,, Secret. Sofort!

II.

Bu IIIa 7376.

D., 8/10 89. 1. Die Verf. Königl. Neg. vom 3/10 89 ist zweimal abzuschreiben zur späteren Einheftung in die Aften. Desgl. ist Abschrift zu fertigen von den 3 Anlagen, welche der Reg. Verf. beiliegen.

2. Jn Gemäßheit des§ 7 des Sozialisten- Gesezes wird Folgendes bestimmt:

Die Beschlagnahme der Kassen- Bücher, der Vereinskaffe nebst dazu gehörigen Belägen, Protokollen und Schriftstücken, sowie der Bibliothet des Fachvereins der Schreiner, der Zahlstelle des deutschen Tischler= Verbandes und Filiale des deutschen Schuhmacher- Verbandes hat zu erfolgen und ist zu diesem Zweck eine Durchsuchung der Wohnräume der gesammten Vorstandsmitglieder genannter Vereine, sowie der Schräufe in den Vereinslokalen, in welchen die Sachen der Vereine aufbewahrt werden, vorzunehmen. Alle beschlagnahmten Gegenstände find genau zu verzeichnen und mit entsprechendem Bericht in das dem P.-G. Tilger unterstellte Bureau abzugeben, welcher die Angelegenheit weiter zu bearbeiten hat. Bei der Durchsuchung empfiehlt es sich ganz

besonders, auf etwaige verbotene Schriften und auf solche Schriften zu achten, von denen ihrer Form und ihrem Inhalt nach anzunehmen ist, daß sie über die Thätigkeit der hier bestehenden Geheim- Verbindung Aufschluß geben. Diese Sachen sind ebenfalls zu beschlagu hmen.

Bezüglich der zu durchsuchenden Räume kommen die nachbezeichneten Wohnungen folgender Personen in Betracht:

( Folgen die Namen und Wohnungen der betreffenden Vorstandsmit­glieder und die Angaben der Vereinslokale.)

3. Die Durchsuchung der Wohnräume der vorstehend bezeichneten Personen, sowie der Personen selbst hat möglichst zu gleicher Zeit zu geschehen.

4. Herrn Polizei- Inspektor Abel zur gefälligen Kenntniß und Kom­mandirung der zur Durchsuchung erforderlichen Beamten, welche zu in­struiren sind. Die Zeit und Stunde der Durchsuchung wollen Sie ge­fälligst anordnen. Es dürfte fich empfehlen, während der Zeit der Durchsuchung je einen Polizeibeamten mit der Ueberwachung der Ver­einslofale Hölzten" und" Günther" zu betrauen, damit die etwa hier aufbewahrten Kassen- 2c. Bücher von den Vorstandsmitgliedern nicht beseitigt werden. Die Zustellung der Neg. Verfügungen an die Vor­sitzenden der Vereine ist bei der Durchsuchung durch die mit der letteren betranten Polizei- Kommissare gegen Quittung des Empfängers zu be­bewirken.

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Die Polizei- Verwaltung. Der Oberbürgermeister: Lindemann."

Dies die Aftenstücke. Und die sind dem Sozialdemokrat" zugeschickt worden?" fragt der Leser." Jawohl," antworten wir, und wollen auch gleich den Zweck hinzufügen. Als ein Souvenir", wie es in dent Begleitschreiben heißt. Als

rein Erinnerungsstück an die sozialistengefeßliche, die herrliche Beit."

Und der Absender fügt hinzu:

Ledern und langweilig", wie sich diese Stilllbungen unserer staat­lichen und städtischen Ordnungserhalter leien, liefern sie zunächst wieder einmal den Beweis, daß die untergeordneten Polizei- Organe in jedem Arbeiter Verein eine Vereinigung erblicken, welche durch sozialdemo= tratische, sozialistische oder kommunistische Bestrebungen den Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung bezweckt. Der durch den Düsseldorfer   und Elberfelder Geheimbandsprozeß zu einer traurigen Berühmtheit gelangte Polizei- Kommissar Tilger   stellte in seinem Bericht bom 9. Mai 1889( der Oberbürgermeister ist in dem untergebenen Falle nur das Sprachrohr des zur Verfolgung und Ueberwachung der Sozialdemokraten extra nach Düsseldorf   entsandten und auf diesem Ge biete allmächtigen Kommissars Tilger  ) den Antrag, auf Grund des Sozialistengesetzes alle damals in Düsseldorf   bestehenden Arbeiter­Berbindungen zu verbieten. Das zur Begründung beigebrachte Material muß aber recht dürftig gewesen sein, denn nicht einmal ein Geheimer Regierungsrath Steilberg findet es in allen Fällen für genügend.

Zweitens aber erfieht man, daß gerade die Schüßerin der Geseße. die hohe Polizei, es ist, welche die bestehenden gefeglichen Vorschriften anstandslos bei Seite schiebt, wenn sie glaubt, im Stampfe gegen poli­tische Gegner dadurch ihre Zwecke zu fördern. Die Regierung beauf­tragte den Oberbürgermeister, bezüglich der verbotenen Vereine nach Maßgabe des§ 7 bes Sozialistengefezes das Erforderliche zu veran laffen". Nun bestimmt aber§ 7 mur, daß auf Grund des Verbots die Vereinskasse, sowie alle für Zwecke des Vereins bestimmte Gegen stände durch die Behörde in Beschlag zu nehmen sind". Was macht daraus die Polizei- Berwaltung, resp. Herr Tilger? Es wird eine all­gemeine Haussuchung, ia fogar eine Durchsuchung der Personen der Vorstandsmitglieder selbst angeordnet, und nicht etiva, um den§ 7 zur Ausführung zu bringen, sondern um Material zu einem neuen Geheimbundsprozesse ad majorem gloriam des Herrn Tilger auszuspüren, wie sich deutlich aus der Verfügung vom 8/10 ergibt. Wer, Herr Oberbürgermeister, gab Ihnen den Auftrag, diese triminalrecht lichen Hanssuchungen vorzunehmen? Etwa der nach der Straf­prozeßordnung dazu berufene Richter? Etwa der Staatsan walt, dessen Anordnungen Sie ebenfalls als Hülfsbeamter Folge zut leisten hätten? Nein! Eine Verwaltungsbehörde gibt Ihnen einen in deren Kompetenz begründeten Auftrag; Sie aber mißbrauchen diesen Auftrag einer Behörde, die Ihnen in Straffachen gar feine Weisungen zu geben hat, um ganz andere Ziele auf ungefeßlichem Wege zu erreichen!

Und nun noch ein Wort über die Art und Weise, wie wir in den Besitz der Schriftstücke gelangt sind. Kommissar Tilger   hat neben an= dern guten Eigenschaften auch die, daß er dem Gotte Gambrinus häufig mehr opfert, als ihm zuträglich ist. Am Tage vor den angefeßten Haussuchungen hatte er diese löbliche und zum Königlich Preußischen Dienste ganz besonders befähigende Thätigkeit in hervorragender Weise entwickelt; die Folge war, daß er beim Nachhaufegehen ganz bedenklich in's Schwanken gerieth und endlich in der Straßengosse den Schlaf des Gerechten fand. In dieser Situation entdeckte ihn ein Mitglied unserer, d. h. der sozialistischen   Geheim- Polizei,( und diese Polizei ist nüchtern, Herr Tilger, aber auch wachsam!), hob ihn mitleidsvoll auf und brachte ihn auf den Weg zu seinen heimischen Penaten. Unterwegs überkam den sonst so gestrengen Polizeifommissard. h. den kaiserlich- fönig­lichen, nicht den sozialdemokratischen jene rührende oder gerührte Stimmung, die Fachleute mit dem Namen Bierseligkeit zu bezeichnen pflegen. Er bruderherzte" seinen Führer ein über das andere Mal, und als es dann an's Scheiden ging", und dieser ihn fragte, was denn das für Papiere seien, die neben ihm auf der Straße gelegen, und ob er sie jetzt zurückhaben wolle, da fagte Tilger, als ob ihm ein Licht aufdämmere: Behalt' Du fie lieber, Sollege, bei Dir sind sie besser aufgehoben. Aber laß sie Dir nicht wegnehmen, sie sind amt= lich und vertraulich"

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Und jest find sie wirklich besser aufgehoben".

Hinter den Koulissen.

Die Komödie ist zu Ende. Sie hat gründlich Fiasko gemacht. Unter dem Gelächter und Pfeifen des Publikums ist der Vorhang gefallen. Nun geht der Standal hinter der Szene los. Jeder schiebt die Schuld auf den Andern. Der Held" auf die Mitspieler, diese auf den Theaterdichter, der wieder auf die Regie, und die Regie auf den Helden. Sie schimpfen einander, sie raufen sich, sie schlagen sich, aber hat dabei das Bewußtsein: im Grunde gehören wir doch zusammen, das Publikum darf von unserer Rauferei so wenig wie möglich erfah= ren, damit es uns, wenn wir es ein zweites Mal versuchen, nicht von vornherein abfallen läßt.

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Aber aus dem zweiten Mal" will nichts werden. Das Fiasto war zu groß, die öffentliche Meinung spricht vom Helden nur noch als einer tomischen Person oder einem traurigen Ritter. Da glaubt einer der Mitspieler, den guten Ruf der Truppe retten zu können, wenn er dem Bublifum erzählt, wie alles gekommen ist: warum der Held so schlecht gespielt, wieso die Mitspieler ihre Rollen nicht gekannt, weshalb die Regie nicht geklappt- kurz, bestätigt dem Publikum, daß der

Held schlecht gespielt, daß die Mitspieler nichts getangt, daß die Ne­giffeure unfähig gewesen. Das hatte blos noch gefehlt, um den Ban­frott vollständig zu machen. Jezt ist alles aus, und die Parole heißt nur noch: Nette sich, wer fann und wie er kann.

So oder doch so ähnlich ist die Situation der Boulangisten in Frankreich   nach, bezw. gegenüber den Enthüllungen des Herrn Mermeir. Die Koulissen des Boulangismus", wie der Herr seinen Artikel im Figaro" betitelt, haben ihnen den Nest gegeben. Das war der Gnadenstoß, und daß er aus der eigenen Truppe fam, machte ihn noch schmerzhafter. Die Duellforderungen der verschiedenen Boulangisten an Herrn Mermeig waren nur die Quittungen, daß der Stoß tödtlich gewesen.

Unser Pariser Korrespondent schreibt uns mit Bezug auf diese Affäre, wie folgt:

Die Enthüllungen" im Verein mit den gleich Pilzen aus der Erde schießenden wahren Enthüllungen", Aufklärungen"," Nichtigstellungen", Boulanger, Orleans  , Bonaparte& Co. Die Kouliffen des Boulangis­2c. geben zusammen die geschichtliche Liquidation der Schwindelfirma Boulanger, Orleans  , Bonaparte& Co. Die Koulissen des Boulangis­mus" haben bis dato gezeigt, daß Held Boulanger in seiner politischen Laufbahn von Anfang an ein Strohmann gewesen, eine Marionette, der sich Andere mehr oder weniger geschickt bedienten. Intime Kenner seiner Person und seines Charakters geben nun zu, daß der als Heil Frankreichs   gepriesene Abgott ungefähr die Durchschnittsintelligenz eines Sefondelieutenants befizt und daß er, ehe der Geist des Plebiszits auf ihn herniederfuhr, sich niemals den Kopf mit politischen Fragen zer­brochen habe. Ein Lump und vor Allem Genußmensch in Folio, war er ein Politiker und Ehrgeiziger in Duodez. Seine Machtgelüfte hiel= ten vor seiner Genußsucht nicht Stand.

Bereits in der sogenannten" historischen Nacht", vom 29.- 30. No­vember 1887 paftirt der damals noch von den Nadikalen als Republi­faner vom reinsten Wasser vergötterte Boulanger mit dem Abgesandten des Grafen von Paris  . Es war dies unmittelbar nach Grevy's Sturz, als die Präsidentenwahl vor der Thür stand, und es so gut wie gewiß war, daß Dank der Sympathien zwischen monarchistischen und repu= blikanischen Konservativen, zwischen Royalisten und Opportunisten, Ferry seinen Einzug in's Elysée halten würde. Die Situation war überaus gespannt, die Wahl Ferrys hatte das Signal zu einer Volkserhebung und zum Bürgerkrieg gegeben. Die Sozialisten der verschiedenen Nich­tungen mit Ausnahme der Possibilisten, deren Führer schon damals aufingen, an ihrer Regierungsfähigkeit zu arbeiten, bereiteten sich vor, sich an die Spiße einer Boltserhebung zu stellen. Die entschiedensten und wirklich demokratischen Elemente der Radikalen, besonders der Na­dikalen des Stadtraths, aber auch ein Theil der äußersten Linken. der Kammer schlossen sich den Sozialisten und Revolutionären an. ceau allerdings und andere Radikale wollten nichts davon wissen, sich einer Wahl Ferry's mit Gewalt zu widersezen, sie hofften auf die Wirksamkeit politisch parlamentarischer Gegenintriguen. Die Führer der Radikalen hielten nun in der historischen Nacht" bei Laguerre eine Zusammenkunft ab, in der sie über Mittel und Wege beriethen, die Präsidentschaft des Tonkinesen zu hintertreiben.

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Boulanger, der damals noch im Gerüche der radikalen Gottseligkeit stand, befand sich unter ihnen, machte aber von der Zusammenkunft aus einen Abstecher nach dem Hause des royalistischen Abgeordneten Martim­preh, wo er sich mit den Monarchisten alliirte. Wenn man den Kon= liffen des Boulangismus" glauben darf, so hätten die Royalisten durch Martimprey's Vermittlung die ersten Schritte zu der Bundesgenossent= schaft gethan. Martimprey habe Boulanger auseinandergefeßt, daß die Rechte für Ferry stimmen werde. Die Wahl desselben bedeute die Ne­volution, den Bürgerkrieg, aus dem zwar sicher eine Restauration der Monarchie hervorgehen werde, den jedoch die Monarchisten vermeiden möchten, da sie überzeugt seien, anch ein" Appell an das Volt" müſſe zu dem gleichen Resultate führen. Deshalb seien sie bereit, anstatt für Ferry, für den Kandidaten zu stimmen, der sich verflichte, Boulanger zum Kriegsminister zu ernennen, sobald Boulanger verspreche, dem Lande das Wort zurückzugeben"-d. h. einen Staatsstreich zu machen und bei dem Plebiszit der Nation die Monarchie zu empfehlen. Der radifale General" schloß mit dem auf der Bildfläche erscheinen­den Vertreter des Grafen von paris  , dem waron Wrackau, den Schacher ab. Natürlich spielte bei jedem der Kumpane der innere Vorbehalt der Jefuiten eine große Rolle. Jeder der Pattanten hatte sich vorgenom= men, den andern zum Mohren zu machen, der gehen kann, sobald er seine Schuldigkeit gethan. Die Noyalsten, welche übrigens Boulanger von Anfang an wissen ließen, daß er die Rolle eines Monck spielen sollte, behaupten fest, daß nicht sie, sondern Boulanger den ersten Schritt zu dem Versprechen hinter'm herd gethan. Die Boulangisten ihrerseits verfehlen nicht, zu versichern daß Boulanger nur zum Schein auf den Handel eingegangen sei, um durch Hintertreibung einer Brä­fidentur Ferry den Bürgerkrieg zu vermeiden. Boulanger foll geäußert haben, daß er noch ganz andere Dinge versprochen haben würde, um diese beiden Kalamitäten abzuwehren.

Das Kartell zwischen Boulanger und dem Grafen von Paris   blieb für die Präsidentenwahl erfolglos, er Batt blieb aber für die nun folgende politische Aftion in Straft. Das monarchistische Gold, das be= sonders durch Vermittlung der Herzogn von Uzés   in die boulangistische Striegstaffe floß, war ein mächtiger Faktor der Kampagne, welche in gefchickter Weise auf die Unzufriedenhit spekulirte.

Auf das Bündniß mit den Monardsten folgte bald die Bruderschaft zwischen dem politischen Barnum un den Bonapartisten. Thieband, Erbonapartist und vielfach bezichtigt Agent der politischen geheimen Polizei zu sein, legte dem Prätendenta Plon- Plon   nahe, daß bei einem Plebiszit auf ihn, den Napoleon  , nr 1,500,000, auf Boulanger da­gegen 5,000,000 Stimmen entfallen wirden. Nur eine auf den Namen des Generals geführte Plebiszitkampgue habe Aussicht auf Erfolg. Plonplon soll nun ans uneigennützige Liebe zum demokratisch"-zäsari­ftischen Prinzip des Appells an das Alt bereit gewesen sein, persönlich zu unterliegen, wenn nur das Prinzi triumphire. Nachdem Thiebaud auch bei Boulanger den plebiszitischer Acker bestellt, brachte er als ge= schickter Impreffario eine Zusammenfift zwischen den beiden Männern zu Stande, welche die von dem kleine Napoleon ausgetretenen Stiefeln des großen Bonaparte anziehen wollt. Unter einer Verkleidung und einem falschen Namen stattete Boulajer Plonplon in Brangins einen Besuch ab, während dessen beide Mögernſtaatsstreichler gar rührselig bie patriotische Harfe schlugen und hcdelseinig wurden.

Kurz darauf inszenirte Thiebaud it bonapartistischem und monar­chistischem Geld und nach napoleonischm Muster die erste Plebiszitfam­pagne auf den Namen Boulanger, dem er unter noch nie dagewe­fenem Humbug dessen Kandidatur eichzeitig in fünf Departements aufstellte.

Dies die wesentlichsten Punkte, wele über die Konliffenvorgänge des Boulangismus veröffentlicht worden. Sie beweisen klar, daß die bou­langistische Bewegung, welche unbestitbar seitens der breiten Bolts­schichten ein berechtigter, ernst gemiter, aber albern ausgedrückter Protest gegen die sozialpolitischen Mifände war, seitens der führenden Elemente Nichts darstellt als eine Salition der in Frankreich   abge= wirthschafteten politischen Regimes gen die bestehende Regierungs­form. Das Boltsinteresse mußte wer einmal als Feigenblatt her= halten für die Nänke der einander beidenden Koterien der bürgerlichen Bolitiker.

Die boulangistische Welt befindet h begreiflicher Weise infolge der Diejenigen begangenen Judiskretionen" in znlicher Aufregung. Boulangisten, welche ehrliche aber lchränkte Republikaner sind, oder wenigstens dafür gelten wollen, schwin bei allen Göttern, Nichts vom Schacher zwischen Boulanger und derBonapartisten und Monarchisten, Nichts von der Herkunft des in dekampagne verausgabten Geldes gewußt zu haben. Boulanger war üb den letzten Punkt durchaus ber= schlossen und verweigerte ihnen Ausift, während er sie gleichzeitig beruhigte. Dillon, der Schatzmeisteres National- Komites, wird von den meisten Boulangisten zum Sündiock aller begangenen Mogeleien gestempelt.

Besonders unangenehm sind die Enillungen natürlich Rochefort. Er versichert, Nichts über den Urspng der Gelder gewußt, ia auf alle Fälle Nichts aus der boulangschen Staffe erhalten zu haben. Was die Bundesbrüderschaft zwischenioulanger und den Neaktionären anbelangt, so sucht er sie als ein haroses Liebäugeln darzustellen, zu dem jeder Politiker gezwungen sei. e am Ruder sigenden Opportu= niften hätten im Punkte des Liebänns mit den Monarchisten mehr auf dem Kerbholze als Boulanger.

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Naquet, der Vizepräsident des ehemaligen Nationalkomites, will sein Mandat niederlegen und sich endgiltig vom politischen Leben zurüd ziehen. Laur erklärt, lieber Angeführter als Mitschuldiger" sein zu wollen. Kurz, die letzten, dem General treu gebliebenen Schildknappen laufen davon. Auch die bisher noch zu seiner Fahne haltenden Truppens förper fallen ab. Infolge der Enthüllungen fordern etliche Wahl­tomites, daß die in Paris   gewählten boulangistischen Deputirten ihr Mandat niederlegen. Mehrere geplante große Versammlungen der Pariser Wähler sollen darüber entscheiden.

Den Radikalen sind die Enthüllungen sehr ungelegen gekommen. Sie schämen sich ihrer alten Beziehungen zu Boulanger, den sie beweihräu­cherten, auf den Piedestal erhoben, und der sich schließlich als Söld­ling der Monarchisten und Bonapartisten entpuppte. In große Ver legenheit versetzt sie auch das Auffrischen der Vorgänge der historischen Nacht, welches ihre gegensägliche Haltung den Opportunisten gegenüber, die revolutionären Tendenzen eines Theils ihrer Mitglieder in dem Momente zeigt, wo sich ihre Führer alle Mühe geben, sich auf einen regierungsfähigen Parlamentarismus einzufchwören. Wer für den Mo­ment triumphirt, das sind die Opportunisten. Nicht nur, weil die Koulissengeschichte des Boulangismus die Anklageaften des Hochverraths prozesses bestätigt, was den nicht verwundern kann, der weiß, mit welcher Genauigkeit die französische politische Polizei arbeitet. Was die Opportunisten besonders freut, ist, ihren theuren Brüdern in res publica den Stadikalen Boulanger an die Nockschöße hängen und kräftig gegen die revolutionären Wirren, aus denen stets die Diftatur hervor geht", donnern zu können. Dem pharifäerhaften Betragen gegenüber, mit dem die Herren auf den boulangistischen Schmutz verweisen, wäre es an, vacht, sich ein wenig der Wilson- Affäre zu erinnern, welche genug Unrath in den Reihen der bürgerlichen Republikaner aufdeckte. Der boulangistische Giftpilz ist, wie Genosse Guesde richtig bemerkt, auf dem Mist der politischen bürgerlichen Parteien gewachsen, und die politischen Vorgänge der letzten Jahre zeigen nur, wie richtig die fran­ zösischen   Genoffen handelten, als sie ihre Tattit nach dem Loosungs­wort regelten weder Ferry, noch Boulanger". da

Aus Argentinien  .

Buenos Aires  , Mitte August 1890.

Mit den Ereignissen der letzten Wochen ist die argentinische Republik in eine neue Epoche getreten. Die bisherige Candillo-( Parteiführer-) Wirthschaft hat mit dem Sturze des Präsidenten Gelman ihr Ende ge­finden. Das immer mächtiger werdende Kapital kann die Candillage nicht mehr neben sich dulden. Die legtere verschwindet und an ihre Stelle tritt die absolute Sapitalsherrschaft, die ihrerseits zur Folge hat, daß der Kampf zwischen Kapital und Arbeit auf der ganzen Linie ent­brennt, um schließlich mit dem Siege der Arbeit zu enden.

Die Wolfen am politischen und wirthschaftlichen Horizont des Landes hatten sich schon seit Monaten gesammelt. Die Republik   befand und befindet sich noch in einer Krise, wie solche noch nicht dagewesen ist: feine Arbeit, fein Verdienst, zunehmende Entwerthung des Geldes, bodenlose Korruption der Regierung, massenhafte Auswanderung und keine Einwanderung. Tausende, die auf Kosten der argentinischen Ne­gierung hergekommen waren, reiffen wieder ab. Biele auf Roften ihrer eigenen Regierung, Andere gingen nach Nachbarrepubliken, so daß auf diese Weise die argentinische Regierung mit ihrem Gelde die Nachbar­länder bevölkerte. Der Regierung wurden skandalöse Mißbräuche nach­gewiesen, die Erbitterung gegen dieselbe wuchs und Sonnabend, den 26. Juli, kam das Unwetter zum Ausbruch.

Wenn je eine Revolution unter günstigen Auspizien begann, fo war es diese; aber wohl niemals hat eine Revolution so, merkwürdig ge endigt. Das Heer und die Flotte waren mit wenigen Ausnahmen auf Seiten der revolutionären Partei, der Haß gegen die Regierung war allgemein, Alles war begeistert für die Union Civica", die revolutio­näre Partei und der Regierung blieben nur die Polizei, die Feuer­wehr( lettere iſt nicht bloß auf Feuerlöschung, sondern auch auf Menschenmord dressirt) und die Gauchos  , die sie in den Provinzen auf­treiben konnte. Die Aktien standen also miserabel für die Regierung. Die Civicos feuerten von ihrer geschützten Stellung auf die heran­stürmenden Regierungstruppen und richteten große Verheerungen unter denselben an, und vom Wasser her donnerten die Kanonen der Kriegs­schiffe. Dieselben hatten als hauptsächlichste Zielpunkte das Regierungs­gebäude, den Palast des Präsidenten und eine mit Regierungstruppen besetzte Kaserne. Sie schoffen aber so schlecht, daß ihre Bomben und Granaten in der halben Stadt umherflogen und meist an unrechter Stelle Schaden anrichteten.

Nach mehrtägigem Schießen zu einem ernsten und entscheidenden Angriff war es leider nicht gekommen schloß die llnion Civica" mit der Regierung Frieden, ganz plößlich und unvermuthet. Die Aufregung über dieses schimpfliche Ende einer unter so günstigen Um ständen begonnenen Revolution war eine ungeheure aber was thut das? Die Südländer regen sich leicht einmal auf, das ist ihnen Er­frischung".

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In dem viertägigen Kampf find an tausend Menschenleben zu Grunde gegangen vielleicht noch etwas mehr, denn Niemand hat sich die Mühe genommen, die Todten genau zu zählen. Dieselben wurden so­fort begraben, und die desconocidos", die Unbekannten, wurden ver­brannt. Nebenbei bemerkt, geht das mit dem Begraben überhaupt sehr fir; hier ist man nicht bloß heute roth, morgen todt", sondern auch gleich begraben.

Waren wir vor und während der Revolution schlimm daran, so waren wir das erst recht nach diesem merkwürdigen Friedensschluß. Der Belagerungszustand war schon vorher erklärt worden, jezt wurde noch eine strenge Zensur über die Zeitungen verhängt, und die bekannten Oppositionsblätter einfach unterdrückt, indem Polizisten vor den Drucke reien postirt wurden und Niemand hineinließen. Auch unser Organ, der Vorwärts", hatte darunter zu leiden. Die erwischten Oppositions­blätter wurden massenhaft von der Polizei auf der Straße verbrannt, und die Post beförderte keine.

So geht es zu in einer Republik  ", die in ihrem Wappen die phry­gische Müße, und auf ihren Münzen die Freiheitsgöttin mit der In­schrift Libertad" hat. Der reine Hohn!

Der Palast des Präsidenten war nicht bloß während, sondern auch nach der Revolution mit einer Unmasse Polizei und Militär umgeben, und sogar einige Tage nach dem Friedensschluß durfte Niemand an demselben passiren, der nicht nachweisen konnte, daß er in diesem Theil der Straße wohne. Größere Angst konnte selbst der russische Tyrann faum haben.

Die Stimmung des Volkes nach der Revolution war eine sehr ge= drückte. Niemand hatte auf einen solchen Ausgang der so günstig be­gonnenen Erhebung gerechnet. Es lag gewitterschwül in der Luft, und Jeder fühlte, daß es so nicht bleiben fönnte. Die Zustände waren unhaltbar geworden. Am 6. August endlich dankte der Präsident den die revolutionäre Partei dant der Unfähigkeit oder Schurkerei ihrer Führer nicht hatte beseitigen fönnen ab. Er war dazu gezwungen, denn er konnte Niemand finden, der mit ihm arbeiten" mochte, und so war die Bildung eines Kabinets mit ihm an der Spitze zur Unmög= lichkeit geworden. Seine Stelle nimmt der bisherige Vize- Präsident Pellegrini ein.

Nach Bekanntwerden der Abdankung würde das leicht erregbare Volk von einem wahnsinnigen Freudentaumel ergriffen; während fünf Tagen nahm das Vivatrufen, Schießen diesmal jedoch aus purer Freude

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Manifestiren und Feiern kein Ende. Die ganze Stadt war im Augenblick wie auf Verabredung geflaggt. Bezeichnend für den hispano­amerikanischen Nationalcharakter ist die Art und Weise, wie der ge= fallene Präsident jest verhöhnt und beschimpft wird. Dem todten Löwen versezt der Feigste einen Fußtritt.

Während der Revolution regnete es Manifeste und Pamphlete; eines davon war unterzeichnet von einem" Comite Obrero Socialista" und forderte zur Betheiligung am Stampfe gegen die Regierung auf. Dieses Flugblatt ging jedoch nicht vom Verein Vorwärts" aus; wir haben die Sache von vorn herein nach dem beurtheilt, was sie werth war. Ob José oder Pedro Präsident ist, fann uns ganz gleichgültig sein; es ändert das nichts oder sehr wenig an unserer Lage. Wenn das Volk einmal einen guten Einfall hat, so wirft es beide Parteien hinaus. That will settle the question. Und daß sich das Volk nur durch sich

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