dem oder an dem auch„Familienblätter" arbeiten, die das«ußenschild liberal' tragen. Wenn sich die„VollSzeitung" die letzen Nummern der liberalen Konkurrentin des„Daheim", der„Gartenlaube" 'anschaut, so wird sie im Verhältniß nicht viel weniger Jllustrattonm finden, die dem Rordspatriotilmu» gewidmet sind. Bon den ver- Widdensten Seiten wird daraufhin gearbeitet, den stumpffinnigen Kultus der Gewalt im Volke groß zu ziehen, ist eS zu verwundern, wenn die Saat nachgerade ihre Aiichte trägt? 'Wenn'S so fort geht, darf man sich noch auf ganz andre„Erfolge' gesaßt machen. — Wie sich et« amerikanisches Bourgeois-Blatt über die Frankfurter Rasselred- Wilhelms des Strebsamen äußert. Die„Wort d", ein von jeder demokratischen Anwandlung freie» New- Nmrker Ordnungsblatt, schrieb im Anschluß an die Rede: „Der junge deutsche Kaiser spricht sehr leichtlich davon, lieber Leib, Blut und Knochen von 46,000,000 Deutschen als ein Stück von dem Land zu opfern, das im Krieg gewonnen wurde. Niemand hat die Auf- gab« deffelben gefordert oder angedeutet, aber Despoten find immer be- ritt, das Leben ihrer Unterthanen für ihren Ruhm und ihre Macht zu opfern. Bismarck sollte wissen, daß ein rappelköpfiger junger Bursche, der mit dem Säbel m der Hand herumläuft, sehr leicht in einen Kampf verwickelt werden kann und sollte ihm einen Kappzaum anlegen." Der Appell ist an die falsche»drefle gerichtet. Er gehört an d a S deutsche Volk. — Wozu«rb-it-r sich heutzutage«och gebrauchen lasse« Das„Sächsische Wochenblatt" brachte jüngst folgende Korrespondenz: „Reicheubach.„Des Brod ich eß. des Lied ich sing." Die mit ihren Grundstücken sich begrenzenden Fabrikbesitzer Ringk und Gläsel Hierselbst kamen in Strett; die Folge war, daß der eine dem andern das Sin- und Ausfahren erschwerte. Ringk ließ daher durch seine Arbeiter ' einen Zaun errichten und verhinderte damtt Gläsel's Einfuhr, welche er et mindesten» 30 Jahren denützte. AlS Gegenstück kommandirte Letz- er am 23. August früh 3 Uhr 3 Arbeiter, um ebenfalls dem Gegner Mit einem Zaun den Weg zu versperren. Kaum geschehen, erhielt Ringk durch den Wächter Kenntniß, erschien mit einigen Leuten, welche mtt Texten da» Hinderniß entfernten und mit der besten Fabrikwaffe, der D a m p f s p r i tz e, auf die andere Partei mit warmen und kalten Güsten spritzten. Gläs-rs Arbeiter, gehorsam für ihren Herrn bis in den«od, «richen nicht vom Platze und standen fast zwei Stunden naßbii auf die Haut und, itternd vor Frost, sie gingen erst, als «ingk mit größeren Wassermasten durch Aufstecken eines entsprechenden Rohre, daS«leiben unmöglich machte. Die Grenzstreitigkeit kommt nun vor Gericht. Was aber die Arbeiter, die meistens Erkältungen und Rheumatismus dabei erhalten haben, so daß einige nicht arbeiten können, dabei gewinnen, ist sehr fraglich. Es war ein roher Akt der Fabrikanten. imSgeführt von der Dummheit der Arbeiter, die später so etwas bleiben lasten werden." Hoffen wir eS. Ran sieht aber aus Vorstehendem, wie viel Arbeit Wir noch vor uns haben. Reichenbach liegt nicht einmal abseits der Zentren der Emanzipationsbewegung des Proletariats, eS hat wieder- holt sozialistische Abgeordnete in den Reichstag entsendet. Und doch ist «s der Schauplatz einer solchen, die Arbeiterklaffe tief beschämenden Her- abwürdigung von Arbeitern zu Knechten in de» Wortes buchstäblicher Bedeutung. Aber freilich— das Sozialistengesetz. Man kann ohne Uebertreibung behaupten: v o r dem Sozialistengesetz wäre so etwas undenkbar gewesen: sowohl Fabrikanten, die sich in ihrem Ueber- »mth zu solchen„Feldzügen" erfrecht, al» Arbetter, die sich gleich denen des Herrn Gläsel auf Kommando hätten begießen lassen. Insofern sehen wir hier wieder ein Stück„erzieherischer Wirkung" des Schandgesetzes. Wen es erfreulich dünkt, der melde sich. — Bollkomme« eiuverstaude«. Bismarck »„Norddeutsche" er- geiferte sich neulich gewaltig darüber, daß„gewiffenlose Agitatoren" in lder Atters« und Jnvaliden-Berstcherung der Arbeiter, wie sie sich nach dem veröffentlichten Gesetzentwurf darstelle,„nichts Besseres als«ine verbefferte Armenpflege" erblicken. Vollkommen damit einverstanden. Wir vermögen beim besten Willen in dem Ding nicht Besseres zu erblicken als eine verschlechterte Armenpflege. Erstens leistet sie weniger al» die bisherige Armenpflege. ZwettenS nimmt sie denjenigen, welchen bisher die Armenpflege ob- lag, die Kosten derselben ab und wälzt sie in erster Linie auf die Schul- kern der Armen selbst. Drtttens ist als«equivalent für da» Vorstehende ihre Organisation ifo gestaltet, daß sie sich al» ein weitere» Organ zur Bevormundung, d. h. Knechtung der Arbeiterklasse darstellt. Wirklich gut ist an dem ganzen Entwurf nur— die Ueberschrift. — Wer lacht da? Die Leipziger Staatsanwaltschaft wird, wie die kenntliche„Leipziger Z-itg." meldet, demnächst ein« Strafverfolgung j, gegen den Vorsitzenden des dortigen deutfchfreisinnigen Ver- hein S, Dr. med. Krieger, emleiten, weil derselbe ordonnanzwidrig zel a ch t hat.„Dr. Krieger konnte sich nämlich," wird der„Franks. Zeitung" geschrieben,„in einer kürzlich stattgehabten Versammlung der ' sigen Sewerkvereine, in welcher über die«lters- und Jnvaliden-Ber- gung der Arbeiter referirt wurde, deS Lachens nicht erwehren, als em in die Debatte eingreifenden Sozialdemokraten vom überwachenden sjpolizeibeamten da» Wort entzogen wurde, al» er der Ansicht Ausdruck 'perlieh, daß er nicht daran glaube, eS hätten den Gesetzgeber bei Ab- ffaffung deS Entwurfs gute Absichten den Arbeitern gegenüber geleitet. Als sich der betreffende Leamte nach dem Lacher umdrehte, erklärte <br. Krieger laut:„I ch habe gelacht." Nach der Anficht der„Leipziger 'Zeitung" wäre jene Bemerkung des sozialistischen Redners eine auf- U.eizende und zuchtlose gewesen." Wer lacht da nicht? .— Die Rorschacher Zollbehörde wurde bekanntlich von der Mugiburger Abendzettung" beschuldigt, sie habe die drei in Lindau ver- hafteten Schweizer den deutschen Zollbeamten denunzirt. Eine vom «unvesrath eingeleitete Untersuchung wurde von der Zolldirektion Chur, fewie den Zollstätten Rorschach und RomanShorn telegraphisch einstimmig Hahin beantwortet, daß ihnen von einer solchen Ausfuhr nicht« bekannt «ar. sie daher nicht in der Lag« waren, darüber der deutschen Behörde Stittheilung zu machen. Damit wird für dm«undesrath die Frag« chledigt sein, und soweit die Zollbehörden al» solche in Betracht Wommen , darf sie wohl auch allgemein alS erledigt gelten. Sin andere» Bild gewährt es fteilich, wenn man folgende Rott, des „Basier ArbettersrmndeS" hiermtt in Beziehung bringt.„Man erinnert Ich," schreibt derselbe,„daß vor zirka zwei Jahre« zwei Schweizerinnen wegen Uhrenschmug»«i im Basler Zentralbahnhof von deutschen Zoll- ieamteu widerrechtlich verhaftet und Nachts nach Groß.Hüningen geführt wurden. Wie sich nun nachttägllch herausstellt, erfolgte diese Verhaftung auf die Denunziation ewes damaligen Portier» der Schweiz «- tischen Z-ntralbahn, eines jüngem Burfchm. Dieser Biedermann erhielt dafür von der deutschen Behörde«inen Judaslohn von 600 Mark. Wir erhalten dies« Mitth-ilung au» einer Quelle, die jeden Zweifel an der Richttgkett de» Gesagten unbedingt ausschließt." Plan sieht, die deutsch« Mark rollt in verschiedm« Hand«, und Putty» „Nicht-Gentlemen" paradiren in dm mannigfaltigsten Lebensstellungen, Und arbeiten in den verschiedensten„Spezialttäten". — Die neuesten Polizeithate« im«nftrage de» Berne - Vttttdesrathes: B e r h a f t u n g e n. B e r h ö r« und Hau» s« ch u n- gen bei Leuten, die angeblich beim„Schmuggel" unsere« m der Schwei , Nicht verbotenen Blattes und der in unserm Verlage erschienenen Schriften betheiligt find, hat un»»war weder überrascht, noch erschreckt. desto mehr aber den Zorn und die Entrüstung der ichw-izerischm«r- deitervreste hervorgerufen. Wie diese darüber denkt und spricht— und wtt ihr die gesammte klassenbewußte Arbeiterschaft- davon geben fol- Brake Aussprüche Kund«, die wir den betreffenden Blättern«nmehmm. Der..« a S l« r« r b e t t e r f r e u n d» faßt fem Urtheil gelegmtlich der in Basel vorgenommenen HauSsuchungm und Verhör« und der dabei angedrohten Ausweisungen in folgende mtschiedme Wort« zu- sammen: �. „Nach diesem Borfall muß Jeder«,n elender Lügner genannt werden, der noch bestreiten wollte, daß unsere Landesbehorde der deutschen Polizei die niedrigsten Handlangerdienste leistet." Der„Schweizerische Sozialdemokrat" referirt in einem Leitartikel:„Der Schweizerische Bundesrath als Bundesgenosse der deutschen Regierung gegen die deutschen Sozialistm" die, trotz aller offi- ziösen Ableugnung in jüngster Zeit eben doch vorgenommenen polizei- lichen Matzregelungen, verurtheilt diese polttische Polizeiwirthschaft und fährt dann fort: „Wir wiederholen: das Schweizervolk ist nicht verpflichtet, auch nicht moralisch, ein politisch-polizeiliches Verbot gewisser Schriften durch die deutsche Regierung auch auf seinem Gebiete zu achten und dieser Regie- rung zu helfen, die Verbreitung solcher Schriften in Deutschland zu unterdrücken. Der Schweizer , der das thut, ist, wenn auch unbezahlt, ein Polizist in fremden Diensten. Was aber das Schweizervolk nicht thun darf, nicht thun soll und auch nicht thun will, wie steht das seiner obersten Behörde an? Deutschland hat Polizei genug, um seine Grenzen gegen Schmuggel zu wahren, Mutter Helvetia braucht ihm hiefür nicht noch die ihrige zur Verfügung zu stellen. SS ist genug, daß unser freies Land überhaupt schon durch eine besondere„polittsche Polizei" geschändet wird. Hoffentlich bricht der Krug unserer Reaktionär« in nicht zu serner Zeit und heißt es dann im ganzen Lande herum einhellig: Fort mit dem Schergendienst für fremd« Potentaten! Fort mit der politischen Polizei!„Abe" mit dem BundeSrath und der Bundesversammlung, die uns dieses unschweizerische Wesen und Gezücht aufgehalSt haben!" Und der nichts weniger als polternde oder umstürzlerische, sondern im Gegentheil wegen seiner unabhängigen und ruhigen Sprache bekannte „Grütlianer" spricht ebenso entschieden sein Verdammungiurthett aus: „Diese Musterleistung der eidgenössischen politischen Polizei würde somit offenbar im Interesse und zu Gunsten der deutschen Polizei erfolgt sein. Denn bei uns sind keine sozialistischen oder„revolutionären" Schriften verboten und ebensowenig ist der Verttieb solcher Schriften nach auswärts, gleichviel, ob sie der betreffende auswärtige Staat auf den polizeilichen Index gesetzt hat oder nicht, verboten. Demnach muß es auch als eine nicht mehr abzuleugnend- Thatsache angesehen werden, daß die politische Polizei der schweizerischen Repu- blik dem reaktionären Polizeiregiment der deutschen Monarchie Handlangerdienste leistet, und zwar solche Dienste leistet bewußt und mit Absicht. Das ist, sage man zur Entschuldigung und zur Rechtfertigung, wa« man will, eine Schmach!" Wir denken, uns mtt diesem schweizerischen Urtheil begnügen zu sollen. — DaS infam« System, das heute in Deutschland herrscht, wurde jüngst vom„St. Galler Stadt-Anzeiger" in einem, auch von uns re- produzirten trefflichen Artikel gegeißelt. Aus seinem Leserkreis geht ihm heute zur Jllustrirung dieses Systems folgender Beitrag zu, der von dem demokratischen Organe sofort entsprechend kommentirt wird: „Vor einigen Wochen wurde von der Polizei in Cannstadt ein Oesterreicher ausgewiesen, der dort vier Jahre lang als geschickter und geachteter Arbeiter in der Staats-Eisenbahnwerkstätte beschäftigt war. Auf ein« Denunziation hin war bei ihm gehaussucht und trotzdem nichts gesunden, wurde er dennoch aus ganz Württemberg ausgewiesen. Nun war dieser wenigstens ein Sozialdemokrat, der sich aber öffentlich an der Arbeiterbewegung nicht betheiligte. Dieser Ausgewiesene hinter- ließ in Cannstadt eine Braut, deren Schwager, ein Schweizer , namens Mettler, aus Töß gebürtig, sechs Jahre lang als Gießer in einer dorttgen Maschinenfabrik beschäftigt war. Auf eine Denunziation hin erschien bei ihm die Polizei, nahm eine Hausdurchsuchung vor und trotzem sie nichts fand, als bei der Schwägerin einige Liebesbriefe von ihrem ausgewiesenen Bräutigam, erhielt er dennoch kurz darauf den Ausweisungsbefehl. Mettler ist kein Sozialdemokrat, hat sich an der Arbeiterbewegung in Deutschland nicht betheiligt und ttotzdem wird er wie ein räudiger Hund aus dem Lande gejagt, seine Existenz vernichtet und er sammt seiner Familie einer unsicheren Zukunft, der Arbeitslosigkett und dem Elende überantwortet. Und doch ist seine Frau eine Tochter des Landes, das ihn von sich weist. I st d a s nicht ein infames System? Gegen solche schmachvolle Zustände Kampf bis zu deren Vernichtung ist wohl die berechtigte Parole der deutschen Sozialdemokratie." — Sehr gut. Die Berliner „Kreuzzeitung " schrieb neulich:„ES ist kindisch, daß um einer halben Million Reicher willen Deutschlands 4S Millionen beständig soziale, politische, moralische, religiös« Schmerzen leiden sollen. Man hat die Kirchengüter, die Güter der„todten Hand" eingezogen, warum soll man den Erwerb des mobilen und immobilen Kapitals, diese Güter der allzulebendigen Hand, nicht beschränken?" Ganz vortefflich, nicht wahr? Man reibt sich unwillkürlich die Augen. Und das Organ des Herrn von und woßu Hammerstein, der frommen Geldwechsler und lustigen Krautjunker, hätte das geschrieben? Aller- dings. Freilich mit einigen kleinen Abänderungen; so z. B. schreibt es, ganz sicher nur mit Rücksicht auf die deutschen Preßverhältnisse, statt Reicher oder mobiles re. Kapital stets Juden, aber im Effekt kommt das ja auf das Gleiche hinaus. Also nur loS mit dem Expropriiren. Wir klatschen Bravo . — Die schmutzige Denkweise deS sächsische« Fabrikanten- thumS kann gar nicht beffer gekennzeichnet werden als durch die, in den vor Kurzem erschienenen Berichten der sächsischen Gewerbe-Jnspekto- ren hervorgehobene Thatsache, daß man sich in den Kreisen dieser Herren „befremdet" darüber ausspreche, daß Ausländer in deutschen Fachschulen und Werkstätten lernen und sich dort Kenntnisse und praktische Fertigkeiten aneignen, darin liege eine„Gefahr für die eigene Konkurrenzfähigkeit". Ganz abgesehen von der Lächerlichkeit de» Gedanken«, im Jnter- esse der„Konkurrenzsähigkeit" Ausländ« von deutschen Fachschulen auS« schließen zu wollen,— als ob es sonst in der ganzen Welt keine Fach- schulen gäbe— hat niemand mehr Grund, in dieser Frage„zu schwei- gen still und'S Maul zu halten sein" al» grade die Herren Fabrikanten im Sachsenlande. Ist es doch noch gar nicht lange her, daß diese natio- nalen Helden ihre technischen— wir wollen nicht sagen Kenntnisse, wohl aber Modelle rc. aus dem AuSlande holten, und ist e« doch bekannt, daß dies Holen meist in einer Weis« geschah, daß der Rerm darauf lautete: Gestohle« Fürchten sie, es könnte ihnen jetzt von andern Nationen Gleiche» mtt Gleichem vergotten werden? Junge„Lebemänner" pflegen bekanntlich die eifersüchtigsten Ehemänner zu werden. Und so kann man auch nach Analogie eines bekannten Svnchi"'"----- Eigenthumsfanatiker. hwortS sagen: Jung« Spitzbuben, alt« — Furchtbares Verbreche«. Eine große Enttüstung, schreibt die Berliner Volks, eitung" hat sich der„sächsischen Kartell- p a t r i o t e n" in der Landeshauptstadt Sachsens und in der Provinz bemächttgt, denn in der nationalen Stadt Leipzig sind am Vor- abend« des SedanfesteS in beiden Stadttheatern s r a n z L« fische Stücke in Szene gegangen.„Die Reise um die Erde" von Dennery und Berne wurde im neuen, da« Boulevard-Drama„Marie Anne" von Dennery und Mallain im alten Theater aufgeführt." Wir müssen den patriotischen Kummer der gutm Sachsen noch erhöhen. Marie Anne" ist nicht nur ein französische» Stück, es ist auch eine symbolische Verherrlichung der Revolution. ErbseindlicheS und Umsturzfeier in der Stadt des steinen Belagerung»- zustande». Und am Vorabend des SedanfesteS. Schauderhast, höchst schauderhaft. — Ei«e prächtig« Satire aus die GeheimbundS-Riecherei in Preußen. Deutscht and hat jüngst die Polizei in Rem- scheid aufgeführt. Deutschen Arbeiterblättern wird darüber geschrieben: „Am Sonntag den 19. August, Abends zwischen 9 und 10 Uhr, kam der Polizetinspestor Ernst in eine dortig« Wirthschaft und sagte kurz angebunden:„Sie haben hier eine Gehe'''-—• einmal die Thür« auf." Diesem Verl gegeben, mit einer Kerze in der Hand nete das genannte Zimmer, und steh« da! der Geheimbund war wirk- lich mtdeckt. Ja, im engsten Sinne deS Wortes ein— Familien« bund, lagen sie doch fo friedlich, die fünf unschuldigen Kinder, in ihren Bettchen und träumten vielleicht von Aschenbrödel u. f. w. und hatten gar keine Ahnung, daß über ihren Häuptern die bekannten Para« graphen schwebten." Wenn die Lächerlichkeit wirklich tödtet«, wie viel Minuten hätte da» herrschende System noch zu leben? Oder seit wie lange müßte es schon zu den Todten gehören? — Kein Dag ohne Polizeibrutalität. Au« Offenburg wird folgendes Willkürstückchen gemeldet: „Gestern(8. September) Nachmittag wurde in den Wohn- und Fabrik- räumen des Herrn C. Geck nach einer angeblich in letzter Zeit an- gekommenen, größeren Sendung verbotener Schriften gesucht. Da diese Sendung höchstens in der Phantasie mancher Leute existiren konnte. wurde sie vergeblich gesucht. Wir müssen bemerken, daß diese Haue- suchung, welche der stellvertretende Untersuchungsrichter, Herr Land- gerichtsrath Ray leitete, bei aller Gründlichkeit, mit welcher zu Werk gegangen wurde, doch nicht den Umsturz der bestehenden Hausordnung herbeiführte, wie jene im Dotter'schen Hause. Da die gestrige Hau»- suchung mit Beziehungen der Behaussuchten zu Herrn Dr. Walther de- gründet wurde, nimmt man an, daß einer tn jüngster Zeit für Herrn Dr. Walther an das Geck'sche Geschäft gelangten Sendung diese Auf- merksamkeit geschenkt wurde. Herr Dr. Walther wurde heute früh ver- haftet aus folgenden Gründen: 1) weil er die ihm zur Last gelegte That leugnet; 2) weil er für den in Haft befindlichen Joseph Klein beim Herrn Untersuchungsrichter Geld deponiren wollte, damit Klein sich selbst ver- köstigen kann; 3) weil er in freundschaftlicher Beziehung zu den Herren C. und Ad. Geck steht." Ueber die Haussuchung wollen wir kein Wort verlieren— aber die Motivirung der Dr. Walther'schen Verhaftung übersteigt doch selbst das Maß dessen, was man allgemach im Reiche gewohnt ist. Weil Je- mand eine ihm zur Last gelegte, nicht etwa nachgewiesene Handlung leugnet; weil er mit Personen, die im Gerüche der Sozialdemokratte stehen, befreundet ist und weil er gegenüber einem vielleicht unschuldig Verhafteten einen Akt der Humanität ausübte, deshalb wird er vo« Haus und Familie gerissen, und in den Kerker geworfen I Und notorssch« Hallunken laufen frank und frei unter der Protektion von Richtern und Polizei herum! Man könnte wirklich glauben, man sei„oben" mit Blindheit geschlagen, um nicht zu sehen, wie diese Saat von Willkür einen Sturm von Haß und Erbitterung heranreisen läßt, der sie all« wegfegen wird! — Preußische Reptile wehren sich mit Leibeskräften dagegen, daß der in Nizza verhaftete„Privallehrer" Kilian von Hohenburg ein Militärspion sei, und bezeichnenderweise finden ihre verunglückte» Versuche, den Ex-G«freiten, der chiffrirte Korrespondenzen unterhält und Patronenhülsen als Alpenblumen verschickt, als durchaus harmlose Per« sönlichkeit hinzustellen, sich auch von der bürgerlich-radikalen Presse abge« druckt. Der„Patriotismus" schlägt hier die gesunde Logik todt. Wer den Arttkel über O'Dann« gelesen hat, der erst vor einigen Wochen die Runde durch die deutsche Presse machte, dem wird der Wunsch der Frau- zosen, sich diesen Kilian genauer anzusehen, mindesten» sehr natürlich erscheinen. Man kann diese Spionenseherei bedauern, sich über sie lustig zu machen, haben die Angehörigen de» Lande», in dem der Reptttien» sonds blüht, keme Ursache. Geradezu abgeschmackt ist e» aber, wenn ei« repMistrte Korrespondenz den Satz aufstellt, der„ganze Lärm" über den Kilian scheine nur dazu dienen zu sollen, das Aufsehen über den Fall Garnier(da» Attentat auf den deutschen Botschaft«— thorweg) zu verwische». Für den kopflosen Streich eines Halbnarren«in ganze» Land ver- antwortlich machen, kann nur der„Norddeutschen" und ihrem Patron einfallen, die übrige Welt ist über daS Pseudo-Attentat längst zur Tagesordnung übergegangen. Gerade durch solche faule Finten be- stättgt man den Verdacht, den man widerlegen will. Hält es der Reptilienchor für gut, sich derselben zu bedienen, so sollte sich die uu- abhängige Presse hüten, es ihr nachzumachen. Em« ehrliche Politik heißt noch lange nicht eine landesfeindlich« Politik. — Armer Putty! Die auf so niedriger Kulturstuf« stehend« Schweizerpreffe läßt auch dem abgethanen Spitzelminister keine Ruhe. Macht da der„St. Galler Stadtanzeiger" zu einem Inserat tan „Züricher Tagblatt", worin ein» Frau von Puttkamer(eine Ver- wandte des ritterlichen Tugendhelden) aufgefordert wird, ihre versetzte Wäsche einzulösen, solgende boshafte Bemerkung:„Eine unsaubere Wäsche hat allerdings der„andere" Putttamer hinterlassen!"— Der fein geschniegelte und gebügelte Minister der theatralischen Pose— unsaubere Wäsche! Und der„vollendetste Gentleman vom Scheitel bi» zur Sohle", der„Rttter ohne Furcht und Tadel", wie ihn die„Kreuzzeitung " mtt Vorwegnahme des kaiserlichen„Edelsten meines Vottes" nennt, so ganz ordinär blos der„andere", der berüchtigte Puttkamer genannt!„Man" kann sich wirklich von dem Kulturzustand dieses Volkes nur schwer ein« Vorstellung machen! — Immer mehr wird die Handarbeit verdrängt durch die Maschinentechnik und der Menschenhände werden immer mehr über- flüssig. So ist e», lesen wir im„Basler Arbeiterfreund", neueste»» wieder eine Zettelmaschine, welche in hiesigen Fabriken eingeführt wirb oder theilweise schon ist. Diese Maschinen leisten zirka daS 8— lOfach«, was vorher Handarbeit leistete. Während bisher eine Zettlerm an ihrer von Hand in Bewegung gesetzten Zetteldrille zirka SO Spuhlen besorg« konnte, kann jetzt die gleiche Person eine mit Dampfkrast betriebe« Maschine mit zirka 400 Spuhlen bedienen. Manch« arme Zettlerin sieht daher dem geschäftlichen Treiben der Maschinenmonteure bei herannahendem Winter mit beklommenem Herze» entgegen und frägt sich:„Was soll au» uns noch werden?" Ihr Herren GesellschaftSretter, glaubt Jhr'S immer noch nicht, daß«i einst zur Verstaatlichung der Waschinen kommen muß und wird? — Most'S„Freiheit" hat an der„Chicago « Arbeiter-Zeitung " das auszusetzen, daß sie aus einem Revoluttoni-«in Evoluttons-Blatt geworden ist, d. h. daß sie jetzt der geschichtlichen Entwicklung statt dem Bürgerkriege daS Wort redet. Most sagt:„Aber freilich, in einer Stadt, wo man dem gleichen Publikum, daS vor zwei Jahren die feurigsten Revolutionsartikel mit Begierde verschlang, heute den flachsten Evolu- tton«-Kohl vorsetzen und jene hohe heilige Sache verhöhnen kann, derent- halben die mündlichen und schriftlichen Verkünder derselben am Galgen endeten oder auf Lebenszeit in den Kerker geworfen wurden, an eine« solchen Ort kann man auch voraussetzen, daß die Leser in etlichen Woche« vergessen, waS man ihnen eingetrichtert hat." Mit diesen Worten schlägt Most, bemerkt da«„St. Loui« Tageblatt" nicht die„Chicagoer Arbeiter-Zeitung", sondern sich selbst. Wenn dieselbe« Leser, die früher an den Revolutions-Artikeln Gefallen fanden, jetzt mtt den EvolutionS -Aufsätzen�ufrieden sind, so beweist da« nur, daß die Leser der„Ehicagoer Arbeiter-Zeitung"— die fast sämmtlich den vorgeschritten- sten Srbeiter-Organisationen angehören— den Anarchismus nich-t begriffen haben und keineAnarchisten mehr sein wolle». ES hat sich einfach unter der Majorität der dortigen Arbeiter«ine Wandlung vollzogen. So lange der Prozeh der Anarchisten währte, haben e» die Chicagoer Arbeiter mit den Opfern desselben gehalten und sie vertheidigt, um sie zu retten. Nach der Exekution vom II. November aber entschied sich die öffentliche Meinung unter den Arbeitern dahin, daß ein« zweite Auflage deS Anarchistenprozesses mög, lichst vermieden werden soll. Di« jetzige Haltung der„Chicag. Arb.-Ztg." ist nur der getreue Ausdruck dieser Gesinnung der übergroße» Majorität der Chicagoer Arbetter. Darin zeigt sich der himmelweite Unterschied zwischen Sozialismn» und Anarchismus. Die Massenverfolgungen gegen die deutsche Sozial« demokratie haben die Sttmmenzahl derselben bei der letzten Wahl auf ein« Million erhöht; die Verfolgung gegen die Ehicagoer Anarchisten hat ihre Zahl d e, i m i r t. Das kommt daher, daß die Lehre de« Sozia- liSmus bei denen, die sie einmal begriffen haben, festsitzt, während die anarchistisch« Lehre jener Klarheit entbehrt, die ein« Idee auszeichne» muß, wenn sie von den Köpfen dauernden Befitz ergreifen soll. — Die von der Regierung d«S Herrn Floquet verfügte Amt»» entsetzung der zwei«rbeitervertreter im Pariser Gewerbe» Schiedsgericht sOonesil des prud'hommes), B o u l ö und M e y e r, wird in einer Korrespondenz dadurch motivirt, daß die Genannten durch lärmende» Auftreten die Verhandlungen gestört und dadurch die verathungen unmöglich gemacht hätten". Au» der Schilderung de» betreffenden Vorgänge« in dem an anderer Stelle veröffentlichten Pariser Briefe, die in dieser Beziehung durchaus mit der dem ministerielle»
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10 (15.9.1888) 38
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