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-w. Berlin .„ Der größte Lumpim ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant". Die hiesige antisemitischzafaristische Staatsbürger- Zeitung", deren Nedakteur, Dr. Bachler, bie Strafe, die er sich durch verläumderische Beleidigung des Genossen wie diese politische Singer zugezogen, im Gnadenwege", Demimonderin in bombastischer Reklame schrieb erlassen worden ist, müssen. scheint sich jetzt dafür revanchiren zu In ihrer Nr. 303 sagt sie in einem Leitartikel über die Arbeiterbewegung", nachdem selbstverständlich voraustrompetet ist, daß Wilhelm I. auf sozialem Gebiete praktisch mehr gethan hätte, als das ganze sozialdemokratische Pygmäengeschlecht von Singer bis Bebel aufwärts", daß die Agitation zu Gunsten des internationalen Feiertages„ das Gehässige eines Triumpfes über die eigenen Mitbürger, und der Verherrlichung des sozialen Krieges an sich trägt und daß endlich mit solchen Demon= ftrationen gewöhnlich Aufzüge und Kundgebungen bereinigt sind, welche nur zu leicht zu schlimmen Er= zeffen führten oder deren Vorläufer waren."
Nun,
in einem Lande, in welchem das Staatsoberhaupt zu Gunsten ihm ge= nehmer Subjekte die Beschlüsse der Gerichte mit Füßen tritt, soll es uns nicht Wunder nehmen, wenn auf obigen Wink hin alle Kundgebungen am 1. Mai verboten werden. Denn eine Liebe ist der andern werth".
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Bon öffentlichen Aufzügen wollen übrigens die deutschen Arbeiter weil diese doch nicht genehmigt werden von selbst absehen, aber überall sollen am 1. Mai öffentliche Volksversammlungen stattfinden, in welchen Stellung zu Gunsten der Verkürzung der Arbeitszeit genommen werden soll. Wir werden ja sehen, wie weit die Regierung unseres Wilhelm dem Wunsche der Staatsbürger Zeitung" nachkommt. Wie indeß der Entscheid fallen mag, die kräftig sich aufschwingende Arbeiterbewegung wird keineswegs abgeschwächt, und die Gegner wissen dies, deshalb der Ruf nach mehr Polizei, Soldaten, Pulver und Blei! Armes Volt, das so regiert" wird!
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An die Möglichkeit einer Auflösung des Reichstages wird jest ziemlich allgemein geglaubt. Die Nationalliberalen taltulirt man werden sich bei der Abstimmung über das Sozialisten gesetz spalten; die Ausweisung wird abgelehnt, die Auflösung erfolgt, und im Wahlkampf betheuern dann die Nationalliberalen, nur ein Theil von ihnen habe die Regierung bei ihrem heiligen Gesellschaftsrettungswerke, im Stich gelassen. Auf diese Weise werde ein Konflikt der Mannesseelenpartei mit dem Dalai- Lama von Friedrichs ruh vermieden und der fatalen Prozedur des Andiewandgedrücktwerdens fürsorglich vorgebeugt.
Wir wollen die undankbare und thörichte Rolle der politischen Wetterpropheten nicht spielen; auch das Widersinnigste ist heutzutage möglich, wo die Laune größenwahnbesessener Individuen Gesetz ist.
Was da kommen möge, wir sind vorbereitet, und die deutsche Sozialdemokratie wird in dieses Nest der Intriguen, der Gemeinheit und der Korruption hineinschlagen, daß es fluscht. Wir haben den Feind vor uns da gibt es nur Einen Gedanken, nur Ein Gefühl: Drauf!
Johannes Wedde . In dem Augenblick, da unser Blatt in die Presse geht, trifft eine betrübende Nachricht ein. Johannes Wedde , einer der besten Schriftsteller, über welche unsere Partei verfügte, und als Dichter ebenso formgewandt wie originell, ist in Lübeck , wohin er fich nach seiner Ausweisung aus Hamburg gewendet, plößlich im besten Mannesalter gestorben. In dem Augenblick, wo alle Aussicht vorhanden war, diesen geistreichen Mann als Vertreter unserer Partei im Reichstag zu sehen bisher hatte er alle ihm angebotenen Mandate ausgeschlagenreißt ihn der Tod aus unserer Mitte hinweg. Das ist ein herber Schlag für die Partei, und namentlich die Genossen des Nordens, denen Wedde so nahe stand, werden ihn schmerzlich empfinden. Wedde gehörte seit langen Jahren mit vollem Herzen der Sozialdemokratie an, wenngleich er erst in den letzten zehn Jahren an die Deffentlichkeit getreten ist. Den Lesern der älteren Parteiorgane ist er unter dem Namen Silvanus bekannt.
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Johannes Wedde war ein persönlicher Freund unseres unvergeßlichen August Geib. Als die Hamburger Gerichtszeitung verboten worden war und alle als schriftstellerisch thätig bekannten Genossen aus Hamburg ausgewiesen wurden, trat er in die Bresche ein und gründete die ,, Hamburger Bürgerzeitnng", die bald zu großer Blüthe gelangte. Aber die Hamburger Arbeiter sollten kein selbständiges politisches Blatt haben. Wegen eines Artikels ,, Gewalt ist kein Heilmittel wurde sie auf Grund des Gesetzes gegen die Um st ur z bestrebungen der Sozialdemokratie verboten, und gleichzeitig Wedde aus Ham burg ausgewiesen. Er siedelte nach Lübeck über, von wo aus er das Hamburger Echo" herausgab. Nun hat ihn ein plöglicher Tod seinem Wirkungsfreis entrissen. Die Partei verliert einen begabten charaktervollen Kämpfer. Ehre seinem Andenken!
Der Boykott! der Boykott! Herr von und woßu Hammerstein, Redakteur der Kreuzzeitung " hat sich wieder einmal das allerhöchste Mißfallen seines allergnädigsten Königs zugezogen. Der Herr verficht die Interessen der„ Ochsen aus Prinzip" wie sich sein un= gleich begabterer Vorgänger, der verstorbene Geheimrath Wagner, auszudrücken liebte nämlich der altpreußische Junker, und hat dabei die Dummheit begangen, jezt, vor den Wahlen, wo es doch gilt, dem
Und strecke die Leuchte über die dort schlummern
Und nichts wissen von sich,
Bis ihre Wimpern zucken
Und sie sich hin und wieder wälzen.
Und rufe laut, daß es halle
Von Hügel zu Hügel,
Von Thal zu Thal:
-Wacht auf! wacht auf!
Ihr habt zweitausend Jahre geschlafen,
Das ist lange genug. Wacht auf! seht, Es will lichter Morgen werden!
Und es hören es die Hügel, Und es hören es die Thäler,
OS Und es hören es die Ufer des Meeres alle. Und die Wellen am Ufer hören es,
Und beginnen es gegen einander zu schlagen. Und die Tiefen des Meeres hören es,
Und steigen mit Freuden empor.
Und die letzten Wellen hören es,
Und schlagen es an die Felsen mit Jubel.
Da dröhnt das Land.
Ein neues Licht durchzuckt alle Menschen.
Aufjauchzen die Nationen der Erde.
Denn der Fluch ist von ihnen genommen,
Und den Blinden sind die Augen aufgethan,
Und wollen als freie Menschen auf Erden wohnen,
Und ein Blutbad unter ihnen wird nicht mehr sein.
Wie hier, so hat Jacoby fast durchgängig in den Poefien" seine Gedanken in orientalische Form gekleidet. Aber nicht überall ist er didaktisch, in der Erzählung aus Berlin's Vorzeit" erfreut er den Leser durch prächtigen Humor.
Es werde Licht" erschien in erster Auflage im Jahre 1872, zu einer Zeit, da der Sozialismus noch weniger gehaßt als verachtet war. Damals, wo ganz Deutschland noch erfüllt war von dem Siegesrausch des heiligen Krieges", wo ein Freiligrath mit dem„ Trompeter von Gravelotte" in den Hafen der Scherenberge einzog, gehörte ein ungemöhnlicher Muth dazu, als Dichter sich zur Partei der Theiler" zu bekennen. Um so höher ist daher die fühne, rückhaltlose Art zu schäzen, mit der Leopold Jacoby dies that. Man merkt es seinen Poesien an, daß sie wirklich empfunden sind. Da ist tein theatralisches Pathos, sondern echte Herzenswärme weht uns auf jeder Seite entgegen. werde Licht", ist in jeder Hinsicht ein empfehlenswerthes Buch.
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großen Bengel Volt Sand in die Augen zu streuen, sich mit dem Wohlwollen zu brüsten, das der Kaiser seinem Blatt und seiner Partei zolle. Dieses unzeitige Grüßen unter den Linden", das nur geeignet ist, die Wähler noch mehr fopfschen zu machen als sie es ohnehin sind, ist, wie die Berliner Politischen Nachrichten" offiziös schreiben, zur Kenntniß Seiner Majestät gelangt" und hat Leser, delektir' Dich an dem Wort ,, Allerhöchstdessen Mißfallen erregt". Seine Majestät der Kaiser ", heißt es weiter,„ hat deshalb einen Befehl ergehen lassen, wonach die Streuzzeitung" in den kaiserlichen Schlössern überhaupt nicht mehr aufliegen oder gehalten werden joll."
Also ein Boykott, wie er im Buche steht. Ein Glück, daß er nicht in Chemnig vor sich gegangen, sonst würde Wilhelm II. den Zorn der dortigen Kreishauptmannschaft arg zu spüren bekommen. Gerechtig= feit für alle, ist die Parole. Jedenfalls bekommen unsere Genossen, die ihren Boykott zwar nicht gegen Blätter, die ihnen„ mißfallen", sondern nur gegen Wirthe richten, die sie als Bürger zweiter Klasse be= handeln, wieder einmal vornehme Gesellschaft. O
Sonst hat dieser Boykott nichts zu sagen. Sind die Wahlen erst vor= über und ist der liberale Gimpel ins Garn des Kartells gegangen, dann wird sich schon alles finden." nd
Edelster der Nation schlägt sich und Edelster der Nation verträgt sich.
Hold is un
Die armen Monarchen! Das Königsbübchen in Spanien schwebt zwischen Leben und Sterben, und das Königthum, welches es vertritt, liegt unzweifelhaft in den letzten Zügen. Der Kaiser von Desterreich hat Weltschmerz und will abdanken; der Zar aller Reussen ist vor Angst halb irrsinnig, und die Aerzte ,, befürchten", daß ihm demnächst die Zwangsjacke angelegt werden müsse was ein großes Glück wäre für seine Völker und der jüngste der Kaiser und Alten Frize ist vont Reisen und den sonstigen Regierungsarbeiten so müde, daß er fich acht Tage Influenza angeordnet, oder um uns forrekt auszudrücken zu sich befohlen hat. Die armen Könige und Kaiser!
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Geschieht ihm ganz recht. Im Leipziger Freidenkerverein„ Humboldt" hatte ein Student der Philosophie, Namens May, zugesagt, einen Zyklus von Vorträgen über die griechische Philosophie zu halten. Kaum hatte er aber damit begonnen, so wurde ihm seitens des Universitätsrichters die fernere Veranstaltung derartiger Vorträge strengstens verboten. Herr May hat sich beschwerdeführend an das sächsische Kultusministerium gewandt. Voraussichtlich wird er wohl den Bescheid erhalten, daß der Universitätsrichter durchaus in seinem Rechte war. Was hat ein Student heutzutage mit Freidenkerei zu thun? Und was mögen in diesem Freidenkerverein für Leute fizen? Junge Kaufleute, Handwerker, vielleicht gar †† Arbeiter. Was ein rechter Student ist, der rümpft über diese Knoten" die Nase, aber ihnen Vorträge halten? und gar freidenkerische! Das ist eine Schande für die ganze Universität.
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Herr May kann sich gratuliren, daß er nicht gleich relegirt wurde.
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Ein Boykott in dritter Justanz. Aus Magdeburg erhält die Berl.„ Volkszeitung" unterm 9. Januar folgende Mittheilung: " Boykott gegen Boykott. In einer öffentlichen Versammlung der Gastwirthe von Magdeburg , Buckau und Neustadt wurde einstimmig der Beschluß gefaßt, die Hergabe der Säle zu Arbeiterversammlungen so lange zu verweigern, bis die Lokalkommission die über eine Anzahl von Gastwirthen verhängte Sperre aufgehoben haben wird. Von diesem Zeitpunkte würden sie, die Gastwirthe, ihre Näume den Arbeitern behufs Abhaltung von Versammlungen wieder zur Verfügung stellen, solche Versammlungen jedoch, die zur Förderung sozialdemokratischer Bestrebungen dienen sollten, ausschließen".
Da der Boykott der Arbeiter selbst nur eine Vertheidigungsmaßregel, eine Antwort auf den gegen sie gerichteten Boykott ist, so hätten wir hier einen Boykott in dritter Instanz. Und zwar zu dem edlen Zweck, den Herren Gastwirthen die Ehre zu erobern, Hausknechte der Polizei zu spielen. Nun, die Arbeiter werden den Herren die Antwort nicht schuldig bleiben und Maßregeln zu treffen wissen, diesen Ring zu sprengen. Sie verstehen sich auf Taftit. Noch vor der Reichstags= wahl, auf die dieser heldenmüthige Beschluß sicher gemünzt ist, werden die Magdeburger Gastwirthe auf einem andern Loch pfeifen.
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Auch der Humor fordert sein Recht. Wenn wir das Zeug verdauen, was wir gegenwärtig Alles in Arbeiterblättern es ist die deutsche Arbeiterpresse gemeint zusammengekaut wird, so kommen wir wohl oder übel mitunter zu der Ueberzeugung, daß diese Schreiberseelen von der Lage der arbeitenden Klassen, soweit dieselbe nicht aus Büchern zu ersehen ist, gerade soviel verstehen, wie ein sonstiges Rhinozeros. Oder sollten es lauter Schufte sein??" Also zu lesen in der Neujahrsrundschau der Most'schen Freiheit" Hans ist merkwürdig zahm geworden. Warum nicht offen heraus sagen, daß Alle, die das" Zeug" kauen, Nhinozerosse und Schufte sind?
-Oesterreich. Von dem Aufschwung, den die Arbeiterbewegung Desterreichs nimmt, legt die Thatsache Zeugniß ab, daß auch in den füdslavischen Distrikten neues Leben sich geltend macht. Aus Kroatien schreibt man der Wiener Arbeiterzeitung ":
Agram. Infolge der Theilnahmslosigkeit der hiesigen Arbeiter= schaft, die dem hier erscheinenden Arbeiterblatte„ Radnicky Glasnik" fast in keiner Weise eine Unterstübung zu Theil werden ließ, war dasfelbe gezwungen, im verflossenen Herbste sein Erscheinen einzustellen. Nach kurzer Zeit fanden sich jedoch wieder eine Anzahl entschlossener, überzeugungstreuer Genossen, welche in der rührigsten Weise thätig waren, um das Wiedererscheinen des bisher einzigen in kroatischer Sprache erschienenen Arbeiterblattes zu ermäglichen. Ihre Bemühungen waren erfreulicher Weise von Erfolg gekrönt. Seit 1. Jänner er= scheint der„ Radnicky Glasnik" Organ der Gewerbe- und Arbeiterbereine Kroatiens , jeden 1. und 15. des Monats wieder. Der Abonnementspreis für ein Jahr ist 1 fl. 20 fr. Schon vor dem Erscheinen hatte sich eine größere Zahl von Abonnenten gefunden und ist Hoffnung vorhanden, daß das Blatt nunmehr lebensfähig sein wird.
Auf Anregung einiger Genossen fand vor Kurzem eine Besprechung einer größeren Zahl von Parteigenossen statt, bei welcher beschlossen wurde, in Agram für die Pfingsfeiertage eine Zusammenkunft von Vertretern der südslavischen Arbeiterschaft zu veranstalten.
Bei dieser Zusammenkunft soll eine Südslavische sozial= demokratische Arbeiterpartei" auf Grund des Hain= felder Programms gegründet werden; ebenso soll auch der " Radnicky Glasnik" in ein Organ dieser neugeschaffenen Partei verwandelt werden. Genanntes Blatt steht übrigens schon jetzt vollständig auf dem Boden des Hainfelder Programms und ist von seinem Wirken das Beste für die kroatischen Arbeiter zu erhoffen." i ple] spi
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Das Proletariat", Organ der französischen Possibilisten, zieht in seiner neuesten Nummer mit großer Emphase gegen uns los, spricht von bewußter Unehrlichkeit( mauvaise foi) 2c., weil wir in unserem Bericht über die Thätigkeit der sozialistischen Gruppe in der französischen Kammer einen Gesegesvorschlag in Sachen der Zündhölzchenarbeiter jener zugeschrieben hätten, während die Baterschaft desfelben den Possibilisten Dumay und Joffrin gebühre.
Wir haben unsre Zusammenstellung auf Grund der in französischen Arbeiterzeitungen erschienenen Berichte gemacht und dort hatte es auch bei dem betreffenden Gesetze nur geheißen von den Sozialisten in der Kammer ist beantragt worden." Wir mußten infolgedessen annehmen, daß die sozialistische Gruppe gemeint sei. Irgend ein Grund, ihr widerrechtlich das Verdienst eines Antrags zuzuschreiben, den andere eingebracht, lag für uns nicht vor.
Weil wir uns gerade mit den Possibilisten beschäftigen und das Proletariat" wieder mit der Redensart von der„ Autonomie" flunkert, Sie wir ihnen nicht gönnen, so wollen wir doch des neuerdings ausgebrochenen Konflikts zwischen der von den Possibilisten geleiteten Pariser Arbeitsbörse und dem Pariser Gemeinderath gedenken, weil er in vortrefflicher Weise zeigt, wie die von den Possibilisten so pathetisch reflamirte Autonomie" in der Nähe aussieht.
Unsere Leser wissen von der Pariser Arbeitsbörse, die den Zweck hat, den organisirten Arbeitern Büreaus zur Arbeitsvermittelung: c. zu bieten. Diese Arbeitsbörse wird geleitet von einem Erefutiv Ausschuß, der selbst wieder gewählt wird von einem Generalkonite, in das die verschiedenen Fachvereine, ohne Rücksicht auf ihre Stärke,
je einen Delegirten entsenden. Gegen diese lettere Bestimmung wehren sich seit Jahren verschiedene Organisationen, die über tausende von zahlenden Mitgliedern verfügen; denn Dank derselben werden in dem Generalkomite alle Delegirte, die nicht mit den Possibilisten durch Dick und Dünn gehen, von einer Mehrheit aus Delegirten kleiner Vereine, die vielfach nur ein Scheinleben führen, rücksichtslos überſtimmt. So namentlich auch bei den Wahlen in den Exekutiv - Ausschuß; überall beschließt die künstlich geschaffene Mehrheit, was die Leitung der Poffibilisten bestimmt. Und um dieses höchst undemokratische Gebahren zu beschönigen, griff man zu dem alten Kniff, die Opposition politisch zu verdächtigen. Wer nicht wollte, wie die Herren Possibilisten, war boulangistischer Agent.
Das nußte eine Zeit lang. Als aber endlich der Skandal zu arg wurde und die Proteste sich häuften, entschloß sich die Arbeitskommission des Gemeinderaths, der die Kontrole über die Geschäftsführung der Arbeitsbörse untersteht, diese Beschwerden zu prüfen. Der Bericht dieser Kommission ist jetzt erschienen und er ist eine vollständige Rechtfertigung der Opposition. Die Kommission, die aller boulangistischen Neigungen unverdächtig ist, hat das Verlangen derselben, daß die Organisationen im Verhältniß der Anzahl ihrer zahlenden Mitglieder Berücksichtigung finden sollen, für durchaus gerechtfertigt anerkannt und empfiehlt, das Reglement der Arbeitsbörse im Sinne dieses Grundsatzes dahin abzuändern, daß Vereine, die bis zu hundert zahlende Mitglieder haben, einen, die von 101 bis 300 zahlende Mitglieder haben, zwei, die von 301 bis 600 zahlende Mitglieder haben, drei, und die über 600 zahlende Mitglieder haben, vier Delegirte in das Generalfomite zu entsenden berechtigt sein sollen. Das ist gewiß kein unbilliger Vorschlag, die kleinen Vereine kommen dabei durchaus nicht zu schlecht weg, dennoch wollen die Possibilisten durchaus nichts davon wissen und setzen Himmel und Hölle in Bewegung, die Annahme dieses Vorschlages zu verhindern. Als Vorwand dient ihnen das Prinzip der heiligen Autonomie". Der Beschluß sei eine Einmischung in die innere Ver= waltung der Arbeitsbörse. Darüber ließe sich im Prinzip sogar reden, aber die Possibilisten selbst verwahren sich feierlich dagegen, als be= stritten sie dem Pariser Gemeinderath, der das Budget der Arbeitsbörse bewilligt, grundsäßlich das Recht der Kontrole. Sie wollen fie blos hier nicht, wo sie ihre Alleinherrschaft gefährdet. Mit einem Wort, die Autonomie, die sie meinen, ist Alles, nur nicht grundsätzliche. Was ist sie denn? Nun possibilistisch.
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- Ans Dänemark . Vom Parteivorstand der dänischen Sozialdemokratie geht uns über die Ausschluß- Affäre folgendes Schriftstück zu, das wir, um auch der andern Seite ihr Necht werden zu lassen, hiermit unverkürzt zum Abdruck bringen. Es lautet: Die sozialdemokratische Partei in Dänemark hat durch eine allgemeine Abstimmung, die im Zeitraume zwischen dem 11. und 20. November ds. Js. stattfand, die folgenden damaligen Mitglieder auszuschließen beschlossen: Chr. Bildsö, P. Christensen( Bildschnitzer, Delegirter an dem marxistischen Kongreß zu Paris 1889), NielsenKolding, Typograph, F. Möller, Bigarrenarbeiter, Nicolai 2. Petersen( Delegirter für einige Kopenhagener Vereine am marristischen Kongreß), P. Petersen, Seemann, Gerson Trier. Wenn wir eine Mittheilung hierüber nicht früher an unsere auswärtigen Brüderparteien geschickt haben, so geschah dies aus folgenden Gründen:
1) Wir sind der Meinung gewesen, daß dieses Ereigniß keine so große Bedeutung für die Sozialdemokraten des Auslandes hatte, daß die Mittheilung hierüber auf Bekanntmachung in den auswärtigen Parteiorganen Anspruch machen könnte.
2) Zugleich find wir der Meinung, daß die genannte Ausschließung eine innere Frage ist, und daß unsere Partei ein unbestreitbares Recht hat, diese auf eine solche Weise zu ordnen, die die Partei selbst als nothwendig für die Förderung ihrer Thatkraft und die Vertheidigung ihrer Interessen erachtet.
Da aber mehrere Parteiorgane des Auslandes Mittheilungen über die Sache gebracht haben, und da diese Mittheilungen ausschließlich auf den falschen und verdrehten Darstellungen der Ausgeschlossenen selbst bafirt sind, so geben wir hier den folgenden authentischen Bericht:
Der Antrag, die genannten Personen auszuschließen, wurde in einer sozialdemokratischen Parteiversammlung in Kopenhagen , Donnerstag am 7. November, von 20, der Parteileitung nicht angehörigen Mitgliedern gestellt.
Die Parteiversammlung, die über 1000 Theilnehmer zählte, beschloß mit allen Stimmen gegen ca. 40, die Parteileitung aufzufordern, den Ausschluß von einer Parteiabstimmung abhängig zu machen.
Der direkte Anlaß des Ausschlusses war eine Reihe höhnender, ehren= rührender und im höchsten Grade herabwürdigender Beschuldigungen gegen unsere Partei und ihre Vertrauensmänner, die in dem Wochenblatt„ Arbejderen", für welches Blatt die genannten 7 Personen das verantwortliche Redaktionskomite waren, veröffentlicht worden war.
Diese Beschuldigungen gingen darauf aus, daß es den Vertrauendmännern der Partei völlig an der persönlichen Ehre fehlte, die sie zu Vertrauensposten in der Partei würdig machen sollte. Zugleich wurde die ganze Partei angeklagt, daß sie geflissentlich und mit Berech nung ihre Vertrauensposten persönlich unehrlichen Leuten gäbe. Wir wollen einzelne dieser ehrenrührigen Aussprüche zitiren: In dem Wochenblatte Arbejderen" vom 28. Oftober ist folgendes geschrieben:
Die alten sozialdemokratischen Führer haben es in ihrer Agitation verstanden, den Kern des Sozialismus zu verhehlen, seinen Zweck zu verschweigen oder ihn als etwas in einer so fernen Zukunft liegendes, daß niemand es zu fürchten bedürfe, darzustellen. Auf diese Weise haben sie Anerkennung von den Gegnern erringen.... Warum handeln diese Führer so? Ja, die Herren selbst wissen es gewiß sehr gut. Sie denken wahrscheinlich wie die Meisten:„ Wer das Kreuz hat, segnet sich selbst, und wenn wir mit den Zwischenparteien in gutem Einverständniß sind, dann können wir uns immer eine Mehrzahl schaffen, durch deren Hilfe wir uns die Führerposten sichern können, und mit diesen kommt sowohl Ehre als Vortheil. Die Mehrzahl sie sei, wie sie wolle das ist die Frage."
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In diesen Aussprüchen wird die Beschuldigung gegen die Vertrauens= männer der Partei gerichtet, daß sie, um persönlichen Vortheil zu erlangen, ihre Ueberzeugung verkauft haben, um dadurch dem Sozialismus zu schaden und seinen Gegnern zu nügen. Sie werden folglich als persönlich unehrlich gebrandmarkt. Die überwiegende Mehrzahl der Partei wird beschuldigt, daß sie aus Gegnern, und nicht aus Sozialdemokraten bestehe, und es wird deutlich gesagt, daß die Mehrzahl der Partei geflissentlich und mit Berechnung ebenfalls dem Sozialismus zu schaden suche.
In einem andern Artikel desselben Blattes, worin die dänische So= zialdemokratie mit einem Lande verglichen wird, und worin die ver= schiedenen Institutionen der Partei auf eine äußerst perfide Weise besudelt wurden, heißt es:
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Das Land hat nur einen Fluß, den„ silbernen Fluß". Dieser besitzt die merkwürdige Eigenschaft, daß er von dem niedrigst gelegenen Lande nach dem hohen Lande fließt, wo das Wasser zum Theil verschwindet."
Jedermann wird verstehen, daß diese Aussprüche auf die Parteileitung zielen, und daß diese dadurch beschuldigt wird, das Geld, das die Parteimitglieder für die Förderung der Bewegung aufbringen, für sich zu
rauben..
Außer diesen Angriffen wird man leicht eine Reihe anderer ähnlichen Inhalts nachweisen können, welche die genannten Personen, gleich den fanatischsten Gegnern unserer Partei in der Kapitalistenpresse, veröffentlicht haben.
Diese ihre Thätigkeit hatte keineswegs ihren Anfang unmittelbar bevor ihr Ausschluß stattfand, ist vielmehr im Laufe eines viel längeren Zeitraums fortgesetzt worden. Es kann zum Beispiel angeführt werden, daß der genannte Nicolai L. Petersen schon vor 1/2 Jahren eine im Auslande gegen unsere Partei geschriebene Schmähschrift in's Dä tische übersetzt hat, und in dieser Schrift wird, außer einer Reihe an erer grober Beleidigungen, auch geltend gemacht, daß unser Parteiorgan Sozial- Demokraten" unwürdig sei, das Motto„ Freiheit, Gleichheit, Brüderschaft" zu tragen.
Das genannte Wochenblatt Arbejderen" ist ein Privatunternehmen, das ursprünglich von Gerson Trier und Nicolai L. Petersen ins Leben gerufen wurde. Die übrigen ausgeschlossenen Personen find später in die Leitung eingetreten. Durch die Haltung, die das Blatt