tongres ber vereinigten Sozialisten vom vorigen Jahre, die grandiose| fozialistische Bewegung der deutschen Arbeiterschaft und ihre Erfolge wirkten in der legten Zeit anregend auf das französische Proletariat. Jeder Anstoß zu einem weiteren Vorschub der französischen Arbeiter­schutzgesetzgebung muß deshalb der Regierung, der politischen Geschäfts­trägerin der Großbourgeoisie, höchst unbequem sein. Die Einladung der Schweiz zu einer internationalen Konferenz über die Frage der Arbeiterschutzgesetzgebung stellte die Regierung vor das unangenehme Dilemma, entweder die demokratische Etikette der Republik Lügen zu strafen oder eventuell die Profitgier der Kapitalistenwelt etwas zügeln zu müssen. Zögernd widerwillig sagte so Frankreich seine Betheiligung an der Schweizer Konferenz zu, und auch dann erst, als es die tröstliche Versicherung erhalten, daß dieselbe nur den Charakter einer technischen Untersuchung tragen und daß ihre Beschlüsse keinerlei gefeßliche Ver

dienst gefallen. So gefallen, wie es seiner würdig war! Es gibt verschiedene Arten der Größe. Es gibt auch große Verbrecher, und Bismarck war und ist unleugbar ein großer Verbrecher. Aber mehr quantitativ als qualitativ. Selbst die Größe des Verbrechens geht diesem kleinlichen, rohen und habsüchtigen Individuum ab, der nie einen edlen, echt menschlichen Impuls gehabt, und in seiner Person die ganze Niebertracht und Rohheit seines Jahrhunderts, des Jahrhunderts der jetzt zum Glück ihrem Untergang zueilenden Bourgeoisie klassisch verkörpert hat Als Start der Fünfte, der Gewalt müde, in einer Zelle des Klosters von St. Just, wo er seine Tage beschließen wollte, auf den Prior wartete, schrieb er, von Etel über das Gottes­gnadenthum erfüllt und Trost suchend im Bewußtsein seiner Mensch­lichkeit, mit seinem Demantring den Terenz'schen Vers an eine Fenster­fchetbe: Homo sum, alienum

-

pflichtungen nach sich ziehen sollten. Mit anderen Worten, den Kapi- monit Menschliches iſt mir fremd. Der neu­

talisten sollte der Pelz gewaschen werden, ohne ihn naß zu machen.

Als darauf die Einladung zu der Berliner Konferenz erfolgte, fuhr dem franzosischen Großkapital und seinen Söldlingen ein Schrecken durch alle Glieder. Das alte Dilemma tauchte von Neuem auf. Die Bourgeoisie hoffte, sich hinter der Priorität der Berner Konferenz ver­schanzen zu können, die gewiß mit gutem Fug und Recht bestand, an welche man sich aber nur wegen ihres platonischen Charakters" als an das kleinere Uebel" flammerte. Aber Entsetzen, die Schweiz zog ihre Einladung zu Gunsten Deutschlands zurück. Die politischen und patrio tischen Gründe, weshalb Frankreich an der Konferenz nicht theilnehmen könne die ökonomischen, weshalb es sich für die Frage einer internatio­naten Arbeiterschutzgesetzgebung nicht zu interessiren brauche, wuchsen wie Pilze aus der Erde. Die erregten Bogen der tapitalistischen Empörung glätteten sich erst, als Deutschland das Programm der Konferenz ver­öffentlichte und als der von Eutbehrungslohn" angemästete Spuller erklären konnte, daß auch die Berliner Konferenz einen streng technischen, ökonomischen Charakter tragen, und daß ihre Beschlüsse keinerlei legis­lative Sanktion nach sich ziehen, sondern rein platonische Erwägungen bleiben würden, ferner, daß Frankreich im Voraus gegenüber jeder Ne gelung des Arbeitstags für Erwachsene gewisse Reserven formulire. Nun waren auf einmal die Organe aller Parteischattirungen mit der Be­schickung der Konferenz einverstanden. Die radifalen Blätter gingen in ihrer Freude so weit, sich auf einmal was sie lange nicht gethan

ihrer demokratischen Prinzipien" zu erinnern und zu verlangen, der Delegation sollten auch Arbeiter angehören. Die Forderung war übrigens nur eine Verwässerung des von dem Sozialisten Longuet im Pariser Stadtrathe eingebrachten Antrags, derselbe möge in Form eines Wunsches" beschließen, daß der Delegation zwei bis drei Vertreter der Syndikatskammern zugefellt würden.

Nur etliche Boulangisten glaubten es ihren mordspatriotischen Ge­fühlen schuldig zu sein, den Hannibalsschwur der Unversöhnlichkeit aufs Neue zu bekräftigen. Laur interpellirte das Kabinet über seine Haltung gegenüber der Berliner Konferenz. Er wärmte zum so und so vielten Male den alten Kohl über die Wahrung der nationalen Würde, über die Gefährdung der nationalen Sicherheit und der nationalen Industrie auf. Im Kassandraton warnte er, nicht in die Falle des achtstündigen Arbeitstages in Bergwerken zu stürzen; bei einer derartigen Reduzirung der Arbeitszeit könne Frankreich nicht das nöthige Quantum Kohlen produziren und in Folge dessen nicht schnell genug mobilisiren. Die Interpellation zerplagte wie eine Seifenblase, als Spuller im Namen der Regierung die weiter oben angeführte Erklärung abgegeben und durch Berlesung des Antwortschreibens der französischen Regierung an die deutsche bekräftigt hatte. Mit 380 gegen 4 Stimmen*) erklärte sich die Kammer durch Uebergang zur Tagesordnung für das Vorgehen der Re­gierung. Das Votum ist jedoch nicht etwa in erster Linie ein Ausdruck der Befriedigung, daß Frankreich dem Loos der Arbeiterklasse, ihrem Verhältniß zum Kapital, Aufmerksamkeit zu schenken gedenke. Es ist im Wesentlichen der Ausdruck der Befriedigung, daß die Regierung durch die von ihr erhobenen Vorbehalte und ihre Instruktionen für die Delegirten die Interessen des Ausbeuterthums so gut zu wahren verstand.

Die Presse aller Parteien war mit dem Abfallen der Interpellation im Allgemeinen zufrieden. Nur im Intransigeant" konstatirte Roche mit tomi cher Verzweiflung, daß die Kammer, nachdem sie schon die Republik und das allgemeine Stimmrecht verrathen, iegt Frankreich mit 380 gegen 4 Stimmen verrathen habe". Die übrigen boulangistischen Blätter hätten es zwar für besser gefunden, daß Frankreich der Kon­ferenz fern geblieben wäre, aber fie gaben zu, daß die Regierung bei Annahme der Einladung eine durchaus forrette, würdige patriotische Haltung beobachtet habe. Mit der ersten Hälfte dieser Werthschäzung stimmten les extrêmes se touchent sonderbarer Weise auch die poffibilistischen Deputirten Joffrin und Dumay überein. Falls ein im Radikal" veröffentlichtes und bisher nicht dementirtes Interview richtig ist, meinte Herr Joffrin, daß Frankreich Unrecht habe, nach Berlin zu gehen, da es ja bereits eine so gute Arbeiterschußgefeßgebung habe". Herr Dumay war der gleichen Anficht, da die französischen Arbeiter wohl den Deutschen viel zu lehren, aber Nichts von ihnen zu lernen hätten". Beide Aeußerungen zeigen feien mir parlamentarisch, wie es sich gegen Parlamentarier gezient eine so pyramidale Nai­vetät, daß sie als Kuriosum hier angenagelt feien.

"

201

inicioso

ich Mensch, nichts

-

gebackene Herzog von Lauenburg thrown upstairs, die Treppe hinaufgeworfen, nennen das die Engländer würde, wenn er Selbsterkenntniß und Wahrheit besäße, sich das Zeugniß ausstellen müssen: Ich bin ein Mensch meiner Zeit, nichts, was sie an Gewalt­thätigkeit, Heuchelei und Gemeinheit zu Tage gefördert hat, ist mir fremd geblieben dafür sind aber auch alle ihre Tugenden um so grimmiger von mir gehaßt und verfolgt worden. Wäre Bismarck eine wirklich groß angelegte Natur, und hätten ihn nicht zu allen Zeiten persönliche Rücksichten, Interessen, Leiden­schaften beherrscht, hätte die Gier nach Macht und den Vortheilen und Genüssen der Macht nicht all' sein Dichten und Denken ausgefüllt so wäre er schon vor anderthalb Jahrzehnten freiwillig zurückgetreten. Von der Mitte der 70er Jahre an war sein Stern im Erbleichen. Ein zerstörender, nicht ein schöpferischer Geist, hatte er seine Rolle als Staatsmann in dem Moment ausgespielt, wo es nichts mehr niederzuwerfen gab. Der Krieg von 1864 hatte den Weg der Blut- und Eisenpolitik gebahnt; der Krieg von 1866 Oesterreich und der Krieg von 1870/71 Frankreich zu Boden geschmettert. Wo war ein weiteres Ziel für die zerstörerische Thätigkeit dieses Genies. der Desorganisation? England war unnahbar durch die See und durch seine Flotte; und Rußland war unantastbar, Ruß­I anb niederwerfen, das hieß den Aft abfägen, auf dem Junker Bis­marc mit seinen schnapsbrennenden Genossen saß.

Da mußte die zerstörerische Straft, die nach Außen sich nicht mehr bethätigen konnte, mit Nothwendigkeit sich nach Innen wenden. Die Rolle des Staatsmanns war ausgespielt, die Rolle des Schick­salsmenschen begann, der in Deutschland den Umsturz vorbereiten, den Glauben an Gesez, Recht, Monarchie vernichten, der Sozialdemo kratie die Wege zu bahnen hatte.

Wohlan er hat die Rolle des Revolutionärs wider Willen gespielt, und jetzt hat ihn sein Geschick erreicht. Der 18. März

falstag, der vor 42 Jahren den Träger der Hohenzollerne zwang, den Nacken zu beugen, hat den Hausmeier der Hohenzollern von seiner Höhe gestürzt.ng to

Er ist wirde los gefallen, der Eiserne Kanzler, an dem sogar das Eiſen falsch war, Würdelos!

Daß er unter dem zweiten Wilhelm seinen Platz nicht länger be­haupten konnte, das mußte er vor mindestens anderthalb Jahren schon wissen. Allein er verschloß hartnäckig die Augen. Die tolle Gier nach Macht und nach Geld ließen ihn die Dinge nicht so sehen, wie fie find. Im Januar wurde ihm ein Scheunenthorwint, mit der Reichs­fanzlerschaft, wie er sie fast ein Vierteljahrhundertlang betrieben, sei es für immer aus, eine Dynastie Bismard könne neben einer Dynastie der Hohenzollern nicht geduldet werden er ging nicht. Das Handels­ministerium wurde ihm brüst entrissen. ministerium wurde ihm brüst entrissen. Er ging nicht. Die Pflaster­nicht.2 steine der kaiserlichen Erlasse wurden ihm an den Stopf geworfen. Er ging nicht.

-

Er flammerte sich an die Gewalt wie sich ein Ertrinkender fester an ein Stück Holz klammerf war es Raserei, Zäsarenwahnsinn oder die Angst des Fälschers und Spizbuben, der die Entdeckung fürchtet, und den Eingang in die Werkstätte seiner Verbrechen Jedem zu wehren fucht?

Er ließ durch seine Reptilien, die sich aber bereits von der nieder­gehenden Sonne abzuwenden begannen, an das Mitleid der Nation appelliren. Umsonst. Er ließ seine Verdienste" her­ausstreichen was sollte aus Deutschland werden, wenn Er, der Schöpfer, vor die Thüre gesetzt sei? Deutschland lachte

Er ließ ein paar Dußend Duodez- Fürsten, den Koburger Hanswurst an der Spize, nach Berlin kommen, damit sie das Herz des unartigen und undankbaren Wilhelm erweichen sollten. Das Herz blieb hart. Gr ging night- er mußte gegangen werden.

Und wir gestehen, es erfüllt uns mit innigfter Genugthuung, daß dieser Mensch so würdelos gefallen ist, daß er selber das Werk der Nemesis an sich hat vollstrecken helfen. Und zynisch wie er ist, abge­brüht, wie kaum je ein zweiter geweſen es muß ihm doch einen bitteren Stachel ins Herz drücken, daß sein Fall von der Welt so gleichgültig hingenommen wird, und daß die Getreuen all' ihn schnöde verlassen haben. Die Reptilpresse betrachtet ihn schon als Ka­Daver der nicht mehr geschont zu werden braucht. Nur der wasser­polaciche Pindter ist bislang noch treu geblieben vermuthlich, weil Niemand sich gefunden hat, der ihn kaufen will. Und es wäre wirklich ein hübscher Wiz, wenn der einzige Treue auch dauernd aus der Noth eine Tugend machen müßte.

Sozialpolitische Rundschau. Obie cinent jo trefflichen Hauptmann nicht leicht wiederbekommen werden.

In Deutschland trauert Niemand, ausgenommen die Millionen- Diebe, so

London , 26. März 1890.

Zum Sturz Bismarck's wird uns aus Deutschland ge­schrieben: Würdelos gefallen! Das ist das Zeugniß, welches ihm die unparteiische Geschichte ausstellen wird, mit dem Hinzufügen: nach Ver­

*) Die vier Deputirten, welche von einer Betheiligung Frankreichs an der Berliner Konferenz nichts wissen wollten, sind: Laur, de Clagny, eine Null erster Größe und die Erblanquisten Noche und Granger, die " patentirten Arbeitervertreter".

Feuilleton. it is

Bürgerliche Moralphilosophie.

Alles fühlt sich erleichtert, und die Tausende, die er zu Grunde ge­richtet, gehebt, geächtet, sie jubeln und nur ein Gedanke verdirbt ihnen die Freude: daß der Urheber so ungeheurer Frevel nicht als ge meiner Verbrecher vor Gericht gestellt werden kann. Doch, wer weiß? Wir leben in einer wunderbaren Zeit.

In der deutschen Politik herrscht jetzt das gâchis, welches wir hundertmal vorausgefagt. Alles ist in Verwirrung. Und was nun? Soll das Reichstanzleramt überhaupt fortbestehen? Das ist die Frage. Das Kanzleramt war eine Anomalie, eine Monftrofität. Das Amt war von Bismarck geschaffen, und er hatte es sich auf den Leib zugeschnitten, wie ble ganze Reichsverfassung. Mit Bismarck fällt auch das Reichskanzleramt in seiner bisherigen Gestalt. Der Admiral

vorgerückt. Die Vererbungstheorie hat für Darwin sehr viel geleistet; den weshalb soll sie nicht auch für uns viel leisten? Allerdings ist bei Darwin immer nur von der Vererbung ziemlich einfacher und roher

three Momente die Rede. Aber weshalb sollen sich nicht auch die allerkom­

P. E. Unter dem Titel" Menschheitsdienst, Versuch einer Zukunft religion", ist soeben ein Buch eines James Cotter Morison in deutscher Uebersetzung erschienen. Ludwig Büchner , der Verfasser von Straft und Stoff", des bekannten Evangeliums des aufgeklärten Spießbürgerthums, hat eine Vorrede zu diesem Versuch einer Zukunftsreligion geschrieben. Das Buch selbst ist unsagbar flach und fade, gerade dem geistigen Be­dürfniß des Bürgerthums entsprechend; da aber in diesen theuren Zeiten das Bürgerthum das Maaß seiner geistigen Bedürfnisse herabgesetzt hat, so wird es kaum auf einen besonderen Erfolg zu rechnen haben.

Wenn das Buch an dieser Stelle eine Besprechung erhält, so verdankt es dieselbe nicht seinen ihm innewohnenden Verdiensten, sondern dem Umstande, daß die Anschauungen, die es vertritt, so ziemlich die allge­meinen Anschauungen des modernen Bürgerthums find. Die gegenwär tige Bourgeoisie hat wissenschaftlichere" Vorstellungen von Religion und Moral bekommen, als sie die Bourgeoisie vor 40 Jahren hatte. Der naive Materialismus findet nicht mehr so unbedingte Anhänger, und namentlich in der Moralphilofophie macht der materialistische Dogmen glaube einer mehr historischen Betrachtung Plaß, sted suite Aber was für einer historischen Betrachtung!

Die wirkliche Entwicklung der Dinge aus ihren sozialen Urgründen kann die Bourgeoisie niemals einsehen, denn dann müßte sie auch ein­sehen, daß die bürgerliche Gesellschaft der Auflösung entgegengeht. Eine solche Einsicht kann man natürlich nicht von ihr verlangen; der Bestand ber gegenwärtigen Gesellschaft ist für sie ein nicht anfechtbarer Glaubens fab und auf diesen Glaubenssaß muß natürlich ihre historische Be trachtungsweise zugeschnitten sein.

Einen vorzüglichen Helfer in der Noth gibt hier die Naturwissenschaft ab. Eine gewisse Schwäche" für die Naturwissenschaft hat ja bas Bürgerthum ohnehin, weil sie ihn so vorzügliche Dienste für seine Ent­wicklung geleistet hat. Die Phrase von der Vererbung wird her

plizirtesten geistigen und moralischen Eigenschaffen bererben, wie fich etwa der Blindoarm vererbt? Der große Denter Lombroso trat auf und wies nach, daß der Verbrecher das Produkt seiner verbrecheri schen Anlagen sei, und daß sich die verbrecherischen Anlagen ver­erben; daß sie als ein Rückschlag, als ein Atavismus, zu bezeichnen find. Es wird ein Urmensch tonstruirt. Dieser Urmensch fätowirt sich, schwärmt für freie Liebe " und Prostitution, stiehlt, raubt, schlägt todt und vererbt die Anlagen" zu diesen Handlungen auf seinen Nach­fommen im neunzehnten Jahrhundert, der sich auch tätowirt, auch stiehlt und todtschlägt, und auch nichts vom Standesamt wissen will. Der Eine ist Urmensch, der Andere ist Verbrecher.

O HA

"

Daß sich geistige Eigenschaften vererben, ist gar keine Frage; aber wie sie sich bererben, darüber ist die Wissenschaft noch lange nicht spruch­reif. Welch eine Unsumme von Material mußte gesammelt und studirt werden, ehe man etwas, nur ganz allgemeines, über die körperliche Ver­erbung aussagen konnte; und in dem frohen Muth des Dilettanten, der von wissenschaftlicher Forschung auch nicht eine Ahnung hat, framten Lombroso und seine ganze Anhängerschaft ihre Weisheit über die hundert mal schwierigere, hundertmal unerforschtere geistige Vererbung aus! Auf ein Material von zwanzig Untersuchungen hin werden Gefeße" tonstruirt, und eine Statistit von achtzig Fällen liefert unumistößliche Ergebnisse. Um die Erblichkeit der Schwindsucht, einer einfachen Krant heit, zur studiren, hat Brehmer fünfzehntausend Fälle untersucht- und für das Stublim ber veriidelten feelischen Prozesse genügen achtzig! Der, Naive, welcher denkt, daß die Leute die Wissenschaft um ihrer felbft willen" treiben, wundert sich vielleicht über solche Dinge. Aber fobald man eingesehen hat, daß der wahre Zweck der bürgerlichen Wissenschaft der Dienst der Klopffechterei ist, des Advokaten, der eine faule Sache zit vertheidigen hat, sobald man das einsieht, wird einem die Sachlage flar., dress 191 HOT

Die bürgerliche Gesellschaft hat das Bedürfniß, fich des Verbrechers

190

Caprivi fann kein Bismarck II. fein- burch seinen italienischen Namen mit den seltsamen italienischen Zunamen wirft er nur einen erheiternden Schein auf die sonst nichts weniger als heitere Situation.

Doch ja, sie ist heiter. Heiter für uns Sozialdemokraten und nur für uns. Der Bankrott des persönlichen Regiments, die Zersegung aller Verhältnisse, das Chaos in den Regierungsfreisen­das Alles ist vortrefflich geeignet, das Selbstgefühl in den Massen des arbeitenden Volkes zu heben und ihre politische Position in jeder Weise zu stärken.

Ein Vorbote. Die Köln . Ztg." enthält folgende Notiz Die Niederhaltung bei Arbeiterausständen und von Aus­schreitungen der Sozialdemokratie wird fortan wesentlich eine militä­rische Aufgabe sein, da die Generale in Zukunft auf eigene Hand handeln und nicht mehr die Requisitionen der Zivilbehörden abe warten sollen."

Da die Generale nur dem Höchst kommandirenden verant­wortlich sind, und nicht der Bottsvertretung fo liegt in dieser Anordnung ein ganzes Programm. Auch der neue Reichskanzler ist bekanntlich ein General, und auch zu verschiedenen anderen Ministe­rial- und höheren Verwaltungsposten sollen Generale 2c. Tommandirt werden.

Der Säbel, der Säbel!

Die auf dem Internationalen Kongreß i. 3t. zu Paris anwesenden Delegirten der französischen soiialistischen Organisationen und Syndikatskammern haben beschlossen, den folgenden Aufruf in vielen Tausenden von Exemplaren zu verbreiten:

#

Manifestation der Arbeiter beider Welten, beschlossen vom Inter­nationalen Kongreß zu Paris ( 1889)

behufs Unterstützung der Forderungen auf: Beschränkung des Arbeits­tags auf 8 Stunden, Beschränkung der Frauen-*) und Kinderarbeit, Verbot der Nachtarbeit, Aufhebung der privaten Stellungsvermittlung­bureaus, Berbot des Zwischenunternehmerthums 2c. 2c. LE

In einer Zahl von mehreren Millionen bereiten sich die Arbeiter Belgiens , Deutschlands , Desterreich- Ungarns , Englands, Hollands , Ruß­ lands , Spaniens , Italiens , Dänemarks und der Vereinigten Staaten von Amerika vor, um am nächsten ersten Mai, indem sie ihre Werk­stätten verlassen, durch Meetings oder Delegationen bei den öffentlichen Gewalten friedlich diese unumgänglichen Reformen zu fordern.

Arbeiter Frankreichs ,

Jhr, die Ihr stets der Avantgarde angehört habt, Ihr werdet auch Diesmal Eurer Aufgabe gewachsen sein. Seines Rechts bewußt und Rendez- vous seiner Stlasse und der sozialistischen Partei kommen und seine Pflicht thun.

Für die sozialistische Gruppe der Kammer: Ferroul, Boyer, Baudin , Lachize, Thivrier, Franconie, Fors Cluseret. 19

Das revolutionäre Zentralfomite: Baudin , Lachize, Deputirte, Chauvière, Vaillant, Stadträthe,

Der Nalionalrath der Arbeiter­partei: Camescaffe, Crépin, Dereure, Guesde, Lafargue, Lainê. 1900 19

als

Die sozialist. Gruppe d. Stadtraths: Daumas, Longuet, Vaillant, Humbert, Chauviere.

Laudrun, Sekretär. 319 C

Wir erhalten folgendes Rundschreiben mit der Bitte um Veröffentlichung:

Die Eretutivkommission der Pariser Arbeits­börse hat in ihrer Sigung vom 17. März folgende Resolution be schlossen:

Die Synditatskammern nehmen von der Intervention der Ne­gierungen in Bezug auf die Verhältnisse zwischen Unternehmern und Angestellten Att, tadeln aber, daß die Regierungen diese Frage auj der Konferenz zu Berlin behandeln, ohne von den Arbeitern selbst ernannte Delegirte hinzuzuziehen.

Das Sekretariat ist beauftragt, diese Resolution der Presse und den deutschen Sozialisten zu übermitteln." Für die Exekutivkommission: Die Sekretäre: A. Ribanier. A. Philippe.

Einer der nengewählten Abgeordneten unserer Partei, Genosse W. Schmidt( Frankfurt a. M.), ist von einem Korrespondenten der Streuzzeitung" über die Stellung der Sozialdemokratie zu der Reform­politik" des deutschen Kaisers interviewt( ausgeholt) worden. Wir sind im Allgemeinen der Ansicht, daß Sozialisten gut thun, sich mit den Herren Zeitungsreportern nicht einzulassen, und Genosse Schmidt hat auch erfahren, wie diese Leute das ihnen geschenkte Vertrauen zu mißbrauchen pflegen; indeß die Sache ist einmal geschehen, und wir glauben es angesichts der Lügen, welche die treuzzeitung" über die Antworten Schmidts verbreitet hat, diefem schuldig zu sein, seine jetzt in der Frankfurter Zeitung " veröffentlichte Gegen erklärung zum Abdruck zu bringen.d

Dieselbe lautet:

sid

" In Erwiderung Ihrer Anfrage bezüglich des Artikels in der Streuzzeitung" über die kaiserlichen Erlaffe und die Sozialdemokratie" habe ich zu erklären, daß derselbe auf Wahrheit und Dichtung beruht. Ich hätte gern schon früher unserm Berliner Parteiorgan darüber Mittheilung gemacht, wurde jedoch durch dringendere Arbeiten daran verhindert. Ihre Anfrage gibt mir nur Gelegenheit, die Sache richtig zu stellen.

Der Hergang war folgender: Am Montag, den 10. März, etwa zwischen 3 und 4 Uhr Nachmittags, erschien an meiner Arbeitsstelle ein Herr, stellte sich mir unter dem Namen Grohmann"( wie ich verstand) vor und fragte, ob ich bereit sei, Auskunft zu geben über die Stellung unferer Fraktion gegenüber den faiserlichen Reformplänen; er ſei Mit­arbeiter der Kreuzzeitung ". Da mir dieses offene Geständniß ent­

*) Nur die Beschränkung in gewiffen, den weiblichen Organismus besonders schädigenden Industrien ist gemeint. misung and slo

auf irgend eine Weise zu entledigen. Der Verbrecher ist ihr eigenes Produkt. Mit der Zunahme der Bevölkerung hat auch die Produktiv­fraft der Arbeit zugenommen, so daß bei gesellschaftlicher Organisation der Produktion jeder Arbeiter Arbeit und Verdienst hätte; bei der kapi­ talistischen Organisation entsteht eine Uebervölkerung. Der Arbeiter, der nichts zu essen hat, wird zum Verbrechen getrieben; er kann doch nicht verhungern! Das Verbrechen schädigt die Gesellschaft, der Ver­brecher muß deshalb unschädlich gemacht werden.

Er wird unschädlich gemacht. Aber da die bürgerliche Gesellschaft teine Lust hat, die Sache offen darzulegen und zu sagen: unsere bürger­liche Organisation hat den Menschen zum Verbrecher gemacht, wird müssen ihn aber vernichten, damit er uns nicht schadet wir sind die Ursache seiner Handlung, und er hat sie zu büßen da sie das nicht sagen mag, so holt sie andere Gründe vor.

-

Der Mensch hat" freien Willen". Er ist sittlich verantwortlich für seine Handlungen, und deshalb hat man auch das Recht, ihn für Ver­brechen zu strafen"; das Verbrechen muß gefühnt" werden. Man steckt den Unglücklichen ins Gefängniß, und damit ist er ja dann un­schädlich gemacht.

Die völlige Unhaltbarkeit dieses freien Wittens" trat zuletzt doch zu Tage; schließlich wurde das Argument zu fadenscheinig. Gleichzeitig d begann die Zeit, wo das Bürgerthum Geschmack an den Naturwissens schaften bekam. Jezt hatte man eine neue Idee!

Der Mensch hat feinen freien Willen; er ist das Produkt seiner Zeugung. Seine Charaktereigenschaften sind auf ihn vererbt. Wenn er ein Berbrechen begeht, so begeht er es, weil er erblich belastet ist, wie ist die Wahnsinnigen erblich belastet sind. Deshalb, muß man ihn in eind Irrenhaus sperren. Hier ist er dann auch unschädlich.

Ob man das Ding Jrrenhaus nennt oder Gefängniß, das ist natürlich ganz egal: der Gesellschaft ist es egal, denn der vorher Gemeinschädliche ist jetzt unschädlich; und für ihn ist es egal, denn er ist seiner Freiheit beraubt. & nd

Die Einleitung für eine Buchbesprechung ist etwas lang; allein mit Hilfe dieser einleitenden Bemerkungen fann ich mich jetzt desto kürzer fassen.