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No. 23.

Der Sozialdemokrat

Organ der Sozialdemokratie deutscher   Bunge.

Briefe an die Redaktion und Erpedition des in Deutschland   und Desterreich verbotenen Sozialdemokrat" wolle man unter Beobachtung äußerster Vorsicht abgehen lassen. In der Regel schide man uns die Briefe nicht direkt, sondern an die bekannten Dedadressen. In zweifelhaften Fällen eingeschrieben.

Haltet den Andern!

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Vor Kurzem veröffentlichte die Wiener   ,, Arbeiter- Zeitung  " einen Brief, den Friedrich Engels   an einen Bekannten in Wien   über den Antisemitismus geschrieben. Der Mit­begründer des modernen wissenschaftlichen Sozialismus legte darin mit gewohnter Schärfe die Schiefheiten, sowie den po­litisch wie wirthschaftlich reaktionären Charakter des Anti­semitismus blos, der nur das Merkzeichen einer zu= rückgebliebenen Kultur sei. Der Brief hat verdienter­maßen Aufsehen erregt und fast alle Arbeiterblätter beeilten sich, ihn abzudrucken. Wir dürfen daher wohl annehmen, daß er den meisten unserer Leser bereits bekannt ist.

Wie vorauszusehen, hat der Brief nicht geringe Wuth unter den Herren Antisemiten erregt. Wie dies allen Leuten geschieht, die eine falsche Position einnehmen, lebt der Anti­semitismus fast ausschließlich von moralischer Entrüstung. Er vertritt nicht eine politische Jdee, irgend welche politischen Grund­fäße, er vertritt vor allen Dingen die ,, Moral". Der Jude und wer für ihn Partei ergreift, bezw. nicht gegen ihn hetzt, ist das Laster, und der Antisemit die Tugend. Er ist darum auch ewig gekränkt, ihm geschieht immer bitter Unrecht, selbst wenn Jemand, den er anfällt, ihm nicht nach den Worten der Schrift die rechte Wange hinhält, um auch auf diese zu schlagen, sondern den Faustschlag mit Zinsen zurückgibt, ruft er entrüstet aus: Pfui, wie jüdisch! Wie die Tugend über­haupt, so ist auch der Antisemit der ewig Verkannte. Und so hat ihm denn auch Friedrich Engels   bitter Unrecht gethan. Und nicht nur das. Er hat auch, natürlich wider seinen Willen, den von Grund aus lasterhaften Charakter der

Sozialdemokratie enthüllt.

Sehr ergößlich ist das im Stöcker'schen Volk" nachzu­lesen in einem Artikel, betitelt: Offene Bekenntnisse eines Sozialdemokraten."

Jeder Mensch hat seine Schwäche. Und die Schwäche der Stöcker'schen ist die Wahrheit. Man macht sich gar keine Vorstellung davon, wie diese Leute die Wahrheit lieben. Man könnte es fast einen Götendienst nennen, den sie mit der Wahrheit treiben; aber kann man in der Hochhaltung der Wahrheit je des Guten zu viel thun? Sicherlich nicht. Und so ist denn das Erste, was der Stöcker'sche in dem Brief des ,, berüchtigten Sozialdemokraten" Engels entdeckt, eine Unwahrheit".

Diese steckt in dem Sat:

ruinirt, sie vertheidigt der Sozialdemokrat gera de um ihrer Schandthaten willen. Er leugnet den zersetzenden National­Charakter der Juden nicht. Bewahre! Er liebt sie um des willen. Sie machen seine Geschäfte. Denn sie proletarisiren den Mittel­stand. Und der Proletarier fällt dann unrettbar der Sozialdemokratie anheim.

Ein verteufelt listiger Plan, wenn er nicht so verteufelt du nim wäre! Welcher Handwerker, Bauer, Kleinbürger, Kleinkrämer wird nach diesen Eingeständnissen eines sozialdemokratischen Führers noch für die Sozialdemokratie eintreten? Nur die allerdümmsten Käl­ber, wählen ihre Meßger selber." Daß die Sozialdemokratie den Hand­werfern und Bauern nicht wohlwill, obgleich sie auch aus diesen Kreisen genug Stinimen bekommen hat war bekannt. Daß ein Sozial­demokrat in so zynischer offener Weise die schleunigste Abmegelung des Handwerker-, Bürger-, Staufmanns- und Bauernstandes befürwortet,

ist ebenso nen wie lehrreich.

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Die Sozialdemokraten verurtheilen den Mittel­stand zum Tode, weil er ihrer Herrschaft im Wege steht. Die großtapitalistischen Juden vollziehen dies Urtheil. Jene die Richter, diese die Henker.

Ihr Kleinbürger und Kleinkrämer, ihr Handwerker und Bauern, wollt ihr euch diesem Nichterspruch unterwerfen? Wollt ihr wirklich euch fernerhin die Stricke selber drehen und mit dem ausbeu­tenden Judenthum gehen?

Punktum. Und wenn ,, Kleinbürger und Kleinkrämer, Hand­werfer und Bauern" mun nicht sofort hingehen und, soweit sie früher der Sozialdemokratie zugestimmt, dieser den Rücken kehren, dann ist Hopfen und Malz an ihnen verloren. sie früher der Sozialdemokratie zugestimmt, dieser den Rücken

Aber leider, leider gibt es unter diesen Leuten eine große Anzahl verstockter Seelen, die da sagen: nicht derjenige ist mein Feind, der mir das Schicksal zeigt, dem ich so oder so entgegengehe, sondern derjenige, der mich darüber täuscht und meine Anstrengungen in falsche Bahnen lenkt. Und da die Auffassung, der Fr. Engels in seinem Brief Ausdruck gibt, zwar unbestritten sehr lehrreich, aber doch nicht so ,, neu" ist, wie die Stöcker'schen meinen, sondern schon seit etlichen vierzig Jahren in den Schriften von Mary und Engels nieder gelegt und seit einem halben Menschenalter von der deutschen  Sozialdemokratie propagirt worden ist, die dabei groß und start wurde und ihren Anhang unter Kleinbürgern und Klein­krämern, Handwerkern und Bauern nach Tausenden und Aber tausenden zählt, so ist in der That zu fürchten, daß diese Verführten" auch fürderhin bei den Wahlen ihre Megger­sigen lassen und um beim Bild zu bleiben- den Metzgern ihrer Metzger ihre Stimme geben werden.

Uebrigens ist dem Stöcker'schen beini Zitiren des Engels' schen Sages ein kleines Malheur passirt, das zwar auch ,, nicht neu" ist denn im Zitiren sind die Herren die reinen Schle­Der Antisemitismus ist das Merkzeichen einer zurück- mile- aber um so lehrreicher. Bei Engels fängt die zitirte Stelle wie folgt an: gebliebenen Kultur, und findet sich deshalb auch nur in Preußen und Desterreich.

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Resp. Rußland  ", heißt es bei Engels. Das läßt der Stöcker'sche fort. Dafür wird aus Preußen, wovon Engels in seinem Brief noch die Rheinlande ausdrücklich ausnimmt, im Handumdrehen Deutschland  . Andrerseits aber ist es eine, gelinde gesagt, Unverfrorenheit, Deutschland   als in der Kultur zurückgeblieben zu bezeichnen." Das wirklich für Das wirklich für diese Schlechtigkeit gebührende Wort ist der Stöcker'sche zu anständig, zu gebrauchen. Er überläßt es dem Leser, den ,, ihm kräftig genug erscheinenden Ausdruck" zu finden. Und er gibt Herrn Tissot den Rath, wenn er wieder ein ,, Ver­leumdungswerk" über Deutschland   schreiben will, bei Friedrich Engels   in die Schule zu gehen.

,, Und die Wahrheit, die Wahrheit ist gerettet." Nach diesem erbaulichen Präludium wird das sozialdemo­kratische Scheusal in seiner ganzen Verworfenheit blosgestellt. Dieselbe offenbart sich in folgendem Sat: großkapitalistische Konkurrenz verfallene Kleinbürger, Zunfthandwerker

In Preußen und Oesterreich   ist es der dem Untergang durch die und Kleinkrämer, der den Chor dabei bildet und mifschreit. Wenn aber das Capital diese Klassen der Gesellschaft vernichtet, die durch und durch reaktionär sind, so thut es, was seines Amtes ist und thut ein gutes Wert, einerlei, ob es nun semitisch oder arisch, beschnitten oder getauft ist; es hilft den zurückgebliebenen Preußen und Oesterreichern vorwärts, daß sie endlich auf den modernen Standpunkt kommen, wo alle alten gesellschaftlichen Unterschiede aufgehen in dem einen großen Gegensatz von Kapitalisten und Lohnarbeitern. Nur da, wo dies noch nicht der Fall, wo noch keine starke Kapitalistenklasse existirt, also auch noch keine starke Lohnarbeiterklasse, wo das Kapital noch zu schwach ist, sich der gesammten nationalen Produktion zu bemächtigen und da= her die Effektenbörse zum Hauptschauplah seiner Thätigkeit hat, wo also die Produktion noch in den Händen von Bauern, Gutsherren, Handwerkern und ähnlichen aus dem Mittelalter überkommenen Klassen sich befindet mur da ist das Kapital vorzugsweise jüdisch, und nur da gibts Antisemitismus.

Hier kennt die moralische Entrüstung des Stöcker'schen keine Grenzen. ,, Hört ihr es, ihr Bauern und Handwerker, ihr Kleinbürger und Kleinkrämer", ruft er empört aus ,,, ihr seid ,, aus dem Mittelalter überkommene Klassen, und wenn das Kapital euch vernichtet, so thut es ,, ein gutes Werk". Und es folgt eine Phi­lippika, die wirklich zu schön ist, als daß wir sie unsern Lesern vorenthalten sollten:

"

Das schreibt ein Sozialdemokrat, einer von den Leuten, die das Wohl des Volkes, des ganzen Wolfes, zu wollen vorgeben. Der Sozialdemokrat wünscht, daß ihr untergeht. Er will euch nicht haben, nicht einmal erhalten, er will euch zu Lohnarbeitern herunterdrücken. Alles muß verrungeniret sein!" Und da die Juden es am besten verstehen, euch aufs Schnellste das Fell über die Ohren zu ziehen, so sind sie Herrn Engels willkommen. Die Ber­gierige Ausbeppe, die euch durch Wucher von Haus und Hof treibt, die euer Geschäft durch Schwindel konkurrenz

,, Es ist in Preußen der Kleinadel, das Junkerthum, das 10,000 Mark einnimmt und 20,000 Mark ausgibt und daher den Wucherern verfällt, das in Antisemitismus macht".

Dieser Vordersaß ist dem Stöcker'schen aus der Scheere gefallen und zwar so unglücklich, daß er auch gleich das und des folgenden Sayes mit sich riß. Warum aber ließ die Stöcker'sche Scheere diesen Satz fallen? Nun, aus dem­selben Grunde, aus welchem die Stöcker'sche Feder bei dem christlichen oder arischen Kapital einen respektvollen Knicks macht und erst, sobald vom jüdischen Kapital die Rede ist, wieder in Bewegung geräth. Das ist zwar sehr hübsch ge­meint von der Stöcker'schen Feder, bringt sie aber in immer größeren Konflikt mit der Wirklichkeit. Denn da wir selbst in Preußen und dies mag das patriotische Herz des Stöcker'schen über die Engels'sche Verleumdung" trösten mit Riesenschritten in der Kultur vorwärts marschiren, so hört auch dort das Kapital auf ,,, vorzugsweise jüdisch" zu sein. Den Bauern ruinirt nicht der jüdische Auskäufer, son­dern sein christlicher Konkurrent, der auf großem Maßstab produzirende moderne ,, Landwirth  ", und der jüdische Wucherer produzirende moderne ,, Landwirth  ", und der jüdische Wucherer spielt höchstens dessen Exekutor. spielt höchstens dessen Exekutor. Den Handwerker vertreibt der Großfabrikant aus seinem Zunftparadies, und dieser ist in neun von zehn Fällen gänzlich unbeschnitten". Aber auch der Erzengel des Großfabrikanten, der Großhändler, ist selbst in Preußen in seiner großen Mehrheit ,, arischen Stamm­baums". Es war ein Mann, den der Stöcker'sche als das Muster eines echtdeutschen Mitbürgers gelten läßt, der in Berlin   unablässig auf Aufhebung des aus der guten alten Zeit" stammenden und den zahlreichen Kleinhandwerkern und Kleinhändlern in der Umgebung von Berlin   lohnenden Absatz Kleinhändlern in der Umgebung von Berlin   lohnenden Absatz bietenden Weihnachtsmarktes drang und ihn auch wirklich aus seiner Nachbarschaft vertrieben hat. Wieviel christliche und jüdische Kleinhändler Herr Rudolph Herzog sonst als triumphirender Großhändler aus dem Markt geschlagen hat, läßt sich natürlich nicht in Zahlen berechnen, sowenig wie die Zahl der durch den katholischen Louvre" in Paris  ruinirten Kleinhändler; aber sicher ist es, daß ihrer nicht wenige sind.

Auf dem Papier läßt sich das alles verschweigen und ver­drehen, aber je lauter die Wirklichkeit dagegen spricht, um so hoffnungsloser ist die ganze Antisemiterei. Was müßt dem Handwerker, dent Bauern, dem Kleinhändler die Beseitigung des jüdischen Kapitalisten, wenn der christliche Kapitalist bleibt und ihn genau so zu Grunde richtet und in seinen Dienst preßt? Sie sind gegen diesen nur noch ohnmächtiger, eben preßt? Sie sind gegen diesen nur noch ohnmächtiger, eben weil er als vollwerthiger Landsmann" noch rücksichts­loser gegen sie vorgehen darf.

Erscheint

wöchentlich einmal

in

London  .

Verlag

der

German Cooperative Publishing Co. E. Bernstein& Co., London   N. W. 114 Kentish Town Road.

Poffendungen

franto gegen franto. Gewöhnliche Briefe

nach England tosten Doppelporto.

7. Juni 1890.

Unschädlichmachung des christlichen wie des jüdischen Ka­pitals bietet ihnen aber der Antisemit mun einmal nicht und kann er ihnen auch nicht bieten. Dazu sind wir noch einmal tröste Dich, Stöcker'scher selbst in Preußen zu weit vorgeschritten. Was er ihnen bieten kann, sind nur leere Versprechungen und Deklamationen. Diese sind aber sehr kurzlebig und ziehen ,, einmal und nicht wieder".

Mit moralischen Redensarten, selbst wenn sie die Form von Flüchen annehmen, richtet man nichts gegen die Kapital­herrschaft aus. Gegen sie gibt es nur ein Mittel, und Engels   zeigt es auch an:

Je stärker das Kapital, desto stärker auch die Lohnarbeiter­klasse, desto näher also das Ende der Kapitalistenherrschaft. Uns Deutschen  , wozu ich auch die Wiener   rechne, wünsche ich also recht flotte Entwicklung der kapitalistischen   Wirth­schaft, keineswegs deren Versumpfen im Stillstand."

Diesen Saz hütet sich der Stöcker'sche abzudrucken, er würde ihm das Konzept verderben. ,, Versumpfen der kapita­listischen Wirthschaft", das ist ein fatales Wort. Wen soll es verlocken? Den Kapitalisten? Der will sich ausdehnen und braucht dazu Bewegungsfreiheit. Den Handwerker, Bauer und Händler? Dem ist damit nicht geholfen, denn der Druck des Kapitals bleibt. Den Proletarier? Für diesen heißt es Ver­ewigung seines Elends, seiner Knechtschaft. Nein, für alle, die die Kapitalherrschaft bedrückt, gibt es nur eine wirkliché Rettung, und die liegt in der Beseitigung der Kapitalwirth­schaft, die nur dadurch bewirkt werden kann, daß an Stelle der kapitalistischen   die gesellschaftliche Produktionsweise tritt. Und dies wird um so eher geschehen, je schneller sich die Entwickelung des Kapitalismus vollzieht.

Soweit es bis zu diesem Zeitpunkt eine Rettung für die einzelnen Mitglieder der aufgezählten Erwerbsklassen gibt, be­steht dieselbe darin, daß sie sich selbst soviel als möglich mo­dernisiren, den veränderten Produktionsbedingungen anpassen. Es ist das zivar keine glänzende Perspektive, die ihnen damit gestellt wird, aber sie entspricht der Wahrheit. Die Entwick lung in dieser Richtung drängt sich ihnen auf, ob sie es wollen oder nicht. Der aber ist um so besser daran, der diesen Prozeß bewußt vollzieht, und darum ist die Sozial­demokratie eine viel bessere Freundin der in Handwerk, Han­del und Landwirthschaft thätigen kleinen Leute, als diejenigen, die sie mit Illusionen nähren und dadurch ihre Abhängigkeit nur noch vergrößern.

Mag daher der Stöcker'sche noch so laut schreien, er wird uns dadurch nicht abhalten, das offen auszusprechen, was wir für richtig erkannt haben. Daß ihm das, zynisch vor kommt, wen soll das wundern? Niemand pflegt lauter: ,, Haltet den Dieb!" zu rufen, als der Dieb selbst und seine Spieß gefellen. Wer aber die Gepflogenheiten dieser Zunft kennt, läßt sich durch dies Manöver nicht beirren. Er packt die

Schreier, kehrt ihre Taschen um, und siehe da, die christlich­germanischen Volksfreunde sind als Agenten des

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großen Ausbeuterthums entlarvt.

Die Russenverhaftungen in Frankreich  .

Paris  , den 31. Mai 1890.

Die Sucht der verschiedenen Regierungen, einander reaktionäre Stiefel­pußerdiensterdienste zu leisten, die gelegentlich in Oesterreich   und zu allen Zeiten in Deutschland   die widerlichsten Formen des politischen Lakaien- und Büttelthums für den Zaren annimmt, hat nun auch Frankreich   angesteckt. Letzten Donnerstag, in frühester Morgenstunde, fanden in der hiesigen russischen Kolonie zahlreiche Haussuchungen und 14 Verhaftungen statt, von denen 12 aufrecht erhalten worden sind. Anlaß hierzu sollen angeblich in der Umgegend von Paris   Seitens russischer Terroristen" angestellte Versuche mit Dynamitbomben ge­liefert haben, die die Polizei auf die Spur einer Gruppe Terroristen" geführt hätten. Bei mehreren verhafteten Personen( Reinstein, Ananieff oder Kaschingeff, Stepanoff) will man Nitroglyzerin und andere Spreng­stoffe, bei Orloff und Peploff, sowie Aschkinasi   Metallhülsen gefunden haben. Bei einem Fräulein Bromberg, Studentin der Medizin, sollen Solange 15 fertige Metallhülsen für Bomben entdeckt worden sein. die Untersuchung nicht thatsächlich festgestellt hat, daß Bomben fabrizirt und zwar zum Zwecke eines Attentats fabrizirt worden sind, hat man sich allen derartigen Angaben der Pol zei gegenüber durchaus mißtrauisch zu verhalten. Wer kennte nicht die berufsmäßige Gepflogenheit derselben, aus Mücken Elephanten zu machen! Und da die Mehrzahl der Ver­hafteten medizinischen oder chemischen Studien oblagen oder Elektro­techniker waren, so hat das Vorhandensein solcher Stoffe, welche in ihren Verbindungen explosiv wirken, und das Auffinden leerer Metall­fapfeln allein noch nichts Außergewöhnliches an sich. Allerdings kann man auch aus diesem Umstand allein noch nicht das Gegentheil behaupten. Wunderbar mußte nur erscheinen, daß die kompromitirenden und zum Theil sehr gefährlichen Substanzen bei verschiedenen Personen vertheilt gewesen, so daß bei der eventuellen Entdeckung viele Leute kompromitirt werden mußten. Wie gesagt, solange die Anklage nicht thatsächliche Beweise geliefert hat, kann man mit Bestimmtheit der Version der Polizei keinen Glauben schenken.

Das Geschrei über die Fabrikation angeblicher oder wirklicher Bom­ben, das die französische   Presse erfüllt, im Auslande ein Echo findet und dem Spießbürgerthum Gruselu macht, beabsichtigt offenbar, die öffentliche Aufmerksamkeit von einem Bubenstück abzulenken, das die französische   Polizei in platter Liebedienerei vor dem Henker aller Neu­die Konfis Ben begangen. Die Ausführung dieses Bubenstücks tation der Korrespondenz im Ausland lebender evolutionäre mit Gesinnungsgenossen in Ruß­ land  , um Lestere fennen zu lernen und unschädlich machen- war der Hauptzweck der glücklichen Nazzia gegen die

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3 it Terroristen, welche das französische   Gastrecht mißbrauchten". Die aus gebliche Fabrikation von Bomben schlug man, aber die Auslieferung