beiter find tros der Nothlage" in Stand, ihren im Dienst ihrer Sache ertranften Vorfämpfern die Heilung zu ermöglichen.­

-

"

Ein Troft für das Leipziger Tageblatt ", daß der sozialdemokratische Führer" während der ganzen Dauer seines Aufenthalts in einem der theuersten Kurorte" schwerlich auch nur annähernd so viel Geld ver= brauchen wird, wie der Sparig des genannten Schweinsknöchelorgans mit seinen Kumpanen Ludwig Wolff, Meraner Angedenkens, und Hecker in London in einer Nacht verjuchheidit". Von der Zeche im Seine­babel gar nicht zu reden.

Wahrhaft unbezahlbar ist die Thronrebe ausgefallen, mit der Wilhelm II . den preußischen Landtag hat eröffnen laffen. Man höre nur, wie darin die Arbeiterfrage abgehandelt wird:

Das erfreuliche Bild, welches der Aufschwung des Handels und der Gewerbthätigkeit im Laufe des letzten Jahres dargeboten hat, ist ge= trübt worden durch die Arbeitsausstände, welche namentlich in den Steinkohlenbezirken in größerem Umfange unter Nicht inne= haltung der gefeßlichenkündigungsfrist und theilweise nicht ohne Gewaltthätigkeiten stattgefunden haben.

Es hat Seine Majestät den Kaiser und König mit Befriedi= gung erfüllt, daß die Arbeitgeber vielfach mit Zurück stel­Iung eigener Interessen bestrebt gewesen sind, begründeten Beschwerden der Bergarbeiter Abhülfe zu schaffen und selbst weiter= gehenden Forderungen entgegenzukommen. Seine Majestät halten sich darnach zu der Erwartung berechtigt, daß ferner Versuche zur Störung der Eintracht zwischen den Grubenbefizern und den Bergarbeitern an dem gesunden Sinn der Bevölkerung scheitern, und daß die für die ge­sammte Arbeiterschaft nicht minder wie für den Bestand der Industrie gefährlichen Unterbrechungen wirthschaftlicher Thätigkeit fortan unterbleiben werden. Die Regierung, welche eine eingehende Untersuchung der von den Bergarbeitern erhobenen Beschwerden und Forderungen hat vornehmen lassen, wendet dieser Frage unausgesetzt ihre Aufmerksamkeit zu. Andererseits hat sie Vorsorge ge= troffen, daß jeder Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung sofort mit Erfolg entgegentreten werde. Ihrer Fürsorge für die Wohlfahrt der arbeitenden Klaffen hat sie durch die Mitwirkung an der Gesetzgebung des Reiches über die Bersicherung der Arbeiter gegen die Folge von Strankheit, Unfall und Invalidität Ausdruck gegeben, und sie wird auch ferner nicht ablaffen, weiter hervortretende Bedürfnisse sorgfältig zu beachten und deren Be­friedigung anzustreben. Jene Fürsorge in Verbindung mit der ein­getretenen Steigerung der Löhnung bietet eine Gewähr dafür, daß das Bewußtsein einer mehr gesicherten Lage den Arbeiter in wachsendem Umfange durchdringen werde."

-

-

Die Arbeitgeber das Festhalten an diesem widersinnigsten aller Worte ist allein ein soziales Programm also die Arbeitgeber" ge= lobhudelt, die Arbeiter abgeschnauzt. Die Arbeitgeber", die erst durch einen Streit zu bewegen waren, von den durch die Steigerung der Kohlenpreise ihnen zufließenden Mehrerträgen auch den Arbeitern einen bescheidenen Antheil zukommen zu lassen, sind die braven Kinder, die Bergarbeiter, die sich nicht auf den St. Nimmerleinstag hinhalten ließen, die bösen Buben. Gegen sie geht der Saz, daß Vorsorge" ge= troffen ist, daß jeder Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung sofort mit Erfolg entgegengetreten werde." Wenn Ihr Euch muckt, so werden wir Euch über den Haufen schießen lassen."

Nun, die Bergleute werden sich hüten, den schießluftigen Helden An­Laß zur Ausführung der Drohung zu bieten, aber merken werden sie sich die Drohung, oder vielmehr sie haben sie sich gemerkt, und sie werden die Antwort nicht schuldig bleiben.

"

Nebenbei ist diese Throurede" eine Illustration zu den Schlußsäßen unserer Notiz vom Opfer des Intellekts", wie sie nicht treffender ge= dacht werden kann. Nichts gelernt und nichts vergessen", ruft jede Beile derselben dem Leser entgegen. Die Lehre des Riesenstreiks vom vorigen Jahre ist an den Dickschädeln der Urheber dieses Machwerks abgeprallt, ohne den geringsten Eindruck zu machen, kein Funke von Verständniß für das große Problem der Zeit, soziale Frage genannt. Und das nennt sich soziales Königthum"!

Nur dick aufgetragen, dann bleibt doch etwas hängen. Einer Berliner Reptilkorrespondenz der Deutschen La Plata- Zeitung" ent= nimmt der in Buenos Ayres erscheinende Vorwärts" folgende Pracht­Leiftung:

Es fehlt des Kaisers Nath, den man übrigens als sehr förder= lich sowohl im Geschick der Verwaltung als in der Kunst der Ab­faffung von Gesezentwürfen rühmt.*) Kaiser Wilhelm gilt nicht nur als sein eigener Kanzler, sein eigner Sekretär, sondern auch als geborner Gesetzgeber."

Warum nicht gleich auch als geborner Herrgott?

de

Uebrigens wären wir neugierig, welche gesetzgeberische Leistung der jüngsten Zeit der Feder des Universalgenies auf dem Hohenzollern = thron entstammt. Es ist keine große Auswahl da. War's vielleicht der Gesezentwurf zur Erhöhung der töniglichen Zivil­Liste?

Wenn die Farben zu dick aufgetragen werden, werden sie-merk's Reptil brüchig.

Die Beerdigung Johannes Wedde' s gestaltete fich zu einer wahrhaft überwältigenden Manifestation. Obwohl fie an einem Wochentage stattfand, folgten doch nach der mäßigsten Schäßung gegen 20,000 Personen dem Verstorbenen zur legten Ruhe­stätte. Unzählig waren die Kränze und Blumenspenden, die von Nah und Fern eingetroffen waren, den Sarg und das Grab des Vorfämpfers der Arbeitersache zu schmücken. Kaum ein Arbeiterverein des Nordens fehlte, die Reichstagsfraktion der deutschen Sozialdemokratie hatte einen prachtvollen Palmenzweig gesendet, und auch der Süden Deutschlands war vertreten. Verschiedene Gebände in Hamburg Wedde wurde in der Stadt seines eigentlichen Wirkens beigesett hatten halbstock geflaggt, und in der Vorstadt St. Georg, auf dem Steindamm, und auch in andern Vierteln Hamburgs waren die größten und schönsten Läden Hamburgs schwarz dekorirt.

-

Am Grabe hielt Genosse Frohme eine kurze, aber ergreifende Ansprache. Der ganze Verlauf der Feier war ein würdiger und wurde auch nicht durch den leisesten Mißton gestört. Die Polizei hielt sich verständigerweise fern, die ungeheure Menschenmasse ordnete sich selbst

das war die beste Ordnungsmaßregel. Aus der Menge der In­schriften, welche die Kränze zierten, führt das Hamburger Echo" am Schlusse seines Berichtes über die Beerdigungsfeier, die folgende an, die einem Gedichte Johannes Wedde' s entnommen ist. Mit ihr wollen auch wir schließen:

" Fest liegt der Grund, äonenalt, Schon sieht man Pfeiler ragen; Das Hochgewölbe schließt sich spät,

Doch schließt sich's sonder Fragen!

Wie sehr die Organisation der fiskalischen Verglente erstarkt ist schreibt man der Frankf. 3tg." aus dem Sa ar= revier läßt sich aus dem Verlauf einer Vertrauensmänner= Ver­fammlung des bergmännischen Rechtsschutzvereins ersehen, die gestern in Bildstock unter dem Vorsitz des bergmännischen Reichstagskandidaten stattfand und über welche die St. Joh. 3tg." ausführlich berichtet. Die Geschäfte des Verbandes sind so gewachsen, daß die Wahl dreier besoldeter Beamter zur Bewältigung der Vor­standsgeschäfte stattfinden mußte. Das letzte Jahr ergab troz großer Ausgaben einen Kassenüberschuß von 3000 Mart. Sodann wurde die Gründung einer besonderen Unterstüßungskasse für gemaßregelte Berg­leute beschlossen, das Erscheinen einer Broschüre in Aussicht gestellt und das Engagement eines auswärtigen Rechtsanwalts für Verbandszwecke ins Auge gefaßt. Am merkwürdigsten waren die Mittheilungen über den geplanten Bau eines eigenen Versammlungshauses. Dieses Projekt tst bekanntlich durch die ominösen Saalverweigerungen gezeitigt worden. Nun wirkt es überraschend, zu sehen, von wie vielen Seiten den Bergleuten Hilfe zur Durchführung des Planes angeboten wird. Der Bau soll aus Fachwert errichtet werden und so nahe als möglich an der Bahn gelegen sein. In Elversberg wurde dem Verein ein Grundstück unentgeltlich offerirt. Ferner hat sich die Mainzer Aftien­*) Anm. des Sekers: Den Kaiser oder den Nath? Die Sache ist sehr unklar.

brauerei erboten, falls dieselbe auf 10 Jahre die Konzession zum Aus schant ihres Bieres erhält, 30,000 Mart zum Bau zuzuschießen; eine Gesellschaft in St. Johann will 14,000 Mart zum Saalbau geben. Um weitere Berathungen über die Art und Weise der Erbauung sowie die Plazfrage zu pflegen, wurde schließlich ein aus 13 Mann bestehendes Saalkomite gewählt. Zu bemerken ist noch, daß die ganze Ver­sammlung vom Geist der größten Geseglichkeit durchweht war. Immer wieder wurde allen Theilnehmern eingeschärft, daß sie in der Beobach= tung vereinsrechtlicher Bestimmung Nichts übersehen möchten."

Da haben die Bergleute ganz Recht, denn jede Ungefeßlichkeit würde nur ihren Feinden nügen.

-Sehr hoffnungsfreudig lesen sich die Berichte über die eröffnete Wahlbewegung in den Rheinlanden. Die Behandlung der Berg­arbeiterbewegung von Seiten der Regierung und der Elberfelder Prozeß haben ihre Wirkung auf die dortige Arbeiterschaft nicht verfehlt. Man lese z. B. folgende Korrespondenz der ,, Elberfelder Freien Presse" aus Gelsenkirchen :

,, Am Freitag Abend war der bekannte Antisemit König aus Witten hier, um für seine Kandidatur Propaganda zu machen. Die Versamm­lung war äußerst zahlreich besucht, und für die Unverfrorenheit Königs, der den Vorsitz führte, legt der Umstand Zeugniß ab, daß, als der Kandidat der Arbeiterpartei, Lehmann, das Wort zur Geschäftsord­nung verlangte und seinen Namen nannte, er von König mit den Worten angefahren wurde: Was kann ich dafür, daß Sie Lehmann heißen". Lehmann führte dann gründlich den Antisemiten heim und wurde, als er ca. eine Stunde gesprochen hatte, von König darauf aufmerksam ge= macht, daß auch noch Antisemiten sprechen wollten, worauf Lehmann erwiderte: ,, Was kann ich dafür, daß auch noch Antisemiten sprechen wollen", und führte seine Rede unter lautem Beifall der Versammlung zu Ende. Als der König der Antisemiten hierauf das Wort ergreifen und seine gewohnten Tiraden auf die Juden loslassen wollte, da rief ihm ein Bergmann , auf einen anwesenden Juden weisend, zu: ,, Heft Du teenen Appetit, so biet emm den Kopp af!" was lautes Halloh hervorrief, und worauf dann die Versammelten Arbeiter- Lieder an­stimmten und Hochs auf die Sozialdemokratie ausbrachten. Damit mußte denn die Versammlung geschlossen werden. Die Worte, womit Herr Lehmann seine Ausführungen schloß, daß nämlich ,, die Anti­semiten viel Stimmen im Bochumer Kreise überhaupt nicht zu gewärtigen hätten, sie sollten aber gar keine friegen", tönnen hier leicht zur Wahrheit werden. Eine solche Begeisterung für die sozia­Listische Sache wie gegenwärtig, hat hier noch nie geherrscht, und der bevorstehende Wahlkampf fann leicht genug Ueberraschungen bringen."

Ein Vogel, der sein eigen Nest beschmutzt. Unter diesem Titel schreibt die" New- Yorker Volksztg.": In einer Wiener Korrespondenz der Jl. Staatszeitung" läßt sich Heinrich Börnstein über den Streit der deutschen Kohlenarbeiter aus. Er schreibt darüber:

" In diesem aufregenden Kampfe, der endlich nur durch Einschreiten der Regierung mit nothdürftiger Gewährung einiger Forderungen der Kohlengräber beendet ward, fanden die sozialdemokratischen Wühler Zeit und Gelegenheit, sich in die Reihen der Arbeiter zu drängen, und diese für ihre Zwecke nach und nach zu gewinnen. Bis dahin hatten die Kohlenarbeiter allen sozialistischen Verfüh= rungstünsten widerstanden; aber nun wurden sie belehrt, daß die Kohlenpreise um 44 Prozent gestiegen seien, was bei einer Produktion von jährlich 80 Millionen Tonnen in Deutschland einen Mehrgewinn von 255 Millionen Mark für die Grubenverwaltungen zur Folge hatte." o mn

Der Mann, der da von sozialistischen Verführungskünsten" und sozialdemokratischen Wühlern" spricht, vertheidigte einst die Sache, die er jegt beschimpft. Börnstein war im Jahre 1844 Redakteur des in Paris erscheinenden kommunistischen Blattes Vorwärts", an welchem auch Heine, Marg und Engels mitarbeiteten. Schon damals wurde Mißtrauen gegen Börnstein laut und es stellte sich denn auch heraus, daß er in nahen Beziehungen zur europäischen Polizei stand, die er mit Nachrichten versorgte über die in Paris befindlichen Flüchtlinge. Es ist mitunter gut, so alte Geschichten etwas aufzufrischen, damit fie nicht in Vergessenheit gerathen."

"

worden, er hätte sie bereits am 23. Dezember verbüßt gehabt, am selben Tage, an welchem er zum Antritt der Strafe" gelangte. Jene Advokaten, welche Arbeiter vertreten, werden also fünftig gut thun, bei einer Beschwerde an das Landesgericht auch ein unterthäniges Bitt gesuch an die Polizei- Direktion zu richten, sonst schaden sie beim besten Willen mehr als sie nüßen. Die Wiener Polizei- Direttion ist mächtiger und wichtiger als das Landesgericht; mögen fich das alle Interessenten gefagt sein lassen.

Am 31. Dezember hatte Salzmann, wie gesagt, abgebüßt und wurde in der bei ihm üblichen Weise auf freien Fuß gestellt", d. h. er wurde wieder in das Polizeigefangenhaus überbracht und ihm mit getheilt, er sei aus Wien und Niederösterreich polizeilich abgeschafft." Man fragte ihn, ob er returriren wolle; Salzmann hatte aber vor allen Rechtsmitteln" eine heilige Scheu bekommen und verzichtete darauf. Eine mündliche Vorstellung des Vertheidigers beim Polizei- Präsidenten blieb erfolglos.

-

-

Am Neujahrstage wurde Gen. Salzmann photographirt; am 3. Januar tam er in den Schub arrest, am 4. Januar früh auf den Schubwagen, um nach Jägerndorf gebracht zu werden, wo er zuständig ist. Seine Eltern wohnen in Wien . Auf dem Wege übernachtete er zweimal im Schubarrest: in Olmüz und in Freudenthal. Reinlich sind solche Lokale nirgends; Ungeziefer gabs auch in Olmüß; aber in Freudenthal wurden 7 Schüblinge zn 2 Sträflingen, zusammen 9 Personen, in ein enges Loch zusammen gesperrt, wo sie die ganze Nacht sizen mußten, weil zum Liegen fein Plag war. Der Kübel" in diesem Loch war seit 5 Tagen nicht aus geleert worden.

Am 7. Januar tam Gen. Salzmann endlich in seinem Het­matsorte", der für ihn die Fremde ist, an. Vom 12. Dezember bis zum 7. Januar war er in Haft, das sind 26 Tage; und schließlich war er ja doch nur zu 8 Tagen verurtheilt. Und überdies hatte er seine Eltern, seine Freunde, seine Arbeitsge= legenheit eingebüßt. Das Alles, weil er einen Kollegen einzuschüchtern versucht hat".

So steht es jetzt. In Zukunft wird es aber noch besser komm en Gegenwärtig steht in Desterreich ein neues Strafgesetzbuch auf der Tagesordnung. Während das bestehende Koalitionsrecht diejenigen, die Mittel der Einschüchterung oder Gewalt" anwenden, um andere zu hindern, Arbeit zu nehmen, oder zu geben", mit Arrest von 8 Tagen bis zu drei Monaten bedroht, heißt es in dem neuen Straf= gefezentwurf, wie er von der Regierung eingebracht wurde.

"

Wer Andere durch Anwendung und Androhung von Ge­walt, Bedrohung mit rechtswidriger Zufügung von Nachtheilen, Beschimpfung, Behinderung in dem rechtmäßigen Ge brauch von Werkzeugen oder Geräthen, oder durch ähn liche Mittel zu bestimmen sucht, an Verabredungen, welche auf Einstellung der Arbeit oder auf Entlassung von Arbeitern oder auf Erhöhung des Preises von Waaren gerichtet find, theilzunehmen oder ihnen Folge zu leisten, oder wer Andere durch gleiche Mittel an dem Rücktritte von solchen Verabredungen blizu hindern sucht, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft."

Das war", schreibt die Arbeiterztg."," felbft dem Ausschusse des Abgeordnetenhauses zu stark; sein Bericht muß anerkennen, daß, ob­zwar die sogenannten Streifs oft fatale Konsequenzen nach sich ziehen, es doch Fälle gibt, in welchen sie als einzig mögliche Wehr gegen wirthschaftliche Ausbeutungen unerläßlich sind. Somit fand der Ausschuß, daß die Regierung in ihrer Vorlage bezüglich der Beschränkung der Verleitung zur Theilnahme an den Streits zu weit gegangen ist." Es wurden also das Wort: Beschimpfung" und die Worte: oder durch ähnliche Mittel" gestrichen. In der That ist insbesondere der letzte Ausdruck so allgemein und elastisch, daß sogar jede Aufforderung zum Streik straffällig gemacht werden könnte. Aber auch in seiner verbesserten Form ist der Paragraph schlecht genug. Die Bedrohung mit rechts­widriger Zufügung von Nachtheilen" ist ein sehr weiter Begriff nnd erlaubt die Anwendung der größten Strenge der Beurtheilung.

Das ist aber lange nicht das Wichtigste. Der ganze Paragraph, so wie er da steht, verbessert durch den arbeiterfreundlichen" Strafgeseh Ausschuß, ist nichts mehr und nichts weniger als ein hartes Aus= nahmsgesez gegen die Arbeiterklasse oder er ist einfach überflüssig und nichtssagend. Er ist aber vielsagend und noth wendig für die Besigenden." Die Arbeiterztg." weist das an Vergleichen mit denjenigen Para­graphen des Strafgesetzbuches nach, welche diejenigen Fälle von Nöthis gung" behandeln, bei denen auch einmal ein Bourgeois hineinfallen fann. Da sind nicht nur alle Bedingungen vorgesehen, die die An­

-

In Essen wurde in einer Bergarbeiterversammlung be­schlossen, dem Zentrumskandidaten Stößel in der Person des Berg­arbeiters Schröders einen unabhängigen Arbeiterkan= didaten gegenüberzustellen. Bezeichnend für den Geist der Ver­sammlung ist, daß dieser Beschluß u. A. damit motivirt wurde, daß Stößel, der sich christlich- sozial" nennt, gelegentlich erklärt hat, die Geseze würden schon dafür sorgen, daß die Sozialdemokratie nicht auf- drohung erst zu wirklichem Zwang machen, es ist auch zulässig, tommt.

Im Saarbrückener Kohlenrevier ist der durch ein bru= tales Klassenurtheil jüngst zu sechs Monaten Gefängniß verurtheilte Bergmann N. Warten als Kandidat der Arbeiter aufgestellt worden. Andere Reviere rüsten sich, in gleicher Weise vorzugehen. Wäre es auch vorschnell, dies als sozialdemokratische Demonstration anzusehen, so kann man doch diese Maßnahmen der Arbeiter nur sympathisch be­mundschaft der Bourgeoisparteien, und ob Sozialdemokraten oder nicht, grüßen. Sie sind der erste Schritt zur Emanzipation von der Vor­mundschaft der Bourgeoisparteien, und ob Sozialdemokraten oder nicht, in allen Fragen, die das Interesse der Arbeiterklasse berühren, werden die Vertreter der Bergleute im Reichstag zweifelsohne mit den Vera tretern der sozialdemokratischen Arbeiterschaft gehen.

- Oesterreich. Wie das Koalitionsgeset Oesterreichs in der Praxis aussieht, zeigt die Wiener ,, Arbeiterzeitung" an folgendem Beispiel aus dem, von uns bereits erwähnten Streit der Wiener Perl­mutterarbeiter:

Gegen Ende des Streiks ließ sich ein Mitglied des Lohnkomites, Genosse Salzmann, leider zu einem Wortwechsel mit einem der wenigen Ausreißer, der sein Wort gebrochen, hinreißen. In der Hize des Wortgefechts sagte er ihm:" Das wird Dir keine Rosen bringen", oder auch( es ist nicht ganz festgestellt):" Es wird Dir wieder so gehen wie damals in der Wichtlgasse"; dort hatte der Betreffende nämlich einmal Hiebe bekommen. Diese Aeußerung war nun gewiß feine wirt­same Einschüchterung", denn der Betreffende arbeitete weiter; es war nicht einmal eine richtige Bedrohung", sondern eine mehr oder minder richtige Prophezeiung, die übrigens freilich nicht am Blaze war.

Eingesetzliebender" Meister zeigte die Sache an; für den 12. De= zember, man merke das Datum, war Gen. Salzmann zum Polizeikommissariat Ottakring zur Auskunftsleistung" vorgeladen, wurde aber sofort in Haft genommen, angeblich, weil er ein gefährlicher Agitator" sei. Der Energie seines Vertreters, Herrn Dr. 3 wet= brück, gelang es durchzusehen, daß die Verhandlung beim Bezirks­gericht Ottakring schon am 14. Dezember stattfand, wobei Gen. Salzmann wegen Uebertretung des§ 3 des Koalitionsgesetzes zu 14 Tagen Arrest verurtheilt wurde. Der Vertheidiger meldete die Berufung an und beantragte die Enthaftung. Dem Antrage wurde nicht stattgegeben, wegen Gefahr der Wiederholung des De­liftes". Dr. Zweibrück machte sofort die Beschwerde unter Vorlegung der Akten an das Landesgericht, welches der Beschwerde am 17. Dezember stattgab, so daß der Angeklagte an diesem Tage auf freien Fuß zu stellen war. Das Bezirksgericht entließ ihn auch wirklich um 11 Uhr Vormittags, aber nur um ihn dem Polizei= tommissariat zu übergeben, von wo er Abends ins Polizei= gefangenhaus überführt wurde. Dort hatte er einige Verhöre über seine" Agitation".zu bestehen und wurde am 19. Dezember zur Appellationsverhandlung ins Landesgericht geführt, bei welcher die 14tägige Strafe in eine 8tägige gemildert wurde; nach der Verhandlung fam er zurü cf ins Polizeigefangenhaus. Am 23. Dezember, nach 11tägiger Haft, wurde er zum Strafantritt zurück ans Bezirksgericht Ottakring spedirt, welches er am 31. Dezember verließ, um- doch davon später. Hier jo­viel, daß Gen. Salzmann, obwohl das Landesgericht seine Gut­haftung verfügte, von der Polizei in Haft gehalten wurde. Die Verfügung der Enthaftung war dem Angeklagten nur schädlich, statt nüglich. Wäre er nämlich in Untersuchungshaft geb.ieben, so wäre ihm nach§ 400 der Strafprozeßordnung die Zeit zwischen den Verhandlungen der I. und II. Instanz in die Strajen eingerechnet

-

blos auf Geldstrafe statt auf Gefängnißstrafe zu erkennen.

Richtet sich denn aber der Paragraph, der von den Koalitionen han­delt, nicht auch eventuell gegen das Unternehmerthum, gegen Bour­geois? 40

Ei, gewiß, er spricht ausdrücklich von Verabredungen auf Entlassung von Arbeitern." Genau dasselbe ,,, nur mit ein bischen andern Worten", that der betreffende Paragraph des alten Koalitionsgesetzes. Aber in den 19 Jahren seines Bestandes wurde er nie gegen Prinzipale angewendet, was die Arbeiterzeitg." sehr gut als einen glänzenben Beweis für die Objektivität der österreichischen Unternehmer bec zeichnet. Wer war es doch gleich, der den Ausspruch that: Gerechtigkeit ist eine schöne Sache, es gibt aber auch- Justiz.

Aus Rumänien . In Beantwortung eines in Nr. 2 des ,, Sozial demokrat" enthaltenen Inserats schreibt man uns aus Bukarest über die Lage der dortigen Instrumentenmacher.

"

Es ist in der Anfrage nicht gesagt, was für Instrumentenmacher gemeint find. Ich habe mich nun zunächst nach den chirurgischen Instrumentenmachern erkundigt, und folgende Auskunft erhalten.

Es eristirt in dieser Branche hier nur eine Firma, die allerdings sich zeitweise Arbeiter aus Deutschland kommen läßt. Früher standen an der Spize derselben zwei Kompagnons, die Herren Travisani und Boehm, ersterer ein recht anständiger Mann, letzterer ein grober Patron, der sehr schnell mit einem ,, Esel" oder Rindvieh" bei der Hand ist. Damals variirten die Löhne von 4 Franken bis zu 12, fa 15 Franken pro Tag. Die Arbeitszeit war 10 Stunden täglich; des Montags wurde eine Stunde später angefangen, des Samstags eine Stunde früher aufgehört. Vor zwei Jahren wurde die Kompagnieschaft aufgelöst. Travisani trat aus und Boehm blieb. Jetzt sind die Löhne nur noch 3 bis 8 Franken per Tag, den Werkmeister ausgenommen, der 200 Frt. Gehalt hat. In der Arbeitszeit sind die Montags- und Sonnabends­Ausnahmen fortgefallen, dafür aber werden jede 5 Minuten, die ein Arbeiter zu spät fommt, aufgeschrieben und des Samstags addirt und abgezogen. Die Behandlung ist noch etwas un- genirter wie früher. Boehm ist der alleinige Repräsentant dieser Branche in Rumänien . Es gibt zwar noch eine Firma für chirurgische Instrumente in Galat, dieselbe hat aber keine Bedeutung.

Die Lebensweise richtet sich hier ziemlich genau nach der Pariser , da hier sehr viel französische Mode herrscht, ist also recht theuer. Das Klima ist wie in Süddeutschland , doch herrscht hier eine Art Fieber, das in Deutschland und auch in Frankreich unbekannt ist und das in der Regel jeder Fremde bekommt; doch ist dasselbe nicht gefährlich. Wichtig ist noch, daß es in Rumänien keine Gewerbegefeße gibt und der Arbeiter so nur auf die ,, Humanität" des Herrn ,, Meisters" angewiesen ist. Der genannte Boehm z. B. hat die Gewohnheit, bei Stückarbeit sich stets nach den billigsten Katalogen des Auslandes zu richten; ist der französische billiger, so muß der herhalten, ist es der deutsche, dann im rückt dieser heran. Der Mann ist eben sehr ,, international" Lohnzahlen. Will der Arbeiter etwas dagegen einwenden, so ver bietet er ihm einfach das Wort, und wenn's Noth thut, jagt er ihn auch hinaus. Er läßt sich ,, feine Vorschriften machen".

Soviel über diese Branche. Ueber die Musik und Instrumenten­macher einstweilen nur soviel, daß ihrer nur wenig an Zahl in Numänien sind, und davon die Mehrzahl ebenfalls in Bukarest .

Mögen sich also die deutschen Genossen, sofern sie chirurgische In­strumentenmacher find, nicht durch die Bezahlung des Neisegeld" ver leiten lassen; das müssen sie reichlich zurückzahlen.