auf die intelligente Jugend als Ganzes für ihre Befreiung zählen, denn diese beginnt, das Volk zu vergessen. Jezt lautet deren Parole ent­weder: Es gibt in Rußland   feine Arbeiter, oder aber: die Arbeiter find zu dumm und zu unwissend, um sich an sie wenden zu können. So wenig die russische Arbeiterschaft jedoch von der sogenannten Intelligenz in ihrer Gesammtheit zu hoffen hat, so wichtig ist doch für sie die Unterstüßung von Leuten, die aus den Reihen der letzteren hervorge­gangen sind, vorausgesezt, daß sie sich ganz auf Seite des Proletariats geschlagen haben, um trotz allen Gefahren unter diesem und für dieses propagandistisch thätig zu sein. Von Leuten dieser Art gilt noch heute, was Alerejeff vor dreizehn Jahren von der russischen intelligenten Ingend fagte.

Daß Plechanow   so scharf zwischen einzelnen Individuen aus den Reihen der Intelligenz", und der Intelligenz" als Gesammtheit in ihrem Verhältniß zur Sache der Arbeiter unterscheidet, daß er diese so energisch nur auf sich selbst zählen heißt, hat seinen guten Grund.

Wie es in Folge der eigenthümlichen russischen Verhältnisse nicht anders möglich ist, umfaßt die sogenannte revolutionäre Bewegung die verschiedenartigsten Elemente. Gemeinsam ist Allen mehr oder weniger das Bestreben oder wenigstens der Wunsch, das jezige System des ab­soluten Zarenthums zu stürzen. Abgesehen von diesem Punkte gehen die Ansichten über Ziel und Taktif der Bewegung himmelweit ausein­ander. Nicht nur unter den bürgerlich Liberalen, deren höchstes Ideal eine die Interessen des Kapitals begünstigende wässerige Konstitution nach westeuropäischem Muster ist, sondern auch unter den eigentlichen Revo lutionären herrscht in dieser Beziehung unglaubliche Mannigfaltigkeit der Auffaffung, wie zum Theil unglaubliche Unklarheit. In den Augen vieler russischer Revolutionäre galt und gilt noch jetzt die Intelligenz" und ganz besonders die intelligente Jugend" als das providentiell­revolutionäre Element par excellence, als das auserwählte Israel   der sozialen Widergeburt, das aus Jdealismus und ohne Mitwirkung der breiten Volksmasse, nur mit Heranziehung derselben, eine soziale Revo­lution tragen und von oben herab eine gerechte Gesellschaftsordnung dekretiren könne, wie man etwa einem Kinde einen neuen und schöneren Hut zu tragen gibt.

Der Bund der russischen Sozialdemokraten" dagegen, an dessen Spize neben Plechanow P. Axelrod und Wiera Sassulitsch stehen, ver­tritt die Ansicht, daß eine wirklich revolutionäre Bewegung von der Arbeiterklasse getragen werden müsse, die in Folge ihrer wirthschaft­lichen Lage das revolutionäre Element par excellence ist, während die übrigen Bevölkerungsschichten, die der Intelligenz" inbegriffen, mit Be­friedigung ihrer Sonderinteressen anfangen, konservativ zu werden. Plechanow   ist zu seiner Auffassung gelangt nicht nur Dank seiner unge­wöhnlichen Begabung, sondern auch Dank seines gründlichen Studiums der sozialpolitischen Literatur Westeuropas  , das ihm tiefe und um­faffende Stenntnisse zur Verfügung stellt, wie sie fein zweiter junger russischer Schriftsteller der revolutionären Welt aufweisen kann. Von entscheidendem Einfluß auf seine Entwickelung ist auch die innige Be­rührung, die eingehende sorgfältige Beobachtung der westeuropäischen Arbeiterbewewegung gewesen. Daß Plechanoff den alten Aberglauben bekämpft, als ob die intelligente Jugend" das Alpha und Omega einer revolutionären Bewegung sei, daß er das Prinzip des Klassen­tampfs in seiner Schärfe geltend macht, ist gerade zeitgemäß. Klarheit über Ziele und Taktik der Bewegung sind unerläßlich für den erfolg­reichen Fortgang. Wenn auch die russische Intelligenz als Ganzes un­fähig ist, Trägerin einer sozialen Wiedergeburt zu sein, so werden doch vor der Hand besonders Ueberläufer aus ihrem Lager an der Auf­Hlärung und Organisation der breiten Volksschichten zu arbeiten haben. The dieselben jedoch das Volk zu seiner geschichtlichen Rolle vorbereiten können, müssen sie selbst ganz klar über diese sein. Wie nöthig diese prinzipielle Klarheit und von welchem Nußen für deren Erwerbung die Berührung mit der Arbeiterbewegung des Auslandes ist, hebt z. B. auch P. Lawroff in einem Brief an die in New- York   in russischer Sprache erscheinende Arbeiterzeitung Snamja"( das Banner), hervor. In einem Unsere Aufgaben" betitelten offenen Briefe an die Kame= raden in Amerika  " räth Lawroff, dessen breites, enzyklopädistisches Wissen auf sozialpolitischem Gebiete, dessen eingehende Kennerschaft der russischen Verhältnisse unbestritten sind, daß die im Auslande lebenden russischen Revolutionäre durch stete Beobachtung und Theilnahme an der Arbeiterbewegung lernen sollen, um zu wissen, was sie bei der Heimkehr in das Vaterland zu thun haben. Indem sie an den Kämpfen der ausländischen Arbeiterbewegung theilnehmen, erlangen sie größere prinzipielle Klarheit. Die Klärung der Prinzipien kann leichter im Aus­lande geschehen als in der Heimath, wo die politischen Aufgaben, welche der Kampf gegen den Absolutismus auferlegt, und das Nicht­vorhandensein von Arbeiterorganisationen sehr oft die Klarheit des Prinzips des Klassentampfes und seine elemen­taren Bedingungen schwächen, indem sie in der Vorstellung der Kämpfer den Sozialismus in einer unbestimmten, wenn auch höheren Form nur als Lehre von der Anbahnung einer gerechteren Gesellschafts­ordnung erscheinen lassen"

Der Bund der russischen Sozialdemokraten" hat ferner in den Tezten Wochen einen Band der Zeitschrift Der Sozialdemokrat" er­scheinen lassen. Der Inhalt ist hochinteressant und bietet außer einer aus dem Französischen   übersetzten Novelle folgende Artikel: ,, Unsere volksthümlichen Schriftsteller von G. Plechanow  . Die Revolutionäre aus der revolutionären Mitte" von Sassulitsch  . Tschernyschewsky" von G. Plechanoff. Die äußere Politit des russischen Barenreichs" von Fr. Engels. Das Jahrhundert der französischen   Revolultion". Der internationale sozialistische Arbeiterkongreß von Paris  " von einem ,, neuen Genossen". Der Dockerstrife von London  ", ein Brief an die Nedak­tion von El. Marg- Aveling. Die Abdankung der Bourgeoisie" von Fr. Engels. Innere Rundschau". Die Hinschlachtung politisch Ver­urtheilter in Jafutst" ,, Verhaftungen in Rußland  "

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Eigenthum und Sozialismus.

( Aus der New- Yorker Volkszeitung".)

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Zkw.

Nicht auf ein Hirngespinst, wie es die Jdee von einem absoluten, ewigen Moralgefeß" ist, dürfen wir reflektiren, wenn es gilt, die Eigen­thumsfrage zur Enscheidung zu bringen; und dasjenige Recht, an welches wir zur Lösung dieser Frage apelliren, es ist etwas wesentlich Ver­schiedenes von dem blos phrasenhaften abftrakten, Natur" oder Menschen­recht". Ja, dieses Recht, dessen Forderungen wir hier ins Feld zu führen haben, es ist kein angeborenes", fein Urrecht; es wurzelt nicht in der Tradition, und es ist ebensowenig ein Recht der Gegenwart wie der Vergangenheit. Nichts von alledem! Das Recht, welches ich meine, es ist das Recht der Zukunft, welches nicht aus dem Kopfe, sondern blos aus der Wirklichkeit, blos aus den Erfordernissen der Selbsterhaltung und gedeihlichen Fortentwickelung des Menschengeschlechts entsprungen ist. Und dieses Recht der Zukunft muß sich legitimiren können, legi= timiren vor dem Forum strengster Stritit. Das Recht der Zukunft muß fich dadurch legitimiren, indem es fich in seinem Inhalt als das schlecht­hin nothwendige Fazit des Entwicklungsprozesses der Menschheit erweist, als der kategorische Imperativ" der zunächst materiellen und damit auch geistigen Daseins- Jntereffen der Menschheits- Maffen als die thatsächlich gegebene conditio sine qua non"( die unerläßliche Vor­ansfeßung) der Zukunft des Menschengeschlechtes überhaupt. So muß, nach Auffassung des Sozialismus, oder, bestimmter ausgedrückt: nach Auffassung der Sozialdemokratie, das wahre, nicht er fundene, sondern ge fundene Recht der Zukunft fich legitimiren, muß es nicht auf Grund, sondern trop aller überlieferten und angeborenen Rechte der Gegenwart sich behaupten. Das Recht der Zukunft ist einfach der nach­weisbare und unwiderstehlich beweisträftige Ausdruck des Schwergewichts der Intereffen, und dieses Recht allein bringt die Eigenthumsfrage zur Entscheidung.

Wie aber, so fragen wir uns feßt, gelangen wir zur Feststellung des Rechts der Zukunft? Ferner: Was besagt dessen Inhalt, und zwar insbesondere in Bezug auf die Eigenthumsfrage

Nun, indirekt ist der Weg zur Feststellung bereits in der oben refu­mirten Charakteristit des Wesens unferer neuen Rechtslehre vorgezeichnet. Was vor dem Forum der strengsten Stritit als das schlechthin nothwen­dige Fazit des Entwicklungsprozesses sich legitimiren, was als das eherne Muß" der Eristenz- Interessen des Menschenthums handgreiflich fich erweisen muß, nun, Das kann nichts anderes sein, als ein Ergeb­niß solcher Wissenschaften, wie Statistit, Gesellschaftskunde, Geschichte,

Hygieine, Physio- und Psychologie, fritisch- historische Nationalökonomie 2c. Nicht mitzusprechen haben da solche Wissenschaften wie Moralphilosophie, geschweige denn so etwas wie Theologie; und ebenso wenig mitzu­sprechen hat die Jurisprudenz mit ihrem ganzen fluchbeladenen Stram von Corpus Juris  " und Pandeften- Trödel, Gewohnheits- und statu­tarischen Rechtsnormen, und all' diesem ewigen Krankheitsstoff, der nur die Interessen der herrschenden Klassen repräsentirt. In's Feuer mit dem ganzen Plunder! In's Feuer mit allen Staats- Konftitutionen und Gefeßes- Sammlungen!

Aber insoweit als wir uns den Verlauf der Menschheits- Entwicklung, ohne nach Hirngespinnsten zu greifen, vergegenwärtigen fönnen, werden gewisse Rechtsnormen in irgend einer Weise festzustellen und, wenn Einstimmigkeit nicht erzielbar, durch den Willensausdruck einer Mehr­heit des Volkes zu sanktioniren sein. Es werden voraussichtlich immer Gesetze nothwendig sein, bei deren Einführung vielleicht jedesmal eine Minorität für den Augenblick sich unterordnen muß, für so lange nämlich, bis fte, wenn die größere Vernunft auf ihrer Seite, Majo­rität geworden ist.

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Diese Geseze werden voraussichtlich an Zahl so wenige und an Um= fang so gering sein, daß man deren Abfassung vielleicht ganz bequem in der Westentasche mit sich tragen kann; aber, es werden Geseze nicht etwa lösbare Verträge" sein, Geseze, deren Inhalt mehr oder weniger zutreffend das Rechtsbewußtsein der großen Mehrheit des Volkes widerspiegelt. Und bei Festsetzung dieser Geseze, dieser Rechts­forderungen der Zukunft, wird das Volk oder dessen Mehrheit immer mehr das Urtheil der Sachverständigen zur Richtschnur nehmen.

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In allgemeiner Bildung auf wachsend höherem Niveau stehend, wird jede Volksmehrheit immer mehr und mehr geneigt sein, die Resultate der oben erwähnten erakten Wissenschaften als die Quelle des Rechts des einzig beweisbaren und deshalb wahren, echten Rechts zu respektiren. Je mehr aber das Volk geneigt sein wird, im Akte der Gesetzgebung die Autorität des Wissens anzuerkennen und zur Geltung zu bringen, desto schneller werden die immerhin noch vorkommenden Irrthümer beseitigt und durch fortschreitend annähernde Wahrheit ersetzt werden.

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Bergegenwärtigen wir uns ferner, daß im Gemeinwesen der Zukunft, im sozialistischen   Organismus der Arbeit Aller für Alle, jener ganze Wuft von in engerem Sinne: politischen" Fragen in Wegfall gekommen ist, mit denen heutzutage so viel Staub aufgewirbelt wird; und ver gegenwärtigen wir uns, daß mit Errichtung dieses wesentlich berufs­genossenschaftlichen Gemeinwesens der ganze Staat", im historischen Wortbegriffe, in Wegfall gekommen ist, was an und für sich zur Folge hat, daß die wichtigsten, vitalsten Fragen des Gesellschaftslebens nicht mehr durch Volfsgesetzgebung, sondern durch die Gesetzgebung der Sachverständigen- Streise entschieden werden; dann, so werden wir nun finden, wird die Feststellung des allgemeinen Rechtes 1. jeweilen jo nahezu wie möglich den Anforderungen der Vernunft entsprechen, und, 2. wird die Sphäre des allgemeinen, von der Volksgesellschaft feſtge­setzten Rechts sich bis zu einem gewissen Minimum auf fortschreitend engere Grenzen reduziren.

Bis zu einem gewissen Minimum" jedenfalls wird die Feststellung des Rechts der Zukunft Sache der Volksgesammtheit sein und bleiben. Und dieses Minimum betrifft eben, die Frage des Eigenthums. In Bezug auf diesen Punkt wird das Gemeinwesen als Ganzes, um seiner Selbsterhaltung willen, voraussichtlich stets das Heft in der Hand be­halten müssen. Die Idee einer sog." Freien Gesellschaft", in welcher das Eigenthum an Grund und Boden und Produktionsmitteln in Gruppen"-Eigenthum zerklüftet wäre, damit diese Gruppen fich des findlichen Vergnügens eingebildeter Autonomie erfreuen mögen, das ist eben auch eines jener Hirngespinnste, welche ganz ohne Rücksicht auf die Wirklichkeit verfertigt und feilgeboten werden. Durch die immerfort wachsenden Anforderungen des Großbetriebs in der Produktion der n von Gruppen- Eigenthum und Gruppen­Lebensmittel werden die Jbeen von Gruppen- Eigenthum und Gruppen­Autonomie in das Gebiet der undistutirbaren, spezifisch kleinbürgerlichen Albernheiten zurückgewiesen. dual and dour pit and

Nun, wenn also jedenfalls die Gesammtheit des Volkes in einem Lande sich vorbehalten wird, in der Eigenthumsfrage jederzeit das Sou­veränetätsrecht zu behaupten, wie wird dann der Entscheid in dieser Frage ausfallen?

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Wir haben angenommen, daß das Volt, im Maße seines Aufsteigens in allgemeiner Bildung, mehr und mehr als den einzigen Quell des des Rechtes die Resultate des exakten Wissens anerkennen wird, Wissens von den Bedingungen der Existenzerhaltung und des Fort­schritts der menschlichen Gattung. Mit einem Worte: wir haben ange­nonimen, daß das Wissen, das Sachverständniß in Anwendung auf das soziale Leben mehr und mehr zur Herrschaft gelangt.

Wenn wir diesen Gedanken festhalten, dann ergeben sich für uns als das Resultat streng kritischer Forschung eine Reihe von Forderungen, deren Fundament sich etwa wie folgt formuliren läßt: 190

Abschaffung des Privateigenthums an Grund und Boden und allen sonstigen Produktionsmitteln, Ueberführung all' dieser Dinge in Gemein-, resp. National- Eigenthum, sowie Ueberlassung derselben zum Betriebe der Produktion an die allumfassend zu organisirenden Gewerks- und Berufs- Verbände, unter gewissen Bedingungen, mittels deren die Volks­gesammtheit Sorge trägt für die Sicherstellung eines dem jeweiligen Rechtsbewußtsein der Nation angemessenen, also relativ- gerechten Systems in Bezug auf Vertheilung des Produktionsreichthums.

Nicht also Abschaffung des Privateigenthums überhaupt verlangt, so weit wir zu sehen vermögen, das Recht der Zukunft. Kein Sozialist im Sinne der Sozialdemokratie und, was gleichbedeutend: Kein Kommunist der modernen, tritischen Schule( siehe:" Kommunistisches Manifest  ", von Marr und Engels  ), fein gründlicher Kenner des Zieles der proletari­schen Bewegung erhebt die Forderung der Abschaffung allen Privat­eigenthums. Aber von Konfusionsräthen diverser Spielarten allerdings bekommt man solche Afterweisheit manchmal zu hören und zu lesen. Um so dringender nothwendig ist es, dem verwirrenden Einfluß von Mißverständnissen in dieser Richtung mit allem Nachdruck entgegenzutreten

and assist of dipl  

Zum 20. Februar. and Dem Zentral- Wahlkomite der deutschen   Sozialdemokratie find noch folgende Glückwunsch- Abreisen zugegangen:

Werthe Genossen! Ind   pipe Begeistert und ermuthigt durch den glänzenden Sieg, den Ihr deutsche  Sozialdemokraten, troß der Euch entgegenstehenden Gewalt und troß der Ausnahmegesetze, Dant Eurer trefflichen Organisation und unermüdlichen Thätigkeit davongetragen, sendet die republikanisch- sozia= listische Föderation von Florenz   Euch herzliche Grüße und Glückwünsche. 21

Wir theilen mit Euch die Freude des Triumphs, sowie das feste Vertrauen, daß die Verwirklichung unserer gemeinsamen Ideale durch teine Macht der Erde verhindert werden kann; und wir werden Euch das seid versichert allezeit treue Bundesgenossen in den Kämpfen und Verfolgungen bleiben, die Euch auch in Zukunft nicht erfpart sein werden.

091

Einigkeit gestellt, anschließt, diese Versammlung nach Brüssel   einzu­berufen, um dort die endliche Vereinigung der Sozialdemokraten aller Länder zu besiegeln.

Im Namen des Generalraths Der Sekretär: G. Defnet.

Bei uns find folgende 3uschriften, bezw. Telegramme eingelaufen:

Paris  , 18. März. Die russischen Sozialisten in Paris  , ver= sammelt zu 120 an der Zahl, um das Gedächtniß der Kommune von 1871 zn begehen, senden den in ihrem großen Wahlkampf fiegreichen deutschen   Sozialdemokraten ihre wärmsten Grüße und ihren brüderlichen Glückwunsch.

Hoch der internationale Sozialismus! Im Namen der Versammlung

Werther   Genossel

Der Präsident Peter Lawroff.

Ich bedaure sehr, daß meine Abwesenheit von London   mich verhin­dert hat, Ihnen rechtzeitig zu dem großen Siege Ihrer Partei zu gra­tuliren. Aber ich hoffe, daß Sie mir im Hinblick auf die Bedeutung dieses Ereignisses nachträglich einige Worte in Ihrem Blatt gestatten werden.

Ich will nicht von meinen Empfindungen reden, denn diese verstehen sich von selbst. Der glänzende Erfolg der deutschen   Sozialdemokratie hat die Herzen der Sozialisten aller Länder freudig erregt, für die Russen war er geradezu ein Sieg der eignen Sache. Der Kampf für die politische Freiheit, der für die Engländer, Franzosen   und Ameri­faner der Vergangenheit angehört, bildet ein wichtiges Element im politischen Leben Deutschlands   und ein Alles absorbirendes in dem Rußlands  . Wie immer verschieden auch ihre Verfassung, unsere Regie­rungen haben das gemeinsam: sie sind beide Militärdespotien, wenn auch verschiedenen Grades, und sie sind ebenso eng verbunden in ihren Bemühungen, den Geist der Auflehnung niederzuhalten, als wir es sein müssen in ihrer Bekämpfung.

Heute, wo die afute Strisis in der inneren Politik Deutschlands  augenscheinlich immer näher rückt, gewinnt die russische Frage eine be­sondere Bedeutung. Welches auch die Form der nächsten demokrati­schen Bewegung in Deutschland  , sie wird von dem demokratischen Frank­ reich   mit Begeisterung aufgenommen werden. Die Haltung des Baren bagegen, vorausgesezt daß er seine gegenwärtige Machtstellung noch innehat, wird eine ganz andere sein und vielleicht über eine blos pas= five Feindseligkeit hinausgehen. Von diesem Gesichtspunkt aus fragen wir uns, ob nicht die deutsche Sozialdemokratie die Sache in Erwägung ziehen und es als einen Punkt ihres praktischen Programms betrachten sollte, durch alle ihr zu Gebote stehenden Mittel diejenigen zu stärken, die in Rußland   den zarischen Despotismus bekämpfen. Wir sprechen natürlich nur von der moralischen Unterstügung und solchen Bethäti­gungen, die als Manifestation derselben dienen können.

Die Verbreitung von genauen Kenntnissen über die inneren Zustände Rußlands   hat in England und Amerika   zum Juslebentreten einer Be­wegung zu Gunsten der Freiheit des russischen Volkes geführt, an deren Spize mehrere der hervorragendsten und populärsten Persönlichkeiten jener Länder stehen. Wir wollen unser Möglichstes thun, auf dem eſtland   bafür zu wirken, und wir zweifeln nicht, daß fie auch in Deutschland   Wurzeln faffen wird. Die Verfolgungswuth der russischen Regierung hat fich bis zum Wahnsinn gesteigert, dieselbe hat neuer­dings Handlungen begangen, die von dem Gewissen der zivilisirten Na­tionen nie vergessen oder vergeben werden können. Aber der Ver­einigung der ganzen Welt in Einen Schrei der Verurtheilung, der den Zaren und seine Handlanger als moralischen Auswurf brandmarkte, stellt sich ein Hinderniß entgegen, und zwar dasselbe Hinderniß, welches fich allen demokratischen Bewegungen unserer Zeit in den Weg stellt: die unglückselige und unnatürliche Feindschaft zwischen den zwel leiten­den Nationen des Festlands den Franzosen und den Deutschen  die künstlich geschaffen worden ist, um die Fortdauer des Militärdespo= tismus in Deutschland   zu rechtfertigen. Durch die trügerische Hoffnung auf ein russisches Bündniß geblendet, hat das republikanische Frank­ reich  , mit einer glänzenden Ausnahme, auf seine erhabene Mission Ver­zicht geleistet, für Recht, Gerechtigkeit und Menschlichkeit einzutreten. Der vorstehende Hinweis kann sich selbstverständlich nicht auf die Sozialisten beziehen, wie am Besten die Anwesenheit von 80 deutschen  Delegirten auf dem internationalen Kongreffe in Paris   beweist. Aber würde es jetzt, wo die deutsche Sozialdemokratie eine solche wunder­volle Steigerung ihres politischen Einflusses gewonnen hat, nicht für fie möglich sein, mehr zu thun, dadurch namentlich, daß sie den gegen­wärtigen höchst günstigen Moment benugt, eine Bewegung zu Gunsten ausführbaren Kompromisses mit den Franzosen ins Leben zu rufen, dem auch andere Oppositions- Parteien sich anschließen würden, und der dieser höchst bedauerlichen und schon zu lange währenden Feind­schaft ein Ende machen würde? Es wäre eine Aufgabe, würdig einer großen Partei und eines großen Prinzips, und der Nußen eines solchen Schrittes würde, wie ich oben dargelegt habe, nicht auf ihr Land allein beschränkt bleiben. Dies der Grund, warum ich es auf mich ge= nommen, zu Ihnen darüber zu sprechen.

eines

Mit brüderlichem Gruß

13 Grove Gardens, N. W.   London  . 190

Ihr

S. Stepniat.

Die Gruppe der sozialistischen   Studenten von Bordeaux  , welche dem Sozialen Studienverein" angehören, sendet der Sozialisti­schen Partei Deutschlands  , die durch ihren glänzenden Sieg vom 20. Febr. die Aera der Befreiung des Proletariats durch sich selbst eröffnet hat, ihre begeisterten Glückwünsche.

*

=

- Die Sozialisten von Reggio Emilia   senden der deutschen  Sozialdemokratie aus Anlaß des glänzenden Ausgangs der Wahlen ein begeistertes Hoch!

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Die New Yorker Central Labour Union- die Zentralisation der Fachvereine New Yorks   beschloß in ihrer Sigung vom 2. März auf Antrag ihres Mitgliedes Jablinowsky einstimmig und unter großem Applaus folgende Resolution:

Beschlossen, daß wir, die organisirten Arbeiter New Yorks  , repräsen= tirt in der Central Labor Union, hiermit den Arbeitern Deutschlands  zu ihren fürzlich errungenen Siegen herzlich Glück wünschen, mit dem Bewußtsein, daß sie die wahren Interessen des deutschen   Volkes re­präsentiren."

Die Föderation" drückt Euch ihre Anerkennung der bewundernswerthen it Einträchtigkeit aus, mit welcher Ihr den Kampf gegen den Kapitalismus geführt habt, und wir wünschen von Herzen, daß Euer Beispiel auch für andere Länder maßgebend sein möge. Solidarität und Vorwärts!

Für die Konföderation der Sekretär: Schweizer  . Der Generalrath der belgischen Arbeiterpartei, ver­sammelt zu einer Plenarsizung am 9. März 1890 in Brüssel  , an der jämmtliche Delegirte der Fach- und Gauverbände vertreten sind, sendet Euch seinen wärmsten Glückwunsch zu Eurem prächtigen Wahlfieg, so­wie den Ausdruck seiner brüderlichen Sympathie für das große Bei­spiel von Energie und Willenskraft, das Ihr in diesem Riesenkampf gegen den Despotismus und die Reaktion dem Proletariat der ganzen Welt gegeben.

,, Außerdem spricht die gesammte belgische Arbeiterpartei den Wunsch aus, daß die sozialdemokratische Partei Deutschlands   mit ihrem ganzen Einfluß, den sie mit solchem Recht genießt, die im Juli in Paris   ge­faßte Resolution über die Abhaltung des Internationalen Kongresses von 1891 unterstützt und sich der Forderung, die wir im Interesse der

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Sozialpolitische Rundschau.

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London  , 19. März 1890.

- Die Arbeiterschuhkonferenz der Regierungen ist am vori­gen Sonnabend in Berlin   zusammengetreten und von Seiten des Vertreters der deutschen   Regierung, Ministers von Berlepsch, mit einer furzen Ansprache eröffnet worden. Dieselbe weist auf die Gefahren" hin, welche der Wettbewerb in der Industrie für den Frieden unter den verschiedenen Bevölkerungsklassen im Gefolge hat. Es sei daher nicht allein eine Pflicht der Menschenliebe, sondern auch der staatserhalten­den Weisheit", nach einer Lösung der Arbeiterfrage zu suchen, und so das unschägbare Gut einer Jahrhunderte alten Zivilisation zu er­halten."

Da sich unter dem unschäzbaren Gut" 2c. Jeder denken kann, was er will, so wollen wir uns nicht weiter bei diesem Begriff aufhalten. Es genügt, festzustellen, daß die Arbeiterschutzgesetzgebung aus Gründen der Staatserhaltung, d. h. der Grhaltung der heutigen Staats- und Gesellschaftsordnung empfohlen wird.

Wir nehmen diese Erklärung den Herren feineswegs übel. Als Ver­treter ebenderselben Staats- und Gesellschaftsordnung sind sie damit