Taisons
**** Sozialpolitische Rundschau.
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London , 23. Januar 1889, Wie wir hören, gehen Rektor und Senat der Berliner Universität mit dem Gedanken um, fich in einem feierlichen Aufruf an die deutsche Studentenschaft zu wenden und dieselbe zu ermahnen, allen lasterhaften Gepflogenheiten zu entsagen und sich eines gottes= fürchtigen, ehrbar züchtigen Betragens zu befleißigen, wie es fünftigen Dienern des Königs und Kaisers geziemt. Dem Aufruf soll ein Traktätlein aus berufener Feder beigelegt werden, in welchem Kaiser Wil helm als Muster geschildert wird, wie ein Christenmensch an der Hand ber zehn Gebote, in Zücht und frommer Sitte lebt. Bon diesem Trak
tätlein, schreibt unser Gewährsmann, sind erst die Abschnitte fertig, welche das vierte und das sechste Gebot behandeln. Diese aber sind vorzüglich ausgefallen.
Mini Naive Seelen haben den Rücktritt des preußischen Ministers Friedberg und des Reichsgerichtspräsidenten Simson mit dem Gefften- Prozeß in Verbindung gebracht, die freche VerYegung aller bisherigen Rechtsgrundsätze, die in der ganzen Art des Verfahrens gegen Gefften, des Mißbrauchs seiner Korrespondenz 2c. liege, habe den genannten Herren es unmöglich gemacht, länger im Amte zu bleiben. Wir sind nicht die Leute, die den Gegner noch verfolgen, nachdem er unschädlich geworden, aber der Wahrheit die Ehre: wenn ihr juristisches Ehrgefühl die Herren Friedberg und Simson zu solchen Entschließungen zu bewegen vermöchte, dann hätten Beide längst ihre Entlassung geben müssen. Aber weit gefehlt; sie haben die ärgsten Rechtsvergewaltigungen ruhig mitangesehen, Herr Friedberg, der Freund und Rathgeber" Friedrich III. , hat mit keiner Miene gezuckt, als der Gefften- Prozeß in einer Weise eingeleitet und geführt wurde, die mindestens ebenso skandalös war, als die jetzige Ausschlachtung desselben. Wenn die Herren also jezt gehen, so sind wir berechtigt, die Gründe dafür in anderer Nichtung zu suchen. Und wir haben uns nicht weit umzusehen. Herr Friedberg und Herr Simson gehen, weil sie gehen müssen. Beide sind jüdischer Abstammung, und das„ paßt" ihrem allerhöchsten Kaiser und Herrn nicht. Denn wenn auch zehntausend Douglasse und Rottenburgs in die Welt hinausschreien, Wilhelm II. ist ein Gegner der Judenhezze, so hindert das diesen durchaus nicht, in seiner Art nach Herzenslust in Judenhezze zu machen und dieselbe zu fördern, wo er nur fann.„ Das sind alles Chosen, die mich nichts angehen", äußerte er neulich im Gespräch mit dem Maler Anton von Werner , ich bin wüthender Antisemit, was immer man sagen mag."
Und weiter wird uns aus absolut zuverlässiger Onelle geschrieben: howing the
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„ Kurz vor Weihnachten kam Wilhelm II. mit seinem Adjutanten in das Broncewaarengeschäft von Bellair in der Friedrichstraße , um Einkäufe zu machen. Die Kommis holen eiligst den Chef, der sich auch alsbald einfindet. Zufälligerweise hat der Herr starkes schwarzes Haar und dicken Schnurrbart. Raum hat er sich dem allergnädigsten Kaiser borgestellt, als dieser in seiner Gegenwart den Adjutanten anSchnarrt: Sie haben mich hier wohl in ein füdisches Geschäft ge= führt?" Der Adjutant verneinte die Frage, worauf Wilhelm dann seine Einfäufe machte."
Dieser Vorgang ist so bezeichnend für die Denkart des gegenwärtigen Juhabers der preußischen Krone, daß er in weitesten Streisen bekannt zu werden verdient. Ein so von seiner Größe durchdrungener Mensch wird alles, was in seiner Macht liegt, aufbieten, seinen Ansichten Geltung zu verschaffen. Und wenn wir auch fern davon sind, den Einfluß eines Individuums, und stehe es noch so hoch, zu überschäßen, so wäre es ein ebenso großer Fehler, den Einfluß, den ein preußischer König und deutscher Kaiser heute auszuüben vermag, zu unterschätzen. Für uns liegt dazu im vorliegenden Falle um so weniger ein Grund bor , als das Gebahren Wilhelms von Preußen uns nur nüßen kann. Der König und Kaiser nach dem Herzen Puttkamers hat sich schon jetzt als ein vortrefflicher Agitator für die Sozialdemokratie bewiefen und wird es um so mehr sein, je mehr er seinen Launen die Zügel schießen läßt. Er ist eben nicht umsonst Wilhelm der Unbezahlbare.
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Aus dem Reichstage. Am 12. Januar sprach Bebel zum Antrag der Freisinnigen( Baumbach und Genossen) auf Erlaß cines Reichs geseges über die Errichtung von Gewerbegerichten. Indem er die Forderung selbst unterſtüßte, fennzeichnete er die flaue Haltung der Regierung in allen praktischen Fragen des Arbeiterschußes und kritisirte die Halbheit der Freisimmigen in der Frage des Wahlmodus, der Wählbarkeit der Arbeiterinnen 2c. Sehr energisch pro= testirte Bebel gegen jede Bevorzugung der Innungen bei der Zusammenseßung der Gewerbegerichte. Der Antrag Baumbach wurde gegen die Stimmen der patentirten Arbeiterfreunde, nämlich der Konservativen, angenommen. Am 15. Januar kam es beim Etat der Verwaltungskosten der deutschen Schußgebiete" 31 einem Scharmützel zwischen Bismarck und den Kolonialhelden Wörmann Kardorf einer- und Richter und Bamberger anderseits. Bismarck und die genannten Kläffer erklärten jede Kritik der deutschen Kolonialpolitik für Reichsverrath. Das deutsche Volk hat für dieselbe das nöthige Kleingeld aufzubringen, die Mannschaften zum Kampf mit den„ Wilden" zu stellen, ihre Pensionen zu zahlen, wenn sie invalide werden, ihre Wittwen und Waisen zu erhalten, wenn sie in dem Kampf oder als Opfer des Klimas fallen und im llebrigen den Mund zu halten. Bezeichnend für den konservativen Musterpräsidenten von Levego w ist, daß, als Bismarck Herrn Bamberger vor= warf, daß er absichtlich seine Mitbürger schädige, und Herr Bamberger solche Unterstellung als auständigerweise nicht erlaubt" zurückwies, er von dem genannten Herrn den Ordnungsruf erhielt. Für diese energische Wahrung der Würde der Volksvertretung" drückte Bismarck dem Levezow alsdann vor aller Welt gerührt die Hand. So geringfügig der ganze Vorfall, so charakterisirt er doch drastisch die wahrhaft flägliche Ohnmacht des Reichstags. Eine derartige hündische Unterwerfung wäre in feinem andern Parlament der Welt möglich. Am 17. Januar brachte Singer beim Postet at die berühmte amtlich „ Findigkeit" der Berliner Post zur Sprache, die den eingesetzten Wahlkommissär des sechsten Berliner Reichstagswahlfreises für unauffindbar erklärte, sowie die unzählige Fülle von Brief= und Kreuzband- Stiebereien, denen unsere Genossen in Deutschland ausgesetzt sind. Natürlich erklärte Herr Stephan wie immer, daß die Postverwaltung an allen solchen Vorkommnissen unschuldig ist wie ein neugebornes Kind und jeden, Fall von möglicher Verlegung des Brief= geheimnisses streng untersuche. Singer und Liebknecht replizirten, daß das für eine ganze Anzahl denkbar schwerer Fälle von unregelmäßiger Aushändigung von Poststücken feine Entschuldigung sei, aber da sie teinen Postipizel in natura auf den Tisch des Hauses niederlegen konnten, so wird in der alten Weise fortgewirthschaftet. Am 19. Jamuar ergriff Bebel zum Etat des Staatssekretär des Innern das Wort. Eine für denselben geforderte Gehaltserhöhung erklärte er, u. A. schon deshalb ablehnen zu müssen, weil man noch immer fich zu feinen Gehaltserhöhungen für die niederen Beamten entschließen fönne. Dann trat er energisch dafür ein, daß in Zukunft die Berichte der deutschen Fabrikinspektoren dem Reichstag , anstatt in einem offiziösen Auszuge, vollinhaltlich zur Kenntniß gebracht werden( ward. natürlich von der Kartellmehrheit abgelehnt). In seiner Begründung brachte Bebel auch die empörende Behandlung der Kohlenzieher auf den Lloydschiffen zur Sprache, ebenso die grauenhaften Zustände in den Fürther Quecksilberbelegen. Die Antwort, die er erhielt, läßt sich in die Worte zusammenfassen: Immer langsam voran. Es sind nur Proletarier, um deren Wohlsein es sich dn handelt, und darum darf man nichts überſtürzen. Ueber's Jahr können wir ja wieder davon reden."
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Troz unerhörter Gegenagitation und EinschüchterungsVersuche von Seiten der Behörden haben sich bei der Nach= wahl im Kreise Offenburg - Rehl die sozialistischen Stimmen gegen die Wahl von 1887 von 770 auf 1217 vermehrt, während die Stimmen des Kartells von 10,229 auf 8279 fielen und die des Zentrums
ungefähr stationär blieben. Dieser relative Erfolg unserer Genossen ist um so höher anzuschlagen, wenn man bedenkt, daß Offenburg zu den Orten zählt, die der neue deutsche Kaiser noch nicht besucht hat.
Auch in Schwaben geht's voran. Bei den am 9. Januar stattgehabten Walen zum württembergischen Landtag haben unsere Genossen, Dant ihrer rührigen Agitation, einen hübschen Erfolg erzielt. Ist auch feiner ihrer Kandidaten durchgedrungen, haben sie doch überall, wo sie in den Wahlkampf eintraten, einen er heblichen Stimmenzuwachs gegen die Wahlen vom Jahre 1882 erzielt. In sechs Wahlkreisen, wo sie damals zusammen 3561 Stimmen erhielten, vereinigten sie diesmal 6041 Stimmen auf ihre Kandidaten, und in 12 weiteren Wahlkreisen, wo sie damals die Agitation gar nicht aufgenommen, diesmal 4713 Stimmen, so daß im Ganzen ein Aufschwung von 3561 auf 10,754 Stimmen zu ver= zur Arbeiterbevölkerung Würtzeichnen iſt. Das ist zwar im Berhältniß, zur Ar tembergs und in Betrachtnahme ihrer Lage immer noch wenig, aber es beweist doch einen Aufschwung, und wird unsern schwäbischen Genossen eine Aufmunterung sein zum unermüdlichen Fortarbeiten, bis auch sie ihr Mühen durch wirkliche Siege belohnt sehen. Von Einzelresultaten seien folgende hervorgehoben: 1889 Soj. Randidat 3175 K. Kloß
1882 2651
69 1700d staff and shows 620 1425 Th. Luz 956d 517
or Amt
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Eẞlingen
190Gmünd
10 Hall
Heidenheim
Campie
Alfr. Agster ge Chr. Schwend
548
609
1014
G. Kittler
982
410
Alfr. Agster S Th. Luz ní,
Ueberall wurde mit offenem Visir gekämpft, und so sind die Wahlergebnisse in jeder Hinsicht ein günstiges Wahrzeichen für die kommende Reichstagswahl.
Je mehr es mit dem Ansehen des Kanzlers Eisenstirn bergab geht, desto rabiater sind seine Mameluken. Was sollte aus ihnen werden, wenn EN nicht mehr an dem Milliardentopfe fäße und den goldenen Gnadenregen nicht mehr über sie ausgießen fönnte? Ein vor Angst um den freigebigen Reptilienvater tollgewordener Mameluk brüllt in der" Badischen Landeszeitung" zum Himmel:„ Ist denn des Reiches erster und bedeutendster Geist einfach vogelfrei, weil er sich nicht an die Parteischablone eines Eugen Richter , eines Bamberger, eines Bebel, eines Liebknecht einfügen will?
Nehmen
wir uns die( Leser, staune!) Franzosen ( die Wilden"!), die Russen, die Engländer, die Amerikaner zum Muster, welche ihren Nationalhelden, einem Gambetta, Napoleon I. , einem Swaroff, Gortschakoff, einem Gladstone, einem Washington , Grant u. 1. w. noch bei Leb= zeiten Altäre der Dankbarkeit und Verehrung erbauten!"
Dieser patriotische Mameluk scheint beiläufig nicht zu wissen, daß die Franzosen dem Nationalheld Gambetta erst nach dem Tode ein Dentmal gesetzt, und daß sie das Denkmal des andern Nationalhelden, des Napoleon I. , bei der ersten Gelegenheit, die sie hatten, in Stücke zerschlugen. Uebrigens verwehrt es unseren Mameluken kein Mensch, daß fie ihren Gößen so viel Altäre der Dankbarkeit und Verehrung" errichten, als sie Luft haben. Nur sollen sie es auf eigene Kosten thun, und alle Nicht- Mameluken ungeschoren lassen.
Nothschreie wie der obige flingen uns aber wie Engelsmusik in die Ohren, weil sie den handgreiflichen Beweis liefern, daß auch diese Sippe zu ahnen beginnt, daß es mit ihrem sauberen Nationalheld" zu Ende geht.
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Privilegirter Mord. Unter der Ueberschrift: Ein Opfer des Industrialismus, lesen wir in der Fränk. Tagespoſt ": „ Einen geradezu erbarmungswürdigen Anblick gewährte der Glas= beleger Ebert, welcher die vorige Woche mittelst Fuhrwerk in das Universitätskrankenhaus zu Erlangen überführt wurde. Der Mann, von Merkurialleiden befallen, zitterte nämlich am ganzen Körper derart, daß er weder gehen noch stehen noch fizzen konnte. 3 wei Jahre arbeitete der in den vierziger Jahren stehende Mann in den Gifthöhlen der Spiegelbelege, und diese furze Zeit genügte, um jeden Nerv eines sonst fräftigen Organismus derart zu zerrütten, daß die zum Leben nothwendigen Funktionen nur durch ärztliche Kunst erhalten werden können. Wie man uns mittheilt, muß der Unglückliche, um Speisen und Getränke zu sich nehmen zu können, in einem Stuhle festgebunden werden. So wüthet die Quecksilberbelege gegen die menschliche Gesundheit. Wer zählt wohl die Opfer, welche dieser Lurusindustriezweig schon gefordert? Wer berechnet den eminenten Nachtheil, den unsere hiesige Bevölkerung schon hiedurch erlitten hat?! Denn die Merkurialleiden erben sich fort bis in's dritte und vierte Geschlecht. Nun, die Herren Spiegelbarone find sammt und sonders reiche Leute. Und was den Arbeiter betrifft, so gibt es ja genug, die immer, angelockt durch den Verdienst, mit Freu= den in diese Gifthöhlen einziehen."
In den Schulen lehrt man den Kindern:" Du sollst nicht tödten", und das Strafgesetzbuch belegt den Todtschlag mit schweren Strafen was aber ist die Art, wie die Arbeiter in den Spiegelbelegen zum Tode getrieben werden, anders als Mord, raffinirter Mord? Aber dieser Mord wird nicht bestraft, die, die ihn verüben, find angesehene Leute, denn sie sind reich und ihre Opfer gehen ja„ freiwillig" in die Todtenfalle.
In die gleiche Rubrif gehört ein aus Ziegenhals bei Neisse gemeldeter Unglücksfall". Der„ Neiffer Zeitung" ging am 4. Jan. per Postkarte folgende Mittheilung zu:
Biegenhals. Noch ist kein langer Zeitraum dazwischen, daß ein Maurer, Namens Göbel aus Dürrfunzendorf, in hiesiger 3 ellu Lose Fabrik verunglückte und nach zwanzig wöchentlichem schmerzlichen Krantenlager verstarb, und heute ist wie= der ein Opfer des Unglücks zu verzeichnen. Der Arbeiter Elsner, ebenfalls aus Dürrkunzendorf, ein nüchterner, ordentlicher Mann im Alter von 19 Jahren, fiel in die Kreissäge, und wurde ihm die Schulter von derselben derart zerrissen, daß er durch zwei andere Arbeiter zum Arzt transportirt werden mußte. Sicherlich trägt hier Uebermüdung die Schuld. Von gestern früh 6 Uhr bis Nachts 12 Uhr und heute von 6 Uhr früh bis 9 Uhr Abends hatte der Verunglückte nach vorgeschriebener Bestimmung zu arbeiten. Der Unglückliche mußte sich streng an die Vorschrift halten, da ihm sonst eine Strafe bis zu 2 Mark auferlegt worden wäre. Ein hübscher Vergleich zum Tagelohn von 1,10 Mart. Durch was mag diese Strafbedingung begründet sein?" 39 10
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Die Redaktion der„ Neisser 3tg." schrieb nach Ziegenhals und fragte: Was ist daran?" Die Antwort lautete:
Ziegenhals , 6. Januar 1889, Der Inhalt der Postkarte entspricht auf's Genaueste den Thatsachen. Dr. Florian( Arzt der ZelluloſeKrankenkasse) hat dem Elsner die Wunde genäht; von da wurde er von zwei Arbeitern in's Krankenhaus überführt. Man sprach verschie= dentlich seine Entrüstung über die Behandlung des Arbeiters aus. Elsner ist 19 Jahre alt; die Angabe der Arbeitszeit genau wie auf der Postkarte; nur bemerke ich noch, daß der Arbeiter Elsner in der Nähe des Golf" in Dürrkunzendorf, also näher an Zuckmantel als an Ziegenhals wohnt, und wenn er Donnerstag den 3. Januar Abends bis 12 Uhr, also volle 18 Stunden ununterbrochen gearbeitet, dann hatte er den weiten Weg bis in seine Wohnung zu machen; er legte sich Freitag früh genau um 1/2 Uhr zu Bett. Früh ( Freitag) um 4/2 Uhr mußte er wieder aufstehen, also nach drei-= stündiger Ruhe, um Punkt 6 Uhr wieder in der Fabrik die Are beit anzutreten, um Abends bis 9 Uhr ununterbrochen bei der Kreissäge zu stehen. Da wurde er Freitag den 4. Abends 7 Uhr so matt, daß er umfant, und zwar leider mit der linken Schulter in die Säge, welche ihm eine zolltiefe Wunde riß. Donnerstag den 2. ds., Abends 7 Uhr, bat Elsner, nach achtzehnstündiger Arbeit nach Hause gehen zu dürfen, es wurde ihm aber vom Werkführer nicht gestattet, unter Androhung von 2 Mark Strafe."
Das wären ja im Falle der Bestätigung, bemerkt dazu die„ Berliner Volkszeitung", der wir die Notiz entnehmen, Zustände, welche zum Himmel schreien und Waffer auf die Mühle der Sozialdemokratie
leiten. Und da gibt es noch Leute, welche die Nothwendigkeit einer wirk samen Arbeiterschutzgesetzgebung leugnen."
Allerdings schreien diese Zustände, aber hoffentlich zu den Menschen. Und es gibt nur einen Nuf dafür: Mörder! Mörder diejenigen, die auf derartige Weise ihre Mitmenschen zu Grunde richten, den einen früher, den andern später in den vorzeitigen Tod treiben, Mörder diejenigen, die derartige Verbrechen dulden, ihnen womöge lich Vorschub leiſten!
Bor einigen Tagen erft hatte die Norddeutsche Allgemeine" die Frechheit, aus den Beschwerden der schweizerischen Fabrifinspektoren über die vielen Ueberzeitbewilligungen seitens der Kantons regierungen Kapital gegen den Marimalarbeitstag zu schlagen. Nun, nichts kann uns ferner liegen, als diese Ueberzeitbewilligungen be= schönigen zu wollen, aber den Flunkereien der Norddeutschen" gegenüber wollen wir doch feststellen, daß es sich dabei fast immer nur um die Erlaubniß handelt, statt 11 Stunden 12 Stunden arbeiten zu lassen. Um das zu erreichen, müssen die Fabrikanten erst petitio= niren, und von Jahr zu Jahr nehmen die Bewilligungen ab, die außerdem nur auf abgemessene Zeiträume gewährt werden. Das alles weiß die Norddeutsche oder vielmehr ihr Einflüsterer sehr gut, und wenn sie trotzdem sich geberden, als glaubten sie an die Undurchführbarkeit des Normalarbeitstags, so ist das nichtswürdiger Schwindel, der nur den Zweck hat, solche mörderische Ausbeutung wie die obengeschilderte zu schützen. Das ist die Arbeiterfreundlichfeit, das der Patriotismus des großen Bismarck . Der Tod dieses deutschen Arbeiters, der Tod von hunderten und tausenden von deutschen Arbeitern fümmert ihn nicht, aber der bedrohte Profit deutscher Spekulanten, das ist ein Gegenstand, für den kein Opfer zu groß ist. i sibi 106 ori17
Deutsches Volf, wie lange wirst du diese Wirthschaft noch dulden?!
Vom Reichshamster erzählt die Londoner „ Pall Mall Ga zette " folgendes nette Stückchen:
„ Außer Kanzler und Doktor der Theologie ist Fürst Bismarck auch ein sehr glücklicher Geschäftsmann. Seine Forsten in Friedrichsruhe liefern prächtiges Holz, das theils in Hamburg , theils in Berlin verfauft wird. Da nun die Entfernung zwischen Berlin und Friedrichsruhe größer ist, als die zwischen Hamburg und Friedrichsruhe, ſo er= hoben die Bahnen natürlich auch verschiedene Frachtpreise für den Transport nach den genannten Städten, wogegen Seine Durchlaucht, der Holzhändler, sich sträubte, während die Direktion der Linie( die dem Staat gehört) lieber ihre Entlassung nehmen, als in eine Herabseßung willigen wollte. Trotzdem wurde der Sturm im Glase Wasser eines Tages beigelegt: Die Direktion ist noch im Amt, aber das Bauholz wird zu den vom Fürsten Bismarck gewünschten Bedingungen befördert. Frage: Wer zahlt die Differenz?"
Wenn die Geschichte wahr ist, und unwahrscheinlich ist sie nicht, fo wäre das ein artiger Beitrag zu der grauenhaftesten Korruption in Frankreich , Rußland , Amerika , furz, wo Reptilins will.
Der Sparig, schreibt man uns, ist doch noch immer der Sparig und seine alten Praktiken übt er doch noch immer mit dem alten Gusto. Das hat er jetzt wieder Singer gegenüber gezeigt.
Bei Besprechung der Wahl in Leipzig - Land kam Singer natürlich auch auf die Person des Sparig, welcher sich erfrecht hatte, in einem Gegenprotest den Sozialdemokraten systematische Stultivirung des Mein= eids vorzuwerfen, und zeigte, daß dieser Herr selbst durch gericht= liches Urtheil überwiesen sei, dem Gerichte in einer Zeugenaussage die unwahrheit gesagt zu haben, und daß er in einem anderen Prozesse einen, dem Gerichte vorgelegten Brief geschrieben habe, der ziemlich unverblümt eine Aufforderung oder Aureizung zum Meineid enthielt. Der Sparig, welcher den guten Geschmack besessen hatte, der fraglichen Reichstagsverhandlung als Zuhörer beiznwohnen, schickte an Singer sofort einen Brief, in welchem er ihn aufforderte, das, was er im Reichstag über ihn gesagt, außerhalb desselben zu wiederholen. Singer beantwortete natürlich den Wisch nicht und ließ einfach die den Sparig brandmarkenden Schrift- und Aktenstücke abdrucken. Darauf schickte der, inzwischen in sein heimisches Rendniß zurückgekehrte Sparig an Singer einen eingeschriebenen Brief", in welchem er das Sparig'sche Verlangen nochmals anbrachte. Der ein geschriebene Brief wurde dem Sparig ohne ein Wort des Stommentars, überhaupt ohne jegliche Bemerkung zurückgeschickt. Dies hat nun den Sparig zu dem echten Sparig- Streich begeistert, an Singer einen im Judendeutsch geschriebenen Brief mit dent alten Verlangen zu schicken und mit der Sparig'schen Motivirung, da Singer offenbar fein Deutsch verstehe, so rede er( der Sparig) zu ihm in seiner( Singer's) Sprache. Der Brief, welcher im Reichstag herumgereicht wurde und viel Heiterkeit verursachte, ist insofern von einem gewissen Interesse, als er uns zeigt, daß der Sparig was ihm noch fehlte unter die Antisemiten gegangen ist. Der Meineidspfaffe Stöcker und der Alimentations- Verweigerer Böckel*) können stolz sein auf diesen würdigen Dritten im Bund: der Stöcker, der Böckel und der Sparig! Welche duftende Dreieinigkeit, welches liebliche Kleeblatt!
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Nachschrift. Als wir den Stöcker mit dem Sparig zusammenkoppelten, wußten wir noch nicht, daß die Aehnlichkeit sich auch auf den heiflen Punkt der Verleitung zum Meineid ausdehnt. Von einem der Amtskollegen des Stöcker, dem Prediger Witte, mit dem dieser durch eine seiner üblichen Wahrheitsverlegungen in Streit gerathen war, ist nämlich jetzt eine Korrespondenz veröffentlicht worden, welche der Korrespondenz Sparig- Weigand ähnlich ist wie ein Ei dem andern. Die Korrespondenz datirt aus dem Jahr 1885 und bezieht sich auf den famosen, damals sich vorbereitenden Prozeß Stöcker Becker, und die Briefe des Stöcker laufen darauf hinaus, den Kollegen in Christo zu einer frommen Lüge, alias einer Beugung der Wahrheit, alias einem Meineid zu veranlassen. Der Bruder in Ghristo sollte seine Aussage vor Gericht so einrichten, daß sie mit der
des Meineidsfaffen in spe nicht in Widerspruch gerathe. Mit andern Worten, der Meineidspfaffe in spe wollte Gesellschaft haben. Der Bruder in Christo ließ sich aber auf die Sache nicht ein er war wohl des Staatsanwalts nicht ganz so sicher wie der Stöcker; und in Folge dessen muß nun der aus einem Meineidspfaffen in spe zum wirklichen und fertigen Meineidspfaffen avancirte Hofprediger und Zukunfts- Kultusminister mit der Gesellschaft des Sparig vorlieb nehmen, dem freilich noch der Alimenten- und Tugend= Böckel zur Seite steht.
Die in der obigen Notiz erwähnten Schriftstücke über des Sparigs Eidesheiligung und Wahrheitsliebe haben folgenden Wortlaut:
I.
Abschrift aus den Aften des Königl. Gerichtsamts Leipzig I. 4. Dezember 1877.
Daß Sparig der Wahrheit zu wider behauptet hat, er habe keine Kenntniß von der Annonce, und sein Nanie set ohne sein Vorwissen unter dieselbe gebracht worden. Da der unter der Annonce ersichtliche Name Sparig von Sparig's Hand herrührt, übrigens auch der Name Jerrmann und die Nandbemerkungen von Sparig geschrieben sind u. s. w.
II.
Aus einem von Sparig unterm 30. Februar 1882 an den BrandDirektor Weigand in Chemniz gerichteten Brief.
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*) Er weigerte sich, für ein Kind, das er in„ freier Liebe" erzeugt, Alimente zu zahlen, und mußte deshalb verklagt werden, worauf er sich vor Gericht hinter seine Ehefrau versteckte.
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Perls holt für die Sozialisten die Kastanien aus dem Feier, willst Du ihm darin durch Dein Zeugniß helfen, das nur einen Klatsch herbeiführen kann, so fann ich's nicht ändern. Nimmst
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Du auf alte Freundschaft, den Landesausschuß und Kreishauptmannschaft und Ministerium weniger Rücksicht, als auf die Sozialdemokraten, so jage aus, was Du willst. Ich werde mich dann vertheidigen und bin am längsten im Landesausschuß gewesen." indo III.
Ein Brief des Herrn Branddirektor Riz in Dresden an Herrn Weigand vom 3. Januar 1883.