), den Herr Bundesrath Deucher von den Arbeitern betreten sehen möchte. Wäre dieserideologische" Standpunkt, den die klassenbewußten Arbeiter heute einnehmen, wirklich idyllisch er fände feine Widersacher nicht in den Rechen der Gegner! Die Attentatsgerüchte werden natürlich nicht bloS von der deutschen Polizeipresse kolportirt, fondern SensationSblätter aller Art befördern durch krasse Uebertreibungen noch die Zwecke der schufttgen Urheber. Ganz besonders chut sich darin der PariserCri du peuple" hervor, der heute, nachdem ihn infolge seiner verschiedenen Häutungen alle ernstzunehmenden Mitarbeiter verlassen haben, nur noch als Sen- sationSblatt ein ephemeres Dasein fristet. Die Berliner Volkstrchüne" wendet sich gegen dessen skandalöses Treiben in Folgendem: Ein ganz gemeingefährlicher Windbeutel scheint der Berliner Korrespondent de» PariserC r i d u p e u p l«" zu sein, der sich Karl Kampf nennt. Dieser Herr rühmt sich sett einigen Tage» sortgesetzt, daß ihn die Berliner Polizei suche, um ihn mindestens auszuweisen, daß er aber dafür sorgen werde, daß man ihn nicht find«. Schon auS diesen ebenso bramarbastrenden wie lächerlichen Behauptung«« dürften Kenner der Berliner Verhältnisse zu sehr wenig erbauliche« Schlüssen über die Qualität dieses oorrosponckavt intronvabls(unmif» findbaren Korrespondenten) kommen. Das Urtheil muß aber noch ver» nichtender ausfallen, wenn man verfolgt, wie dieser Held der Feder, der offenbar nirgends zu Haus» ist, immer aber die würdige Miene de» Eingeweihten" annimmt, an da» Pariser Blatt über Attentat«» pläne berichtet. Was die journalistischen Werkzeuge de» Molkenmarkte» nur andeuten, wahrscheinlich well sie fühlen, daß fie leicht in ihrer Verlogenheit entlarvt werden könnten, führt dieser Korrespondent mtt breitem Behagen aus, indem er zum Schlüsse sogar die Behauptung wagt, die Sozialisten sehnten fich nach derErfüllung dieser(hier nicht näher zu erwähnenden) Hoffnungen". DerCri du peuple" ist bekannt- lich kein sozialistisches Blatt, und vielleicht nicht einmal ein Blatt. daS man ernst zu nehmen hat. Wir wollen auch ununterfucht lassen, ob Herr Karl Kampf überhaupt existirt. oder ob nicht«in auf SensattonSerregung hinarbeitender Pariser Zeilenreporter hier groben Unfug treibt. Da aber Spuckgeschichten nur zu leicht ihre Gläubigen finden, so wollen wir hier vor der Oeffentlichkeit konstatiren, daß die Sozialdemokratie Berlins einstimmig ist in dem Urtheil über die Ber- antwortlichkeit, die derjenige übernehmen würde, der eine Aenderung der bisherigen wohlberechneten Takttk auch nur anregen und anstrebe« wollte, und daß sie nur dieHoffnung" hat, daß kein Idiot oder Schröder-Haupt der Reaktion denGefallen thut, der«» nicht unsere Hoffnungen zu verstärken." Diese ossen«, unzweideutige Sprache wird natürlich die literarische« Landsknecht «, die für die preußische Polizei im In- und Auslände ar- betten, nicht abhalten, den alten Schwindel immer neu aufzuwärmen. Haben wir doch auch hier in Zürich solch« Berufsdenunzianten, welche die Arbeit der preußischen Polizei nicht besser verrichten könnten, wenn fie auch die höchsten Offiziersgehalte aus der Kasse der BiSmarck'schen Reptilienarmee erhielten.

Korrespondenzen.

Reumünster, 1. Juli. Der am 15. Mal ausgebrochen» weverstrsik dauert noch unverändert fort. Bon den zirka b00 Webern, welch« bis Arbeit niedergelegt, find bi» heute, nach siebenwöchentlichem Kampf«, zird 15 Fahnenflüchtige zu verzeichnen,«in»ewei». daß die Arbeiter mtt aller«rast an ihrer Forderung festhatten,«l» di, Frage«egen Ber«