Zwei Notizen. In der Berliner Volkszeitung" von voriger Woche lesen wir:
„ Das Regiment der Gardes du Corps wurde am Mittwoch Abend bald nach 9 Uhr in Potsdam plöglich alarmirt. Ein Berichterstatter theilt uns als„ Augenzeuge" darüber Folgendes mit: In wilder Hast stürzten die Mannschaften, die theilweise schon in den Betten lagen, nach den Pferden, die schleunigst gesattelt wurden, und fort gings in faufendem Galopp durch die Straßen der Stadt nach dem bornstedter Felde. Die Leibfchwadron des Regiments, welche zum Theil in der Kaserne am Berliner Thor liegt, hatte den Auftrag, zunächst das fönigliche Stadtschloß zu beseßen, und dabei ereignete sich denn folgende wahrhaft friegerische Episode: Als die Gardes du Corps in wilder Hast um die Ecke am Berliner Thor stlirmten, und zivar meist einer hinter dem andern, je nachdem sie mit dem Auffatteln fertig geworden, stürzten bereits 10 bis 12 Mann einer über den andern. Die Lanze des einen drang einem Pferde in die Seite, so daß das Thier fortgebracht werden mußte. Die Reiter rafften sich sofort wieder auf, aber viele von ihnen hatten zer= brochene Lanzen, zerrissene Kleidungsstücke zc. und eine Anzahl Pferde hatte ohne Reiter das Weite gesucht. Am Donners tag Morgen wurden noch 4 bis 5 Pferde in der Nähe von Saarmund Herrenlos umherirrend eingefangen. Ein Theil der Gardes du Corps war inzwischen weiter gestürmit durch die Berliner und Brauerstraße dem Stadtschloß zu, wobei verschiedene Personen in großer Gefahr schwebten, überritten zu werden. An der Ecke der Humboldtstraße kam es alsdann zu einem zweiten recht ernst= haften zusammenstoß mit einem Fuhrwerk. Dort kam nämlich der Pferdehändler G. Voigt, Spreestraße 4 wohnhaft, mit einem Zweispänner angefahren und zwar gerade in dem Augenblick, als die Gardes du Corps um die Ecke stürmten. Die Leute konnten die Pferde nicht mehr pariren und so sprengten denn die ersten Reiter mitten in das Fuhrwerk hinein, die andern Reiter folgten, und so entstand denn ein wirrer Knäuel von übereinanderstürzenden Soldaten und Pferden, bei dem die Pferde des Voigt unten zu liegen famen, das Geschirr seines Wagens, sowie die Deichselstange desselben in Stücke zerbrachen und Herr Voigt selber vom Wagen geschleudert wurde, nachdem er vorher mehrfach in der Gefahr geschwebt hatte, von den Lanzen der übereinanderstürzenden Gardes du Corps aufgespießt zu werden. Nur mit vieler Mühe gelang es, die Pferde, welche sich in die Decken des Wagens verwickelt hatten, auf die Beine zu bringen, wobei sich denn wiederum herausstellte, daß mehrfache Verleẞ= ungen vorgekommen und Lanzen und Säbel der Reiter zerbrochen waren. Der Pferdehändler Voigt fab fich später genöthigt, seine zitternden Pferde und sein zerbrochenes Fuhrwerk in einem Gasthof einzustellen; er wird Ersatz für seinen Schaden verlangen. Inzwischen waren die Gardes du Corps weiter galoppirt nach dem Bornstedter Feld, woselbst sich sämmtliche Schwadronen, einschließlich der Rekruten, zufammenfanden. Ein Rekrut, welcher erst zwei Tage beim Regiment ist, hatte es gleichfalls fertig gebracht, auf dem Sammelplas rechtzeitig zu erscheinen; er erhielt dafür eine Belohnung von 10 Mart. Viele Mannschaften sollen in bunt zusammengewürfelter Montirung erschienen sein. Um 1211 Uhr konnte das Regiment wieder nach Hause reiten. Um 11 Uhr wurde das 1. Garde- Regiment ebenfalls alarmirt." Ein hübsches Stück Strieg im Frieden", nicht wahr?
Auf wessen Befehl diese Alarmirungen vorgenommen werden, weiß natürlich Jedermann. Es ist der oberste Kriegsherr", Wilhelm II. , der sie anordnet.
Nun die zweite Notiz. Sie fand sich um dieselbe Zeit in ausländischen Zeitungen und lautet:
Der deutsche Kaiser wird wieder von seinem Ohrenleiden geplagt, das fich seit den legten Tagen sehr verschlimmert hat. Er befindet sich be= ständig unter ärzlicher Behandlung. Die Schmerzen verlassen ihn feinen Augenblick."
Was haben diese Notizen miteinander gemein? Scheinbar sehr wenig. Bloß das Subjekt oder, wie man es auch ausdrückt, den Helden. Die erste schildert ihn den Helden- als handelnde, die zweite als lei= dende Persönlichkeit. So sehr wir nun Grund haben, dem deutschen Kaiser als handelnde Person unsere Aufmerksamkeit zu schenken, was geht uns an, was er förperlich leidet?
An sich gewiß sehr wenig. Wär's ein gewöhnlicher Sterblicher, von dem die zweite Notiz berichtet, so würden wir ihn bemitleiden, einer Majestät von Gottes Gnaden gegenüber erlauben wir uns so intime Empfindungen nicht. Aber mit den Leiden der Regenten hat es auch sonst seine Bewandtniß. Das wußte schon der alte Horaz, von dem der Sazz herrührt: Quidquid delirant reges, plectuntur Achivi wenn die Könige rasen, so müssen es die Achäer, d. h. die Völker, büßen. Völker haben schon in den Krieg ziehen müssen, weil ihre Könige schlecht gefrühstückt haben, und wenn heute die Macht der Fürsten erheblich geschmälert ist, so ist sie doch immer noch bedeutend genug, daß Einem, wenig irgend ein Monarch Ohrenleiden hat, unter Umständen dessen Volk leid thun kann.
Wir sprechen im vollen Ernst. Auf die plößlichen Alarmirungen tommt es im Grunde wenig an, selbst die obige Schilderung weiß nur von zertrümmerten Lanzen, Wagen 2c. und einem durchbohrten Pferd zu erzählen. Wenn also die Ohrenschmerzen Wilhelm II. bloß den Soldaten zeitweilig etliche Unbequemlichkeiten verursachen, so könnte man es dabei bewenden lassen. Mit großem Recht wirft aber das, Philad Tageblatt" die Frage auf: Wie aber, wenn das Leiden vom Ohr auf das Hirn übergreift, wie das oft zu geschehen pflegte? Wenn Wil helm II. nicht bloß vor physischem Schmerz zu rajen beginnt?
Wie es mit Königen zugeht, wenn sie wahnsinnig werden, darüber ift gerade jezt aus ganz unverdächtiger Quelle eine Schildering erschienen, die wirklich zu bezeichnend ist, um sie nicht auch hier wiederzugeben. Herr Heinrich v. Sybel, kgl. preußischer Hofhistoriker, hat in feinem, auf archivalische Studien beruhenden Buches Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I." mit dürren Worten zugegeben, was freilich längst bekannt war, daß der Großontel Wilhelms II., Friedrich Wilhelm IV. Längst wahnsinnig war, ehe er die Regierung abgab: 1. A. schildert er die Reizbarkeit Friedrich Wilhelms IV.und in diesem Punkt gibt dem„ Champagnerfriz" sein Großneffe schwer= lich etwas nach und fährt dann fort: god tim
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Gleich nach einer solchen Szene brach er ohnmächtig zusammen; die in den letzten Jahren durchgemachten Affektionen hatten feine Kraft verzehrt, ein Schlagfluß hatte ihn getroffen. Noch hatte man Hoffnung, da seit den erschütternden Tagen von 1848 mehrmals schwächere Anfälle ähnlicher Art vorgekommen waren, wo das Gedächtniß aussetzte oder der König in stilles Brüten versant, wo es gefährlich war, ihn zu erwecken. Das Alles aber war wieder vorübergegangen, und auch jetzt besserte sich nach einiger Zeit des Schwankens sein Zustand; er besichtigte Truppen, machte eine kleine Neise und hielt noch eine Sigung des Staatsministeriums ab, bei der ein Vorgang noch besonders tragisch war. Seit den Märztagen war die düstere Vorstellung bei ihm entstanden, daß zu seiner eigenen Buße Gott ihn zur Zuchtruthe alles sündhaften Wesens eingesetzt habe. Dies äußerte fich unter Anderm auch darin, daß er, von Natur aus mild und heiter geschaffen, seitdem nur schwer zur Begnadigung der schweren Kriminalstrafen zu bestimmen war( während bei seinem Nachfolger das gerade Gegentheil stattfand). In jener Sigung nun traf es sich, daß in der Zwischenzeit sich dref= zehn Todes urtheile angesammelt hatten, über welche der Justizminister Simons Bericht erstattete. Der König bestätigte davon elf. Es war seine letzte Regierungshandlung. Das Gehirnleiden brach wieder aus; das geistige Leben war umnachtet, und gegen Ende Oktober erschien ein königlicher Grlaß, daß er seinem Bruder Wilhelm dem Prinzen von Preußen, auf drei Monate die Stellvertretung in den Regierungsgeschäften übertrage."
Gilf Todesurtheile eines Wahnsinnigen seine lebte Regierungshandlung". Herr von Sybel schreibt nicht, ob dieselben auch ausgeführt wurden. Wenn ja, ist es nicht grauenhaft zu denken, daß elf Menschen hingerichtet wurden, weil ein Wahnsinniger es für gut befand?
Und doch, es waren immerhin elf gerichtlich. Verurtheilte, Leute, die Verbrechen begangen, die sie außerhalb der menschlichen Gesellschaft stellten. Was aber steht heute auf dem Spiel? Die politische Situation in Europa ist so gespannt wie nur möglich, Krieg und Frieden Europas hängen, wie die Offiziösen nicht müde werden, uns zu betheuern, auf des Messers Schneide ". Und Wilhelm II ., König von Preußen und Kaiser von Deutschland ist oberster Kriegsherr über das größte Heer, das die Welt kennt. Plagt ihn heute sein Ohrenleiden, jo alarmirt er irgend ein Regiment, irgend eine Garnison. Und wenn
sein Leiden um sich greift, wenn ihn eines Tages der Schmerz rasend macht, wer bürgt dem deutschen Volk, wer den Völkern Europas dafür, daß er nicht in seiner Verfassung seine ganze Armee alarmirt und einen Krieg entfesselt, der nach der übereinstimmenden Ansicht aller Sachkenner der blutigste, verheerendste sein wird, den die Menschheit je hat über sich ergehen lassen müssen?
Niemand. Erst wenn der Wahnsinn hoffnungslos, entmündigt man Könige. Gegen ihren temporären Wahnsinn gibt es keinen Schuh. Das monarchische Prinzip" duldet ihn nicht. Darum
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hoch die Monarchie, hoch das Gottesgnadenthum! Schreit hurrah, Völker, bis Eure Kehlen trocken sind!
Amerika. In Boston hat vorige Woche die vierte Jahresfonvention der großen amerikanischen Gewerkschaftsfederation getagt. In dem Augenblick, da wir dies schreiben, sind wir über den Ausgang und die Beschlüsse der Konferenz noch nicht unterrichtet, dagegen erfahren wir aus den bis jetzt eingelaufenen Berichten, daß die Konvention in großartiger Weise besucht worden ist. Ueber die Bedeutung der Federation, die stärkste Arbeiterverbindung Amerita's, man kann sagen der Welt, schreibt die New- Yorker VolksBeitung":
" In ersterer Hinsicht kommt in Betracht, daß die„ Federation " alle jene nationalen und internationalen Gewerksverbände umschließt, denen man jedenfalls Massenhaftigkeit der Mitgliedschaft nicht absprechen kann. Die an anderer Stelle veröffentlichte Liste der Unions, welche mit dem Zentralförper verbunden sind, enthält die Namen von 30 Verbänden, von denen jeder mehr als 20 Lokal- Unions besitzt. Da ist vor Allem die Brotherhood of Carpenters und Joiners zu nennen, die mit 484 Lokal- Unions und 53 240 Mitgliedern aufmarschiert; da ist ferner die Amalgamated Association of Iron und Steelworkers mit 117 LokalUnions und 35 000 Mitgliedern; die Ironmoulders Union of N. A. mit 250 Lokal- Unions und 28 571 Mitgliedern u. f. w. Im Ganzen umfaßt die Mitgliedschaft der Federation zirka 60 Organisationen, vertheilt auf etwa 30 Gewerke, zu denen nach den vorliegenden Angaben 549 461 Personen gehören.
Mehr als fünfmalhunderttausend Arbeiter in Reih' und Glied! Went erweckt diese Thatsache nicht den Gedanken: Welch' gewaltige, wahrhaft unwiderstehliche Macht schlummert in diesem Riesenkörper!
Was könnte diese Organisation nicht Alles jetzt schon im Interesse der Arbeiter durchsetzen, sobald nur erst der Geist des proletarischen Befreiungskampfes in ihr lebendig geworden wäre!
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Wir wissen es wohl: so weit sind wir noch nicht. Viel, recht viel fehlt noch dazu. Innerhalb der meisten großen Gewerks verbände herrscht noch rabenschwarze Dunkelheit in Bezug auf Erkenntniß des Ziels der Arbeiterbewegung, und auch„ in punkto" Solidaritätsbewußtsein sieht es da und dort noch sehr traurig aus. Das kann nun eben nicht anders sein, so lange als der Sozialismus die Lehre des Solidaritäts- und Zielbewußtseins den Massen der amerikanischen Arbeiter überhaupt noch gar nicht bekannt geworden ist. Und so steht die Sache in Wahrheit für ebenso lange, als die amerikanische Arbeiterbewegung noch nicht in der Landessprache über Preßorgane verfügt, welche in Inhalt und Verbreitung ihrer Aufgabe gewachsen sind. Während wir also in Hinsicht auf das intellektuelle Niveau, auf dem die Massen der Federartion" sich zur Zeit befinden, uns keiner Illusion hingeben, sind wir doch überzeugt, daß eben diese Massen es sind, welche unter dem machtvollen Antriebe der Thatsachen- Entwicklung, auch in Einsicht und Charakterstärke fortschreiten und wachsen müssen, ob sie heute schon wollen oder nicht. Ein vollkommen richtiger Gedanke ist es, der jetzt schon den konservativsten Mitgliedern der Federation" vorschwebt: es kommt zunächst darauf an, die Organisation der Arbeiter so weit als möglich allumfassend und kampftüchtig zu machen, und das Weitere wird sich finden". Die New- Yorker Volkszeitung" hat ftets jede Gelegenheit benüßt, um den Standpunkt zu vertreten, daß die Arbeiterbewegung dieses Landes vor Allem in einem großen, gesunden und urwüchsigstarken Organisationsförper Fleisch und Blut annehmen muß und daß dann das Erwachen eines gesunden, unaushaltsam vorwärtsstrebenden Geistes nicht ausbleiben wird. Wir erwarten mit voller Zuversicht, daß die gegenwärtig in Boston tagende Konvention werthvolle Arbeit leisten wird, um das Werk des Ausbaues der Organisation seiner Vollendung näher zu führen.
Korrespondenzen.
Aus Dänemark . Von der Deutschen Lesegesellschaft" in Kopenhagen geht uns über die Differenzen in der Sozialdemo= fratischen Partei Dänemarks eine Zuschrift mit dem Ersuchen um Veröffentlichung zu, die wir im Nachstehenden zum Abdruck bringen. Wir haben uns nicht befugt gehalten, inhaltliche Aenderungen vorzunehmen, dagegen haben wir geglaubt, um die Diskussion soviel als möglich auf dem Boden sachlicher Erörterung zu halten, einige heftigere Ausdrücke und Wendungen, die den Einsendern in der Erregung in die Feder gelaufen, ausnerzen zu sollen.
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" Kopenhagen , 20. Dez. 1889. Die Deutsche Lesegesellschaft", die dem Konflikte in der dänischen Arbeiterpartei aus der Nähe gefolgt ist, und wenn auch nicht formell so doch prinzipiell verpflichtet zu sein glaubt, Stellung berechtigt ist dazu zu nehmen, hat sich in einigen Versammlungen mit dem im " Sozialdemokrat" bereits gemeldeten Ausschluß der Redaktion des„ Arbejderen" aus der Partei beschäftigt, und in einer Extra- Generalverfammlung vom 12. ds. folgende Resolution angenommen, die dem dänischen Parteiorgan Sozialdemokraten" sowie„ Arbejderen" zur Veröffentlichung eingesandt, von Ersterem aber noch nicht veröffentlicht worden ist: sid
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Da die Sozialdemokraten den Sozialismus als höchstes Gut betrachten, über welches ein Jeder wachen muß, der ein wahres Interesse daran hat, daß sein Grundcharakter unverlegt klargelegt wird, so protestirt die Versammlung gegen den Ausschluß der sieben Genossen( Redaktionskommission des„ Arbejderen"), die in dobigem Sinne gewirkt haben, erklärt die Ausstoßung derselben als einen groben Bruch der sozialdemokratischen Prinzipien und für einen Schandfleck in der dänischen Arbeiterbewegung."
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Im Uebrigen unterschreiben wir die Ausführungen der Redaktion des Sozialdemokrat" in Nro . 50 vollständig. Der Ausschluß stüßt sich nicht auf unehrenhafte Handlungen der Ausgeschlossenen, sondern nur auf ganz lose, unbewiesene und darum umso tadelnswerthere Be schuldigungen. Aus Mangel an wirklichen Gründen hat man zu den fleinlichsten Mitteln seine Zuflucht genommen. Gerson Trier z. B. warf das dänische Parteiorgan in einer wenig würdigen„ Charakteristik der Opfer" vor, daß er eigentlich der Kapitalistenklasse angehöre, F. Möller, daß er Deutscher von Geburt sei(!), zwei anderen der Ausgeschloffenen, daß fie früher zum Stompromißbrei" geschworen und nun radikal geworden seien u. f. w., und daneben fielen die mehr oder minder direkten ehrenrührigen Verdächtigungen wie„ bezahlte Spießgesellen Der Reaktion",„ revolutionäre Spione" 2c. Antworten der Beschuldigten im dänischen Parteiorgan wurden mit zweideutigen Kommentaren versehen oder, wenn sie den Leitern nicht in den Stram paßten, ein= fach unterdrückt.
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Daß die Opposition dazu nicht schweigen konnte, versteht sich von selbst. Ein Fräulein Signe Andersen, oppositionelles Mitglied des Hauptvorstandes, schrieb im Arbejderen" einen mit ihrem Namen unterzeichneten Artikel, worin sie die Leitung der Partei als kleinbürgerlich und als auf materielle Vortheile bedacht" angriff.
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Dieser Artikel bot den Leitern der Partei den lange ersehnten Anlaß, einen Schlag gegen die ihnen unbequem werdende Opposition zu führen. Der Hauptvorstand schloß das genannte Mitglied aus dem Vorstande aus, und stellte die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen als gegen die Partei gerichtet dar. Eine Art Plebiszit über das ganze nicht etwa Frl. Andersen ausLand wurde in Szene gesetzt, um zustoßen, sondern um die vermeintlichen Mitschuldigen und Verbreiter" des betreffenden Artikels aus der Partei auszuschließen. Das Parteiorgan arbeitete mit Hochdruck, Stimmung zu machen. Tagtäglich erschienen die unsaubersten Beschuldigungen gegen die sieben Sündenböcke, und das gewünschte Resultat blieb nicht aus.( Die Stimmenzahl wissen die Leser des„ Sozialdemokrat" bereits, nur ist ein Irrthum unterlaufen, als in Kopenhagen , Zentralabtheilung ohne die andern Stadtfektionen- das Verhältniß 368 für und 141 gegen war.)
Der Ausschluß bedeutet formell noch feine Spaltung der Partei, da
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das Gros der Opposition in der Partei- Organisation verbleibt, und sich nicht freiwillig des Rechtes der Kritik begeben will. Ob es die Leiter der Mehrzahl auf das Aeußerste ankommen lassen werden, bleibt abzuwarten; das dänische Parteiorgan hat schon darauf hingewiesen, daß die„ Nevolutionäre" eine Separatorganisation gebildet hätten, näm lich den literar sozialistischen Verein", der seit dem 1. Oktober die Herausgabe des„ Arbejderen" übernommen hat, um eine wirklich prinzipielle Agitation anzubahnen, die der in den Reihen der hiesigen Sozialdemokratie einreißenden politischen Versumpfung, der kleinbürgerlichen Auffassung der ökonomischen Entwickelung und dem Schachern mit Arbeiterstimmen bei Wahlen, das schon wieder voll im Gange ist, wirksam entgegen arbeiten soll.
Wie weit man diesen Verein, der sich außerhalb der Parteiorgani sation gebildet hat, als eine Partei für fich" auffassen kann, darüber dürften die Meinungen getheilt sein.
Während einstweilen Waffenstillstand herrscht, bricht sich übrigens auch bei den, den internen Parteiangelegenheiten ferner stehenden Genossen die Erkenntniß Bahn, daß der Ausschluß ein unbedachtsamer Schritt einer im Autoritätsglauben steckenden arg verheizten Menge war und eine grobe Verlegung der sozialdemokratischen Prinzipien bedeutet, die dem Terrorismus in den Schreckenstagen der großen Revolution sehr ähnlich sieht. Hier wie dort war nämlich eine Vertheidigung der Opfer unmöglich; Vorschläge, dem nächstjährigen Kongreß die Streitfragen zur Schlichtung vorzulegen, wurden bekämpft und ver worfen, die„ kompakte Majorität" ließ sich dazu verleiten, die Gebote der gesunden Vernunft bei Seite zu schieben, und das Schuldig" wurde ausgesprochen.
Als bezeichnend für die Zusammensetzung der Mehrzahl und als Charakteristik der hiesigen Parteiverhältnisse überhaupt ist u. A. das Kuriosum zu erwähnen, daß ein hiesiger freisinniger Wählerverein", der zwar in die Parteiorganisation einverleibt ist, aber seinen Namen noch nicht zu einem sozialistischen " verändern durfte, um die freisinnigen" Elemente nicht zu verlieren, daß ein solcher Verein über den Ausschluß von wirklichen Sozialisten stimmen durfte. Freisinnige Elemente schließen Sozialisten vom Sozialismus aus, welch' ein Hohn! Derselbe Verein, resp. dessen Leiter, brachten es auch fertig, die Abſtimmung ohne alle Diskussion vor sich gehen zu lassen; eine nette
Demokratie!
Wie dem auch sei, der Ausschluß wird das Gegentheil bewirken von dem, was er erreichen sollte, und hoffentlich zu einer Verjüngung und Neubelebung der hiesigen Parteiverhältnisse beitragen. Mit sozialdemokratischem Gruße
Die deutsche Lesegesellschaft. H. Zangger.
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zu Ostern", ja zu Ostern, da bringt der Haase ein Ei und kann da nicht kommen, vielleicht nach Pfingsten zwei!?- Urania : Bf. v. 27. am 30/12 89 beantw. Profit! Rother Cerberus: Gut. Werden recherchiren wo Fehlendes hängt. Ibsen : Bstllg. nach Vorschrift vorgemerkt. Ebenso Weiteres. Bfl. mehr betr. Mr. Michel: Schrftbstllg. notiren u. beantw. Weiteres bfl. Xanthias: Bf. u. tbd. v. 29/12 erh. Erfragtes demnächst. J. Hchs. New York : 11 Pfd. a Gto. Ab. u. Schft. erh. Bestllg. und Auszug folgt. Erfag 46 kreuzte mit Bf. E. C. Lg.: Mt. 5.- Ab. 1. Qu.
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Sauer
90 1. a Cto. Schft. erh. Wegen Paris . Arbtrfgr. II. wenden Sie sich gefl. direkt an die auf Umschlag I. befindliche Adr. traut: Mt. 10.a Cto. Ab. 90 2c. erhalten, worauf Ihnen noch Mt. 5. 05 zukommend sind. J. Bord New York : 1 Doll. Ab. 1. u. 2. Qu. 90 erh. Warum nicht in Papiergeld? Diese Art Anweisung macht mehr Lauferei und Schreiberei. Sttlg. folgt. A. Ltg. San Franzisko: Sdg. v. 9. am 30/12 erh. Warum nicht auf Kentish To win Post office zahlbar und einfach adressirt E. Bernstein& Co. 114 Kentish Town Road London N. W. Alles Andere macht uns Scheererei und Lauferet. Betrag unter Wfds. speziell quit= tirt. H. Rackow Hier: 4 Pfd. a Gto. Ab. 2c. erh. Nmttd. gutgbr. Auszug folgt. H. Mllr. Paris : Fr. 5.50 f. Schrft. erh. Sdg. abgegangen. Nother Kuli: Avis v. 29/12. 89 u. Notiz betr. C. am 31/12 erh. Cassa erwart. Bft. Weiteres. Tybalt: Mt. 20- per Ab. 90 2c. dfd erh. Rubikon: Avis v. 29/12 hier. Mt. 13,95 per Ggr. gutgebr. Adr. 2c. not. u. Cassa erwartet. Für Gedichte ist zur Zeit keine Verwendung. Claus Groth: Mt. 200.- a Cto. Ab. 20. erh. Meßdiener: Mt. 5. Ab. 1. Dit. 2c. erh. Hoffentl. streckt sich der Trost nicht allzulang. Romulus: Bf. freuzte m. P. K. Bstllg. folgt. Ne. stimmt. Wahrscheinl. einmal verschrieben. G. B. Vvs: Fres. 2.50 Ab. 1. Dit. erh. G. Schtt. Bdfd.: Shl. 14. f. Schft. erh. Sdg. abgg. Vorwärts Buenos- Ayres: Doll. 26. erh. u. ab= zügl, Doll. 5. 15 a Cto. Ab. 2c. dem Wahlfond dkd. ausgefolgt. P. R. haben Sie mißverstanden. Bfl. Näheres. M. L. Bgh.: Mt. 20. a Cto. Ab. 90 2c. erhalten.
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D. Schmiz. Hrslndn.: Fr. 2. Ab. 4. Qut . erh. M. St. D'straß. Fr. 2. 25 Ab 4. Qu. erh. Sflgr. Zrch.: Fr. 24.- dret Aboy 1890 erh.-W. B. O'straß.: Fr. 2. Ab. 1. Qu. erh.
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C. Esbrth. A'sihl.: Fr. 2.
L. S. Bil. Fr. 49. 50 Ab. 3. Qu. erh. Ab. 1. Qu. erh.
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Die uns zum Jahreswechsel gewordenen Glück wünsche erwidern wir hiermit bestens und entbieten zugleich allen den Unsrigen ein freundliches Glück auf" und Prosit Neujahr! Der Sozialdemokrat.
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