ihöher« Kulturstufe und mit ihr eine bessere, vernünftigere SesellschafS«ordnung kaum möglich, jedenfalls aber gar nicht nölhig oder Wünschens«werth ist. Nur Wenige sind eS, denen die nachweisbare Nothwendigkeiteiner höher gearteten Zivilisation al» die gegenwärtige, genügend ein«leuchtet und die Sewihheit einer glücklicheren Zukunft des Menschen«geschsechis klar vor den«ugen schwebt.Bon diesen Letzteren verfallen aber Manche in den Jrrthum, daS bisjetzt Erreichte zu unterschätzen, und reden in ihrem Pessimismus voneiner„zersitzenden FZulniß", welche unsere Zivilisation ergriffen habe,und von einer„chinesischen Stagnation", in welche der Kulturfortschrittgerathen wäre..... Dergleichen Redensarten streifen kaum die Ober-fläche der Eischeinungen, während die nüchterne, kritisch« Forschung zumüberraschenden Resultate führt, daß wir j u st b« i m A n f a n g unsbefinden, daß unsere Zivilisation jugendfrisch ist und all' unser« bis-herigen Errungenschaften nur unansehnliche Noihbehelf« find, im Ber«gleich mit den Fortschritten, welche vielleicht schon in der nächsten Zu«kunft als reif« Frucht vom Baum« der Erkenntniß zu pflücken sein«erden.Von diesem wissenschastlichen Standpunkte ausgehend, wollen wir imFolgenden den Charakter deS sich beständig vollziehenden Kulturfort-schrittS in Bezug auf seine Elemente, st wie in seiner Einwirkung aufdie wirihschaftliche Gestaltung der Gesellschaft eiwaS näher betrachten.— Zunächst also von den E l e m e n t e n deS allgemeinen Kulturfort-fchriltS. Derselbe wird vornehmlich durch die fortwährend im Wachsenbegriffen« und, soweit wir Menschen eS abzusehen vermögen, ganz un«begrenzte Gewalt charaktertsirt, welche unserem Erkenntnihvermögen überdie un« umgebende äußere Ratur verliehen ist. Thatsächlich find biSjetzt auch nicht die geringsten Anzeichen vorhanden,welch« vermuthen ließen, daß unsere Kenninisse von den Eigenschaftender Rateri« und von den Gesetzen der physischen Welt den Grenzeneiner erschöpfenden Vollständigkeit sich nähern; im Gegentheil erweiternsich dieselben täglich uns stündlich und werden immer vielseitiger undmannigfacher.Fassen wir das Gesammtwiffen der Gegenwart von einem einheitlichenGesichtspunkt auf und blicken wir von dieser erhöhten Stellung in dieweit« Ferne, so ist eS nicht etwa„die ewige Dunkelheit", welche dahinterausgebreitet liegt, sondern ein unübersehbar großes Feld von noch Un-bekanntem und Unerforschtem eröffnet sich uns, dessen Weite und Umfangzur Genüge die Meinung rechtfertigen, daß wir noch nicht einmal dengeräumigen Vorraum deS Tempels der Ratur in allen seinen verborge«nen Winkeln und Ecken genau kennen gelernt haben. Ein anderes, nichtminder charakteristisches Merkmal des allgemeinen Fortschritts ist diesteigend« Schnelligkeit und Schlagfertigkeit, mit welcher die Resultat«der theoretischen Erkenntniß von der Intelligenz der Tech«» i» aufgegriffen und dt« physischen Naturgesetze in mecha-« i sch e Kräfte umgewandelt werden. In dieser Beziehung ist unserZeitalter besonder» ausgezeichnet, welcher Umstand mächtig auf die Ge-staltung der Produktionsverhältnisse zurückwirkt. GS genügt, diesbezüglichnur auf die Erscheinungen der Elektrizität und deS Magnetismus hinzu-weisen, welche nicht mehr bloS bildlich, sondern in des Wortes buch-stäblichstem Sinne alle Wunder der antiken Magier und der Mittelalter-llchrn Zauberer weit in den Schatten gestellt haben.Und es ist dabei charakteristisch, daß die thatsächliche Ausbeutung derdurch die theoretische Naturforschung sozusagen an das Licht gebrachtenRaturkräfte mit den Resultaten dieser Forschung gleichen Schritt hält.Di« subtilsten Versuche und die verwickeltsien Prozesse, wie die groß-artigsten Unternehmungen aller Art sie nöthig machen, finden zu ihrerDurchführung stets eine genügende Anzahl geschickter Arbeiter, welchezur Handhabung all' der unglaublichen Feinheiten der Arbeit sich voll-ständig qualtfiziren. Gerade die Existenz dieser glücklichen Kombinationreinen Wissen« und angewandten Könnens gibt uns die Garantie, daßin Zukunft, noch viel mehr als heute, eine lange Reihe neuer Erfindun-aen erwartet werden kann; Erfindungen, die alle nothwendiger Weiseoieselbe kulturelle Tendenz wie dt« bisherigen haben werden, nämlich die:die menschliche Muskelkraft zu schonen und die menschlich« Arbeit immerleichter und ausgiebiger zu machen.Dieses Resultat so zu verwerthen, daß es nicht bloS verhältnißmäßigwenigen Ausbeutern zu Gute kommt, fondern>n den breiten Mafiende« arbeitenden Volkes in Erscheinung tritt und von diesen die erdrücken-den Lasten unaufhörlichen, mühseligen Schaffens bei kärglichster Ent-lohnung nimmt,— ist da» Ziel, welches die Sozialisten anstreben. Istda» erreicht, dann erst kann man im eigentlichsten Sinne de« Worte»von einem Kulturfortschritt sprechen, weil dessen Wirkungen sich dannauf Alle erstrecken, die„Renschenantlitz tragen".Sozialpolitische Rundschau.Zürich, ö. September 1888.— Die„Strecken-Rede" de« deutschen Kaiser» hat in der ganzen»ivilifirten Welt berechtigte» Aufsehen erregt, und selbst in dem Theilder Presse, welcher sonst aus dem«inen oder anderen Grunde daS offi«zielle Deutschland zu lobpreisen pflegt, fast durchweg eine ungünstige Be-urtheilung gefunden. Wa» schw ei» er ifche Republikaner von derRed« halten, da» zeigt ein Artikel de» in Winterthur erscheinenden„L a n b b o t e n". Der Artikel ist, gleich dem unsrigen in der letztenKummer, betitelt„Auf der Strecke" und lautet wie folgt:Feuilleton.Aus dem Kagebuche eines Philisters.Di« nachfolgend« gelungen« Persifflag« entnehmen wir dem Pariser„Sri du Peuple". An die Adresse der„Röpublique sranyaise" gerichtet,paßt st« nicht minder auf die mordspatriotische und reptilisirte Pressede« deutschen Reiches, die das Organ der opportunistischen Finanzritterin übertriebenen Berichten und erdichteten Sensationsnachrichten überden Erdarbeiterstreik noch weit hinter sich gelassen hat. So schuftig diesesTreiben, so erfüllt es leider, wie der Verlust de« Streck« gezeigt hat,nur zu oft noch seinen Zweck, und kann daher von allen, die zur Sacheder Arbeiter stehen, nicht scharf genug gegeißelt«erden. Hier geschiehtdi«S mit der Waffe der Satire. Der Verfasser, der sich?ipo ea buiszeichnet, führt uns«inen Philister in der Provinz vor, auf den dieHeulereien der„Röpublique franxaife" ihre Wirkung nicht verflhtthaben. Beide, der Philister und sein Evangelium natürlich in entsprechendkräftigeren Farben.Hören wir also:Tagebuch über den Streik.Herr HieronimuS Weidegern verzeichnet, getreu seinen übrigen Lebeni-gewohnheiten, alle Borkommnisse, die auf ihn im Laufe deS Tages ein-wirken, des Abends in ein besonderes Buch, das dereinst veröffentlichtwerden soll, wenn er nicht mehr ist. Gr hatte die Güte, die dem Erd-arbeiterstreik gewidmetm Sellen uns zur Verfügung zu stellen und wirzweifeln nicht, daß sie da» volle Interesse unserer Leser in Anspruchnehmen werden.»«. Juli.... Heut« morgen habe ich in der„Röpublique fran«gaise", deren Abonnent ich bin, gelesen, daß die Erdarbeiter von Parisund Umgegend«inen allgemeinen Streik proklamirt haben und ent-schloffen find, Religion, Eigenthum und Familie mit Stumpf und Stilauszurotten. Ich habe die Nummer zerrissen, damll Malwine, meinezärtliche Gattin, nicht durch da» Lesen derselben erschüttert werde. Welch«schädliche Ausregung könnte sich ihrer bemächtigen, wenn selbst ich meineRuhe wanken fühl« bei dem Gedanken, daß die Streikenden sich jedenAugenblick auf Eharenton, wo ich meine alten Tage in Ruhe zu be-schließen gedachte, stürzen und dort Mord und Brand verüben können.S. August.... Nun ist'S aus. Wie der Redakteur der„Röpubliquefranyaise" haarscharf beweist, beginnen die Junitage auf's Neue. Täglichröthen blutige Metzeleien das Pflaster der Hauptstadt. Im Augenblick»„Die Politik wiegt Objekt und Opfer gegeneinander ab und weiß zuverzichten, wenn diese» jenem gegenüber allzugroß erscheint. Dabei istfreilich ein Unterschied beim Erwerbe« und Verlieren. Nicht zu kaufen,waS zu viel kostet, verlangt, auch wenn der Appettt gereizt ist, keineallzu große Ueberwindung; wenn aber einem Staat zugemuthet wird,herzugeben, wai er unter Anspannung aller seiner Kräfte errungen, somuß er nicht nur das in Rechnung bringen, wa» die fernere Behauptungdiese» Objekte» ihn direkt an Blut und Geld kosten könnte, sondern auchden Abbruch an Macht, Ansehen und Selbstvertrauen, den da» Preisgebenmit sich zöge. ES läßt sich daher begreifen, wenn deutscherseits auf dieZumuthung, Elsaß und Lothringen um des lieben Friedens willen wiederan Frankreich zurückzugeben,»n bestimmten und starken Ausdrücken ge-antwortet wird. In Parenthese ist gleichwohl zu sagen, daß die Er«oberung dieser Provinzen nur ein begleitendes Moment de» Krieges von1870/71 und keineswegs Zweck desselben war, und daß vlelleicht dochdie Verhältnisse sich sügen könnten, um über allen stürmischen WallungendeS MachtgesühlS vernünitigermaßen jene Abwägung zwischen Objekt undOpfer durchgreisen zu lassen.„Wo aber alle und jede Rücksichtnahme auf daS Verhältniß zwischendem Gegenstand und dem PreiS in den Wind geworfen wird, dahandelt nicht mehr der Politiker, sondern— sei sein Machtgebiet kleinoder groß— der leidenschaftlich erregte Gewaltherrscher, da tritt daS:„sie toIo, sie jubeo, etat pro ratione yoluntas**) ein, das Merkzeichen de« Despoten.„Gottlob ist aber daS Reden nicht schon daS Thun; die Zunge schnelltoft wett höher, als die Hand ausführen könnte oder wollte. So darfman denn von der pyramidalen Enormität der Ansprache de« deutschenKaisers an den Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt an der Oderein guteS Stück auf Rechnung jenes kleinen Gliedes setzen, von dem derBrief Jakobi sagt, daß es oft groß« Ding« verrichtet. Immerhin läßtdies« Ansprache einen Blick thun in die Geschmacks- und GemMhsrichtungdeS jungen Herrschers, welchem nach dem in neuerer Zeit jenseits deSRheins so vielgepriesenen monarchischen Prinzip dai Wohl und Wehe von4? Rillionen Deutschen(nach der Volkszählung vom 1. Dezember 188»46,85»,704), und indirekt das eines WelttheilS in die Hand gegeben ist.Und dieser Einblick mahnt zur Vorsorge und zum Aufsehen. Stach deroffiziösen„Nordd. Allgem. Zeitung" lautete die Spitze jener Ansprachewörtlich und buchstäblich folgendermaßen:„„Ich glaube, daß Wir sowohl im 8. Armeekorps, wie in der ge-sammten Armee wissen, darüber ist nur eine Stimme, daß Wir lieberunsere gesammten 13 Armeekorps und 42 Millionen Einwohner auf derStrecke liegen lassen, als daß Wir«inen einzigen Stein von dem, waswir errungen haben, abtreten. In diesem Sinne erhebe Ich Mein Glasund trinke auf das Wohl Meiner braven Brandenburger, der StadtFrankfurt und des S. Armeekorps."�)„Wenn auf fürstlichen Treibjagden das massenhaft zusammengeknallteWild einS hart neben daS andere mit ausgestreckten Gliedern gelegtworden ist, so heißt man das in der Jägersprache die Strecke, und esgehört zum Hochgenuß der Herrschaften, im Triumph zwischen den Reihendurchzuschreiten. Eine ganz« Volksarmee und dazu eine ganze Nationbis zu den ungezähnten Kindern in diesem Jäzerbilde zusammen zufassen und einem Stein in einer unlängst eroberten Provinz entgegen-zustellen, dazu gehört schon ein« mehr als feurige Phantasie. BeimH.iperbelmachen werden leicht die Maschen zu weit; es verschlägt dahernichts zur Sache, daß in der imperatorischen Ansprach« einige MillionenDeutschs durch'S Sieb gesallen sind. Nachdem Prinz Heinrich vom HauseLancaster am Sarg« seine» BaterS Heinrich IV. gestanden, überließ erfortan da» Maßlose und Aufgedunsene seinem selber aufgedunsenenfrüheren Kumpan. In jenem Iägerbilde ist aber nicht nur daS Maßverletzt: eS liegt etwas dämonisch Furchtbares darin. Ein anderer Im-perator hat auch einmal eine solche Kollektivvorstellung gehabt, indem erdem ganzen Volke RomS nur einen Kopf wünschte, damit er ihn könnteabschlagen lassen. Slun bewahren freilich den jungen deutschen Kaiserdie auch ihn beherrschenden Gesetz« der christlichen Humanität, seine per«sönliche Erziehung und die Traditionen seines Hauses ganz sicher vorjedem Hauch jener persönlichen Gemüthsverfassung, in welcher derandere Imperator daS erwähnte Wort sprach. Und wir wollen weiter-hin»»geben und hervorheben, daß die ungemeine Entschiedenheit, inwelcher der neue Herrscher Deutschland» daS fortwährende französischeJnfragestellen der Resultate deS Frankfurter Friedens zurückwies, fürdas Weiterbestehen dieses Friedens von guter Wirkung sein kann undinsoweit zu begrüßen ist. Aber Eines ist und bleibt doch bedenklich. Dieruhige und in sich gefestete Kraft pflegt nicht über daS Maß der Dingehinauszugehen. Uebergroß« Wort« deuten gern auf da« Gegentheil vonKraft. Und wo mit diesem stürmisches Wesen sich verbindet, beginntdas dunkle Gebiet d«S Unberechenbaren. Deutschland, da» sei« Geschickauf zwei Augen gestellt und dessen mit großem Schall sich rühmt, treibtfür die nächste Zeit in diesem Gebiet, und andere Völker sind in demVerschlungensein der Verhältnisse mit hineingezogen.„Daran ändern wohl dle kühnen Lustsprünge ttefunterthanlicher Er-geben heit nichts, welche sich links und rechts in der deutschen Press«finden. Die liberale„Boss. Zeitung" ist ganz begeistert und glaubt, daß♦)„So will, so befehle ich, statt der Vernunftgründe gllt mein Wille.**) Mit der„Nordd. Allgem. Zeitung" brachte auch der„Reich»«anzeige»" und die offiziös«„Post" offiziell obigen Text. NachWahrnehmung de» Eindruck«, den die Wort« nothwendig machen mußten,wurde in letzter Stunde die Rittheilung zurückgezogen, so daß fle nurin einem Theil der Auflage dieser Blätter in ursprünglicher Gestalt er«schien, der nachher im„ReichSanzeiger" erschienene Text unterscheidetsich vom ersten nur dadurch, daß er da» Wort Strecke an Wahl«statt»ertauscht. In ihrer überquellenden Loyalität haben andereBlätter weitere, durch nichts beglaubigte Abmilderungen gebracht.da meine zitternde Hand diese Zeilen niederschreibt, brechen vielleichtdieselben Greuel über Eharenton herein. Eine Flucht ist unmöglich. Sichauf der Straße zeigen, heißt vielleicht dem Tod in den Weg laufen.Wai thun?5. August. Die„Röpublique franyaise" veröffentlicht die Liste derOpfer de» Streiks. E» ist schrecklich. Nach langem Schwanken habe ichMalwine klaren Wein über die Situation eingeschenkt. Mit einem, d«Sklasstschen AtterthumS würdigen Heroismus antwortete sie:HieronimuS, da wir nicht fliehen können, müssen wir UN« in unsermKeller verbergen und dort den Triumph der Ordnung abwarte«». Ichwerde Lebensmittel einkaufen un), zwischen unsern Flaschen und unfernFässern«verde» wir der Hossn>M auf besser« Tag« leben.„Theure Frau," habe ich geantwortet,„mach' schnell,«ber hüte Dich,Dich in Deinem gewöhnlichen Anzug auf der Straße zu zeigen. Di«Aufrührer würden sich sicher in Deinem Blute weiden, wenn Du ihnenso begegnest." Und aus meinen Rath hat st« ein Bouquet Klatschrosenin die Haare gesteckt und eine breite roth« Schärpe umgelegt. Nach Ver-lauf einer Stunde ist sie unbelästigt zurückgekehrt.7. August. Bevor wir uns in dem Keller einouartirt, Hab« ich demBriefträger, der mir die„Röpubllque ftanyaise" bringt, die beunruhigen-der klingt al» je, gesagt, daß er von jetzt ab meine Post durch eineBriesspalte abzugeben und entgegenzunehmen hat. Dann habe ich ihmzwanzig Franken gegeben, um überall zu erzählen, daß Frau Weidegernund ich nach Amerika gereist sind.12. Augttst.... Seit fünf Tagen wohnen Malwine und ich imKeller.Wir verbringen unsere Zeit dainit, Karten zu spielen und die„Rö-publique franqais«" immer wieder durchzulesen.WaS für Verbrechen weiß sie nicht täglich mitzuthetlenl Der Justiz»palast verbrannt, fünfzehn Polizeistattonen mittel« Dynamtt zerstört.Die gesamvtte Arbeiterschaft von Pari» hat stch den Erdarbeitern an-geschlossen. Der allgemein« Zusammenbruch fleht vor der Thür.Ueber den Vorwand, eine« der Ihren zum Friedhof zu geleiten, finddie Banditen durch die Straßen gezogen und haben die Gensdarmenund die Beamten der Behörde, die den Rustrag hatten, für unbehinder,ten Verkehr zu sorgen, niedergemetzett. Pari» ist in ihren Händen. E«scheint, sagt die„Röpublique ftanqaise", nach den letzten Nachrichten,vaß die Regierung sich nach Fontainebleau hat flüchten müssen, wo fieeine RettungSarmee organisirt."Die Zettungen der Rothen eröffnen Sammlungen zur Anschaffungvon Waffen.Nach Berathschlagung mit Malwine Hai« ich dem„Sri du Peuple"die Worte de» Kaisers überall im deutschen Bolle begeisterten Beifallfinden werde». Di« stockkonservativ«„Kreuzzeitung" findet, daß dt«Aeußerungen de» Kaisers überall im deutschen Vaterland« erhebeiid ge«wirkt und daß selbst Handel und Wandel fie mtt freudigem Vertraut«begrüßt haben.„Wir mögen denen, die so denken und empfinden» ihr Glück wohlgönnen, fürchten aber, st« und tausend Andere könnten, ehe fie sich'»versehen, in andere SttMmung gestoßen werden."Dies der Artikel. Was in demselben über die Servilität derdeutschen Presse, auch der oppositionellen, gesagt ist, ent-spricht leider vollständig der Wahrheit. Freilich, eine freie Kritik derRede würde unzweifelhast zu einer Anklage auf MajeMSbeleidigungführen, allein die Furcht vor solchen Prozessen und den unfehlbar zuerwartenden exorbitanten Strafen entschuldigt doch unter keiner Bedin-gung die Erklärung positiven Einverständnisses. Wenn dieWahrheit nicht gesagt werden durfte, dann war Schweigen Pflicht.Und das Schweigen wäre in diesem Falle sehr beredt und eindruckS«voll gewesen.— Zum glänzenden Sieg unserer Berliner Genosse» be-merkt der„Schweizer Sozialdemokrat":„Der Sieg der sozialdemokratischen Kandidatur ist also ein außer«ordentlich glanzvoller geworden, trotz Polizeichikauen und Arbetter-abhängigkeit. Wir qratuliren.Kaiser Wilhelm II. aber dürste sagen:„Ein allzu milder Herrscher bin ich noch„Gegen dies Volk— die Zungen sind noch frei,„Es ist noch nicht ganz, wie es soll, gebändigt—„Doch es soll anders werden, ich gelob' es;„Ich will ihn brechen, diesen starren Sinn,„Den kecken Sinn der Freiheit will ich beugen.„Ein neu Gesetz will ich in diesen Landen„Verkündigen.— Ich will"---(Schiller'? Zell, Akt 4, Szene 3.)— Die Bertheiluug der Stiminen in den einzelne« Stadt-theilen, aus denen der sechste Berliner ReichStagSwahikreiS besteht,gewährt, schreibt die Berliner„Vottsztg." einen recht interessant«»Ueberblick über die Verbreitung der Stöckerei indemselben.„Der Hauptsitz derselben(des Antisemitismus) ist im ehemals so frei«sinnigen Stavtthefle Moabit, in welchem von 283« abgegebenenStimmen 321 für den verschämten und 1045 Stimmen für den„reinen"Antisemitismus abgegeben sind. Es sind dies mehr als 30 pCt. allerStimmen und von diesen kommen mehr als 25 pCt. aus den echten,unverfälschten Antisemitismus. Diese Sttmmen find vorzugsweiseden dort so zahlreich wohnenden Beamten zuzuzählen.Dagegen hat der größte Ltadttheil, die Rosenthaler Vorstadt,mit 10,269 abgegebenen Stimmen, nur 596 halbechte und 869 unoer-fälschte Antisemiten auszuweisen, also rund 15 pCt. Auf dem Gesund-brunnen mit 3173 abgegebenen Stimmen sind sogar nur 432 fürdie beiden„Ordnungskandidaten" abgegeben, von denen der in de«Wolle gefärbte Antisemitismus nur 180 erhalten hat, so daß derProzentsatz für denselben nur etwa sechs Prozent bettägt.Für alle die dort ausgewendete Mühe— selbst der jüdische AntisemitWilhelm Nathan Schlesinger hat dort seinen Kriegsschrei ertönen lassen—ist dieS eigentlich gar zu bescheiden. In der Hamburger Bor«stadt haben sich die 727 sreistnnigen Wähler mit 7lS konservativ»antisemitischen in den Erfolg ihrer Agitation getheitt, in der Oranien-burger Vorstadt sind die 638 freisinnigen Stimmen von den 912Mischmaschstimmen überholt, auch die Prenzlauer Lorstadt hatnoch gegenüber 728 freisinnigen Stimmen 845 aufgebracht, von denen458 für den reinen Antisemiten votirt haben. Dagegen hat die Schön-hauser Borstadt dem freisinnigen Kandidaten mtt 1255 Stimmen,Herrn Holtz nur 444 und Herrn Dr. Förster 630 zukommen lassen undauch der Wedding hat mit 1041 für Knörcke dem waschechten Anti«semiten nur 345, seinem Bruder in Antisemitismus 496 Stimmen zu-kommen lassen. Bei 6959 abgegebenen Stimmen sind also nur rund12 pCt. für die Vaterland SrrNrr au» dein kruiUfiche» Aoiy abgefallen.Das Facit ist: je mehr Arbeiter, je weniger Antisemi«ten; je mehr Beamte, je mehr„OrdnungSmänner".DaS ist nicht gerade neu, aber immer werth, festgestellt zu werden.— Die Berliner Polizei hat«i sich nicht versagen können, ihrerWuth über den glänzenden Erfolg der Sozialdemokratie in brutal«ster Weise Ausdruck zu geben. Wir lesen darüber im„BerlinerVolkiblatt":„Einen kleinen BelazerungSzustand mußte die Defsow'scheBrauerei am Abend des 30.». M.. dem Abende der Wahlschlacht im6. Berliner ReichstagSwahikreise, über stch ergehen lassen. Dortselbstfand die Verkündigung deS Wahlresultats der sozialdemokrattschen Parteifür die Schönhauser und Rosenthaler Vorstadt statt. Wie zu erwartenwar, war die Betheiligung eine sehr rege, die Dessow'sche Brauerei hattegewiß den stärksten Besuch in diesem Sommer und die Polizei hatte indieser Voraussicht ihrerseits ihre Maßnahmen getroffen. Ein starke»Kommando von Schutzleuten zu Fuß und zu Pferde war zur Stelleund wurde von einem Lieutenant und einem Wachtmeister befehligt. Der«aal selbst war, obgleich nur sehr mäßig defetzt, po«lizeilichgesperrt und wurde jedem der Eintritt»erweigert. Di«große Menge füllt- deshalb den geräumigen Garten, all«Tische und Stühle waren besetzt und der Oekonom der Brauerei machteein gutes Geschäft. Hunderte von Personen, welche keinen Platz meh»finden konnten, promenirten vor dem Saalgebäude in dem Theile de«Gartens, aus dem Tische und Stühle entfernt worden sind, auf undnieder. Mit Kind und Kegel waren manche erschienen, um da« ResultatIi.«ngnst.serer unterirdischenmüssen noch vieruiHungerS sterben.15. AugustDie Bohnen, welche unsere Hauptnahrung in moZufluchtsstätte ausmachten, sind zu Ende. Und»i«Zwanzig Stunden im Keller bleibe». Wir werde»..._____, Malwine und ich haben fett gestern nichts ge«gessen. Die„Röpublique franzaise" meldet, daß die Guillotine in Pari»in Permanenz erklärt worden ist.IS.«ngnst..»» Mit thränenerstickter Stimm« Hab« ich zu Mal-win« gesagt:Frau Paturot, wissen Sie, was aus einem Boot Schiffbrüchigerschteht, wenn die Lebensmittel zu Ende gegangen?Du willst km? oder lang ziehen? antwortet« fie mtt einem entsetzlichenBlick.Nein Malwine, nein. Warten wir noch!Nachschrift. Ich werde sie diese Nacht tödten, während st« schläft.Sie ist fett. Tüchtig gesalzen kann sie für acht Tag« vorhalten.17. August.... Gegen«in Uhr Morgen» hörte ich Malwineschnarchen und griff nach meinem Küchenmesser...Der Ruth versagt« mir— morgen...18. August.... Mein« Gattin war eben daran, unsre Pantoffelnzum Frühstück einzukochen, al» der Briefträger die„Röpublique sraiüyaise" durch die Spalte wirft. Mit Zittern und Zagen öffne ich st«Ei» Schrei entringt sich mein» Brust. WaS Hab« ich gelesen? Dar!ich meinen Augen trauen?„Der Streik ist beendet!"Ich fliege Malwine an die Brust! Ich hatte ste schluchzend umarmt.Nachvem wir den zärttichen Gefühlen, die unsre Seelen erfüllen, vollenLauf gelassen, verlassen wir unser düstres Gesängniß.Draußen hat alles seinen alten Anstrich. Di« Armee von Fontaine-dleau ist bei Zetten eingetroffen, um Eharenton vor der Wuth de»Revolutionäre zu beschützen.Gott und die Regierung seien gepriesen.Morgen reisen wir nach Paris, um die Trümmer und die Ruinen zrbesichtigen, deren Aufzählung die Spatten der„Röpublique sranyaise'anfüllt.Wir hoffen, zeitig genug dort zu sein, um der Hinrichtung der Haupträdelsführer beizuwohnen....50 Centimes unter voller Angab« meiner Adresse geschickt und ei» Wortder Sympathie hinzugefügt. Diese Demonstratton rettet un» vielleicht beider Einnahme und Plünderung CharentonS.