Jubil

-

H

Ich habe thn gestern gefehen, er, fie, es hat ihn heute nicht ge­sehen 2c." Ganz Baris schien in eine Ollendorf  'sche Grammatik ver­wandelt. Die Antiboulangisten, in erster Linie die Minister, waren natürlich wüthend, daß ihnen der geplante Schlag mißglückt war. Die Boulangisten wußten nicht, sollten sie weinen oder lachen, sie schnitten die dümmsten Gesichter von der Welt, denn es stellte sich heraus, daß Boulangers Vertrauen in seinen treuen Generalstab so groß gewesen, daß er nach der Marime: Vorgesehen ist besser als nachgesehen, über seinen Plan das größte Geheimniß beobachtet hatte. Die Freunde hatten von demselben wenn man vielleicht zwei bis drei der Intimsten des Generals ausnimmt ebenso wenig eine Ahnung wie die Feinde. Nachträglich niachten die Ersteren natürlich gute Miene zum bösen Spiel und wollten der Welt einreden, daß sie selbst es gewesen, die den ,, tapferen General" im Interesse der guten Sache zur Flucht bewogen, fa daß sie dieselbe als ein Opfer" von ihm gefordert hätten, um der Bewegung das Haupt und das Banner zu erhalten." Jedoch alle solche nachträgliche Behauptungen werden durch die Artikel der boulangistischen Zeitungen Lügen gestraft, welche das Gerücht von der Flucht beim ersten Auftquchen als ein gemeines ministerielles Lügengewebe bezeichneten, das nur den Zweck verfolge, Boulanger im Lande als Feigling zu distreti­tiren. Thatsächlich hatte das Auskneifen Boulangers auch im ersten Moment den schlechtesten Eindruck gemacht, der, wenn er fortbestanden, die Rolle des Führers der nationalen Partei" unheilbar kompromittirt hätte. Verschiedene Mitglieder des Nationalkomites wie Thiebaud, Michelin  , Sufini gaben ihre Entlassung und kritisirten Boulangers Handlungsweise in den schärfsten Ausdrücken, in Paris   und der Provinz fündigten radikale Elemente, welche sich der Bewegung angeschlossen, dem fahnenflüchtigen Führer", der in Sicherheit schwelgen wollte, während er die Masse jeiner Anhänger den Verfolgungen überließ, den Gehorsam. Die erprobten Boulangisten boten daher ihren ganzen Einfluß auf, um den üblen Eindruck zu verwischen, und ihre opportunistischen Gegner Iteferten mit eigener Hand den Mantel, der die boulangistische Blöße deckte. Durch die Verfolgungsmaßregeln, welche die Regierung mit fieberhafter Haft betreibt, hat sie den Vorwand geliefert, der Boulangers. Flucht einen Anstrich von Berechtigung verleiht. Kaum war Quesnay de Beaurepaire in seine Würde eingeseßt, so suchte er bet der Kammer um die Einwilligung nach, Boulanger vor den höchsten Gerichtshof des Senats zu ziehen.

Die staatsanwältliche Begründung war ein Meisterwerk schlechter und blöder Beweisführung, so daß sogar der Temps" zugeben mußte, das Dokument sei fein Jdeal in seiner Art gewesen", und sich der Justizminister, der ohnehin auf einem wackeligen Stuhl fist, genirte, dem Gebrauch gemäß dieselbe zu verlesen und die Ehre dem Kammer­präsidenten überließ. Demt biederen Quesnay de Beaurepaire nach hat Boulanger bereits 1871(!) begonnen, gegen die bestehende Staatsform zu konspiriren.

Die Sigung, in der die Anklage zur Verlesung kam, gehörte zu den stürmischsten, welche je stattgefunden, was in Frankreich   gewiß etwas heißen will. Der Lärm der Zwischenrufe, der Beleidigungen und Schimpfereien, welche sich die gebildeten" Herren Parlamentarier an die Köpfe warfen, war so groß, daß Niemand ein Wort des verlesenen Dokuments verstehen konnte. Die Nechte nahm diesen Umstand zum Vorwand, eine Vertagung zu beantragen, da man unmöglich fiber Etwas abstimmen könne, das man nicht fenne", wurde aber abgewiesen. Der Jude muß verbrannt werden, lautete die Parole. Die Abgeordneten, welche gewöhnlich so gern die Stammer schwänzen", hielten zwei Sitzungen an einem Tage, um die verlangte Erlaubniß umgehend bewilligen zu können; nur eine sehr kleine Minorität von Radikalen, darunter die so­genannten Arbeiterdeputirten, hatte mit den Konservativen gegen die Ueberlieferung Boulangers an den Senat gestimmt. Die meisten dieser Radikalen sind ebenfalls für eine Verfolgung des Generals, erachten aber den Senat, als eine politische und nothwendiger Weise parteiische Körperschaft, ungeeignet für die Richterrolle, sie finden mit Felix Pyat  die Maßregel unrepublikanisch, ungeschickt und gefährlich.

Kaum hatte die Kammer ihre Einwilligung gegeben, so veröffentlichte der Präsident das Dekret, welches den Senat als außergewöhnlichen, höchsten Gerichtshof konstituirt, und dies obgleich das hierauf bezügliche, vom Senat ausgearbeitete Gesetz, welches das Gerichtsverfahren regelt, wohl bereits von der Kammerkommission, aber noch nicht von der Kammer selbst angenommen war. Da viele Parlamentarier, besonders aus den Reihen der Konservativen gegen diese ungefeßliche Eile protestirt hatten, so ward das Gesez unmittelbar darauf in der Kammer, in nicht minder stürmischer Debatte wie die vorerwähnte, durchgepeitscht. Auch diesmal tagte die Kammer zweimal an einem Tage, fie war nicht weniger als acht Stunden versammelt und hat das Menschenmögliche an Lärm, Gehässigkeit und Prinzipienlosigkeit geleistet. In dieser, wie in der ersten Sigung ermöglichte es die verblendete beispiellos gewaltthätige Haltung der Bourgeois- Republikaner, daß sich die Reaktionäre aller Schattirungen als Vertheidiger der Freiheit und Gefeßlichkeit aufspielen konnten.

ausgestattete Beamte, daß schwarz an dieser Stelle nichts anderes be deutet, nichts anderes bedeuten fann, als weiß. Der Gesezgeber hat Schwarz gesagt, weil er weiß gemeint hat. Hätte er schwarz gemeint, so würde er weiß gesagt haben. Gegen eine solche Argumentirung ist natürlich nichts einzuwenden, und ist sie einmal durch alle Instanzen durchgedrungen, so ist sie Necht  ", und der Gesetzgeber hat das Nach­sehen. Nur auf diesem Wege war es möglich, daß das in keinem ande­ren Lande der Welt erreichte gloriose Resultat erzielt wurde, daß in Preußen- Deutschland   zur Bestrafung für Theilnahme an einem Geheim

bund"

1) weder der Beitritt zu einem Geheimbund,

2) noch die Leistung von Beiträgen zu einem Geheimbund, 3) noch Statuten und Sagungen eines Geheimbundes, 4) noch die Existenz eines Geheimbundes erforderlich ist.

Aber ein Stümper, wer sich mit dem Erreichten zufrieden gibt. Immer vorwärts! ist die Parole des wahren Gentes! Bisher war doch noch ein kleiner Hafen dabei: es mußte Einer, um der Strafe wegen Geheimbündelei zu verfallen, wenigstens eine verbotene Zeitung verbreitet, bei der Verbreitung derselben Beihilfe geleistet, zu ihr ange­regt, ermuntert" haben, und wie die verschiedenen Lesarten sonst noch heißen. Diese Bedingung aber ist vom Uebel, und soll denn, wie

Das Gesetz, welches das Gerichtsverfahren des Senats regelt und diesem eine geradezu unbeschränkte Vollmacht ertheilt, ward beschlossen, ,, ohne daß, wie die opportunistische Presse mit Hochgefühl bemerkt", ein Wort an der Fassung des Senats geändert wurde". Welche rührende Harmonie! Fast der ganze Troß der Radikalen stimmte für das Gefeß, das dem sonst von ihnen so bitter befehdeten Senat eine neue Macht verleiht. Nur die Arbeiterdeputirten und ein kleines Häuflein Nadikaler stimmte nicht in den allgemeinen reaktionären Herenfabbath ein. Auch Clemenceau  , Pelletan und etliche bekannte Führer der äußersten Linken zählten zu denen, die dem Gesetz ihre Sanktion versagten, doch haben fte den Werth ihrer Haltung selbst dadurch geschwächt, daß die Juſtice" erklärte, Ursache derselben sei, lediglich den Senat nicht durch die Be­willigung als eine dauernde und nöthige Einrichtung erscheinen zu lassen. Gewiß ein armseliger Grund. Am heutigen Tage versammelt sich der außerordentliche hohe Gerichtshof zum ersten Male, um natürlich mit einer Verurtheilung Boulangers in contumaciam niederzukommen. Bereits seit zirka acht Tagen ist Befehl zu dessen Verhaftung gegeben. Natürlich ist durch alle diese Ausnahmemaßregeln und Verfolgungen absolut Nichts zu Ungunsten der Plebiszitbewegung geändert wor den. Die Boulangisten werden von Brüssel oder sonst wo aus ruhig weiter konspiriren, an Geld dazu fehlt es nicht und wird es nicht fehlen, dafür sorgen schon alle Feinde der Republik   und Frankreichs   überhaupt. Die wahnwißige Reaktion der herrschenden Republikaner   sorgt aber da­für, den Boden für die boulangistischen Manöver gut vorzubereiten. Die Antiboulangisten gleichen einem Manne, der sein Haus selbst in Brand steckt und da ihm die Flammen über den Kopf zusammen zu schlagen drohen, nach der Feuerwehr( republikanische Konzentration Ausnahmegefeße) schreit. Die gefeßlich nicht begründeten Verfolgungen des Generals bauen dessen mittelmäßiger Persönlichkeit ein neues Piedestal.

Sozialpolitische Rundschau.

London  , 17. April 1889.

Der offiziöſe, Hamburgische Correspondent" mitzutheilen

für gut befindet, jetzt der Versuch gemacht werden, auch mit ihr aufzu= räumen. Das aus polizistischen Quellen schöpfende Blatt schreibt:

ist das

( 19

Wo die Gesetzgebungsmaschine versagt, da muß die Gesetz­fälschungsmaschine an die Reihe. Das ist das System, nach welchem die Reaktion in Preußen von jeher gearbeitet hat. Und wer wollte läugnen, daß es ein ausgezeichnet praktisches System ist? Die politischen Parteien, selbst die reaktionärsten, haben alle, wenn auch natürlich nicht im gleichen Maße, gegenüber der Regierung ihre Sonder­interessen, sie haben außerdem auf ihre Wähler Rücksicht zu nehmen und bei dem allgemeinem Wahlrecht so verfälscht es heute ist immerhin ein unangenehmes Gegengewicht gegen zu volksfeindliche Ge­fühle der am Staatsruder sizenden Raubritterbande. Hier ist nun die Geseßfälschungsmaschine vulgo Rechtspflege ein vorzüglicher Aushilfsapparat. Wo die Parlamente versagen, da stellt zur rechten Zeit ein gefügiger Staatsanwalt, ein Richter, ein Reichsgerichts= rath sich ein. So ein strebsamer Jünger der Themis   hat auf Nie­mand Nücksicht zu nehmen, als auf sein Gewissen und die Regie= rung. Da das Gewissen aber keine Orden zu vertheilen, keine Be­förderung anzuordnen hat, so richtet es sich bei praktischen Leuten nach den Wünschen und dem Urtheil der Regierung. Die Regierung ist das Recht, und wenn der Buchstabe des Gefeßes schwarz sagt und das Interesse der Negierung weiß, so schwört der mit dem rechten Gewissen

Eine unangenehmelleberraschung steht den sozial­demokratischen Reichstags- Abgeordneten bevor. Nachdem in einer Reihe von Prozessen fede thätige Mits wirkung von Mitgliedern der Sozialdemokratie an der Erhal­tung und Verbreitung der Parteiorganisation, bestehe dieselbe nun in dem Besuch geheimer Versammlungen, in dem Einsammeln von Geldern, der Verbreitung von Druckschriften, oder in irgend einer andern Betheiligung, als strafbare Theilnahme an einer geheimen Verbindung festgestellt ist, lag die Erwägung sehr nahe, ob nicht, wenn schon die Theilnahme an der Verbindung zur Bestrafung gezogen werde, eine schwere Verant­wortung Diejenigen trifft, welche den ungefeßlichen Zustand ins Leben gerufen und bis zum heutigen Tage aufrecht erhalten haben, und welche vielleicht als Stifter, jedenfalls aber als Vor­steher der strafbaren Verbindung zu betrachten sind. Von dieser Erwägung ausgehend, soll, wie wir aus zuver­lässiger Quelle erfahren, wahrscheinlich im Anschlusse an den bevorstehenden großen Wupperthaler Sozialistenprozeß. burch welchen der Fortbestand der Verbindung zu erweisen sein wird, nach Schluß der tagenden Reichsfagssession erwogen werden, ob nicht gegen die Mitglieder der Parteiver­tretung, welche durch Erlaß und Unterzeichnung von Aufrufen, Rechenschaftsberichten, Geldabrechnungen u. s. w., insbesondere aber durch Einberufung des St. Gallener Partet tages, wie also angenommen wird, sich selbst als die Vorsteher der strafbaren Verbindung bezeichnet haben, die Strafflage zu er heben sein wird. Eo ipso hätten damit in erster Linie sämmt= liche Mitglieder der Reichstags- Frattion An­flagen zu gewärtigen, und zwar nicht irgend einer be­stimmten strafbaren Handlung wegen, sondern einzig und allein wegen ihrer zugehörigkeit zur Fraktion, in welcher eben die Borsteherschaft", d. i. die offizielle Parteivertretung, zu erblicken vermag. Dringt die An­tlagebehörde mit dieser als naheliegende Konsequenz der Geheimbundsprozesse sich ergebenden Anschauung durch, so ist damit ein Schlag gegen die Partei geführt, wie er vernichtender nicht geführt werden kann. Die ganze Parteivertre­tung wäre damit in die Luft gestellt, und es würde sich nur fragen, ob damit betreffs der weiteren Entwickelung der sozial­demokratischen Bewegung ein Gewinn im staatserhaltenden Sinne erzielt sein würde."

Das würde sich allerdings fragen", und wir sind dem Blatt des Hamburger Senates sehr dankbar für das indirekte Zugeständniß, daß für es und seine Einbläser nur dieser opportunistische Ge= sichtspunkt in Frage kommt, die rechtlichen Bedenken da­gegen leichter wiegen als Spinneweben. Stein Wort über die juri­stische Ungeheuerlichkeit einer Anklage wegen ,, nicht irgend einer bestimmten strafbaren Handlung", nicht einmal der Versuch, sie zu beschönigen. Nein, nackt und brutal wird die Absicht an­gefündigt, eine neue Rechts verdrehung durchzuführen, und die Verwirklichung dieser Absicht ausschließlich von sozusagen technischen Rücksichten abhängig gemacht. Technische Schwierigkeiten, nicht rechtliche Bedenken find es ja wohl auch, die eine Hineinziehung aller sozialdemokratischen Wähler in den Prozeß verhindern.

Wir wollen dem herrschenden Banditenthum nicht die Ehre anthun, die juristische Ungeheuerlichkeit des geplanten Streiches hier nachzuweifen, sie ist zu offenkundig, um auch nur eines Wortes der Erklärung zu bedürfen. Wir konstatiren nur seine In= famie. Er ist der verzweifelte Racheatt despotischen Größenwahus, der alle seine staatsmännischen Künste elend schei tern sieht. Wer zu solchen Mitteln greift, der unterzeichnet selbst seinen totalen moralischen Banterott und proflamirt die als Sieger, gegen die sie benutzt werden sollen.

alasmomet feineswegs grün", und als der brutale Polizeiknüppel auf die unbe queme Konfartentin und Mahnerin niederfiel, war ble Schadenfreude größer als das Beileid, und mit vollkommenem Recht hat die Redaktion der Bolkszeitung" sich über die Gleichgiltigkeit der parteigenössischen, d. h. der fortschrittlichen und demokratischen Presse beschwert.

Und wie es bei allen solchen Manövern von Bankrotteuren der Fall, so wird auch dieses den Zusammenbruch des Systems nur noch ver= heerender gestalten.

"

Was nun das Polizeiverbot betrifft, so lag nicht bloß dessen Unge­feßlichkeit( auch ausnahmegefeßliche Ungefeßlichkeit) vom ersten Moment an handgreiflich zu Tage, sondern ein Blick auf den sehr ge= mäßigten Leitartikel, welcher angeblich das Polizeiverbot hervorgerufen, genügt auch, um Jedem klar zu machen, daß es sich um einen an den Haaren herbeigezogenen Vorwand handelte, und daß der Schlag gegen die Volkszeitung" nur der Anfang einer größeren Aktion war, die viel weitere und höhere Ziele verfolgte, als die Unterdrückung der Volkszeitung".

Und diese Ziele waren auch nicht unschwer zu erkennen. Die Regie­rung braucht ein Preßfnebelgeseß, das ihr die gesammte Opposi tionspresse an Händen und Füßen gebunden überliefert, das So zialistengeset genügt ihr nicht mehr und schon seit längerer Zeit sucht sie nach Mitteln und Wegen, ihr Ziel zu erreichen. Die Bolts­zeitung" wurde gewissermaßen zum Versuchsobjekt erwählthätte sie sich nicht gefunden, so wäre ein anderes Objekt gefunden, im Nothfall er funden worden.

Zur Aufhebung des Verbots der Berliner Volkszeitung wird uns aus Deutschland   geschrieben:" Mit dem Entscheid der Reichsbeschwerdekommission ist der Rechtsstaat" ge= rettet, wie dessen ehrliche und unehrliche Priester und Anbeter trium­phirend behaupten thatsächlich aber nur ein neuer Zug in dem schändlichen Spiel gemacht worden, welches zum Zweck hat, die ohne­hin schon gar übel zugerichtete Preßfreiheit" im deutschen Reiche voll­ständig matt zu setzen. Der Feldzug gegen die Voltszeitung" ist ein politisch- polizeiliches Bubenstück, und die Freigebung des so schmählich gemaßregelten Blattes durch die Reichsbeschwerdekommission gehört zu diesent Bubenstück.

Fassen wir das Geschehene zusammen.

"

-

Die Volkszeitung" bot aber eine Handhabe, wie man sie sich besser nicht wünschen konnte, fie hatte durch ihre wuchtigen Hiebe in den Regierungsfreisen und in den Streifen der Regierungsparteien sich viel der Feindschaft erweckt, und das Lob, welches unser Frig" der Volks­Beitung" in seinem Tagebuche" gespendet, hatte ihr den grimmigen Haß des pflichttreuen Herrn Sohns zugezogen, der zufällig deutscher Kaiser ist, und seinen höchsten Ehrgeiz darein sezt, das artet­haupt sämmtlicher Reaktionsparteien in Deutschland   zu sein. Genug man vereinigte sich, die Volkszeitung" zu einem passen­den Versuchs- und Augriffsobjekt zu machen. Der Streich war aller dings ein Faustschlag ins Gesicht des Gesetzes, indeß der Zweck des experimentum in corpore vili mußte in jedem Falle erreicht werden:? Bestätigte die Reichsgalgen- alias Reichsbeschwerde- Kommission das ungefeßliche Verbot der Volkszeitung, so hatte das Sozialistengeseh praktisch die Ausdehnung erhalten, welche die Reaktion ihm zu geben wünscht.

Bestätigte die Kommission das Verbot nicht, so war der schlagendste Beweis für die Unzulänglichkeit des Sozialistengesezes, und für die Nothwendigkeit einer allgemeinen Preßtnebelafte er= bracht. Und da letteres der Regierung die erwünschtere der beiden Alternativen sein mußte, so hat die Reichsgalgenkommission durch Auf­hebung des Polizeiverbots, weit entfernt, gegen die Regierung den Rechtsstaat" zu vertheidigen, der Regierung einen Gefallen ge than und einen wichtigen Hand langerdienst geleistet, dessen Tragweite bei den Verhandlungen über die in der Vorbereitung be­griffene Knebel atte sich zeigen wird.

Am 18. März, also gerade um die Zeit, wo das für jede Zeitung so wichtige Quartalabonnement beginnt, wird die Volkszeitung" be= schlagnahmt und das weitere Erscheinen von der Polizeibehörde ver= boten. Den erklärten Vorwand bildete ein Leitartikel über den 18. März, in welchem Umsturzbestrebungen im Sinne des Sozialistengesetzes zi Tag getreten sein sollten. Nun wußte und weiß aber Jedermann, daß die Berliner Volkszeitung" während der mancherlei Wandlungen, die fie durchgemacht, niemals ein sozialistisches Organ, und während vieler Jahre sogar eins der sozialisten feindlichsten Blätter Deutsch­ lands   gewesen war, und daß die radikalen" Leitartikel des letzten Jahres, welche den Zorn der Pfaffen, Junker und Polizisten erregt, von Männern herrührten, die zwar, int Widerspruch mit der freihänd­lerischen Fortschritts- Bourgeoisie, eine ziemlich weitgehende Sozialreform befürworten, dabei aber mit Entschiedenheit die bürgerliche Welt­anschauung vertreten, also trop mancher Berührungspunkte einen dem sozialistischen   diametral entgegengesetten Standpunkt ein­nehmen. Die neuesten Redakteure glauben eben noch an die Vervoll­tommnungsfähigkeit der bürgerlichen Gesellschaft und halten die Lösung der sozialen Frage auf bürgerlich demokratischem Wege für möglich. Da die Bourgeoisie selbst von einzelnen Jdealisten abgesehen über ihre eigene Natur und ihr eigenes Wollen und können sich voll­kommen klar ist, so konnte sie natürlich in der Volkszeitung", nach­dem sich dieselbe dem demokratischen Utopismus ergeben, nicht mehr ihr Klaffenorgan erblicken. Und wenn das Blatt trotzdem, seit es die neue Richtung einschlug, an Abonnentenzahl zugenommen hat, so ist dies einzig und allein dem Umstande zuzuschreiben, daß es mitunter bet Geißelung des herrschenden Systems Worte der Empörung und des Zorns fand, welche jedem des Zorns und der Empörung noch fähigen Menschen ohne Unterschied der Partei- aus der Seele gesprochen waren.

-

3wei Tage später. Als wir das Vorstehende über die Frei­gebung der Volkszeitung" schrieben, lag uns die Begründung der Reichs­beschwerde- Kommission noch nicht vor. Inzwischen ist das sehr volumi­nöse Aftenstück von der Volkszeitung", die gleich den folgenden Tag - nach mehr als dreiwöchentlicher Unterbrechung wieder erschien, veröffentlicht worden. Wäre das Ding nicht zu lang, so würden wir es seinem vollen Wortlaute nach zum Abdrucke bringen. Es würde aber unser Blatt zur Hälfte füllen. Ein charakteristischeres und jesui­tischeres Aftenstück ist niemals zu Tage gefördert worden. Ignatius Loyola   und seine schneidigsten" Nachfolger sind in Schatten gestellt. Wenigstens was den guten Willen der scheinheiligen Unehrlichkeit anbelangt. Und auch die Leistung läßt nichts zu wünschen übrig, ob­schon die militärisch- bureaukratische Plumpheit des preußischen Polizisten hier und da nicht zu verkennen ist.

Die anderen Organe der bürgerlichen Opposition, und namentlich auch die mehr oder weniger demokratischen", die sich an die politische Fäulniß und Versumpfung gewöhnt haben und ein ganz behagliches Sumpfpflanzenleben führen, waren und find der Volkszeitung" auch

Genug die Verfasser haben das Außerordentliche fertig gebracht, in einem Athem die Nothwendigkeit der Aufhebung des Verbots und die Berechtigung polizeilichen Einschreitens auf Grund des Sozialisten geseges zu beweisen. Herr Herrfurth gehört beiläufig zu den Freunden und Schülern des tapferen Gneist, der Alles beweisen kann."

Н

Ursprünglich war die Aufgabe, welche die Beschwerdekommission zu lösen hatte, nicht sehr schwierig: die Regierung, von der das polizeiliche Einschreiten auf Wunsch des Kaisers angeordnet war, wollte mir Eins: Gewißheit darüber, ob das Sozialistengeses auf die gesammte Oppositions presse angewandt werden könne oder nicht. Alles Andere war ihr Wurst", um in der eleganten Sprache des Fürsten  Bismarck zu reden. Wie die Beschwerdekommission entschied, war gleichgültig; gab fie die Volkszeitung" frei, so hatte man das St nebel­gefeß. Gab sie die Volkszeitung" nicht frei, so war das Knebelgesetz überflüssig und man konnte jedes unbequeme Blatt auf die Guillo­tine des Sozialistengesetzes schleppen. In jedem von beiden Fällen war der Zweck erreicht.

"

"

Herr Herrfurth fand aber einen dritten Weg, der große Vorzüge befizt und unzweifelhaft die hohe, höchste und allerhöchste Zustimmung erhalten hat. Er vereinigte die beiden Möglichkeiten, von denen man naiverweise gedacht hatte, daß sie einander ausschließen würden. Er gab die Volkszeitung" frei, und vermied so das Odium der Bestätigung einer brutalen Willfürmaßregel. Gleichzeitig stellte er fest", daß Blätter, wie die Volkszeitung", auf Grund des Sozialisten­gesetzes unterdrückt werden können, und ersparte so der Regierung das Odium eines neuen Knebelgesetzes.

Der Polizeipräsident Nichthofen hat eine Eselei begangen, indem er gerade diese Nummer( mit dem Artikel über den 18. März) verbot und an dieses das Verbot des ganzen Blattes knüpfte. Hätte er eine der zahlreichen Nummern, die Herr Herrfurth den Polizeitölpeln als verbietbar vorbietet, am Stragen gepackt, dann war es aus mit der Volkszeitung."

Die Polizeitölpel werden sich das merken der Brei ist ihnen ja um den Mund geschmiert und bei der ersten besten Gelegenheit fällt das Messer der Guillotine.

-

-

Nach dieser Leistung wird Herr Ignatius von Loyola Herrfurth ge wiß einen Orden bekommen er hat sich wahrhaft verdient gemacht um den preußischen Polizeistaat, indem er das Sozialistengesetz ge­rettet, und mit dem Sozialistengesez den Polizeistaat selbst.

Wo der

Das geplante Knebelgesetz hatte immerhin seine Nachtheile und Un­bequemlichkeiten. Der richterliche Apparat, den es erheischt, ist weit komplizirter, als der einfache Polizeiapparat des Sozialisten­gesetzes. Selbst die gefügigsten, fnechtseligsten, strammsten und streber­haftesten Richter können nicht so schnell Recht oder richtiger Unrecht sprechen, wie der Polizist seinen Knüppel herunterfallen läßt. Außer dem arbeitet der richterliche Apparat, viel geräusch voller, und die Freiheitsmörder, gleich den andern Mördern, lieben aber das Geräusch und den Lärm nicht. Die Vorfämpfer des Rechts sollen in aller Stille abgewürgt werden, ohne daß ein Hahn darnach kräht. Politische Pro= zesse aber sind immer mit einer gewissen Aufregung verbunden und wenn hundertmal die Oeffentlichkeit ausgeschlossen wird.

dest

das

wiri

hofe

Obe

Vo

fich

fein

hat,

geif

fei bon

Jum

Eich

2

Wil

ahn

den

feie

der schic Pro

Zu

über

Nov Ium

Sch

Fr

den

Wei

der

nich

Aus all' diesen Verlegenheiten hat Ignatius Loyola Herrfurth die Machthaber gerettet sie brauchen fein neues Gesetz- das Sozialisten­gesetz, an das sich der deutsche   Michel schon gewöhnt hat, wird etwas aufgeputzt, und dann kann die Wahlkampagne beginnen. Die Fortschrittspartei merkt die Gefahr und will zunächst nach Ostern einen Antrag einbringen, der den Beschwerden gegen Polizei­verbote auf Grund des Sozialistengesezes aufschiebende kraft verleiht und im Falle ungerechtfertigter Verbote die Polizeibeamten ent­schädigungspflichtig macht. Es soll dabei von fortschrittlicher Seite aus­drücklich betont werden, daß die beantragte Abänderung keine Anerken­nung des Solialistengesetzes bedeuten solle. Und insofern der Antrag eine Kritik des infamen Verfahrens gegen die Volkszeitung" ermög= licht, können wir die Einbringung des Antrags nur billigen. Abge= ehen von der Ermöglichung der Kritik hat er freilich keinen praktischen Nußen, denn nach den Grundsäßen, die soeben in Sachen des Volks­zeitungs"-Verbots von der Reichsbeschwerde- Kommission festgestellt" worden sind, wird die aufschiebende Kraft der Berufung nur eine Galgen­frist von wenigen Wochen sein. Und daß der jezige Reichstag   die Ent schädigungspflicht der Polizei nicht ausdrücklich festsetzt, das liegt doch auf der Hand.

"

Interessanter und vielleicht wirksamer ist der Zivilprozeß, den die Volkszeitung" wegen Vermögensschädigung gegen das Polizei­Präsidium anstrengen will. Die Unterdrückung auf mehr als drei

muß

faum

ben

hoffe

noch eine

Stre

will.

Wof

derte

and

UNS

ihm

wad

und

mal

im

wege rein

nau

Eife

Dief

Tag

nati

öffen

prost

betre

ohne

Wäc

lichst

nicht

half

hof

und

für

Sitt

unf

nun

zur

J

belg

daß

Ha

and gibt

ist d

abso

berfo gung

töpft

bat

In& hat

ohne

diese Herr

Mein

der

Unter läufig

und

herrf ent

X.  

imme

die f

zu S

endig

bi

dritte

Um

des C

Un

Seffi

wird.

haupt

der

meiste

3u f

Wei

feit f

von d Strat Gefär dar

des C

prone

ob er

gleich

um 1

um E

seine