buch Kaiser Friedrichs und die gerade von offiziöser Seite daran ge= fnüpften Enthüllungen" haben darüber den legten Zweifel zerstreut. Und die politische Freiheit nun gar hat unter seiner, fast ein Menschen­alter umfassenden Regierung nichts als eine schwere Einbuße nach der anderen erfahren.

Und deshalb rede man doch lieber nicht erst von dem Herzen, das er für die Armen und Elenden gezeigt haben soll, es sei denn, daß man einen heftigen Streit gewaltsam herausfordern will. Gern heben wir aber auch hier den mildernden Umstand hervor, daß Kaiser Wil­helnt wenigstens nicht für das Sozialistengesetz, die Lebensmittelsteuern, das Feld- und Forstpolizeigesetz und alle sonstigen schweren Bedrück­ungen der arbeitenden Klassen, welche das letzte Jahrzehnt seiner Re­gierung erfüllen, persönlich verantwortlich gemacht werden darf. Er war, als diese sonderliche Sozialreform" begann, bereits 80 Jahre alt; er befand sich also in einem Alter, in welchem Jeder, der auch nur das Kleinste öffentliche Amt zu verwalten hat, längst wegen Altersschwäche pensionirt zu werden pflegt, und da nun die Bewunderer des persön= lichen Regiments" faum geneigt sein werden, zuzugeben, daß die Re­gierung eines großen Reichs noch leichter zu erledigen sei, als das Amt eines Nachtwächters oder Schußmanns, so thäten diese Leute wirklich in jedem Betracht flüger daran, von den sozialpolitischen Ruhmestiteln Kaiser Wilhelms I. lieber gar nicht erst zu reden."

Ist einer dieser Säße etwa falsch, auf unwahren Behauptungen auf­gebaut? Ueberschreitet einer das Recht der geschichtlichen Kritik? Keineswegs, alles, was hier gesagt ist, läßt sich durch amtliche Do­funtente beweisen. Darum mußte auch der ebenfalls auf höheren Befehl" unternommene Versuch, den muthmaßlichen Verfasser der Artikel gerichtlich zur Verantwortung zu ziehen, aufgegeben werden. Aber wo Gesezze fehlen, da stellt zur rechten Zeit die Polizei sich ein.

Und nun erst der Märzartikel! Er ist scharf, so entschieden als ein bürgerlich- demokratisches Blatt mir schreiben kann. Aber er ist weder sozialistisch, noch enthält er eine Aufforderung zum Umsturz" auch nur der monarchistischen Staatsordnung."

Man höre nur:

Als das Volk seine gefallenen Brüder nach dem Schloßhofe trug und der gebrochene König auf dem Balkon erschien, um die Leichen zu grüßen, deren klaffende Wunden eine stumme und doch so beredte Klage gegen ihn führten, da schlug die letzte Stunde der absoluten Monarchie und fortan war Preußen ein moderner Staat. Dieß ist die geschichtliche Bedeutung der Märztage von 1848, und mit welcher Gewalt und List immer die Feinde des Volks die Bedeutung dieser Tage wegzuleugnen, wegzuschweigen und wegzuvernichten gesucht haben, es wird ihnen nimmermehr gelingen. Der 18. März wächst um so mächtiger in die Zukunft hinein, je mehr von dem reichen Erbe, das er der Nation hinterließ, im Laufe der Jahrzehnte durch Lug und Trug und nicht zuletzt auch durch die großmüthige Vertrauensseligkeit des Volkes selbst verlottert und verloren worden ist.

4. Und wie an dem Tage selbst, so hat auch an dem Andenken seiner Kämpfer der Zahn der Verleumdung genagt. Bald sollten es " Franzosen, Juden und Polen  ", bald Leute sein, über deren Leben Gefängnisse und Zuchthäuser die beste Auskunft geben könnten". Die Thatsache, daß in den Drang und Sturm jener Tage etwa dreißig von den Todten des Friedrichshains nicht refognoszirt werden konnten, gab diesem verleumderischen Gerede den einzigen Anhalt". Es iſt juſt so viel daran, wie an urkundlichen Nachrichten" der Neaktion gewöhn­lich zu sein pflegt, nämlich nichts. Weder unter den rekognoszirten 200 Todten, noch unter den 700 Gefangenen befand sich auch nur eine kriminell bestrafte Persönlichkeit und von Ausländern waren darunter nur 3 Schweizer  , 2 Holländer, 2 Dänen und 1 Franzose, während ein Drittel aus Berlin  , zwei Drittel aber aus dem übrigen Deutschland  stammten; so ist es sonnenklar, daß der 18. März von 1848 dem ehr­lichen und treuen Volke gehört und ihm allein. Auch nicht der leiſeſte Makel haftet an seinen Stämpfern. Hofprediger, Professoren, Kom­merzienräthe waren freilich nicht unter ihnen vertreten, aber um so reichlicher alle arbeitenden Schichten der Nation.

Ständen sie heute auf, die Todten des Friedrichshains, bitterste Em­pfindung würde sich in ihren Herzen regen, wenn sie sähen, wie wenig von dem, was sie in die Hand des Volkes legten, in dieser Hand ge= blieben ist. Sie schlafen aber den traumlosen Schlaf des Todes, und das Gefühl der tiefsten Beschämuung bleibt allein den Lebenden. Wie viele es empfinden, wir wissen es nicht, aber das wissen wir: es ist eine von Tage zu Tage wachsende Schaar. Und im Namen dieser Tapferen und Treuen   grüßen wir heute die Kämpfer des 18. März, die lebenden wie die todten, mit dankbarem Gruß."

Wo steckt hier der Sozialismus, wo der Umst urz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung?

"

Kein Wort davon, nicht einmal eine darauf hindeutende Anspielung. Im Gegentheil, wenn einmal von Statsordnung" geredet werden soll, so wird in dem Märzartikel der Volkszeitung", in dem der Uebergang von dem absoluten in den modernen Staat gepriesen wird, die be stehende, oder wenigstens offiziel anerkannte, Staatsord­mung gefeiert.

Judeß, wozu in dieser Richtung spintisiren? So entschieden der März artikel auch ist, seinetwegen wäre die Volkszeitung" vielleicht fonfiszirt, nie aber verboten worden. Aber sie hat dem Hut nicht Reverenz erwiesen." Sie hat sich von feinem Rang und Titel imponiren laffen und auch über allerhöchste Personen die Wahrheit gesagt. Und das, wie gesagt, hat ihr den Hals gebrochen. Nicht weil sie ein Gesetz, sondern weil sie die persönliche Eitelkeit eines Individuums verlegt hat, ist sie unterdrückt worden. Niemand wird behaupten, daß der Erlaß des Verbotes ein Heldenstück war. Aber dafür war es eine Königliche That, und das will auch etwas beweisen. Dem liberalen Bürgerthum fangen die Augen an überzugehen.

Der internationale Arbeiterkongreß von 1889.

Eine Antwort an die Justice". Das Nachfolgende ist die deutsche   Uebersetzung eines in englischer Sprache veröffentlichten Flugblattes, dessen Herausgabe uns nöthig er­schien, um uns und unsere Partei gegen geflissentlich falsche Unterstel­lung vor dem Gros der englischen Sozialdemokratie zu verwahren. Wir haben es bisher zu vermeiden gesucht und werden es auch in Zukunft zu vermeiden suchen, mit den englischen sozialistischen   Blättern in feind­feliger Weise zu polemisiren, aber den von der Justice" seit einiger Zeit beliebten fortgesetzten Verdächtigungen unserer Partei gegenüber. durften wir schließlich nicht mehr schweigen. Wir durften vor Allem unsere englischen Genossen nicht in Unklarheit lassen über den Stand der Angelegenheit des Internationalen Stongresses auf dem Festlande. Das Schicksal einer von Genosse Na co w durchaus spontan der " Justice" übersandten Zuschrift überzeugte uns ferner von der Noth­wendigkeit, diese Aufklärung in einem besonderen Flugblatt erfolgen zu laffen.

Wir haben von der Herausgabe des Flugblattes der Justice" in loyalster Form brieflich Mittheilung gemacht und sie ersucht, ihren Lesern Mittheilung zu machen, unter welcher Adresse dasselbe zu beziehen ist. Sie hat die Mittheilung in einer möglichst spöttischen Form gebracht, die Adresse aber nicht veröffentlicht. Wir begnügen uns, das zu konsta­tiren und überlassen den Kommentar unsern Lesern.

Zum Flugblatt felbst bemerken wir noch: den deutschen   Genossen wird es im Großen und Ganzen sehr wenig Neues sagen. Dennoch hielten wir es für geboten, es vollinhaltlich zu ihrer Senntniß zu bringen, da sie nach unserer Ansicht ein Recht haben, Einsicht zu erhalten in das, was in ihrem Namen geschieht. Ferner dürfte auch die darin gegebene Zusammenstellung bestimmter Thatsachen für Manche von Werth sein. Man wird uns das Zeugniß geben müssen, daß wir der Justice" nicht auf das Gebiet der persönlichen Verdächtigung gefolgt sind, sondern uns streng an die sachliche Widerlegung der erhobenen Beschuldigungen gehalten haben. Daß wir den gegen die deutschen   Sozialisten im Al­gemeinen geschleuderten Anklagen mit besonderer Schärfe entgegengetreten find, wird jeder leidenschaftslos Urtheilende nur billigen müssen. Wir deutschen   Sozialisten sind sicherlich von jedem Nationaldünkel frei, uns ist der internationale Gedanke sozusagen in Fleisch und Blut überge=

gangen, aber so grundfalschen Behauptungen gegenüber wie die von der " Justice" beliebten, haben wir ein Recht, auf das zu verweisen, was gerade unsrerseits bisher in der sozialistischen   Bewegung geleistet worden. Uebrigens liegt es uns selbstverständlich fern, für die Gehässigkeiten der Justice" das Gros der englischen Genoffen verantwortlich zu machen. Wir sind im Gegentheil überzeugt, daß diefelben, sobald sie erst von dem wirklichen Stande der Dinge unterrichtet sind, sich entschieden gegen diese Verhegungen erklären werden.

Schließlich sei noch erwähnt, daß das Flugblatt, das trotz der Ab­lehnung der Justice", die Verlagsadresse zu publiziren, seinen Weg finden wird, von Ed. Bernstein gezeichnet ist. Und nun mag es selbst für sich sprechen:

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In ihrer Nummer vom 16. März 1889 greift die Justice", das Organ der Sozialdemokratie", in Hinblick auf den obigen Kongreß die Haltung der, wie sie sich ausdrückt, Offiziellen deutschen Sozialdemokraten"( was das für Leute auch immer sein mögen) im Allgemeinen und des offiziellen Organs der deutschen So­zialdemokratie" womit der Londoner   Sozialdemokrat" gemeint ist im Besonderen an.

Der Sozialdemokrat" hat aufgehört, offizielles" Organ zu sein, seit ein Erkenntniß des deutschen   Reichsgerichtes es unsern deutschen   Ge­nossen unmöglich gemacht hat, ein solches zu haben, ohne als Mitglieder einer geheimen Verbindung" bestraft zu werden. Von diesem Augen­blick an nennt sich das Blatt nicht etwa nur das Organ der Sozial­demokratie", sondern schlechtweg und das will es auch nur sein ein Organ der Sozialdemokratie deutscher   Zunge". Trotzdem ist der Sozialdemokrat stolz darauf, das volle Vertrauen der deutschen   Sozial­demokratie zu genießen, einer Partei, deren Stärke in den 770,000 Stim­men, die sie bei den Wahlen von 1887 aufbrachte, nur theilweise zum Ausdruck gekommen.

" Justice" sagt, fie bemerke, daß deutsche Sozialdemokraten nicht nur in Großbritannien  , sondern auch in Amerika   die Propaganda unserer Sache dadurch stören, daß sie ihre Zeitungen in einer Sprache drucken, die nicht einer von zehntausend um sie herum verstehen kann. Und das, obwohl sie, jedenfalls in den Vereinigten Staaten  , gezwungen sind, Englisch   zu lernen. Dies nicht genug, beschränken sie sich sogar pein­lichst auf ihre eigenen nationalen Klubs."

Dieser Vorwurf ist gradezu unerhört. Nach der Justice" sollen also Deutsche  , die im Auslande leben, ihre Sprache, das einzige Mittel der Propaganda unter ihren Landsleuten, aufgeben und bloße Anhängsel der Bewegung werden, die in dem betreffenden Lande zufällig existirt, wie immer dieselbe auch beschaffen ist.

Der Sozialdemokrat" ist ein deutsches Blatt, geschrieben für Ange­hörige der deutschen   Zunge. Neun Zehntel seiner Auflage gehen direkt nach Deutschland  . Er erscheint zufällig in England, weil ein Zwangsgesetz, schlimmer als das von England Irland   gegenüber angewendete, sein Erscheinen im Auslande nöthig macht, und weil der schweizerische Bun­desrath unter dem Drucke Bismarcks seinen ganzen Stab aus der Schweiz   ausgewiesen hat.

Die Londoner Freie Presse" ist ein Lokalblatt in deutscher Sprache. Sie besteht jetzt seit mehr als drei Jahren, was genügend beweist, daß fie einem Bedürfniß entspricht. Uebrigens sei es ihr überlassen, selbst für sich das Wort zu nehmen.

Das mögen auch die Deutsch- Amerikaner thun. Um aber die von " Justice" gegen sie geschleuderten Anklagen zu kennzeichnen, sei hier festgestellt, daß die Sozialistische Arbeiterpartei   von Amerika  , obwohl von Hause aus nur und auch jetzt noch zumeist ans Deutschen   bestehend, zahlreiche nicht- deutsche Sektionen hat: anglo- amerikanische, slavische, skandinavische 2c., daß sie neben vielen deutschen   Blättern, die sich ent­weder vollständig oder doch nahezu decken, ein englisches Organ, den Workman's Advocate" veröffentlicht und dessen noch erhebliches Defizit( 1. New- Yorker Sozialist" vom 2. März 1889, Bericht der National- Erefutive) deckt, daß sie aus ihren Mitteln die Kosten für einen Agitator für die anglo- amerikanischen Arbeiter Professor Gar­side beschafft, und daß sie in Amerika   sich vorwerfen lassen muß, nur ein Haufen fremder Eindringlinge zu sein, die sich in amerikanische  Verhältnisse einmischen, die sie nichts angehen und die sie nicht ver­verstehen. Und das sagt man ihnen nach, ganz unbekümmert darum, daß die Deutsch- Amerikaner entweder amerikanische   Bürger sind oder es zu werden und in Amerika   zu verbleiben gedenken. Würden die Deutschen   in England, die fast alle sich hier nur zeitweise aufhalten, die ihnen von der Justice" ertheilten Weisungen befolgen, englische Blätter für englische Leser herausgeben, sich an der öffentlichen Agi tation unter Engländern aktiv betheiligen, sich in die englische Politik einmischen, allen Pflichten von Engländern nachkommen und alle Rechte von Engländern verlangen, derselbe Vorwurf würde ihnen in's Gesicht geschleudert werden, und unter Anderen möglicherweise auch von der " Justice".

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Was die Behauptung anbetrifft, daß die Deutsch- Amerikaner ge­zwungen sind, Englisch   zu lernen", so fann ich nur sagen, ich wünschte, es wäre so. Leider aber ist es keineswegs der Fall.

Wo immer aber deutsche Sozialisten gewesen sind, da können sie Anspruch darauf erheben, in den Grenzen ihres Könnens thätig und erfolgreich an der sozialistischen   Agitation mitgewirkt zu haben. Weder in Amerika  noch in der Schweiz  , noch im Osten und Norden Europas   nähme die Sozialdemokratie thre heutige Stellung ein, wäre ihr nicht die Thätigkeit der sich in den betreffenden Ländern aufhaltenden Deutschen   zu Gute gekommen. Sie sind überall und allezeit die Ersten gewesen, die Sozialisten der verschiedenen Nationen in Verkehr miteinander zu bringen, und der Deutsche   Arbeiter- Bildungsverein( iezt 49 Tottenham Street, Tottenham Court Road) war, wenn wir bis 1840 zurückgehen, der erste internationale sozialistische Verein. Wenn diese Thatsachen der Justice" unbekannt sind, so kennen die internationale Polizei und das inter­nationale Kapital fie sehr genau. Wo immer ausländische Sozialisten von der festländischen Polizei belästigt, verfolgt, ausgewiesen wurden, waren es in drei von vier Fällen Deutsche  , und das jetzt dem amerikani­ schen   Stongreß unterbreitete Gesetz zur Verhütung der Einwanderung aus ländischer Sozialisten richtet sich hauptsächlich gegen Deutsche  .

Die Justice" fährt fort: Nun zu dem bevorstehenden Stongreß. Die Possibilistische Partei wurde auf dem Pariser   Kongreß von 1886, wo die Deutschen   vertreten waren, und auf dem Londoner   Stongreß von 1888 ein­ftimmig beauftragt, den 1889er Kongreß zu organisiren. Nicht der geringste Einwand wurde zur Zeit erhoben. Man durfte daher vernünftiger Weise hoffen, daß alle die erbärmlichen persönlichen Bitterkeiten der letzten paar Jahre überwunden seien. Dennoch hat das offizielle Organ der deutschen   Sozialdemokraten von jener Zeit an bis jetzt unab lässig die Possibilisten bekritelt und beschimpft und die Angriffe fanden ihren Abschluß in einem Caucus( englische Bezeichnung für politische Komite's mit ufurpirten Vollmachten), der am 28. Februar in dem Bureau des Recht voor Allen" stattfand und an die elenden Intriguen erinnert, die die alte Internationale" zum Bruch trieben. In dieser Woche ist der Sozialdemokrat" wieder an der Arbeit und zitirt aus dem Newyorker Sozialiſt" einen Angriff auf unsere franzöfifchen Genossen

ein Fall von Schwein auf Speck", wahrhaftig. Sicherlich sollten unser Genosse Rackow und alle unabhängigen deutschen   Sozialdemokraten sich mit uns zu einem ehrlichen Versuch vereinigen, dieser kleinlichen und böswilligen Zänferei und Drahtzieherei ein Ende zu machen."

Um alles das zu verstehen, ist etliche Kenntniß der Geschichte der französischen   sozialistischen   Bewegung bis 1871 unerläßlich. Die Sozialisten Frankreichs  , in der Kommune von 1871 zu Boden geworfen, sammelten sich nach und nach und traten im Jahre 1879 auf dem Kongreß zu Marseille  , wo sie sich als eine Arbeiterpartei organisirten, wieder vor das Publikum; jedoch kam es im Jahre 1882, auf dem Kongreß von St. Etienne, zu einer Spaltung. Jede Fraktion nannte sich die fran­ zösische   Arbeiterpartei( parti ouvrier), aber sie werden am besten unter­schieden durch die Namen, die sie sich gegenseitig beilegten: nämlich Possi­bilisten und Marristen. Neben ihnen bestand noch die Gruppe der Blanquisten, die ihre besondere Organisation aufrecht erhielten, obwohl sie im Allgemeinen erst mit der Arbeiterpartei und nach der Spaltung mit den sogenannten Marristen gingen. Jede dieser verschiedenen Sef tionen zählt wieder innerhalb der Sphäre ihres Einflusses eine Anzahl von Fachvereinigungen( chambres syndicales) und anderer Arbeiter= vereine. Im Ganzen waren die Poffibilisten am Stärksten in Paris  , während in den Provinzen die sogenannten Margisten nahezu allein das Feld beherrschten. Auf das Wesen der Differenzen, welche die

Fraktionen trennen, gehe ich hier nicht näher ein. Es ist bedauerlich genug, daß sie existiren. Aber weder die englischen Sozialisten, die selbst in verschiedene Gruppen gespalten find, noch die deutschen  Sozialisten, die erst seit 1875 vereinigt sind, haben ein Recht, den Franzosen diesen Mangel an Einigkeit zum Vorwurf zu machen.

Um sich als die einzig wirkliche, die Arbeiterpartei Frankreichs  , Gel­tung zu verschaffen, verlegten sich die Possibilisten darauf, internatio nale Konferenzen und Kongresse zu veranstalten eine solche Zusammen­funft fand in Paris   im Jahre 1883 statt, eine zweite( die vom Aus­land hauptsächlich durch englische Trades- Unionisten besucht war) im Jahre 1884, eine dritte 1886, auf der auch einige Vertreter anderer Nationen anwesend waren. Auf dieser Konferenz wurde ein Inter­nationaler Kongreß, der 1889 in Paris   stattfinden solle, beschlossen, und die Possibilisten wurden mit seiner Organisation beauftragt. Aber der deutsche Delegirte, Grimpe, und ebenso der Vertreter Dester­reichs haben dieser Resolution nicht zugestimmt. Und jedenfalls hat dieser Beschluß einer Konferenz, an der außer den Pos­fibilisten und den englischen Trades- Unionisten nur wenige Belgier, ein Australier, ein Deutscher, ein Delegirter eines deutschen   Vereins in London  , ein Schwede und ein Oesterreicher theilnahmen, lediglich den Werth eines Wunsches. Wie wenig die auf ihr gefaßten Resolutionen selbst von ihren Theilnehmern für bindend erachtet wurden, bewiesen die englischen Trades- Unionisten, die auf ihrem Huller Kongreß aus= drücklich verschiedene derselben verwarfen.

Ju September 1887 faub in St. Gallen   in der Schweiz   ein Partei­tag der deutschen   Sozialdemokratie statt. Auf demselben wurde unter anderem eine Resolution angenommen, zum Jahre 1888 einen Inter­nationalen Arbeiterfongreß einzuberufen. Als aber um dieselbe Zeit von den Trades- Unions der Londoner   Kongreß einberufen wurde, war die deutsche   Arbeiterpartei bereit, ihren eigenen Kongreß fallen zu lassen, vorausgesetzt, daß sie auf dem, der in London   zusammentreten sollte, zugelassen würde.

einfach zugelassen!

In ihrer Einladung zum Kongreß hatten die Trades- Unions erklärt, daß nur wirkliche Delegirte von na chweisbar bestehenden Arbeitervereinen zugelassen werden würden. Aber unter den gegen­wärtigen Zwangsgesezen in Deutschland   würde jede Fachvereinigung durch die einfache Wahl und Entsendung eines Delegirten nach London  ihre sofortige Auflösung und die Konfiskation ihres Vermögens von Seiten der Regierung auf sich herabbeschworen haben. Die von dem Gewerkvereinsfomite formulirte Bedingung lief einfach auf den Ausschluß aller deutschen   Delegirten hinaus. Die deutsche   Arbeiterpartei sandte nun A. Bebel, unfern wohlbekannten Reichstagsabgeordneten, als ihren Delegirten nach London  , und der Unterzeichnete begleitete ihn. Bebel sprach auf den Sekretariaten des Parlamentarischen Komite's und des Londoner   Zentralraths der Gewerkschaften vor und konferirte mit Ver­tretern der Sozialdemokratischen Federation und der Sozialistischen Ligue. Eine längere Korrespondenz entspann sich, in der die Deutschen   eine Aenderung der Zulaßbedingungen suchten. Aber die Entscheidung des Parlamentarischen Komite's wurde aufrecht erhalten, die Thür des Kongresses vollbedacht uns vor der Nase zugeschlagen. Darauf erließ die Leitung unserer Partei ihren Protest gegen solch einen Kongreß.

Der Kongreß fand statt. Nie in der Geschichte der Bewegung der Arbeiterklasse ist ein Arbeitertongreß unter so erniedrigenden Bedingungen zusammengetreten. Alle früheren Arbeiterkongresse hielten darauf, souverain zu sein. Die Einberufer mochten vorläufige Bestimmungen treffen, aber jeder Delegirte konnte seine Stimme dagegen erheben, und dann traf der Kongreß den maßgebenden Entscheid. Diesmal aber wurden Zulaß­bedingungen, Tagesordnung, Geschäftsordnung, kurz alles und jedes im Voraus von dem Parlamentarischen Komite, diesem antisozialistischen Organ des antifozialistischen Londoner   Gewerkschaftsrathes, diftirt. Troßz­dem unterwarfen sich die sozialistischen   Delegirten des Kongresses dieser Erniederung, weil sonst der Gewerkschaftsrath, der das Lokal gemiethet und mit Recht­hatte, fie hinausgewiesen hätte, und weil sie es

für wichtiger hielten, vor der Welt die Eristenz einer starken sozialistischen  Minderheit unter den englischen Gewerkschaften bekannt zu geben. Aber sie waren verpflichtet, Protest zu erheben, und das haben sie unterlassen. Fortschung folgt.)

Die Vergötterung des Weibes.

Jon Jon!( Fortseßung.)

Man mag obige Fälle, die wir auf's Geradewohl herausgreifen und unendlich vermehren könnten, zufällige nennen; aber selbst wenn wir­dem Zufalle auch den weitesten Spielraum lassen, so behaupten wir, daß sie der hergebrachten Redensart von der Gebrechlichkeit" des Weibes ein Ende machen. Die Wahrheit ist, daß die zivilisirte Dame" daran gewöhnt worden ist, sich selbst als gebrechlich zu betrachten. Man sagt ihr so oft und so lange, Meine Liebe, das ist zu anstrengend für Dich", bis sie es endlich selbst glaubt, oder wenigstens es für unweiblich hält, es nicht zu glauben. Beim Proletariat, wo diese Einbildungen als über­flüssiger Lurus betrachtet werden, zeigt sich die Gleichheit der Gesundheit und Ausdauer von Mann und Frau ganz deutlich, ebenso, wenn auch in geringerem Maße, bei den Frauen der gebildeten" Selasse, welche ihren Unterhalt als Lehrerinnen oder durch literarische Beschäftigung verdienen müssen. Aber", wirft Bebel ein, augenscheinlich fühlend, daß und auch darin nur den oft wieder­er auf schwachem Boden steht holten Argumenten folgend selbst die Rückständigkeit der Frau zuge­geben, so ist dies noch kein Grund, das Feld ihrer Thätigkeit zu be­schränken, da es auch viele Männer von ganz gleicher Rückständigkeit gibt, die solchen Einschränkungen nicht unterworfen sind."

Dieser bis zum Ueberdruß wiederholte Einwand ist wirklich ganz un­gereinit. Es gilt als allgemeines Prinzip in jeder Gesetzgebung und bei feder Abmachung, ein Gesetz oder eine Bestimmung für die Regel und nicht für die Ausnahme zu erlassen. Wenn wir zugeben, daß die durch­schnittliche Intelligenz des Mannes einen gewiffen Höhegrad erreicht und daß die durchschnittliche Intelligenz der Frau dahinter zurückbleibt, fo müssen wir auch anerkennen, daß die Gesellschaft höchst vernünftig handelt, wenn sie eine ganz bestimmte Klasse von Menschen, oder auch ein Ge schlecht, welches sie als durchschnittlich untergeordnet anerkennt, von ge wissen Sphären ausschließt, die eine Verantwortung in sich tragen, z. B. dem ärztlichen Beruf oder der Leitung öffentlicher Angelegenheiten. Es ist rein Einwurf gegen eine solche Bestimmung, wenn man blos jagt, daß es Männer gibt unter und Frauen über dem Durchschnittsverstande. Ohne Zweifel ist dies der Fall, aber solche Ausnahmen berechtigen feineswegs zum Absehen von einer Maßregel, die nicht für fle, sondern für die Allgemeinheit getroffen wurde. Der Fehler, daß sie nicht allen Einzel­heiten gerecht wird, ist ein Fehler, der allen allgemeinen Regeln an­haftet, und ist in diesem Falle nicht bedenklicher als in irgend einem anderen. In einer vernünftigen Gesellschaft wird man einem solchen Einwand mit dem Hinweis begegnen, daß feine Regel oder Satzung unbedingt ist und offen die Ausnahmen zugestehen. doing

Die Widersprüche unserer Frauenrechtler sind aber noch viel schreien­der. Sie behaupten für die Gleichheit zu streiten und für das Recht der Frau, sich jedem Beruf zu widmen, auch denen, die heute nur in den Händen des Mannes liegen.

Näher betrachtet, zeigt es sich jedoch, daß man eigentlich nur die an­genehmeren Beschäftigungen im Auge hat, aber nicht solche, die eine Gefahr in sich schließen, oder einen gewissen Grad von Anstrengung erheischen. Von Ansprüchen der Frau auf den Militärdienst, oder auf den der öffentlichen Sicherheit und dergleichen ungemüthliche Dinge haben wir noch nie gehört. O, gewiß nicht! das würde sich nicht schicken eine solche Art der Gleichheit will man nicht. Was für die emanzipirte" Frau verlangt wird, ist das Recht, in den öffentlichen Angelegenheiten zu dominiren, die erste Geige in Berufen wie Medizin, Rechtskunde u. 5. w. zu spielen. Berufe, die eine achtbare" foziale Stellung bieten und in der heutigen Gesellschaft meist ein behagliches Leben sichern. Das ist die Gleichheit, die man anstrebt! e Alle beschwerlichen Beschäftigungen, solche, die der Möglichkeit aus­setzen, beschädigt oder getödtet zu werden, Soldatspielen, Gruben= arbeit u. s. w. werden als unpassend für Frauen gern zugegeben dafür sind die Männer gut genug. Wagt es aber Jemand zu behaupten, daß auch gewisse andere, zufällig angenehmere Beschäftigungen für Frauen nicht geeignet sind, dann tönt ihm der Ruf reaktionäres Ungeheuer" von der emanzipirten Schwesterschaft entgegen.

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