in sehr scharfen Ausdrücken. Bezüglich jenes Trucksystems, das so große Verbitterung unter den Arbeitern hervorrief, bezüglich der Abgabe der Betriebsmaterialien von Seiten der Zechen an die Arbeiter zu einem höheren, als dem Anschaffungspreise enthält die Denkschrift den Say: Die Versicherung der Zechenverwaltungen, daß zum Selbstkostenpreise geliefert bezw. feine Ersparniß zu Gunsten der Zechen gemacht worden sei, erscheint durchaus glaubhaft". Nur eine Ausnahme im Ruhrverein sei festzustellen gewesen. Aus den Anlagen der Denkschrift, namentlich aus den Mittheilungen verschiedener Direktoren und Kommissionen geht aber ganz klar hervor, daß an mehreren Stellen. Ueberschüsse erzielt wurden, die nicht in Unterſtügungskassen flossen, und daß erst der Streif dieser Wirthschaft überall ein plögliches Ende machte.
Endlich eine leẞte Stichprobe, die den Verfasser der Druckschrift zu etwas mehr, als einen bloßen Bearbeiter" stempelt. Er sagt bezüglich der Abkehrscheine direkt, daß sich bei der Untersuchung im Ruhrkohlenbezirk keine thatsächlichen Grundlagen für die Annahme herausgestellt hätten", daß mißliebige Leute durch gewisse Zeichen auf den Abkehrscheinen anderen Unternehmungen fenntlich gemacht wurden. In den urkundlichen Anlagen zur Denkschrift deponirt nun Siegel:" Dem abkehrenden Bergmann wurde auf dem Schein entweder bescheinigt: = auf Wunsch entlassen= oder= vorschriftsmäßig gekündigt. Diejenigen Arbeiter, welche ersteren Zusaz oder überhaupt keinen in der Abkehr hatten, fanden keine Arbeit." Und die Richtigkeit dieser Angabe muß ihm bestätigt werden von seinen eigenen Direktoren, welche aussagen:" Butreffend ist..., daß derjenige Bergmann , welcher auf dem Abkehrschein nicht die Bemerkung hat ordnungsmäßig gefündigt= nur ungern angelegt wird." Hier hat der amtliche Verfasser der Denkschrift ein direttes Zugeständniß der Zechenverwaltung einfach übergangen und verschwiegen."
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Genug. Wir könnten das Material der Frfft. 3tg." noch durch nicht minder Drastisches aus anderen Zeitungen ergänzen, aber wir denken, das Vorstehende reicht vollkommen aus, um dem Leser zu zeigen, was bei der mit so vielem Pomp angekündigten Enquete herausgetommen ist. Und sie sollte doch gerade das Material liefern zur Beurtheilung der Frage, ob und welche gesetzgeberischen Reformen zur Verbesserung der Bergarbeiter- Verhältnisse geboten seien. Wehe aber den Bergarbeitern, wenn diese Enquete oder gar diese Denkschrift bei der zukünftigen Gesetzgebung maßgebend zu Grunde gelegt würde! Steine Verbesserung, sondern womöglich noch Verschlechterung ihrer Verhältnisse und jedenfalls Sanktionirung aller Mißbräuche, unter denen fie leiden, wären das Resultat.
Man sieht aber aus alledem, wie nothwendig es für die Arbeiter ist, allezeit und unablässig auf der Wacht zu sein, und keinem Versprechen zu glauben, komme es, von welcher Seite es wolle. Nur was sie selbst erringen, ist ihnen sicher. Nur wenn sie unablässig nach vorwärts drängen, können sie darauf rechnen, daß sie wirklich etwas erreichen. Der Ausgang der Enquete ist eine Warnung, und ihre Lehre wird nicht veraessen werden.
Sozialpolitische Rundschau.
- Ueber die Arbeiterschutzgesetz Erlaffe Wilhelm's entnehmen wir einem uns aus Deutschland zugehenden Schreiben folgende Zeilen:
" Das Schönste bei der Geschichte ist, daß der bisherige Leiter des Reaktions- Herenfabbaths bei dieser Gelegenheit einen gesunden Fußtritt erhalten hat, was wir als kleine Abschlagszahlung von seinem Konto einst abrechnen wollen. Er, der sonst über derartige Schwächen erhaben ist, wollte dem Großkapital, dem er seit dritthalb Jahrzehnten mit solchem Eifer und Erfolg Hausknechtsdienste geleistet, die Treue nicht brechen: er mußte aus dem Handelsministerium, in das er fich in bekannter Polypenmanier eingeschmuggelt, gewaltsam hinausgedrängt werden; und, um nun auch Humor in die Sache zu bringen, hat Wilhelm den gehenden Mann" und Ex- Hausmeier angewiesen, die Beschlüsse des Pariser Arbeitertongresses auszuführen und sich selbst vor aller Welt ins Gesicht zu schlagen. Wahrhaftig, wenn der Hohenzoller diese Posse beabsichtigt hat, dann müssen wir ihm unser Kompliment machen dann steckt wirklich so ein Bischen wie Genie hinter seiner Stirn.
Amüsant ist die Wirkung der Erlasse auf die Ordnungs- Parteien". Die Aermsten sind ganz verdußt, das soziale Königthum", obgleich sie es natürlich nicht ernst nehmen, geht ihnen doch über den Spaß die Arbeiter fönnten das Ding mißverstehen.
" Ungemischte und kolossale Heiterkeit herrscht aber in den Reihen der Sozialdemokraten. Das Polizeimanchesterthum in der Person des biederen Schnaps- Otto vor versammeltem Volt mit einem Fußtritt regalirt und feine eigenen Reden verspeisend, und der deutsche Kaiser nach dem Banner der Internationalen greifend, um die Blößen des sozialen Königthums" zu verhüllen, das ist ein Schauspiel für Götter und Sozialdemokraten."
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Sehr richtig führt dann der Briefschreiber aus, daß Wilhelm II. mit seinem neuen Programm unter den Puttfamer" fällt, der sich neulich wieder in Erinnerung gebracht hat. Der Ex- Minister für Thring- Mahlow und andre Nicht Gentlemen, für den hinter jedem Streit die Hydra der sozialen Revolution steckt", hielt eine wunderschöne Nede über die Nothwendigkeit der Peitsche für die ungeberdigen Arbeiter und ihre Aufhezer". Und da nach Herrn Puttkamer jeder ein Aufheber" ist, der zugibt, daß die Arbeiter Grund zur Unzufriedenheit mit ihrer heutigen Lage haben, so gratuliren wir unserem neuen Kollegen, Wilhelm II. von Hohenzollern .
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Uebrigens fällt Wilhelm II. nicht blos unter den Buttkamer, er fällt auch unter den Herrfurth. Sein Versprechen, denjenigen Bedürfnissen und Wünschen der Arbeiter entgegen= zukommen, welche in den Ausständen der letzten Jahre und anderweit( auf den verschiedenen Arbeiterkongreffen?) zu Tage getreten sind, entgegenzukommen", seine Bemerkungen über die Nothwendigkeit der staatlichen Regelung von Zeit, Dauer und Art der Arbeit", würden ihm, wäre er nicht zufällig Kaiser von Deutsch land und König von Preußen, von Herrn Herrfurth die Qualifikation als Vertreter derjenigen Arbeiter, die nicht ar= beiten wollen" zuziehen. Aus ihrem Eintreten für die Arbeiter, die wegen Verkürzung der Arbeitszeit streiten, leitete Herr Herrfurth bekanntlich diesen Titel für die sozialdemokratischen Abgeordneten her, und mitgefangen, mitgehangen, so heißt es ja wohl bei der Polizei, Herr Minister?
Ein Ehrenzeugniß für die Arbeiterschaft Berlins . Dem Börsentheil des„ Berliner Tageblatt" entnimmt das„ Berliner Volksblatt" einen Bericht über eine Generalversammlung der Aktienbrauerei Böhmisches Brauhaus", von dem das Organ der Berliner Arbeiter mit Recht meint, daß er seine Leser interessiren wird. Er ist interessant für die Arbeiter aller Länder. Man höre:
" In der heutigen( 4. Februar) ordentlichen Generalversammlung er
fost s odiofod i dal sd i Ferner theilte Redner mit, daß im September v. J. seitens der sozialdemokratischen Partei eine Sperre über das Bier der Brauerei verhängt worden wäre. Es habe dies seinen Grund in Differenzen gehabt, welche der Defonom mit der sozialdemokratischen Partei gehabt habe. Die Wirkung sei eine empfindliche gewesen, indem während dieser Zeit ein Minderabfaz von 100 Tonnen pro Tag zu verzeichnen gewesen sei. Aus dieser Ursache sei der Mehrabjazz für 1889 ein verhältnißmäßig geringer. Die Direktion habe die Differenzen wieder beigelegt, doch seien immerhin einige Kunden an die Konkurrenz verloren gegangen." Si siar tu dun mis wher
Hut ab vor einer Arbeiterschaft, die denen, die sie ächten zu dürfen ver meinen, in so empfindlicher Weise zu erkennen gibt, daß sie es mit selbstbewußten Männern zu thun haben. Die„ Differenz" des Dekonomen der Braueret mit der Berliner Sozialdemokratie bestand in der Verweigerung des Saals zu Versammlungen derselben. Ihr seid für uns nicht gleichberechtigt mit den übrigen Parteien" hieß das für die sozialdemokratische Arbeiterschaft Berlins . Und 100 Tonnen gegen 30,000 Glas Bier weniger Ausschant pro Tag war die prompte Antwort.
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Und diese Arbeiter glaubt man durch ein Polizeigesetz knebeln zu können? Lächerlich. Wie diese Brauerei und andere Brauereien wird auch Polizei und Staatsgewalt vor ihnen zu Kreuze friechen müssen.
- ,, Rothes Gespenst". Es ist ergöglich, mitanzusehen", schreibt man uns, wie das Kartell- und Reptilpack sich abquält, die Feyen und Fezchen der Vogelscheuche, genannt Nothes Gespenst, aus allen Ecken und Winkeln zusammenzusuchen, und den schmuzigen Plunder, in dem keine Nadel mehr haftet, aneinander zu flicken. Die Sozialdemokraten wollen die Ehe abschaffen, die Familie zerstören, und sie wollen alles verungeniren".
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Aber wie das beweisen? Die abgenußten Zitate des pfäffischen Flick Schusters, mit deren Wiederauflage das Kartellvolt glänzende Geschäfte zu machen hoffte, ziehen nicht recht. Und so lügt es in der Verzweiflung fürchterliche Wahl- und Versammlungs- Exzesse hinzu, die von den Sozialdemokraten verübt sein sollen. In Staßfurth, Dortmund , Lindenau ( Leipzig ) haarsträubende Erzesse- Mord und Todtschlag. Selbstverständlich nicht ein wahres Wort an all den Gräueln. Das einzige Wahre ist, daß der Weizen des Kartell- und Reptilpacks in dieser Wahlbewegung nicht blüht, und daß derselbe in den Wählerversammlungen schlechte Geschäfte macht. In Staßfurth verlief die sozialdemokratische Versammlung thatsächlich in größter Ruhe, nur die Polizei verübte auf den Straßen ihren Unfug. Dasselbe war der Fall in Dortmund ; und was endlich Lindenau betrifft, so wurde Döbb gen- Göz in seiner eigenen Familien- Hochburg von den Wählern ausgelacht und ihm hübsch heimgeleuchtet das ist Alles, und das ist natürlich ein todeswürdiges Verbrechen in den Augen des Kartell- und Reptilpacks; in den Augen jedes anständigen Menschen dagegen eine um so lieblichere und verdienstvollere That. Döbbgen- Göz verlangt doch nicht gar, daß man ihn als Del- Gößen anbeten soll? Er ist und bleibt nur ein gewöhnlicher Bier- Göz.
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Der vermuthliche Ausfall der Wahlen wirft bereits seine Schatten voraus. Bismarck gibt die alte nationalliberal= konservative Kartellmehrheit für verloren und liebäugelt wieder mit der kommenden ultramontan- tonservativen Mehrheit, während auf der andern Seite das Zentrum sich vorbereitet, Regierungspartei zu werden. Die ultramontane Germania" in Berlin erstirbt förmlich in Loyalität. Nun, wir wünschen den Herren viel Glück zum neuen Lebenslauf.
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Das Humoristische bet der ganzen Sache ist, daß die Nationalliberalen mit wahrem Bieneneifer ihr eigenes Grab graben. Sie könnten die ultra
montan- konfervative Wehrheit fehr leicht Saburch ſprengen, daß fie ben Konservativen die Heerfolge versagen. Aber während diese sich jeden Augenblick bereit zeigen, ihnen den Fußtritt zu geben, wenden die Nationalliberalen Alles auf, recht viel Konservative in den Reichstag zu bringen, damit nur ja später diese mit dem Zentrum die Mehrheit bilden können. Eine wunderbare Taktik freilich nicht das Wunderbarste, was diese Partei der geistigen Elite des deutschen Bürgerthums" schon zu Wege gebracht.
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sid st
-Wie telegraphirt wird. Zur Erbauung für unsere Leser lassen wir hiermit einen Passus aus einem Telegramm ameri= tanischer Zeitungen über die letzte Reichstagssizung folgen:
Statt seiner( Bismarck!) sprach Fürst Carolath, der von Bismarc speziell damit beauftragt war. Er redete sich in eine derartige Wuth hinein, daß die Rede das Gegentheil der beabsichtigten Wirkung erzielte.
In maßlosen Ausdrücken zog Carolath gegen Bebel los, der in seiner Rede die jeßigen Zustände in Deutschland mit denjenigen unter Napo leon III. in Frankreich verglichen und zum Schluß erklärt hatte, was auch immer die Regierung thun werde, sie werde der Sozialdemokratie in die Hände arbeiten und dem Sozialismus gehöre die Zukunft. Carolath verwahrte sich jedoch dagegen, daß die Regierung bei der Neuwahl des Reichstages den Kampf gegen die Sozialdemokratie zur einzigen Parole mache, denn der Klassenkampf solle nicht proklamirt werden.in thin
Köstlich, nicht wahr? Der„ wüthende" Carolath,
der als rasen
der Ajar sich selbst vernichtet welches Reptilchen mag die ameritanische Presse zu dieser Auffassung verleitet haben?
Uebrigens scheint man diesem unglückseligen Garolath auch auf anderer Seite mehr Bedeutung beizulegen, als ihm nach feiner Rede von Rechtswegen zukommt. Was hat der Mann eigentlich Großes gesagt oder gethan? Er hat mit großer Emphase Mücken geseiht, um Stameele zu verschlucken. Er hat für die Verewigung des Schand= gesezes gestimmt, nur gegen den Ausweisungsparagraphen sträubte er sich. Eine rechte Heldenthat. Was der schlefische Prinz bekämpft hat, sind nur die auffallenden, grob- kompromittirenden Plumpheiten des Polizeigefeges, gegen seine gemeine Grundtendenz hatte er nichts einzuwenden. Die Phrase: nicht blos polizeiliche Bekämpfung der Sozialdemokratie, sondern auch Bekämpfung mit getstigen Waffen, ist weder neu, noch Zeichen einer besonders freien Dentart. Das sagt der Stöcker auch, und nicht einmal mit ein Bischen andern Worten."
Die einzige Bedeutung der Rede liegt darin, daß sie ein Zeichen ist der in den herrschenden Streisen eingerissenen Zerfahrenheit. Es hält nicht mehr zusammen, überall wagt sich die Fronde wieder hervor, neue Koalitionen bilden sich und suchen den andern Terrain abzugewinnen. Man glaubt, eine eigene Meinung haben zu dürfen", aber innerhalb der tonservativen Interessensphäre. Der schon als freifinnig verschrieene Carolath hat sich neulich bereit erklärt, wieder als tonservativer Kandidat für den Wahlkreis übenauch als Kandidaten akzeptirt. Das sagt alles. Die Kölnische Zeitung " fürchtet, die kaiserlichen Erlasse könnten den Groß machts tibel der Arbeiter steigern. Du ahnungsvoller Engel du, das werden sie.
Viel Geschrei und wenig Wolle. Als die Arbeiter des Saarbrücker Kohlenreviers die Forderung nach Aufbesserung ihrer Jammerlöhne stellten, da erhoben die Regierungsblätter ein großes
darüber gewiß ebenso wenig fehlen, wie bei den nachfolgend erwähnten Wohlfahrts- Einrichtungen.
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Für 20 Werkschulen zur Fortbildung jugendlicher Arbeiter betrug dagegen der staatliche Kostenaufwand 9034 M., für Industrieschulen für die Töchter von Bergleuten 14,421 M., für Kleinkinderbewahr= Anstalten 19,515 M. Dazu kamen immer im Jahre 1888/89 für den Unterricht der bergmännischen Jugend beiderlei Geschlechts, sowie für Lehrvereine und Wochenschriften 46,164 M., wozu dann noch 26,853 M. für die Unterhaltung von Bergschulen( technischen Fachschulen) hinzutraten. Außerdem wurden zur Beförderung der Ansiedlung von Bergleuten in der Nähe der Betriebspunkte in demselben Betriebsjahre 62,655 Mark Bauprämien gewährt. Endlich bleiben noch die bewilligten Bauvorschüsse zu erwähnen. Am Ende des Berichtsjahres betrugen dieselben nach Abzug der bereits zurückgezahlten Vorschüsse 500,687 M. Nimmt man an, daß die Staatswerke sich für diese Vorschüsse mit einem Zinsfuß begnügen, der 2 Proz. hinter dem landesüblichen zurückbleibt, so betrug der für diesen Zweck gemachte Jahresaufwand der Staatswerke rund 10,000 Mark.
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Alles in Allem kosteten also die Wohlfahrtseinrichtungen" der Staatswerke des Saarbrücker Reviers dem Staate im Jahre 1888-89 rund 188,000 M. Durchschnittlich waren in 1888-89 auf den Staatswerken im Svarbrücker Revier 25,273 Mann beschäftigt. Pro Kopf derselben betrug also dieser staatliche Wohlfahrts"-Aufwand M. 7.05, d. h. noch nicht ganz 1 Proz. des durchschnittlichen JahresVerdienstes in demselben Jahre( M. 841.87.)"
Und um dieses einen Prozents willen sollen die Arbeiter hübsch ge= duldig alle Lebensmittelvertheuerungen über sich ergehen und sich beileibe nicht beikommen lassen, von den gesteigerten Erträgen ihrer Arbeit auch einen mäßigen Antheil für sich zu beanspruchen. Wo bliebe auch sonst der Segen dieser Wohlfahrts- Anstalten"?
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Proletarier und Aristokraten. Unter dieser Spizmarke lesen wir in der Berliner Volkszeitung":" Gegen drei Angehörige der Edelsten der Nation" schwebt( der Berl. 3tg." zufolge) gegenwärtig ein Strafverfahren wegen einer recht rüde ausgeführten Rempelei, die vor einigen Wochen zur Nachtzeit in der Nähe eines Wiener Café der Friedrichstadt sich ereignet hat. Die adligen Herren, es waren, wie uns berichtet wird, ihrer drei, und zwar die Herren v. Kleist , v. Mahren= holz und v. Dettinger, famen in weiblicher Begleitung aus dem Wiener Café. Sie gingen in herausfordernder Art auf dem Bürgersteig. Jedermann zum Ausweichen zwingend. Ein Vorübergehender vermochte ihnen indeß nicht schnell genug auszuweichen. Es war ein unglücklicher Krüppel, der lahm geht und sich mit Hilfe eines künstlichen Beines nur schlecht vorwärts bewegen fann. Den drei Edlen imponirte das förperliche Gebrechen des Hinkenden durchaus nicht. Als derselbe völlig nnabsichtlich einen derselben im Vorbeigehen streifte, drehte sich dieser um und rief: Was, der Pro= Ietarier will uns nicht Plaz machen? Dem werde ich es besorgen!" Und der Herr Von" prügelte darauf höchfteigenhändig mit seinem Stock den Aermsten und ward hierbei von seinen beiden Begleitern weidlich unterstützt. Die schneidigen Schläger glaubten nun nach vollbrachter Heldenthat den Kampfplaz mit dem abermaligen Siegesrufe:" So, dem Proletarier haben wir das ordentlich besorgt!" verlassen zu können, aber sie hatten die Rechnung ohne den Proletarier" gemacht. Dieser war ein Bankbeamter, der das Unglück gehabt hat, im letzten Feldzuge ein Bein im Gefecht zu verlieren und seitdem mühsam sich mit seinem künstlichen Bein durchs Leben schleppen muß. Derselbe ließ die„ Edlen" keineswegs ungehindert ziehen, sondern veranlaßte deren polizeiliche Sistirung. Die adeligen Raufbolde werden Anfangs nächsten Monats in öffentlicher Sigung vor der Straffammer des Landgerichts I Rechenschaft über ihre Heldenthat abzulegen haben."
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Warten wir ab, ob die Berliner Richter den nöthigen Muth haben werden, den edelsten Herren die rechte Antwort zu geben. Auf jeden Fall wird sie auf das Konto der Abrechnung geschrieben, welche die ProTetarier vorzunehmen haben. Und diese wird hoffentlich auch ordentlich besorgt werden.
Wie die ,, ausgleichende Gerechtigkeit" bei der SteuerErhebung in Preußen gehandhabt wird, dafür liegt wieder ein drastischer Beitrag vor. Das liberale„ Deutsche Reichsblatt" veröffentlicht aus einer ihm zugesandten Originalverfügung des Landraths des Kreises Glogau , Grafen Pilaty, vom 5. Januar 1888 folgenden Passus:
Wenn nicht bei einzelnen Besizern ganz abnorme Verhältnisse, welche in jedem einzelnen Falle in einem besonderen Berichte, und nicht in der Einkommens- Nachweisung, ausführlich zu erläutern sind, vorliegen, dann wird in der Regel bei einer Grundsteuer bis zu 10 Mark der zehnfa che Grundsteuer- Reinertrag, von 11 bis 20. Mark Grundsteuer der achtfache Grundsteuer- Reinertrag, von 21 bis 30 Mark der sechs fa che Grundsteuer- Reinertrag u. s. w. als Einkommen aus den selbstbewirthschafteten Ländereien zu berechnen sein."
Bekanntlich hat Minister v. Scholz", so bemerkt die Volkszeitung" hierzu, im Abgeordnetenhause in Abrede gestellt, daß er eine bezügliche Generalverfügung erlassen habe. Das ist eine Frage für sich. Auf alle Fälle dokumentarisch belegte Vorgehen der 2 anbrat he im Wiberſpruch mit dem Geje B. Nach bem
Klaffensteuergesetz beginnt die erste Stufe bei einem Einkommen von 420-600 W. mit dem Steuersatz von 3 M. oder 0,45 Proz. Die letzte( 12.) endet bei einem Einfommen von 2700-3000 Mart mit einem Steuerfaz von 72 Mt. oder 2,4 Proz. Der Gesetzgeber hat also die höheren Einkommen mit einem steigend en Prozentjak heranziehen wollen, nicht umgekehrt, wie es verschiedene Landräthe gethan haben."
Die Herren haben eben ganz im Sinne der herrschenden Wirthschaftspolitik gehandelt, deren ganze Tendenz darauf gerichtet ist, die Großen von den Steuern zu entlasten und die Kleinen die Masse des Volks zu belasten. Die erreichte enorme Erhöhung der indirekten Steuern genügt den Herren noch nicht. Nach dem Programm der Agrarier soll die unbequeme Grundstener ganz abgeschafft werden eine um so unverschämtere Forderung, als diese Steuer in Wirklichkeit nur dem Namen nach eine solche, thatsächlich aber eine übernommene Verpflichtung ist für den Herren Großgrundbefizern vom Staat gewährte Dotationen. Diese haben die Herren längst verdaut, jezt möchten sie die Gegenleistung von sich abschütteln und dem arbeitenden Volt aufhalsen eine unverschämtheit, für die thnen am 20. Februar hoffentlich die gebührende Antwort werden wird
Noch ein Bild von der Energie und Entschlossenheit mit der die Berliner Arbeiter stets am Blaze sind, wenn es fich um die Wahrung ihrer Rechte handelt. Der Frift. 3tg." wird aus Berlin geschrieben:" Tag für Tag hatten die Sozialdemokraten, solange die Wahllisten auslagen, ihre ParteiListen eingetragen sei. Diese Anfeuerung hat großen Erfolg gehabt; genossen angefeuert, sich davon zu überzeugen, ob der Name auch in den denn nicht weniger als 75,567 Personen haben die Wahllisten kontrollirt; wir sind mehrere Male in den Lokalen gewesen, in denen die Wahllisten auslagen, und für uns ist es zweifellos, daß fa st alle die Wähler, welche die Listen nachsahen, Sozialbemokraten waren. Die überaus fleißige Kontrole der Listen seitens der Sozialdemokraten gibt annähernd eine Vorstellung von der sozialhaben".
klärte Direktor Knoblauch in Ergänzung des Geschäftsberichtes, dak Geschrei von den Wohlfahrts Einrichtungen, welche die demokratischen Wahlbetheiligung, die wir am 20. Februnr zu erwarten
das verflossene Jahr ein für das Brauereigewerbe wenig günstiges ge= wesen sei. Es sei bedauerlich, daß die Verhältnisse einer Anzahl von Brauereien dazu gezwungen haben, der Kundschaft gar zu große Konzessionen zu machen. Obwohl die Produktionskosten sich wesentlich gesteigert haben, sei doch eine Erhöhung der Bierpreise fast ausgeschlossen. Dies habe einestheils seinen Grund darin, daß die Wirthe ihre Kalkulationen auf Grund der bestehenden Preise gemacht haben, so daß ein Aufschlag alle ihre Berechnungen über den Haufen werfen würde. Dazu tomme, daß in Berlin eine Pfennig- Rechmung nicht existire und es auch aus diesem Grunde für die Wirthe schwierig sei, eine Erhöhung des Bierpreises auf ihre Rundschaft abzuwälzen. Die Verhältnisse für 1890 liegen nicht günstiger, da für die Materialien zum Theil Preise gezahlt werden mußten, wie dies bisher noch nicht der Fall war. Die Aftionäre des Böhmischen Brauhauses dürfen jedoch mit Vertrauen in die Zukunft blicken, da die Verwaltung Alles thun werde, um ihre Interessen wahrzunehmen und die Wiederkehr besserer Verhältnisse möglich zu machen.
Arbeiter auf jenen, dem Staat gehörenden Werfen genößen; biese müßten bei den Löhnen in Anrechnung gebracht werden, dann würde sich ergeben, wie glänzend die Arbeiter in Wirklichkeit gestellt seien. Nun, man fennt diese Weise und kennt auch den Tert, und außer dem Troß der Gedankenlosen und jenen, für welche die Arbeiter immer im Unrecht find, wenn ſie mehr fordern als ihnen freiwillig gegeben wird, ließ sich Niemand beirren. Immerhin ist es interessant, festgestellt zu sehen, was es mit diesen Wohlfahrts- Anstalten" auf sich hat, und welch große Summen der Herr Wohlthäter Staat" durch dieselben. den Arbeitern zukommen läßt. Nach der Berliner Volkszeitung" stellt fich die Sache folgendermaßen:
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„ Die Konsumvereine, um mit diesen zu beginnen, erhalten sich selber. Ebenso die Kassenanstalten. Ueber die sechsunddreißig staatlichen Schlafhäuser, in welchen im Jahre 1888/89 4926 Arbeiter Aufnahme fanden, fehlt in der soeben veröffentlichten auitlichen Nachweisung die Angabe der dem Staate aus ihrer Unterhaltung erwachsenen Unkosten. Groß werden dieselben nicht sein, sonst würde es an einer Ziffernangabe
Ist das nicht bewunderungswürdig? Aber wir würden ungerecht sein, wenn wir unterließen, hinzuzufügen, daß fast überall in Deutschland unsre Genossen den gleichen Eifer an den Tag legen, wenn sie auch nicht in solchen Massen auf den Plan rücken. Es ist eine großartige Bewegung, die ihresgleichen nicht kennt.
Dem in Anhalt als Kandidat aufgestellten Sozialdemokraten Hosang ist das Wahlrecht entzogen worden, da ein Sohn des= jelben auf Staatsfosten in einer Anstalt für nicht vollsinnige Kinder erzogen wird". So berichten deutsche Blätter.
Und die Startellfandidaten, deren Söhne auf den Gymnasien oder Universitäten auf Staatstosten ausgebildet werden? Nach gleicher Logik müßte man auch ihnen das Wahlrecht entziehen. Aber wahnsinnig der, der in diesen Dingen gleiches Recht für Alle verlangt. Da müßte ja gerade der Glite der Gesellschaft das Wahlrecht genommen werden, und kein Schnapsjunker würde fortan die Bänke des Reichstags zieren.