Abonnements «erden beim»erlag und dessen beiannten Agenten entgegen- genommen, und zwar zum • otau«»atilbare» BierteljahrSpreib Boa; Kf. 4,40 ffit Deutschland sdirelt per Brief-Couvert> Swft. 2,7! sSr Oesterreich(direlt per»rief-Souder» ehill. 2,— fiir all« übrigen Lander de« Weltpostverein «(klreujband,. Inserate die dreigespaltene Petitzeile S Pence 2! Pfg. 30 St«.
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Briefe an die Redaktion und Erpedition des in Deutschland und Oesterreich verbotenen �Sozialdemokrat" wolle man unter Beobachtung äußerster Vorsicht abgehen lassen. In der Regel schicke man uns die Briese nicht direkt, sondßrn an die bekannten Deckadressen. In zweifelhaften Fällen eingeschrieben.
1. Oktober 1888.
Parteigenossen! Vergeht der Verfolgten und Gemaßregelten nicht!
An unsere Leser. Wie in Nr. 39 mitgetheilt, erscheint vom Anfang Okto- der d. I. an unser Blatt unter der veränderten Adresse i unseres Berlages: German Cooperative Publishing Comp. Nr. 114, Kentish Town Road Nr. 114 • 1 in London N. W. AInbegriffen ist unter dieser Firma das gesammte seitherige Verlags- und Kommissionsgeschäft der B o l k s b u ch h a n d- lung in Hottingen -Zürich , dessen Bertrieb für die Schweiz unser Genosse C. Conzett als Filiale der„Arbeiterstimme" in Zürich übernommen hat und unsere Schweizer-Abonnenten:c. promptest versorgen wird. Der Preis des Blattes bleibt sonach für die Schweiz , an obiger Stelle bezogen, wie bisher per Post-Kreuzband Fr. 2.— per Vierteljahr, baar vorauszahlbar. Ebenso erfolgen alle Schriftenlieserungen daselbst nur gegen Baarvorauszahlung. Alle autzerschweizerischen Bestellungen sind fernerhin nur an unsere Londoner Geschäfts-Adresse mid diejenigen Deckadressen zu richten, mit welchen wir, wenn uöthig, Misere Freunde versehen werden. Weitere Bertindernngen im seitherigen Haupt- Geschäftsverkehr finden nicht statt. Für direkten Bezug ist alles Nähere am Kopfe des Blattes ersichtlich. Außerhalb Deutschlands und Oesterreichs bediene man sich der Londoner Verlagsadresse. Diese, sowie alle Deckadressen bitten wir nur in Lateinschrift und stets deutlich zu schreiben, namentlich die Hausnummer genau anzugeben. Tauschblätter sende man von jetzt ab an die vorerwähnte Adresse. Für Redaktion und Expedition Bestimmtes ist stets auf gelrennte Blätter zu schreiben. Jederlei Privatzuschriften sind unbeding t dop- pelt zu kouvertiren, ob sie unter unserer Geschäfts- oder unter Deck-Adresse gehen. Neues Schriften-Berzeichniß ist in Vorbereitung. Der Bertrieb des„Sozialdemokrat" erleidet durch die Uebersiedlung hierher keinerlei Störung; wir rechnen auf energische Weiterverbreitung des Blattes und unserer Lite- ratur und werden das Vertrauen und die Hilfe unserer Ge- Nossen in jdder Hinsicht zu erwidern wissen. Der Feigheit und Verfolgüngswuth unserer Feinde stellen wir auch ferner den Muth und die Unbeugsamkeit entgegen, die wir aus dem Bewußtsein schöpfen, für eine weltbewegend gerechte und große Sache den Vorpostendienst einer opfer- Muthigcn, überzeugten und gewaltigen Kämpferschaar versehen zu dürfen. Unsere Freunde und Feinde sollen sich also in uns nicht täuschen. London , Ende September 1888. Hie Rrtnkti»«-»d«-peditii» de»..S,iialde-»krat".
Wider die Volks-Aushungerer. Hurrah, Brodzoll und— Deutschland . Die Geduld de« deutschen Volkes ist gegenwärtig einer harten Probe ausgesetzt, von der wir zu seiner Ehre hoffen und erwarten, daß es sie nicht bestehen wird. ES hat sich viel bieten lassen. Es hat em Polizcigesetz über sich ergehen lassen, wie es ein zivtlisirtes Volk, das sich selbst achtet, auch keine Stunde dulden sollte, es hat slch gefallen lassen, daß man. um ihm den Segen guter G-tr-,d-.Ernten vorzuenthalten, auf die Brodfrüchte einen Zoll legte, wie ihn in gleicher Höhe kein zweites Land kennt, und nun, wo statt guter Ernten daheim und in der Mehrzahl der andern Lander Mißernten vorliegen, nun soll es gar noch dulden, daß dieser Zoll nach wie vor forterhoben wird, daß die Armen und Enterbten zu Gunsten der Neichen und Bevorrechteten ausgehungert werden? Nein, das wird es nicht, daS darf es nicht, es wäre ein zu schmachvoller Berrath an sei- uem guten Recht, an seiner Pflicht als Hüter der eigenen Interessen.
Deutschland hat die höchsten Kornzölle der Welt. Sie wur- den verhängt, als es sich angeblich darum handelte, die noth- leidende Landwirthschaft vor dem Ruin zu bewahren, that- sächlich aber, um verspekulirten Grundbesitzern auf die Strümpfe zu helfen, den lüderlichen Landjunkern die Mittel zu ver- schaffen, ihr Lotterleben„standesgemäß" fortführen zu können. Der Agitation für diesen edlen Zweck entstammt das zynische Wort von dem„Fluch guter Ernten". Ständen die From- me» im Lande nicht auf Seiten der Junker, sie hätten jetzt die schönste Gelegenheit, in ihren Predigten die jetzige Miß- ernte als eine„Strafe des Himmels" für dasselbe aufmar- schirm zu lassen, aber wenn sie sie schon als Strafe gelten lassen, so im Gegentheil als Strafe für das sündige Volk. Wir können die Lesart diesmal gelten lassen, denn erstens sind es die Volksmassen und nicht die Junker, die unter der Miß- ernte zu leiden haben, und zweitens ist es wirklich eine Sünde und Schande, daß sich das deussche Volk die Iunkerwirchschaft gefallen läßt, die heute in Deutschland an der Tagesordnung ist. Möge es daher die anbrechende Theuerung als eine War- nuug betrachten und sich aufraffen, Buße zu thun, aber nicht in Sack und Asche,' sondern durch kräftiges Auflehnen gegen feine Aushungerer und deren Helfershelfer, durch eine Protest- bewegung, so energisch und einoringlich, daß diese sich gezwun- gen sehen, ihren frechen Hebitmuth zu zügeln und seinem Ver- langen nachzugeben. Schon werden aus allen Theilen Deutschlands beträchtliche Preiserhöhungen für das wichtigste Nahrungsmittel des Volkes, das Brod, gemeldet, und doch stehen wir erst im Anfang der Krisis, die der Ausfall der diesjährigen Getreide-Ernte zur Folge haben wird, unter der„moralischen", nicht der faktischen Wirkung derselben. Noch sind die Vorräthe der letzten Jahre nicht erschöpft, noch sind die Magazine mit Brod korn angefüllt, aber schon hat die bloße Kunde, daß dreizehn Staaten, darunter hervorragende Ackerbaustaaten, wie Oester- reich, eine Erntedefizit und nur sieben einen Ernteüberschuß haben, genügt, um die Korn- und Mehlpreise in die Höhe zu schnellen, daß der Weizen ans den deutschen Plätzen heut um zirka 25, der Roggen um zirka 40 Mark per Tonne höher notirt ist als im Vorjahr. Dem entsprechend ist fast überall das Brod um zwei Pfennige und mehr per Pfund gestiegen. Bei einem Verbrauch von drei Pfund Brod pro Tag, wie er durchschnittlich angenommen wird, bedeutet das für eine Arbeiterfamilie von fünf Köpfen eine jährliche Mehr- ausgäbe von über 21 Mark über den schon jetzt dem Junker- thum gezahlten Tribut hinaus. Aber das ist nur der Anfang. Schon bereiten sich die Korn- junker vor, den Segen der schlechten Ernte nach allen Regeln der Kunst auszubeuten. Eines ihrer Organe, die„Deutsche landwirthschaftliche Zeitung", fordert in einer Besprechung der diesjährigen Getreide-Ernten die„Landwirthe" auf, das Ihrige nicht zu billig loszuschlagen, sondern„hübsch zu Rathe zu hal- ten", damit sie nicht später gezwungen werden, theuer wieder einzukaufen. Mit aiideru Worten, sie sollen ihr Getreide hübsch aufspeichern, bis sich der wohlthätige Einfluß des Ernteausfalls, der fiir den Weizen allein von den Fachleuten auf 18 bis 20 Millionen Hektoliter geschätzt wird, nach allen Richtungen hin fühlbar gemacht haben wird. Ehedem nannte man das K o r n w u ch e r und brandmarkte es mit � der allgemeinen V e r- achtung, lynchte auch gelegentlich die gar zu unverschämten Mitglieder dieser Zunft, im verheuchelten Stöckerland dagegen hat man es fertig bekommen, das Wort Wucher auf die Mög- lichkeit billiger Zufuhren anzuwenden und die Bertheuerung des Arodes als„praktisches Christenthum" zu verherrlichen. In- deß mag man zehnmal die Roth Reichthum nennen, man hebt damit doch ihre Wirkungen nicht auf, und das Ausnutzen eines Nothstandes, um auf Kosten der Armen Reichthümer zusammen- zuscharren, ist und bleibt nichtswürdiger Wucher und wird als solcher von der Masse auch empfunden. Wäre die Regierung Deutschlands wirklich, was sie zu sein behauptet, die Hüterin der Interessen des kleinen Mannes, so hätte angesichts der' Preissteigerung des Getreides ihr erster Schritt der sein müssen, schleunigst die Aufhebung der Ge- treidezölle aus die Tagesordnung zu setzen. Die Ueberschwem- mung Deutschlands mit billigem ausländischem Getreide, gegen die sie angeblich gerichtet waren, ist eine Unmöglichkeit gewor- den, dagegen sst es dringend geboten, Deutschland bei Zeiten mit genügenden Borräthen zu versehen, um das Volk den Ernteausfall nicht zu hart empfinden zu lassen. Ist es nicht ein Skandal, daß während Deutschland diesmal gezwungen sein wird, blos an Weizen 12 bis 13 Millionen Hektoliter aus dem Ausland zu beziehen, um seinen Verbranch zu decken, die enormen Getreidezölle ruhig fortbestehen. Dank denen der Weizen an den deutschen Handelsplätzen gegen 40 Mark, Roggen gar gegen 60 M wrk per Tonne theurer ist, als auf den Stapelplätzen des Weltmarktes? Das beweist mehr als alles andere, daß nicht die Interessen der Armen, Nichts- befitzenden, sondern die Interessen der Reichen, der Grund- besitzet bei der deutschen Regierung den Ausschlag geben. Nur ihnen allein kommt dieser Aufschlag zu gute' eine Steuer von sechszig Prozent, die der Arme von jedem Bissen Brod, den er zu sich nimmt, an den frechen Landjunker zahlt, der ihn dafür politisch unterdrückt und gemeinsam mit den Rittern
vom«chlot die Polizeifuchtel brutaler Ausnahmegesetze über seinem Haupte schwingt. Wir sind keine Nichts-als-Freihändler, wir bilden uns nicht ein, und wollen auch dem Volk nicht vormachen lassen, daß mit der bloßen Aufhebung der Kornzölle ihm bereits geholfen wäre, daß überhaupt der Freihandel im Getreide ihjn eine Sicherheit gewähre gegen wucherische Ausbeutung, ganz abge- sehen davon, daß mit dem billigen Brod die soziale Fräge überhaupt noch in keiner Weise gelöst ist. Auch der schönste Freihandel schützt nicht vor Wucher mit den Volksnahrungs- Mitteln, wie ein Blick auf die Länder des Freihandels zeigt. Eine Regierung der Armen würde also neben der Aufhebung der Getreidezölle auch sofort eine Reihe positiver Maß- regeln zur Sicherung der Volksernährnng treffen, für reichliche Zufuhr sorgen-c. ic. Das von dem jetzigen Hohenzollern - Regiment zu erwarten, hieße Trauben von den Disteln lesen wollen, und es als Volksforderuug zu postuliren, dazu sind die Verhältnisse noch nicht gediehen. Wozu sie aber reif sind, wa« das Volk verlangen und bei der nöthigen Energie auch d u r ch- setzen kann, das ist die schnellste Aufhebung der Kornzölle. Es genügt nicht, wie es der bürgerliche Liberalismus thut, die vertheuernde Wirkung der Getreidezölle in der Presse blos- zulegen, es gilt, das Volk aufzurufen zum Kampf gegen seine Aushungerer. Wenn dem Bürgerthum der Muth dazu fehlt, so müssen die Arbeiter die Initiative dazu ergreifen. Sie sind in erster Reihe dabei interessirt, ihnen macht sich die Brodverthenerung am empfindlichsten fühlbar, sie haben alle nachtheiligen Folgen derselben mit verdoppelter Wucht zu tragen, und wenn ihre Löhne überhaupt unter dem Einfluß vertheuerter Lebensmittel steigen, so nie in gleicher Höhe mid erst nach unsäglichen Leiden und entsagungsvollen Kämpfen. Es ist ihr gutes Recht, sich bei Zeiten gegen eine weitere Niederdrückung ihrer ohnehin elenden Lage zur Wehr zu setzen. Und kein Gesetz, das ihnen dabei im Wege steht. Sollte man es aber wagen, Versammlungen mit der Tagesordnung„die Kornzölle und die Brodpreise" auf Grund des Schandgesetzes zu ver- bieten, nun so würde das zwar seiner Entstehung nur würdig sein, aber auch den besten Beweis liefern, daß sein Zweck nicht ist, Umsturz zu verhüten, sondern dem schmutzigen Treiben der gewerbsmäßigen VolkSaushungerer Vorschub zu leisten. Auf denn, deutsche Arbeiter, zur Agitation gegen die Hunger- gesetzgebung. Rührt Euch bei Zeiten, auf daß Ihr nicht hinter- her die Geprellten. Jetzt ist der rechte Moment, Eure Stimme zu erheben, das Volk um Euer Banner zu schaaren. Schon habt Ihr, schon haben die Massen die ersten Früchte der schamlosen Jnteressenpolitik, die heute in Deutschland unter dem schützenden Fittich einer reaktionären Regierung betrieben wird, zu kosten bekommen, zeigt, daß Ihr nicht gewillt seid, sie ruhig hinzunehmen, Euer trauriges Loos nicht verschlechtern zu lassen. Zeigt Euren Drängern, daß Ihr es müde seid, auf Euch herumtreten zu lassen, erhebt tauten Protest gegen das System, das den Stimmen der Reichen so fchnell Gehör schenkte, als sie klagten,' daß sie bei den niedrigen Kornpreisen nicht bestehen können, das heißt, nicht genug Profit erzielten, das aber Augen hat, um nicht sehen, Ohren, um nicht zu hören, wo das Lebensinteresse des arbeitenden Volkes auf dem Spiele steht, das keine Hand von selbst rührt in einem Mo- ment, wo es bereits erwiesen ist, daß eine Theuerung im Anmarsch ist. Duldet es nicht, daß ein anmaßendes Iunker- pack aus Eurer Haut Riemen schneidet, daß Ihr darbm müßt, damit sie fette Gewinne einstreichen. Es liegt an Euch, und man wird Euch hören, man muß Euch hören!/ An der Schwelle des Sozialismus � so überschreibt die Londoner „Pall Mall Gazette " einen merkwürdig vernünftigen Artikel über die immer mehr um sich greifenden kapitalisli- schen„Ringe". Unsre Leser wissen, daß wir von jeher den Standviiukt vertreten haben, daß die Riesenverbindungen des Großkapitals, ob sie nun die blos zeitweilige Regulirung der Produktion oder die Schaffung großer Monopole zum Zwecke, naturnothwendig der von uns Sozialisten erstrebten Vergesellschastung der Produltion in die Hände arbeiten, und daß wir daher, bei aller gebührenden Würdigung der edlen Motive, die
Genugthuung zu begrüßen haben. Fast zu demselben Resultat kommt jetzt das liberale englische Blatt, und wir können es uns daher nicht versagen, seinen Artikel als ein beachtenswerthes Symptom der bürger- lichen Kreise hier abzudrucken..,_. Nach einigen einleitenden Worten über die Protestbewegung in Amerika gegen das dortige Trustsystem, das entwickeltste System der kapitalisti- schen„Ring".Bildung. fährt die„Pall Mall Gazette " fort: „Was uns anbetrifft, so empfinden wir keine Beunruhigung, sondern nur Inte reffe und Neugierde. Wenn es sich nicht um eine bloS vor. übergehende Sache handelt, so hat es den Anschein, als ob die Nationaü- strung oder wenigstens Munizipalistrung der Produktionsmittel sehr leicht dadurch erreicht werden kann, daß man das andre sprivatkapitalistische) System seine höchsten Formen ausarbeiten läßt. Das amerikanisch« Trust- system, welches Präsident Cleveland mit so unaussprechlichem Haß be- trachtet, und das deffen Gegner, mit Ausnahme von Herrn Blaine, ebenfalls brandmarken, führt an die Thürschwelle des Sozialismus. Es ist die Rationalisirung der Produktionsmittel, aber nicht im Jnteresse der Nation, sondern zum Vortheil der Mitglieder des RingS oder der „Vereinigung", mit andern Worten der Prtvatkapitalisten, die sich ver- einigen, um stch alle Vortheile eines Monopols zu sichern und daS