in Sünden geboren. In Sünden bist Du erzogen, in Sünden bist Du gestorben. Bete vor Gott , daß Du rein wirst von Deinen Mifsethaten, bitte vor Gott , daß Du rein von Sünden werdest und er Dich in sein Himmelreich aufnehme. Nun lasset uns beten, daß daS in Sünden ge- storbene Kind selig werde." In keinem andern der modernen Staaten dürste, in keinem andern würde sich pfäffischer llebermuth solche von bornirtem Zelotismus und Pharisäerhafter Heuchelei strotzende Gemeinheiten erlauben, als im Land dersteien Frommen", 17 Jahre nach Beendigung bei glorreichsten aller Kriege, zehn Jahre nach Schaffung des genialsten aller Knebelungs- gesetzt. O,wir" haben es herrlich wett gebracht. Kraftvoll" findet die deutsche Repttlprefle die Frankfurter Säbelraffelei Wilhelms II.Kraftvoll" ist nämlich heute da» Modewort des nattonaldeutschen Gsmuths, wie es ehedemsinnig" war. Run, der Wunsch, recht finnig zu erscheinen, schützt nicht vor Sinnlosigkeit, und das Bestreben, den Eindruck desKraftvollen" zu machen, hat oft gerade die entgegengesetzte Wirkung. Die Presse des Auslandes belegt die Rede desJugendlichen" mit Bezeichnungen, die auf alles andere denn als Kraft paffen.Der Kaiser scheint etwas hysterisch," schreibt die sonst deutschfreundlichePall Mall Gazette ". Und das Blatt, das lebhaft den Eintritt Englands in dm Bismarck'schmFriedenibund" befürwortet, fährt fort: Als Jules Favre erklärte, daß Frankreich nicht einen Zoll seines Gebietes, noch einen Stein seiner Festungm abtreten werde, so war daS eine tapfere Erklärung, abgegeben mitten im Kriege als Antwort auf «ine bestimmte Forderung, so viel« Festungen und so großes Gebiet ab- zutreten. Aber wenn auch entschuldbar, so leitete sie doch die Abtretung von Elsaß-Lochringm mit Metz und Sttaßburg ein. Jetzt erklärt der deutsche Kaiser ohne greifbare Provokation, eher müßte jeder seiner 42 Mrllionen Untertanen sterben, als ein Deutscher gestatten würde, daß seinem Vaterland« auch nur ein Stein genommen werde. Welch' ein Blödsinn, wenn man es wörtlich nimmt, und welch' verschrobener rhetorischer Schwulst, wenn wir es so nehmen, wie eS bildlich genommm werden muß. Denn es trifft selbstverständlich nicht zu. Es ist eine maßlose Uebertreibung, und Uebertreibungen dieser Art find gefährliches Spielzeug für Kaiser. Hier offenbart sich eine Effekthascherei, die in ihrer Ausschweifung jener Sucht nach Unterstreichungen verwandt ist, wie fie gewiffen weiblichm Schriftstellern so theuer sind, und jener Gänsefüße, von dmm Disraeli bemerkte, daß sie das sichere Zeichen und die letzte Zuflucht der aufgeblasenen Schwächlinge in der Literatur sind. Es würde ein große» Unheil für Europa bedeuten, wenn der neue Kaiser sich als qufgeblasmer Schwächling herausstellte." Blödsinn, Schwulst, maßlose Uebertteibung, Effekthascherei, weibisch, aufgeblasmer Schwächling das klingt etwas anders alskraftvoll." St» kurioses Geschichtchen, das aber au» einer der ruffischen Gesandtschaft sehr nahestehenden Quelle stammt, wird uns über Wil- Helms Reise nach Petersburg gemeldet.Wilhelm war durch die militärischen Schauspiele in Petershof ic. nicht befriedigt, sondern forderte, vom Väterchen nach der Hauptstadt geleitet zu werden. Alexander weigerte sich mtschiedm gegen diesen selbstmörderischen Schritt und ließ, da WUhelm von seinem Vorhaben nicht abzubringen war, denselben allein nach Petersburg ziehen. Die Petersburger Polizei ließ nun, um Wilhelm eine Freude zu bereiten, den dort lebenden Deutschen aus das f rengste verbieten, während der Anwesenheit ihres ieben Landesvaters ihre Wohnungen zu verlassen. Den Russen blieb es unbenommen, sich Wilhelm anzusehen oder nicht. Es soll nun auch längS den Newa -Usern eine immense gaffende Volks- menge zu sehen gewesen sein, allein die Menge war absolut stumm, ohne das geringste, so sehnlichst erwartete Hoch. Während des ganzen Aus- entHaltes rn Petersburg begegnete Wilhelm nur einer stummen Menge und dies soll dem Grunewaldhelden derart nah« gegangen sein, daß er bei seiner Rückkehr nach Schloß Petershof vor Wuth knirschte, und als er sich bei Alexander über die große Kälte der Petersburger beklagte, soll ihm dieser geantwortet haben, er hätte eben besser auf ihn hören und nicht in die Stadt gehen sollen, denn er, der Zar, kenne seine lieben Landeskinder besser." Nimmt man hiezu die Kopenhagener Demonstratton, die dem neuen Zäsar so gellend in die Ohren pfiff, daß sogar diedemokratische" Frankfurter Zeitung " wochenlang sich darüber entrüstete, daß deutsch « Blätter überhaupt von dieser Auspseiferei Notiz genommen so begreift Man, warum die deutschenPatrioten" gar so laut über Wilhelms see- krankeMeerfahrt" in die Posaune stießen der Trompetenschall sollte das Fiasko übertönen, das den Zäsaromanen für einen Augenblick ernüchtert. Sauft umschrieben. In einem Arttkel deutscher Blätter über den famosen O' D a n n e, der demnächst wegen Erpressung pro- ßeffirt werden soll, lesen wir: Vom Spätherbst des Jahres 1886 ab bediente sich der deutsche Mtlitärbevollmächtigte in Paris O'Danne's zu Aufträgen, wie solche in vaterländischem Interesse vielfach geboten sind, und O'Danne schien durch seine militärische Bildung, durch sein einnehmendes Wesen und durch seine vielen Bekanntschaften wohl die zur Ausführung eigenartiger, diffiziler Auf- gaben geeignete Persönlichkeit zu sein. Die ihm hierzu zur Verfügung gestellten Mittel haben aber niemals auch nur den geringsten Nutzen gebracht. Ueber ein Jahr lang täuschte er seinen ihm vertrauenden Auf- traggeber, indem er den Glauben zu erwecken wußte, eine große Thätig- keit im Sinne der an ihn gestellten Anforderungen zu entfalten, ohne in Mrklichkeit je etwas zu leisten. Im Januar 1887 traf ihn in Folge Mangels der nöthigen Umsicht da« Schicksal, in Lyon der Spionage verdächtigt zu werden, er wurde nach langwieriger Unter- suchung auS Frankreich ausgewiesen."---- Auch für den, der sonst nichts von O'Danne weiß, geht aus dem Vor- stehenden deutlich hervor, was das füreigenartige, diffizile Aufgaben" waren, zu denen O'Danne von dem deutschen Militärbevoll» mächtigten in Paris auserlesen worden war, und die ihn, als er dabei nicht mit der nöthigenUmsicht" zu Werke ging, in den B erd acht der Spionage brachten. Herr O'Danne war eben ganz einfach preußischer«ilitärspion in Frankreich , und würde«S wahrscheinlich heute noch sein, wenn er die noihige Um­sicht an den Tag gelegt hätte. Wie aus den Geständniffen des Spitzels Haupt hervorgeht, ist es ja auch O'Danne gewesen, der ihm eines TageS in höherem Austrage Instruktionen für sein«Ausflüge" nach vt. Etienne ertheilte. Wir konstatiren das Alle«, nicht well wir etwas Außerordentliches in dieser Spionage erblickten dergleichen Aufmerksamkeiten erweisen die befreundetsten Staaten einander, sondern um dem deutschen Pharisäerthum, das anläßlich der verschiedenen Landes- und Hochverraths- Prozeffe der letzten Zeit über die Schlechtigkeit der Franzosen heulmeierte, Spione in Deutschland zu bezahlen, diesem Pharisäerthum den Rath zu geben, gefälligst fein still den Mund zu halten, wenn vom Spionirwesen die Rede ist. Es ist wenigstens den Franzosen noch nicht bewiesen wor- den, was hier deutscherseits offen zugestanden wird, daß der Militär- bevollmächtigte im Nachbarlande, d. h. eine offiziell« Per- fon, die al» solche besonderes Vertrauen in Anspruch nimmt, RUitärspionage daselbst unterhalten hat. Also nur nicht den Mund zu »oll genommen vondeutscher Ehrlichkett und welscher Tücke". Bettänfig wird dieser O'Danne wohl, nachdem ihn die Preußen in ihre Hände bekommen, für immerversorgt" sein. Was wußte der einäugig« Wolf im Verhältniß zu dem, was dieservollendet« Kavalier" weiß. Die Freiheit der Wahl" wird jetzt in Berlin illustrirt. Nicht zufrieden damit. Verhaftungen und Haussuchungen WS Blaue hin­ein vorzunehmen, stört und chikanirt die Polizei auch daS öffentlich gewählte Wahlkomite in jeder erdenklichen Weise. Die Mit- alieder desselben haben fortwährend polizelliche Gesellschaft und sind selbst In ihren Wohnungen vor polizeilichen Zudringlichkeiten und Schnüffelei-n «icht sicher. Die Polizei wollt« vor Allem da« erwartet« Flugblatt «egfangen. Damit hatte sie nun freilich kein Glück. Immerhin stahl sie einige Tausend Exemplare, um ja keinen Zweifel über ihre Absichten zu laffen. Ein größerer Koup ist jedenfalls beabsichtigt. Man will «in paar Dutzend Genoffen, die man fürunentbehrlich" hält, abfangen. Die Polizei-Esel! Als ob Einer von unsunentbehrlich" wäre und für Jeden nicht stet« zehnfacher Ersatz da wäre! Vom sächsische« Muckerthum ist schon wieder eine neue Heldenthat oder sollen wir lieber sagen: gottgefälliges Werk zu vermelden. Diesmal aber ist der Schauplatz nicht ein ent- legenes Städtchen>m Erzgebirge , sondern die See- und Jntelligenzstadt Leipzig . Die Zeitungen berichten darüber: Leipzig . Am Eingange eines im atterthümlichen Stil erbauten HauseS der Klostergaffe, in dem eine größere Bierwirthschaft eingerichtet werden soll, hatte man die Verse einmeiseln laffen:Gott fürchten macht selig, Bier trinken macht fröhlich, drum fürchte Gott und trinke Bier, so wirst du selig und fröhlich allhier." Obwohl nun gerade unsere christlich-gennanischen Jünglinge mit Borliebe jene in mittelalterlichem Geschmacke gehaltenen, mit Trinisprüchen dieser Art versehenen Kneipen aufsuchen, die mehr als die modern ausgestatteten dem rückwärts stre- benden Zeitgeiste einer gewissen Richtung entsprechen, erblickte die Leip- ziger Geistlichkeit dennoch in dieser Inschrift eine Gotteslästerung, sie wußte das Polizeiamt zu beeinflussen, und letzteres ord- nete eine sofortige Beseitigung der fraglichen Verse bei Androhung einer Geldstrafe in Höhe von 100 Mark an." Selbst wenn man sich auf den Standpunkt der Gottgläubigkeit stellt, muß man erstaunen ob der augenverdrehenden Rabulistik, die in dem obigen Vers«ine Gotteslästerung zu erblicken vermag. Ein Temperenzapostel mag an ihmAergerniß" nehmen, wer aber den Bier- genuß nicht an sich für verwerflich hält, muß, um in ihm etwas uner- laubtes zu erblicken, durch und durch verheuchelt sein. Und das ist bei dem Leipziger Pfaffenthum allerdings der Fall, genau wie bei dem Leipziger Ordnungshüterthum, vulgo Polizei. Wie das Bürgerthum, so seine Gensdarmerie, die himmlische wie die irdische. Innerlich durch und durch hohl, sucht sie ihre Existenzberechtigung durch Kleben und Klauben an Aeußerlichkeiten zu erweisen: die Einerettet" denStaat" durch Verbieten von Druckschriften, Auflösung und Verbot von Vereinen und Versammlungen, die Andere durch geistlose Buchstabenreiterei und zelottsches Wüthen gegen Alles, was den frischen, fröhlichen Lebensgenuß bekennt. Leipzig , einst der Borort des freien Geistes in Deutschland , ist zum Vorort der versumpftesten Dunkelmänner herabgesunken. Der Antt- semitismus und das Mordspatriotenthum wenn es sich überhaupt noch lohnt, für Blüthe und Frucht verschiedene Namen zu gebrauchen ist in Leipzig , soweit das Bürgerthum in Betracht kommt, tonangebend, ein GSthe würde heut nun und nimmer auf den Gedanken kommen, es einKlein-Paris" zu nennen. Nein,badiot'sche Bürger," Ihr dürft ruh g sein, vor dem Vergleich mit demBabel an der Seine" seid Ihr geschützt, wenn Ihr Euren Ruhm messen wollt, so braucht Ihr nicht nach desErbfeindes" Hauptstadt zu schauen, viel ehrenvollere Vorbilder leuchten Euch im Reich der bezopften Söhne des Ostens. Es ist davon die Rede, das Schloß Valangin zur Unterbringung von Bagabuuden und andern mißrathenen Subjekten einzurichten, welche in le Devens keinen Platz mehr finden und die man nicht ins Zuchthaus stecken und auch den Gemeinden nicht zur Versorgung überlassen kann. Das Schloß Vaudry würde ferner die verwahr» loste Jugend aller Gattung aufnehmen, wodurch dem gegen- wärtigen Nothstand ein Ende gemacht würde, da Neuenbmg bis jetzt in solchen Fällen regelmäßig zu den KorrektionSanstalten der benachbarten Kantone seine Zuflucht nehmen mußte." Um Jrrthümer zu vermeiden, bemerken wir, daß es sich um irgend ein Schloß des schweizerischen Kantons Neuenburg handelt. Raiv." Berliner Blätter berichten über eine Gericht«» Verhandlung, die sich vort« Woche vor der 87. Abtheilung des Schöffengerichtes Berlin abspielte, in folgenden Worten: Der Restaurateur B e st v a t e r befand sich wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und wegen eines schweren thät- lichen Angriffs auf einen Beamten bei Ausübung seine« Berufes auf der Anklagebank. Am IS. Februar kam es in dem an der Kottbuser Brücke belegenen Lokale dsS Angeklagten zwischen einigen Gästen zu einer Schlägerei. Die unterliegende Partei holte einen Schutzmann und bat diesen, die Persönlichkeiten der angeblichen Friedensstörer fest- zustellen, weil dieselben gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden sollten. Der Schutzmann kam dem Wunsche nach, er begab sich in das Lokal d«S Angeklagten und ersuchte die ihm bezeichneten Personen, ihm für kurze Zeit nach der Wach- zu folgen. Diese schickten sich an, ohne Widerrede Folge zu leisten, als plötzlich der Angeklagte zwischen sie und den Schutzmann trat und dem Letzteren erklärte, daß er in seinem Lokale überhaupt nichts zu sagen habe und dasselbe sofort verlassen solle, wenn er sich nicht eine Anklage wegen Hausfriedensbruchs zuziehen wolle. Der Schutzmann war einigermaßen erstaunt über die sonder- bare Ansicht, die der Wirth über die Befugniffe eines Sicherheits- beamten zu haben schien, er wies ihn energisch zurück und wiederhotte seine Aufforderung an die zu sistirenden Personen. Der Angeklagte ergriff nun den Schutzmann, um ihn zur Thür hinauszuschieben, erhielt von dem Beamten aber einen so starken Stoß, daß er beinahe zu Falle gekommen wäre. Wieder wandte sich der Schutzmann den Gästen zu, erhielt aber im nächsten Augenblick hinterrücks einen wuchtigen Schlag gegen den Kopf. Der Angeklagte hatte mit einem Seidel nach ihm geworfen. Trotzdem, der Helm den Beamten geschützt hatte, hatte der Getroffene doch eine so schwere Verwundung erhalten, daß er vierzehn Tage bettlägerig gewesen. Der Angeklagte oertrat auch im Termine die naive Anschauung, eS habe in seinem Lokale Niemand etwas zu befehlen, wie er allein, und selbst die Beamten müßten ihm Folge leisten. Der Staatsanwalt wollte beide Vergehen mit einer Gesammtstrafe von acht Monaten Gesängmß geahndet wissen, der Gerichtshof erkannte aber mit Rücksicht aus die bisherige U n b e s ch o l t e n h e i t des Ange­klagten nur auf drei Monate Sesängniß." Uns will bedünken, als sei die Auffassung des Wirthe» von seinem Rechte als Hausherr gar nicht sonaiv", und die Meinung, er habe »um Mindesten auch ein Wort dreinzureden, wenn der erste beste Schutz- mann in seinem Lokale auf eigene Vollmacht Verhaftungen vornehmen will, scheint uns weit wenigersonderbar" als die sklavische Unterwer- fung unter die Polizei-Allmacht. die zwischen den Zeilen des Berichtes herauSleuchiet. Aber freUich, was sollte auS der Welt werden, wenn die Polizei nicht allgewaltig und allgegenwärtig allwissend ist sie leider noch nicht wäre? Sie würde elend zu Grunde gehen. Wer's nicht glaubt, ist nicht werth, Bürger von Preußen-Deutschland zu sein. StWaS vomErbfrennde". Während das Knutenväterchen und der jungealte Fritz" sich Krokodtlsthränen weinend in den Armen lagen, spielte sich an der preußisch-russischen Grenze in der Nähe von Argenau eine allerliebste freundnachbarlich- Idyll- ab. Russische Grenz- kosaken zogen ein auf preußischer Sett« der Grenze gehendes Mädchen au» Chlewisk-Buden mit Gewalt über die Grenze, um es auf russischem Boden ihren viehischen Gelüsten dienstbar zu machen. Obgleich das Mädchen verzweifelt schrie und sich wehrte wie eine Rasende, schleppten die Unholde dasselbe in eine Wachthütte jenseits der Grenze. Da« Mädchen entrann ihnen aber und flüchtete sich in ein auf deutschem Gebiet liegende« Einwohnerhaus. Sofort erschienen die Russen in verstärkter Anzahl und erstürmten daS Hau». Thüren und Fenster wurden zerschlagen und das Mädchen wieder auf rusfislhes Gebiet ge- schleppt. Nach einiger Zeit wurde«« wieder fre, gelassen. Eine Kommission stellte den Xhatbestand fest, man überführte die Soldaten und derunbedeutende Grenzsall" war erledigt. Es war ja nicht im Wasgau, und so brauchte er die beidersettigen Diplomaten nicht erst ,u beschäftigen. Auf dem hohen Thurm der preußisch-russischen Knuten- freundschaft war diegeringfügige Begebenheit" überhaupt nicht wahr- nehmbar. Aber im Wasgau, an der Grenze de«welschen Erbfeindes", da wäre da» ganz etwa« Andere» gewesen. Da» isthohe Politik", und die, Bauer, verstehst Du nicht! Die Eheschließungen nehmen in England rapid« ab. Wie der Vorsteher deS Eintragungsamtes in einem zur Veröffentlichung gelangten Briefe feststellt, sind seit dem Jahre 1873 die Eheschließungen von 17,6 auf je 1000 Einwohner von Jahr zu Jahr stetig gefallen und bettagen jetzt nur noch 14.1 pro 1000, d. h. im Verhältniß 17.6 Prozent weniger als 1878. Da eS kaum einen zuverlässigeren Grad- messer für den allgemeinen Wohlstand eines Volkes gibt, als die auf- oder absteigende Bewegung der Eheschließungsziffern, so geht auS den vepschiedenen Zahlen mft unwiderleglicher Beweiskraft hervor, daß sich die Lage des Volkes in England sett 1873 fortgesetzt verschlechtert hat. Englands ProdukttonSverhältniff« haben sich zwar fett der Geschäft«- krifis Mitte der siebziger Jahre vorübergehend wieder erholt, sein Absatz eine Steigerung erfahren, aber eine Vermehrung der Produktion hetßr noch keineswegs eine Verbesserung der Lage des Volkes. Bei den mo- dernen Konkurrenzverhältnissen vollzieht sie sich vielmehr oft, und so auch in diesem Falle, aus Kosten des Volkswohlstandes. Wie das ge- schieht, weiß der Proletarier nur zu gut aus der Erfahrung. Die An- forderungen an den einzelnen Arbeiter werden immer höher geschraubt und immer neue Produktivkräfte theils Menschen, theils die Kräfte der Natur in den Dienst der Industrie gespannt, während die Ent­lohnung des einzelnen Arbeiters stationär bleibt oder, was in der Regel der Fall, zurückgeht, denn trotz gesteigerter Produktion läßt das An- gebot von Arbeitskräften nicht nach. Wenn die Eheschließungen um 17,8 Prozent zurückgegangen sind, so sind eine entsprechende Anzahl Frauen dem Berufe als Führerin, je nachdem auch Sklavin des Einzelhaushalts entfremdet und darauf angewiesen worden, ihre Arbeitskrast der Industrie zuzuführen. DaS Angebot weiblicher Arbeitskraft hat zugenommen, nimmt noch fortwährend zu und bewirkt eine fortdauernde Herabdrückung der Löhne der männlichen Arbettskrast d. h. eine Erschwerung der Eheschließung für eine Kategorie von Arbeitern. So findet hier eine beständige Wechselwirkung statt zum Schlechteren. Und eine Wirthschaslbordnung, die solche Erscheinungen zettigt, soll den Arbeiternhettig" sein. Für wie dumm müssen diejenigen fie halten, die ihnen da« zumuthen! Die kapitalistische Produktionsweise drängt mit der Un- widerstehlichkeit eines Naturgesetzes in steigender Progression darauf hin, die Arbeit der gelernten Berufe sowie die Männerarbeit überhaupt durch Maschinen verrichten zu lassen, zu deren Bedienung Frauen und Kinder verwendet werden können, und natürlich bloS deshalb verwendet werden, weil ste wohlfeiler sind. Diese Tendenz tritt heute aber auch schon vielfach da auf, wo es sich gar nicht um Ersetzung der Männer- durch Maschinen-Arbeit, sondern einfach darum handelt, die Profitrate der Unternehmer durch Herabdrückung der Löhne zu steigern. Profit, hoher Profit da» ist ja der alleinige Zweck unserer ganzen heuttgen Produktion, ihm gegenüber fallen alle Bedenken und Rücksichten auf Humanität, Kulturfortschritt, Volkswohl und wie alle diese schönen Schlagwörter heißen mögen, hinweg. Eine Illustration hiezu liefert folgende Nachricht, welche durch die amerikanischen Arbetter- blätter geht:Kinder al» Weichensteller und Bremser. Die Kontraktoren, welche zur Zett für die Lehigh Valley Bahngesellschaft im Staate New Jersey mehrere neue Zweiglinien bauen, leisten jetzt in der brutalen Ausbeutung ihrer Lohnsklaven etwas wohl noch selten Dage- wesenes. Die Bande beschäftigt nämlich zur Bedienung von Weichen und Bremsen der ArbeitSzüge. welche die Erdmaffen befördern. Kinder! Ein 9jähriger Knabe von Cranford, Namens R. Ahnert, welcher dort für einen Tagelohn von 6 0 Cents eine Weiche zu stellen hatte, ist am Samstag bei seiner Arbett verunglückt und werden ihm seine Verletzungen wohl das Leben kosten. Der Knabe wurde von einem vorbeieilenden Zuge erfaßt und gegen einen Pfosten geschleudert, wobei er beide Beine brach und andere bedeutliche innerliche Verletzungen erlitt. An dem Aufkommen de» Kleinen wird gezweifelt. Die Erbitterung gegen die gewissenlosen Konttaltoren ist eine allgemeine." Und mag die Erbitterung in einem einzelnen Falle noch so groß und noch so berechtigt sein die Fälle werden eine bleibende Erscheinung sein, solange die heuttge Gesellschaft existirt. Und stürzen wird diese Ge- sellschaft, sobald die Arbeiterklaffe in weiteren Kreisen die Kulturfeindli<h- keit des Kapitalismus erkannt hat. und aus dem Sturze wird phönix gleich die sozialistische, die gesellschaftliche Produkttonsweise erstehen, welche die Befriedigung der Bedürfnisse zum einzigen Zweck hat, während heute die Bedürfnisse Rebensache und der Profit Haupt fache ist. Unerhört. In einer der letzten Nummem derFrankfurter Zeitung " lesen wir unterVermischtes": Günzenhausen, 6. Aug. Die Unvorsichtigkeit, Kinder bei Maschinenbetrieb zu verwenden, hat jüngst in Döckingen wieder ein Opfer gefordert, indem das 8'/, jährige Knäblernff) deS Zimmermann Wittmann, das in einem Göpelwerk die Ochsen an ttieb, der Mauer zu nahe kam und so an dieselbe gedrückt wurde, daß es kurz darauf verschied." DieUnvorsichtigkeit"! Und sonst wäre es ganz in der Ordnung, ein 8'/, jähriges Kind in den Dinst der Industrie zu spannen! Wie tief muß der Vater gesunken oder wie jämmerlich entlohnt muß er sein, der sein Kmd zu solchem Frohndienst hergiebt, wie roh und habgierig muß der Unternehmer, der, weil es weniger kostet,«in Kind in solchen Dienst spannt. Wenn das nicht fahrläsfiger Mord ist, dann gibt es überhaupt keinen. Aber kein Staatsanwalt wird sich finden, der dagegen einschreitet. Niedrige«rbeitSlöhue und theure Arbeit. Der Staat«- senator Davis für Reading(Pennsylvanien ) hat, um dem von den amerikanischen Schutzzöllnern ausgehenden Geschrei von dere u r o p ä i- schen Pauperarbeit" zu begegnen, durch die Philadelphia Times", dem Hauptschreier darüber, Herrn Powderley, einen offenen Brief zukommen lassen, den der sonst so schreibselige Großmeister der Arbeitsrichter noch nicht beantwortet hat. Davis benützt, lesen wir imPhiladelphia Tageblatt", im Wesentlichen die Argumente des Konsuls Schönhof, der bekanntlich nachgewiesen hat, daß der amerikanische Arbeiter in manchen Geschästgzweigen im Ber - hältniß zuseiner Leistung weniger bezahlt erhält, al« der europäische. Davis sagt: «Jeden Tag sagt man unS, die Arbett werde hier doppelt oder drei- mal so gut bezahlt, wie in allen anderen Ländern. Diese Lüge scheint von den Arbeiterorganisationen und ihren Führern zugegeben zu werden. Können Sie sich also wundern, wenn das Publikum gegen die Versuche, Löhne zu verbessern, welche schon so viel höher sind, al« überall sonst, gleichgültig ist. Amerikanische Arbeit ist aber die wohl- feil st e der Welt, denn fie ist die beste und erzeugt am meisten. Der Vergleich zwischen den Tag- oder Wochenlöhnen der verschiedenen Länder ist eine absichlliche Täuschung. Wenn Sie und ich in einer Weberei arbeiten, ich mache fünf Ellen Tuch und erhalte dafür einen Dollar, Sie machen zehn Ellen Zeug und erhalten dafür einen Dollar und achtzig Cents, so ist mein Lohn höher als der Ihrige. E» ist Thatsache, daß gelernte Arbetter in vielen Fabrikationszweigen, vielleicht in allen, in Amerika für eine gegebene Menge Arbeitöerzeugniß weniger erhalten, al« ähnliche Arbeiter in England oder selbst dem europäischen Festland, z. B. für das Graben einer Tonne Kohlen oder das Weben einer Elle Tuch. Die Nachfrage nach Arbeitern muß ver- mehrt werden. Wenn ich jährlich für Doll. 100,000 Waaren mache und oerkaust« ste mit 20 Prozent Profit, so beträgt mein Gewinn Doll. 20,000. Wenn ich aber für Doll. 800,000 Waaren mache und sie nur zu 10 Prozent Profit verkaufe, so ist mein Gewinn Doll. 30,000 und ich beschästige zugleich mehr als die doppelte Zahl von Leuten. Jedermann hat davon Vortheil und Niemand Schaden. Versuchen Sie also, es aller Welt klar zu machen, daß die amerikanische Arbett die wohlfettste der Welt ist. Dann wird es nicht lange dauern, bis sie auch den ihr zukommenden Antheil an dem gemeinsamen Srzeugniß von Ar­beit und Kapital erhättt." Dazu bemerkt da«Philadelphia Tageblatt": Der Schlußsatz beweist, daß Mr. Davis nicht taktfest in Oekonomie ist, sonst würde er wissen, daß das Kapital nichtser»! Sonst hat er aber Recht, wenigsten» insofern, als vergleichende St vorhanden ist. Diese aber beschränkt sich nur auf ein paar Industrien und stammt aus einer nicht ganz zweifellosen Quelle. Deshalb wäre«S sehr wünschenswerth, wenn das nationale Arbetterdepartement sich bald an die Aufgabe einer durchgängigen Vergleichung des Antheil» machte, den der hiesige und der europäische Arbeiter von seinem Produkt erhält." Sttmmt, d. h. Herr Davis hat insofern Nechr, daß die dem Geldwerth nach so niedrigen Löhne der europäischen und namentlich der Arbeiter des Festlandes von Europa noch keinen Schluß zulassen auf die Billig« keit der europäische nArbeit überhaupt. Erfahrungsgemäß ist der schlecht- bezahlte Arbeiter weniger sleistungsfähig alt der gutbezahlte, während niedrige Arbettilöhne dem Schlendrian in der ProduktionSlettung Bor, schub leisten, der Entwicklung der Maschinentechnik entgegenwirken, die durch die Theuerkett der menschlichen Arbeitskräfte einen so gewattigen Antrieb erhält. Hier liegt das Geheimniß, warum die amerikanischen Arbeiter bei wesentlich höheren Löhnen doch den Unternehmer nicht der