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durchaus in ihrer natürlichen Rolle. Wir nehmen sie ihnen um so weniger übel, als wir weit davon entfernt sind, ihre vorbeugenden Maßnahmen" zu fürchten, auch wenn sie zehnmal weniger verwässert wären, als das Programm der Berliner   Arbeiterschußkonferenz. Dem Programm wir haben es in voriger Nummer mitgetheilt entspricht das Gros der Konferenztheilnehmer: Bureaukraten- Diplo= Bureaukraten. Soweit sie Männer der Praxis maten, Diplomaten hinzuzogen, haben die meisten Regierungen ausschließlich Ver treter des Unternehmerthums dazu auserkoren. Nur die englische   Regierung gab ihren Delegirten auch einige aber sehr zahme Gewerkschaftsführer als Sachverständige mit auf den Weg, und ganz vereinzelt steht die französische   Regierung da mit einem, aller­dings auch gemäßigten, sozialistisch en Arbeiter, dem Mechaniker Victor Delahaye, der in den siebziger Jahren als Flüchtling der Kommune in London   lebte. Delahaye, der von seinen Fach­genossen 1876 zur Weltausstellung nach Philadelphia   geschickt wurde und jetzt noch Mitglied des Fachvereins seines Gewerbszweiges ist, ist ein entschiedener Anhänger des gesetzlichen Achtstunden= tages, über den er vor fünf Jahren in der Revue Socialiste" einen von erheblicher Sachkenntniß zeugenden Aufsatz veröffentlicht hat. Er weist dort an der Hand von statistischem Vergleichsmaterial nach, daß die Produktivität der Arbeit im umgekehrten Verhältniß steht zur Ar­beitszeit, d. h. daß überall da, wo der Arbeitstag am fürzesten, der Werth des auf den einzelnen Arbeiter entfallenden Produkts am größten ist, und fordert den achtstündigen Arbeitstag, um die französische   Industrie fonkurrenzfähiger zu machen. Die Herabsetzung des Arbeits­tages auf acht Stunden", sagt er unter Anderm, ist unter den dem­nächst vorzunehmenden Reformen diejenige, die ich als die wichtigste und bedeutsamste halte, sowohl vom Gesichtspunkt der Hebung unsrer Industrie, als um unsere wirthschaftliche und soziale Emanzipation zu fördern und zu beschleunigen."

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Eine Schwalbe macht indeß keinen Sommer, und Herr Jules Simon  , der die Führung der französischen   Delegation übernommen, wird eifrig dafür sorgen, daß sein ehemaliger Genoffe Herr Simon war ja auch einmal Mitglied der Internationale nicht mit seinen ,, radikalen Ansichten" herausplatzt. Außer diesen beiden befindet sich noch ein drittes ehemaliges Mitglied der Internationale in der fran­zöfifchen Delegation: Herr Tolain. Der weiland Graveur und jetzt Senator ist freilich durchaus nicht der Mann, auf den wir Ursache haben, stolz zu fein, er hat sich wiederholt so waschlappig schwach und feige gezeigt, namentlich zur Zeit der Konimune, daß jedes Band zwi= schen ihm und den französischen   Sozialisten zerrissen ist; aber in Bezug auf die Fragen der Arbeitsgesetzgebung wird er die Konkurrenz mit den Birtwistle und Burt, die die englische   Regierung als Arbeiter­Sachverständige auszuwählen für gut befand leider noch aus­halten. Herr Burt kann nicht einmal als Vertrauensmann der Ar­beiter seiner Branche gelten. Er vertritt nur eine Minderheit der englischen Bergarbeiter die Bezirke Durham   und Northumberland  während die überwiegende Mehrheit derselben ihm wegen seiner Stel­lungnahme gegen die gefeßliche Herabfegung der Arbeitszeit wiederholt Mißtrauensvoten ertheilt hat. Auf der, letzten Freitag zu Manchester   abge­haltenen Delegirtenversammlung der großen Bergarbeiterfederation ist denn auch ein direktes Ta dels votum gegen die englische Regier­ung beschlossen worden, daß sie feinen Vertreter der Forderungen der Masse der Bergarbeiter nach Berlin   entfendet hat.

Die österreichische Regierung hat ihrer Vertretung einige Fa= brifinspektoren beigegeben, ebenso ist auch unter den englischen Delegirten ein Fabrikinspektor. Die übrigen Mitglieder der Konferenz find entweder Vertreter der Bureaukratie oder des Unternehmerthums. Unter diesen Umständen wäre es lächerlich, irgendwie nennenswerthe Resultate von der Konferenz zu erwarten. Die fabelhafte Gile, mit der fie zusammengebracht wurde, die Geheimthuerei, die Beslissenheit, sie zu Ende zu führen, noch ehe der neue Reichstag zusammentritt und die deutschen   Arbeitervertreter ihre Stimme erheben können, sind wahrhaftig nicht geeignet, der Erwartung Vorschub zu leisten, als werde da etwas Rechtes zusammengebraut werden. Selbst wenn die eine oder andere Regierung, gleichgültig aus welchen Gründen, wirklich etwas zu Stande bringen möchte, wird sie an dem Widerstand oder Wider willen der Mehrheit scheitern. Man wird sich nur über die Fragen" einigen, die längst teine Frage mehr sind.

Für diesen Widerwillen der verschiedenen Regierungen, Ernsthaftes in der Frage des Arbeiterschutzes zu thun, sind aber nicht nur diese selbst, sondern auch die Arbeiter der betreffenden Länder verant­wortlich zu machen. So lange diese sich nicht energisch regen, sind die Regierungen wenigstens, formell in ihrem Recht. Nicht sie sind die höchsten Instanzen in diesen Fragen, sondern die Arbeiterschaft selbst. Wo dieselbe sich dessen noch nicht bewußt ist, muß es ihr zum Bewußt­fein gebracht werden. Die Dinge liegen heute so, daß keine Regierung auf die Dauer sich dem erklärten Willen ihrer Arbeiter widersezen fann. Weit entfernt, die Dentonstration des 1. Mai überflüssig zu machen, ist die Berliner   Konferenz vielmehr nur ein Beweis mehr für ihre absolute Nothwendigkeit. Die Genossen allerwärts müssen daher ihr Möglichstes aufbieten, sie zu einem großartigen Erfolg zu gestalten. Die wenigen Wochen, die uns von diesem Datum trennen, müssen mit äußerster Energie ausgenutzt werden. Es gilt dies für die Genossen aller Länder, doppelt und dreifach aber für die, deren Regierungen sich noch abfolut spröde jeigen. Mehr als je heißt es heute: " lo Mann der Arbeit, aufgewacht

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Und erkenne deine Macht!

Der gegenwärtige Stand der Achtstundenbewegung, bezw. der Bewegung für die Matdemonstration läßt zwar in vieler Beziehung noch zu wünschen übrig, ist aber doch ein solcher, daß durch­aus fein Grund zur Entmuthigung vorliegt, wie dies nach einigen Korre­spondenzen in deutschen   Arbeiterblättern der Fall sein müßte. Es ist gewiß anzuerkennen, wenn sich die Mitarbeiter der Arbeiterpresse grund­fäglich von Aufschneidereien fern halten, aber sie dürfen auch nicht in das andere Extrem verfallen und die Dinge schwärzer darstellen, als sie sich in Wirklichkeit verhalten. Diese Gefahr ist im gegenwärtigen Augen­blick gerade für Deutsche   im Auslande eine recht große; die glänzenden Berichte über die Wahlbewegung und die Wahlerfolge in Deutschland  fordern fast dazu heraus, die Bewegung im Ausland zu unterschäßen, weil dort nicht alles so am Schnürchen geht, als dies dem Anschein nach in Deutschland   der Fall. Und doch ist es nur zu natürlich, daß da, wo die Faftoren fehlen, welche die Bewegung in Deutschland   auf ihren jebigen hohen Stand gebracht, sich die Dinge schwerfälliger, mit weniger, Elan" entwickeln, als es im Lande des Sozialistengesetzes und der Polizeiwirthschaft geschieht. Es hat sich aber fast immer gezeigt, daß selbst da, wo die Bewegung zeitweilig einzuschlafen oder im Strafehl unterzugehen schien, im gegebenen Moment die Massen doch auf dem Plaze waren. Wir haben solche Perioden scheinbarer Erschlaffung ja auch schon in Deutschland   gehabt, und die Erinnerung daran sollte uns weniger wegwerfend über Andere urtheilen lassen, die momentan sich in einer solchen befinden.

der die Vereine 2c., die den Kongreß beschickt haben, auffordert, unge= säumt die nöthigen Schritte zu thun, um die Demonstration zu einer großartigen Manifestation zu gestalten.

In England hat von Gewerkschaften sich definitiv die große Orga­nisation der Gasarbeiter für den 1. Mai als Arbeiterfeter­tag erklärt, und zwar nicht bloß in London  , sondern auch in den Provinzen. Ebenso eine Anzahl radikaler und sozialistischer Vereine. Weiter hat letzten Sonntag eine von über 70 Delegirten verschiedener Gewerkschaften und Arbeitervereine besuchte Konferenz stattgefunden, die zwar über den Modus der Feier noch nicht zu einer Einigung gelangt ist, aber jedenfalls sich grundsäßlich für eine Demonstration erklärt hat. Es wurde eine Kommission gewählt, welche die Sache in die Hand nehmen und weitere Konferenzen einberufen soll.

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Dort, wo die Arbeiterbewegung noch relativ schwach oder gespalten ist, begegnet man vielfach dem Wunsch, nicht den ersten Mai, sondern den ersten Sonntag im Mai als Tag der Demonstration zu wählen. So begreiflich diese Forderung auch ist denn wo nicht alle Ar­beiter feiern, läuft der Einzelne natürlich größere Gefahr To ente pfiehlt sie sich deshalb nicht, weil damit gerade der Manifestation ihr besonderer Charakter genommen würde. Es muß vielmehr überall da= nach getrachtet werden, sie zu einer möglichst allgemeinen zu gestalten, es müssen bei ihr alle einseitigen Partei- und Seftirerinteressen in den Hintergrund gestellt werden; sie soll nichts sein als eine Arbeiter­demonstration, an der Jeder Theil nimmt und Theil nehmen kann, der zur Sache der Arbeiter steht, wie weit auch immer sonst sein Pro­gramm. Daß dieses Ziel nicht im ersten Ansturm erreicht werden fann, wissen wir alle. Thun wir jedoch unser Möglichstes in dieser Richtung. Je kräftiger der erste Anlauf, um so größer die Garantie für das Gelingen der folgenden.

Nach weiteren amtlichen Erhebungen stellt sich der Wahl­erfolg der Sozialdemokratie noch großartiger heraus, als die ersten Zusammenstellungen ergaben. Aus dem im ,, Reichsanzeiger" veröffentlichten amtlichen Bericht ergibt sich, daß unsere Partei nicht 1,341,000 Stimmen erhalten hat, wie es ursprünglich hieß, sondern rund 86,000 Stimmen mehr, d. h. 1,427,000 Stimmen. Dieses Mehr von 86,000 Stimmen stammt aus den ganz entlegenen Land distrikten, die ursprünglich nicht mitgezählt wurden, es sind mehr oder minder bäuerliche Stimmen, und das macht sie uns selbstverständlich noch werth voller.

Das Gesammtresultat stellt sich nun, wie folgt:

Bevölkerung am 1. Dezember 1885: 46,855,704, Wahlberechtigte Wähler bei der 1890 er Wahl: 10,146,736, bei der 1887 er Wahl: 9,769,802.

Sozialdemokraten

Zentrum Nationalliberal

Freifinnig

Konservativ

Bei den ersten ordentlichen Wahlen abgegebene giltige Stimmen: im Wahljahr 1890 mehr weniger

175 503 # 1490 310 194 660 gr 248 056 250 430

Parteistellung

1890

1887

1427 323

763 128 664 195

1 340 719

1 516 222

1187 669

1 167 764

899 144

485 950

1 677 979 973 104 1147 200 736 389

246 773

147 570

112 675

219 973 88 818 112 827

26 800 58 752

101 156

233 685

13 672

12 360

47 536

11 593

1312 35 943

35 737

38 834

15 005

8.826

Reichspartei( freitonservativ) Polen  Volkspartei Welfen Elsässer Dänen Antisemiten Unbestimmt Zersplittert

1601 Summe. Außerdem abgegebene un­giltige Stimmen.

152 132 529

3 097

6179 p 987 841 1 300 077

7 228 702 7 540 938 32 942 29 772

3 170

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312 236

Es bleibt also bei der Thatsache, daß unsere Partei an Stimmen­zahl die stärkste im ganzen Reich ist. Würden die Mandate zum Reichstag proportional vertheilt, so entfielen auf uns statt 35 79 Mandate. Nun, einstweilen genügen auch die 35 Abgeordneten. Sie werden unsern Gegnern manche harte Nuß zu fnacken geben. In dieser Hinsicht war die Notiz des Sächsischen Wochenblatt", die den sozialdemokratischen Abgeordneten eine blos negative Rolle anwies, ent­schieden falsch, und es freut uns, daß das Gerücht, welches Liebknecht als den Verfasser derselben bezeichnete, sich als unrichtig herausgestellt hat. Die Sozialdemokratie hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, an die heutigen Machthaber mit weitgehenden positiven Forder­ungen heranzutreten. Sie wird nichts Unsinniges verlangen, nichts, was dem heutigen Stand der Entwicklung widerspricht, aber die Gren­zen, die derselbe ihrer Thätigkeit im Parlamente zieht, sind nicht so enge, daß ihr nicht ein reiches Feld positiver Arbeit bliebe. Die Anwälte von anderthalb Millionen deutscher   Wähler haben ein Recht, Reformen zu verlangen, welche die politische, soziale und wirthschaftliche Lage derselben wesentlich heben, und das Recht ist hier gleichbedeutend mit einer Pflicht. Gastlegendnland of

-Wie die Offiziösen schreiben, sollen zur Zeit Erwägungen" darüber stattfinden, wie dem Mißbrauche, vorzubeugen sei, der bei den Wahlen von Seiten der Sozialdemokratie mit der Freizügigkeit" getrieben worden sei. Diese schändliche Gesellschaft soll nämlich zur Zeit der Wahlen in den großen Städten wahre Völkerwanderungen ihrer Leute veranlaßt haben, und das dürfe doch unter keiner Be­dingung geduldet werden.

Natürlich gehört auch diese Teufelei der Sozialdemokratie, wie so manche andere, in das Neich der Mythe. Und es ist nicht einmal eine neue Mythe. Sie wurde bereits vor mehr als 16 Jahren aufgetischt, wo die Sozialdemokratie ihren Anhang fast nur in den großen Städten und gewissen Industriegegenden hatte. Damals war sie zwar ebenso verlogen wie jetzt, aber sie hatte wenigstens einen gewissen Sinn, heute aber, wo die Partei in steigender Progression auch in den kleinen Städten und auf dem Lande wächst, wo sie überall ihre Kräfte gleichmäßig braucht, heute gehört wirklich das Gehirn eines Ver= zweifelten dazu, sich einzubilden, daß jemand auf dieses alberne Märchen hineinfällt. Es spricht nichts aus ihm, als das schlechte Gewissen und die Kopflosigkeit unsrer Feinde. Das schlechte Gewissen, denn sie selbst sind es, die zu solchen Praktiken mit Vor­liebe ihre Zuflucht nehmen. Man höre z. B., was der Frankfurter Zeitung  " aus dem Saargebiet über dieses Thema- Mißbrauch der Freizügigkeit geschrieben wird d

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Wir kommen auf dieses Thema vielleicht ein andermal zurück, und wollen heute nur noch einige Mittheilungen in Bezug auf die Acht- häuser, die zum großen Theil nicht dem Wahlkreise angehört, zu stundenbewegung folgen lassen.

Daß in Deutschland   und Oesterreich bereits eine große Anzahl theils allgemeiner theils von Arbeitern bestimmter Gewertszweige besuchter Versammlungen sich für die Maidemonstration entschieden haben, wissen unsere Leser. Die Zahl dieser Versammlungen auch nur an­nähernd zu geben, sind wir leider nicht im Stande, wir greifen aber nicht zu hoch, wenn wir sagen, daß sie sich nach hunderten beläuft, die ihrer Besucher nach Hunderttausenden. fa

Nenerdings ist auch die ungarländische Arbeiterpartei in die Aktion getreten. Am 9. März fand in Budapest   eine glän­zend besuchte Arbeiterversammlung statt, die sich nach Referaten der Genossen Kürschner   und Engelmann mit großem Applaus für die Mai­demonstration erklärte.

Die Belgische Arbeiterpartei hat zu ihrem auf den 6. April nach Löwen einberufenen Kongreß die Organisation der Maidemonstration als Gegenstand der Tagesordnung an­gefeßt.

In der Schweiz   sind die Meinungen über die zweckmäßigste Art der Abhaltung der Demonstration noch getheilt. Inzwischen hat sich aber der Zentralausschuß der Züricher   Grütli- und Arbeitervereine da­für ausgesprochen, den 1. Mai als Arbeiterfeiertag zu begehen. In Frankreich   haben die in Paris   wohnhaften Delegirten des Internationalen Kongresses 43 an Bahl einen Aufruf erlassen,

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3ur Zeit der Wahlen wird die Bevölkerung der Schlaf Hunderten ortsangehörig und dadurch wahlberechtigt, während diese Leute außer dieser Zeit in ihrer Heimath ortsberechtigt find und die Schlafhäuser nur als Absteigequartier benüßen. Bezirke, die sonst nur eine geringe angesessene Bevölkerung haben, fallen dann plöglich mit hunderten von Stimmen nicht etwa für die Sozialdemo­fraten, sondern für die nationalliberalen und freifonservativen Kandi­daten in die Wagschale. Hier nur ein ganz frappantes Beispiel. Niederneunkirchen, wo Herr Baron von Stumm seinen Wohnsitz hat, mag außerdem vielleicht 20 meist einstöckige Wohnhäuser zählen, beherbergt aber in seinen Schlafhäusern mehrere hundert auswärtige Arbeifer. Bei der letzten Wahl wurden in diesem Bezirk 391 Stimmen abgegeben, davon 390 für Herrn v. Stumm. Was den großen Herren recht, dürfte den Sozialdemokraten billig sein; bis jetzt aber hat man nie gehört, daß diesem in den Schlafhäusern beliebten Modus entgegengetreten werden soll."

Gewiß, was dem Einen recht ist, ist dem Andern billig, oder sollte ihm wenigstens billig sein. Aber, wie gesagt, wir brauchen dieses Recht nicht, und namentlich schon deshalb nicht, weil wir mehr Gewicht auf eine recht große Stimmenzahl, als auf die Erlangung von möglichst vielen Mandaten legen.

Kopflos ist es aber, wenn die guten Leute sich einbilden, durch Beschränkungen der Freizügigkeit uns noch Abbruch thun zu können. 3u 8u spät, ihr armen Schlucker, damit kommt ihr viel zu spät.

Ihr müßt curen Kopf schon ein bischen mehr anstrengen, wenn ihr etwas ausfindig machen wollt, womit ihr uns flein friegt.

-Ein interessanter Beitrag zur rheinisch- westphälischen Bergarbeiterbewegung ist folgende Resolution, die jüngst in einer Bergarbeiter Versammlung in Dortmund  , in der das Mitglied der Kaiserdeputation, Bunte, präsidirte, mit großer Mehrheit beschlossen wurde, und die allen deutschen   Bergarbeitern zur Annahme vorgelegt werden soll:

" In Erwägung, daß der im Bergbauwesen zwischen den Bergwerks­befizern und den besiglosen Bergleuten bestehende rechtliche und wirth­schaftliche Widerstreit nur dadurch vollständig beseitigt und der soziale Frieden nur dann dauernd und sicher hergestellt werden kann, wenn die Bergwerke in den Besitz der dieselben für das Gemeinwohl nutzbar machenden selbstthätigen Arbeiter, Beamten und Leiter derselben über­gehen: in fernerer Erwägung, daß, wenn geeignete Rechtsformen ge= schaffen sind, um die Bergwerk- Unternehmungen zum gemeinschaftlichen Eigenthum, oder richtiger Herrenthum, der gegenwärtigen Befizer und namentlich der sogenannten Aktionäre von Aktiengesellschaften zu machen, es auch nicht schwierig sein kann, andere Nechtsformen herzustellen, welche dieselben in das gemeinschaftliche Eigenthum der in ihnen selbst= thätigen Leiter, Beamten und selbstständigen Arbeiter umwandeln; in endlicher Erwägung, daß diese und ähnliche Eigenthumsumivandlingen, wie insbesondere bei der Befreiung des Bauernstandes und bei dem Uebergange der Eisenbahnen auf den Staat, wiederholt durch Enteig= nung vorgenommen sind, und im kleineren Maßstabe, wie bei Anlegung von Wegen, Straßen, Kanälen, Festungen, Wasserwerken, öffentlichen Gebäuden it. s. w. auf dieselbe Weise fast alltäglich vollzogen werden, beschließt die Versammlung, in Gemeinschaft mit dem gesammten deutschen   Bergmannsstande bei dem Reichstage, dem Bundesrath und bei dem deutschen   Kaiser darauf hinzuwirken, daß sämmtliche deutschen  Bergwerks Unternehmungen durch Enteignung der bisherigen Besizer in das dauernde, gemeinschaft= liche und unveräußerliche Eigenthum der in den= selben selbstthätigen Leiter, Beamten und selbst= ständigen Arbeiter übergehen, wie daß zum Vollzuge dieses Ueberganges schleunigst ein Bergbau- Nothgesetz erlassen werde, welches den schwersten gegenwärtigen Mißständen durch etwaiges unmittelbares Einschreiten der Organe der Staatsbehörden nach Möglichkeit vorläufige Abhilfe zu verschaffen im Stande sind."

Diese Resolution verstößt insofern scheinbar gegen die sozialistische Grundauffassung, als sie den gesellschaftlichen Charakter des Eigenthums an den Bergwerken nicht ausdrücklich erwähnt. Die An­erkennung desselben ist aber in der ganzen Forderung gedanklich bereits eingeschlossen, denn die organisirte Gesellschaft wird in ihr als der Eigenthümer in legter Instanz stillschweigend vorausgesetzt. Vielleicht würde die Resolution anders gefaßt worden sein, wenn die Verfasser nicht von dem Gedanken beherrscht worden wären, den Fiskalismus im heutigen Sinne möglichst zu vermeiden. Auf jeden Fall aber ist sie ein erfreuliches Zeichen, daß es unter den Bergleuten immer mehr zu tagen beginnt, daß sie anfangen, das Uebel an der Wurzel zupacken.

Wie wir hören, hat das fozialdemokratische Zentralwahl­fomite, in seiner Eigenschaft als gegenwärtiger Fraktionsvorstand, den Beschluß gefaßt, in der ersten Sibung der neuen Reichstagsfraktion die Einbringung eines Arbeiterschutzgesetzes vorzuschlagen, und ist damit beschäftigt, den früher bereits vorgelegten Entwurf einer gründ­lichen Umarbeitung zu unterziehen.

Bravo!

Eine Versammlung englisch sprechender Sozialisten in Chicago   hat, nachdem diese Stadt endgiltig als Ort der auf 1892 einzuberufenden Weltausstellung bezeichnet worden ist, sich ein­stimmig dafür ausgesprochen, daß im Anschluß an die Ausstellung ein Internationaler Arbeitertongreß stattfinden soll, und sofort ein Komite ernannt, das sich mit den Arbeiterorganisationen Chicago's zum Zweck der Verständigung über diese Frage in Verbindung sezen soll.

Wir geben diese Mittheilung, ohne zunächst Stellung zu der Frage zu nehmen. Wie unsere Leser wissen, ist in Paris   beschlossen worden, den nächsten Internationalen Kongreß 1891 einzuberufen. Eine zu schnelle Aufeinanderfolge solcher Kongresse halten wir weder für wünschens­werth, noch für durchführbar, wenn dieselben nicht an Bedeutung ab= nehmen sollen.

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In der konservativen Schlesischen Zeitung", Nr. 170, findet sich folgende Notiz: Stattowik, 6. März. Wegen Gotteslästerung und Majestäts­beleidigung in zwei Fällen stand auf der Anklagebank der Strafkammer der wegen derselben Verbrechen bereits einmal mit zwei Jahren Ge­fängniß vorbestrafte Arbeiter Wladislaus Grzeschiza aus Miechowiz. Derselbe stieß auf einem öffentlichen Wege vor einem Kreuze die un­erhörtesten Gotteslästerungen aus, sodaß er unter den Personen, die es hörten, allgemeines Aergerniß verursachte. Die Anklage wurde, wie die Grenz- Zeitung" schreibt, durch die Beweisaufnahme in vollem Um­fange erwiesen und G. zu einer Gesammtstrafe von 5 Jahren Gefängniß verurtheilt. Verhandelt wurde unter Ausschluß der 08 Deffentlichkeit."

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Diese fünf Jahre Gefängniß wegen zweier Handlungen, die nur brutalite pfäffische und absolutistische Unduldsamkeit zu Verbrechen stempeln fann, sind ein charakteristisches Zeichen unseres Kulturzustandes. Ist die spanische Inquisition Andersgläubigen gegenüber grausamer ge­wesen? Bezüglich der Verurtheilung wegen Majestätsbeleidigung zitiren wir nur einen Ausspruch des befannten fürzlich verstorbenen Lehrers des Strafrechtes, Prof. v. Holzendorff, der gewiß nicht in den Verdacht antimonarchischer Gesinnung kommen wird. Er sagt in der Deutschen Revue"( 1887 I. Heft):

Im Allgemeinen gewahrt man auch in der modernen Geschichte, daß Majestätsbeleidigungsprozesse den Machthabern oft gefährlicher find, als ihren Geguern, was einsichtige Monarchen schon im Zeitalter der römi­schen Despotie begriffen haben. So bestimmte Kaiser Theodosius   in seiner Stonstitution: Wer der Ehrerbietung ermangelnd und der Pietät bar durch freche Schmähung unsere Würde zu verletzen sich anmaßt, den wollen wir nicht der Bestrafung unterwerfen oder irgendwie mit harter oder schwerer Ahndung belegt wissen, zumal sein Vergehen, wenn es aus Leichtfertigkeit entsprang, großmüthig übersehen, wenn aus Wahuwig, bemitleidet, wenn aus rechtswidriger Gesinnung verziehen werden mag." So bestimmt vor beinahe 1500 Jahren. Hat die Gegenwart aus der Geschichte gar nichts gelernt?

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Folgende Zusammenstellungen über die Löhne und Arbeits­bedingungen der deutschen   Bergarbeiter sind entnommen den auf amtlichen Erhebungen beruhenden Tabellen der im Jahre 1889 bezogenen Löhne der Bergarbeiter in Preußen. Die Zahl der Arbeiter ist beim Steinkohlenbergbau allent= halben gestiegen. Sie betrug im letzten Vierteljahr 1889 im Bezirke Dortmund   117 678( gegen 102 195 im Durchschnitt des Jahres 1888), in Oberschlesien   46086( 40870), im Saarbrücker Revier 26407( 24402), in Niederschlesien   15 164( 13 974). Nur in den Gruben bei Aachen  scheint ein Rückgang eingetreten zu sein. Die Zahlen für 1888 fehlen hier; die Arbeiterzahl betrug im ersten Vierteljahr 1889 7030, im legten 6941. Jn Preußen waren hiernach im vierten Quartale des vergangenen Jahres 211535 Arbeiter im Steinkohlenberg­bau beschäftigt.

,, Die Schicht dauer war im ersten Vierteljahr in Oberschlesien  allgemein 12, in Niederschlesien   10, im Saarbrücker Revier 10 bis 12 Stunden. Für die folgenden Vierteljahre find angegeben in Ober­ schlesien   10 bis 12 und in Niederschlesien   8 bis 10 Stunden, im Saar­ brücker   Bezirke für das zweite und dritte Vierteljahr 9 bis 10, für das vierte 9 Stunden. Dies sind die Erfolge der Ausstände mit Rücksicht auf die Dauer der Arbeitszeit. Zu der Angabe der Tabelle, daß im Oberbergamtsbezirke Dortmund die Schichtdauer zwischen 6 und 9 Stunden betrage, ist zu bemerken, daß sechsstündige Schichten nur in einigen Gruben und auch dort nur an einzelnen Ar= beitsstellen vorkommen, wo eine außerordentliche Hize herrscht, die ein längeres Arbeiten unbedingt verbietet. Im Uebrigen ist die neun­stündige Schicht jetzt die Negel, im ersten Vierteljahr ist sie vielfach länger gewesen, weil das Ein- und Ausfahren längere Zeit in Anspruch nahm.