hen
ins
Ter
e"
uß
3/8
int
n:
Abonnements
werden beim Berlag und defen bekannten Agenten entgegen genommen, und zwar zum voraus zahlbaren Bierteljahrspreis von:
Mt. 4,40 für Deutschland ( direkt
per Brief- Couvert)
Broft. 2,75 für Defterreich( dirett
per Brief- Couvert)
Shill. 2,- flir alle übrigen Länder
bes Weltposvereins( Kreuzband).
3e=
en.
ett.
t:
11=
B!
3 Pence
es
ich
一
d.
ft.
ig
ett
N.
er
18
b
ht
一
1:
ce
$
15
5
ta
28
1,
ſt
1.
ent
1
ad
5
10
-
Juferate
bie dreigespaltene Petitzeite === 25 Pig.
Ma. 36.
L 30 GR.
Der Sozialdemokrat
Organ der Sozialdemokratie deutscher Bunge.
Briefe an die Redaktion und Erpedition des in Deutschland und Desterreich verbotenen Sozialdemokrat wolle man unter Beobachtung äußerster Vorsicht abgehen laffen. In der Regel schide man uns die Briefe nicht direft, sondern an die bekannten Decadressen. In zweifelhaften Fällen eingeschrieben.
Ueber Parteifragen.
III.
Am Montag den 25. August hat eine große Volksversamm lung in Berlin , in der Bebel referirte und auf alle ihm und der Parteivertretung gemachten Vorwürfe eingehend antwortete, mit etwa viertausend gegen höchstens einige hundert Stimmen folgende Resolution beschlossen:
„ Die Versammlung erklärt, die von verschiedenen Seiten aufge= stellte Behauptung, die sozialdemokratische Reichstags- Fraktion sei torrumpirt, sie beabsichtige, die Partei zu vergewaltigen und sei be
als die Partei des arbeitenden Volkes, muß danach streben, in stetem engen Kontakt mit der Masse zu bleiben. In diesem Sinne gilt für sie, was der Dichter des Tell dem alten Attinghausen in den Mund legt:
,, Hier sind die starken Wurzeln Deiner Kraft."
Es hat viel Mühe und aufreibende Arbeit gekostet, bis die deutsche Sozialdemokratie es dahin gebracht hat, thatsächlich die Partei der klassenbewußten deutschen Arbeiter zu sein, von ihnen als der natürliche Anwalt ihrer Interessen anerkannt zu werden, und es liegt kein Grund vor, dieses Ver
ſtrebt, bie freie Meinungsäußerung in der Parteipreſſe zu unterdrücken, hältniß zu lösen. Es würde aber sofort wieder aufhören,
für eine durch nichts bewiesene schwere Beleidigung der Fraktion, be= ziehentlich der Parteileitung. Die Versammlung erflärt ferner die gegen die bisherige parlamentarische Thätigkeit der Fraktion gerichteten Angriffe für ungerechtfertigt. Die Versammlung ersucht die Parteigenossen, jede persönliche Polemit in der Presse und Versammlungen einzustellen, um die Streitfragen der Entscheidung des Parteitages zu unterbreiten."
Der Andrang der Berliner Genossen zu jener Versammlung war ein enormer, schon um halb 5 Uhr Nachmittag war der weite Saal der Lipps'schen Brauerei überfüllt, und die Zahl Derer, die keinen Zulaß fanden, belief sich auf über Zehn tausend. Von welcher Stimmung diese Massen beseelt waren, geht daraus hervor, daß sobald sie Bebels ansichtig wurden, sie in ein donnerndes Bravorufen ausbrachen, das gar kein Ende nehmen wollte. Mit knapper Mühe konnte Bebel verhindern, daß man ihn in das Versammlungslokal trug. Und dieselben Szenen wiederholten sich im Saal, während andrerseits die Wortführer der Opposition große Mühe hatten, sich Gehör zu verschaffen, oder vielmehr, es große Mühe kostete, den Wortführern der Opposition Gehör zu verschaffen. Zum Glück gelang es, aber die Erbitterung der Masse machte sich in zahllosen stürmischen Unterbrechungen Luft.
Wir stellen das fest, nicht weil wir daraus den Beweis herzuleiten gedenken, daß die Fraktion in allen Fragen Recht und die Opponenten in allen Fragen Unrecht haben, sondern weil wir in dieser Demonstration des Gros der Berliner Ar
beiterschaft einen diese im höchsten Grade ehrenden Protest erbliden, einen Protest gegen die unwürdigen Verdächtigungen und Beschimpfungen, mit denen man eine Reihe bewährter und verdienter Genossen zu überschütten gesucht hat.
Diejenigen, gegen die er sich gerichtet, haben diesen Protest mit dem Wort„ Personenkultus" abthun zu können geglaubt. Das ist ein sehr bequemes Wort, beweist aber recht wenig. Personenkultus hin, Personenkultus heres wäre sehr traurig um die Sozialdemokratie bestellt, wenn sie ihre verdientesten Vorkämpfer ruhigen Blutes durch den Koth schlei fen ließe. Das würde nicht zur Reinigung, das würde im Gegentheil erst zur Korrumpirung des Parteilebens führen. Wer sich die Behandlung als Lump gefallen läßt, der ist schon auf dem Wege zur Verlumpung, und wenn eine Par tei Ehrenmänner an ihrer Spizze sehen will, dann muß sie ihre Vertreter auch als Ehrenmänner behandeln, solange nicht der Beweis erbracht ist, daß sie dieser Behandlung unwürdig sind. Diesen Beweis ist ihr aber die Opposition" bis zum heutigen Tage schuldig geblieben. Ueber ganz allgemeine Redensarten hinaus hat sie es nicht gebracht.
Daß kein Mensch unfehlbar, daß der beste Mensch nicht ohne Fehler ist, um diese banale Wahrheit den Genossen mitzutheilen, dazu brauchte es des Dr. Wille und seiner Freunde wahrlich nicht. Wir sind überzeugt, nicht ein Einziger von den Tausenden, die Bebel zugejubelt, hat mit seinen Beifallsbezeugungen etwas Anderes ausdrücken wollen, als das Vertrauen in den ehrlichen Willen und die Anerkennung für die tüchtigen Leistungen des bewährten Genossen; daß sie sich damit Bebel gegenüber ihres eignen Urtheils begeben haben, das kann nur Verbissenheit und Verbohrtheit ihnen unterstellen. Und nur Verbissenheit und Verbohrtheit kann sich gegen die politische Lehre verschließen, die sich aus dieser Demonstration der sozialistischen Arbeiterschaft Berlins ergibt. Wir sind keine blinden Mehrheitsanbeter wie der Einzelne, kann auch die Masse irren. Aber ebensowenig sind wir Verächter der Mehrheit, selbst dann, wenn dieselbe sich gegen uns wendet. Die Mehrheit hat zum Mindesten Anspruch darauf, daß man ihre Kundgebungen achtet und sich über ihre Bedeutung klar zu werden sucht. Es wird nun Niemand behaupten wollen, daß die Mehrheit in jener Versammlung durch Bebels Redegewandtheit zu ihrer Stellungnahme veranlaßt worden sei. Ihr Urtheil war vielmehr bereits gesprochen, noch ehe Bebel die Tribüne bestiegen hatte, und bis dahin hatten in Berliner Versammlungen grade die Vertreter der Opposition das große Wort geführt. Ebenso kann Niemand bestreiten, daß es Sozialdemokraten waren, welche sich zu jener Versammlung eingefunden. Die große Masse der Berliner Sozialdemokratie hat am 25. August ganz unzweideutig bekundet, daß sie mit jener Richtung, welche die Wille, Wildberger, Baginsky, Werner repräsentiren, nicht einverstanden ist. Es ist das beiläufig nicht das erste Mal, daß sie das gethan. Wir erinnern nur an die sehr bezeichnenden Vorkommnisse bei den letzten Stadtverordnetenwahlen. Nun sagen wir noch einmal, die Masse kann irren und die Minderheit kann Recht haben. Aber die Minderheit soll sich nicht einbilden, daß weil sie Minderheit sei, sie deshalb auch die höhere Einsicht repräsentire. Die Sozialdemokratie,
wenn die Partei statt praktischer Politik Sektirerei treiben wollte. Gelänge es, dies zu erreichen, dann hätten unsere Feinde gewonnenes Spiel, und thatsächlich ist denn auch ihr ganzes Sinnen und Trachten darauf gerichtet. Zu verhindern, daß es ihnen je gelingt, muß der leitende Gedanke unserer Taktik sein. Das verlangt nicht, daß wir uns zum blinden Werkzeug der Massen hergeben, uns willenlos von ihnen treiben lassen sollen, aber es bedeutet, daß wir in ihrem Verhalten den Prüfstein zu suchen haben, der uns anzeigt, ob wir auf dem rechten Wege sind. Ganz besonders gilt das in der negativen Richtung. Wenn die Massen das Mitgehen verweigern, so können wir in 9 von 10 Fällen sicher sein, daß nicht sie, sondern wir im Unrecht sind.
Angenehmer, als sich das einzugestehen und dementsprechend es einmal mit der Selbstkritik zu versuchen, ist es freilich, über ,, Autoritätenfultus" zu philosophiren oder gar, wie es einer der Wortführer der Opposition that, von einer sozialdemokratischen Hurrah- Kanaille" zu reden. Wer sich aber über seine Eitelkeit hinwegzusetzen vermag, wird das Erstere vorziehen, zum eigenen Vortheil und zum Nutzen der allgemeinen Sache.
Speziell Dr. Wille mag sich einmal die Frage vorlegen, ob die Arbeiter nicht durchaus vernünftig handeln, wenn sie es ablehnen, Politikern zu folgen, die da erklärten, beim Zusammentritt der Arbeiterschutzkonferenz der Regierungen Muthlosigkeit empfunden zu haben. Und Muthlosigkeit wovor? Daß die Konferenz zu Reformmaßregeln führen möchte, die wirklich eine Verbesserung der Lage der Arbeiter bedeuten, die Arbeiter zufrieden machen könnten. Welches geringe Vertrauen in die Sache des Sozialismus müssen Diejenigen empfinden, die solcher Furcht zugängig sind. Wir sagen vielmehr: Wenn der Sozialismus durch Reformen abgewendet werden kann, so geschieht ihm nur Recht, wenn er abgewendet wird. Nicht einem phantastischen Zukunftsgemälde zu Liebe sind wir Soeinem phantastischen Zukunftsgemälde zu Liebe sind wir Sozialisten, sondern auf Grund der gewonnenen Erkenntniß, daß nur wenn an Stelle der heutigen Produktionsanarchie die gesellschaftliche Regelung der Produktion tritt, es möglich sein wird, Elend und Unterdrückung dauernd aus der Welt zu schaffen. Damit ist aber nicht gesagt, daß nicht heute schon sehr viel geschehen kann, um die Lage der Arbeiter wenigstens einigermaßen besser zu stellen, und weil dies der Fall, so verlangen wir es auch. Wir muthen den Arbeitern nicht zu, ihre Gegenwart der Zukunft zu opfern, den Sperling in der Hand fliegen zu lassen, um der Taube nachzujagen, sondern sagen: der Sperling und die Taube. Das ist eine Politik, sagen: der Sperling und die Taube. Das ist eine Politik, die die Arbeiter verstehen, jeder andern würden sie den Rücken kehren. In dieser Hinsicht ist das Ergebniß der Volksversammlung vom 25. August gar nicht zu verstehen.
-
-
Und mit diesen beiden Feststellungen erschöpft sich auch nach unserer Ansicht die Bedeutung der Volksversammlung vom 25. August: Protest gegen die Verdächtigung und Beschimpfung erprobter Vorkämpfer der Arbeitersache und Demonstration für die bisherige Taktik der deutschen Sozialdemokratie. Wenn Seitens der Opposition in der Sächs. Arbeiter3tg." nachträglich an der Versammlung herumgemäkelt und unterstellt wird, es seien nicht Alle hineingekommen, die bei den Abstimmungen ein Wort mitzusprechen hatten und nicht alle Anwesenden abstimmungsberechtigt gewesen, so ist nicht alle Anwesenden abstimmungsberechtigt gewesen, so ist das ein Verfahren, das keiner weiteren Beurtheilung bedarf. Es muß aber daran erinnert werden, daß auf die Mittheilung, daß in Dresden nur die als aktiv thätig bekannten Genossen zur Besprechung der Parteistreitigkeiten eingeladen worden waren, gerade Dr. Wille und seine Freunde lauten Protest gegen diese Art der Einberufung eingelegt( der Protest Protest gegen diese Art der Einberufung eingelegt( der Protest figurirt auch unter den von Dr. Wille zusammengestellten Beschwerdepunkten) und erklärt hatten, mir eine öffentliche Versammlung, zu der ein jeder Genosse freien Zutritt habe, könne als maßgebend anerkannt werden. Wohlan, in Magde burg und Berlin haben solche öffentliche Versammlungen gesprochen und ihr Urtheil war dasselbe wie das der Dresdener Versammlung. Wir verlangen von Niemand, daß er deshalb Versammlung. Wir verlangen von Niemand, daß er deshalb seine Ueberzeugung aufgibt, aber jetzt wieder gegen diese Versammlungen sich wenden und auch ihre Kompetenz bestreiten, das ist unehrlich.
Wir würden mun diese Artikel abschließen können, da auch wir gern dem Wunsch der obenerwähnten Versammlung nachkommen und die weitere Erörterung der inneren Parteiangekommen und die weitere Erörterung der inneren Parteiangelegenheiten dem Kongreß überlassen; es sei uns jedoch gestattet, hier noch einen Saß aus dem trefflichen Artikel der
Wiener Arbeiterztg." über die„ Neuorganisation der deutschen Sozialdemokratie" folgen zu lassen, der sich in ebenso schen Sozialdemokratie" folgen zu lassen, der sich in ebenso
Grscheint
wogentlig einmal
in
Berfag
der
Poffendungen franto gegen franto. Gewöhnliche Briefe
nach England tosten Doppelporto.
6. September 1890.
ruhiger wie sachgemäßer Weise über die Stellung der Presse innerhalb der sozialdemokratischen Partei äußert.
"
Derselbe lautet:
Der dritte Punkt, der vielleicht am lebhaftesten einige Gemüther erregte, war die Kontrole der Parteipresse. Wir gestehen offen, daß wir dieser Diskussion vollständig verständnißlos gegenüberstehen. Die Bestimmung lautet:„ Er( der Parteivorstand) kontrolirt die prinzipielle Haltung der Parteiorgane." Daß eine Partet, die im Stampfe steht, deren Blätter Stamp fblätter und nicht Geschäftsunternehmen wie die Bourgeoiszeitungen sind, für die Halt= ung ihrer Presse verantwortlich ist, bedarf doch feiner näheren Ansführung. Daß die Partei damit das
Recht haben muß, federzeit zu prüfen, ob ihre Bresse auf dem prinzt
piellen Boden der Partei steht, versteht sich von selbst; daß die Partet diese Pflicht aber nur durch irgend ein Organ, also den Parteivorstand oder eine besonders bestimmte Kommission, ausüben kann, ist ebenso flar. Was das mit der Beschränkung der freien Meinungsäußerung innerhalb der Partei zu thun haben soll, verstehen wir einfach nicht. Es muß die Mäglichkeit gegeben sein, zu konstatiren, daß dieses oder jenes Blatt prinzipiell nicht auf dem Boden der Partei stehe. Damit wird weder dem Blatte noch seinen Mitarbeitern ein Haar gekrümmt, es wird nur konstatirt, daß es nicht zur Partei gehört. Noch auch wird irgend einer Meinung, und weiche sie von jener der Majorität der Partei oder der des Parteivorstandes noch so sehr ab, im mindesten die freie Aeußerung verfümmert, so lange sich diese Meinung auf dem Boden des Parteiprogramms bewegt. Daß es aber demokratisch" sei, zu dulden, daß irgendwelche Ansicht, die prinzipiell mit dem Parteiprogramm in Widerspruche steht, sei es aus Mißverstand oder aus Berechnung von gegnerischer Seite, unter der Flagge eines Organs der Sozialdemokratie vorgetragen werde, ohne dagegen energischen und wirksamen Widerspruch zu erheben, das will uns nicht in den Sinn, dafür haben wir nicht das geringste Verständniß. Wir werden jede ehrliche Meinung respektiren, aber geradezu eine Prämie darauf zu sezen, daß uns Gegner Kutukseier in's eigene Nest schieben, was heutzutage, wo bekanntlich jeder Mensch mehr oder weniger Sozialist ist", sehr nahe liegt, das scheint uns nichts weniger als klug. Wir meinen, der Entwurf der Fraktion hat mit den Worten prinzipielle Haltung", wodurch Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf Taktik und Organisation ausgeschlossen sind, durchaus das Richtige getroffen und der Parteitag wird höchstens zu erörtern haben, wem diese Kontrolle zu übertragen sei."
Das trifft den Nagel auf den Kopf. Wir wollen Parteiorgane, die sich nicht bloß diesen Namen beilegen, sondern die auch wirklich Parteiorgane sind, von Genossen für Genossen geschriebene Organe. Und wie jeder Genosse sich in seiner politischen Bethätigung willig der Kontrole der Partei unterwirft, so ist es gewiß nicht zuviel verlangt, wenn man eine gleiche Bereitwilligkeit auch von denjenigen fordert, die über das wichtige Kampfmittel der Presse verfügen. Wer das ablehnt, gibt damit zu, daß er mit dem Organ Zwecke verbindet, die nicht die der Partei sind.
Unabhängigkeit der Gesinnung und des Charakters können sich trotz der Kontrole bethätigen. Sie sind nicht an Aeußer= lichkeiten gebunden.
Aus Dänemark erhalten wir folgendes Eingesandt:
Wir sehen uns veranlaßt, wieder einmal die Spalten des„ Sozialdemokrat" in Anspruch zu nehmen. In den Tagen vom 12. bis 23. Juni hielt nämlich die dänische sozialdemokratische Partei ihren vierten Kongreß ab, und da wir der Bewegung hier immer mit Interesse gefolgt sind, die meisten unserer Genossen auch aktiv regen Antheil daran nehmen, so sei es uns erlaubt, da ein Bericht von anderer Seite noch nicht erfolgt ist, den ausländischen Genossen einen Ueberblick über die Verhandlungen des Kongresses zu geben.
So leid es uns für unsere gute Sache thut, so können wir doch nicht verhehlen, daß der Kongreß eher einen Rückschritt als einen Fortschritt für die Bewegung in Dänemark bedeutet und der Kleinbürgerlich possibilistische Charakter derselben für die Eingeweihten längst offenbar nun auch für Fernerstehende klar und unverhüllt blosgelegt ist. Doch die Genossen anderwärts mögen selbst urtheilen. Die Verhandlungen übrigens mit einer, gegenüber den hiesigen Verhältnissen ganz unmotivirten Geheimnißkrämerei umgeben- schleppten fich tagelang in unfruchtbaren Diskussionen und Haarspaltereien über Programmänderungen hin; Aenderungen, die, anstatt das an Widersprüchen ohnehin schon sehr reiche Programm zu klären, den prinzipiellen Standpunkt desselben nur noch mehr verwässerten.
So wurde z. B. im theoretischen Theil des Programms der Passus von der„ reaktionären Masse" dahin gemildert:"... alle Parteien, die diese Aufgabe( Befreiung der Arbeit) nicht als Zweck des Staats(!) anerkennen, sind Gegner des Sozialismus."
Der Grund zur Milderung dieses Passus war jedenfalls die Erkenntniß, daß es doch nicht gut anging, seine liberalen Alltirten im Prinzip als reaktionär zu stempeln und nachher auf der Wahltribüne sich von ihnen unter den Arm nehmen zu laffen. Nun sagt man einfach: Ja, die Leute sind zwar Gegner des Sozialismus, aber sie haben den Widerstand gegen Estrup mit uns gemeinsam und so müssen wir zuſammengehen!"
Auf dieser hohlen Phrase beruht faktisch die Allianz der dänischen Sozialdemokratie mit den Liberalen; die Führer befürworten sie und die Massen agiren Stimmvich. Von Forderungen der Sozialdemokraten an die Linke, deren Kandidaten in vielen Streisen nur mit Hilfe von
Arbeiterstimmen durchkommen, ist nicht die Rede, der Pakt ist also nur aus reiner„ Sympathie" geschlossen und deshalb erst recht verwerflich und bezeichnend für das„ proletarische Gewissen" der dänischen Sozial
demokraten.
Doch zurück zum Programm. Der obengenannte Passus desselben enthält zuerst einen Widerspruch, indem der Sonderfaz fagt:„ Es ist
die Aufgabe der Sozialdemokratie, die Arbeit von dem ausbeutenden Stapitalismus zu befreien" und im Nachsatz dies als 3 weck des Staats" bezeichnet wird; und dann sind alle die ( und hoffentlich dabei viele Sozialdemokraten), welche die Befreiung der Arbeit nicht als Zweck des Staats" anerkennen, als Gegner des Sozialismus gestempelt! Man kann hieraus ersehen, welcher Nonsens aus der Abfassung dieses Programms spricht, und das ist doch nur der Theil, den man von einem anderen Programm„ abgeschrieben" hat.