Wintersthonheit.Von Ferdinand Avenarius.Ja, der deutsche Wald ist auch im Winter schön. Still ist esdarin, aber still lebendig. Es knistert unter deinem Fusj vonReisig und von all den gefrorenen Blättern, du mutzt ganz vor-sichtig auftreten, willst du den Bergkhang hinunter das Wild imTale belauschen/ Hier neben dem Busch ist deutlich zu sehen,wie der Boden aufgetaut war, hier hat Hochwild, ein Hirschoder eine Hirschkuh vor kurzem noch gelagert. Drunten müssensie über die Lichtung wechseln. Eine Ausschaustelle, nun warte.Die Zeit wird nicht lang, wieviel ist derweile zu-sehen! AmBoden ist alles weitz umstickt. Die roten Toten, das grüneLebendige, das sich zwischen ihnen hinauswagt, die gelben Halmevom Vorjahr noch, der Efeu an den Stämmen, die Zweige derBüsche sind alle mit feinen Kristallen besetzt, ein jeder anders, und,tvo der Edelstein taut, wird er zur Perle, und die Perle wirdzum Diamanten... Horch, da kommt er, der Hirsch! Ist dasdas nämliche Tier, das im Zoologischen Garten so gelangweiltlangweilte? Dieser von Schnauze zu Schwanz erregte Gesell, derjetzt so vorsichtig äugelt und sichert, bei jedem Schritt bedacht, datzer nichts verrate, ganz und gar, so scheint's, seiner Verantwortungals Gatte, Vater, Herr und Führer bewutzt! Und die Hirschküheund die Kälber! Ach, da spüren sie uns! Eins nach dem andernSatz auf Satz dort über den liegenden Stamm, dann hinter demniedrigen Damm dort, in einer Reihe trapp, trapp, trappj dusiehst nur die Köpfe, davon in den Nebel, der kühl heranschleicht.Es wird Abend. Geh heim, morgen wird der ganze Wald inRauhreif stehen.Ja, der Winternebcl. Hast du den in den Bergen schon«in-mal miterlebt? Das kennst du ja sicher, wie die Stadt drinaussieht, wenn dir beim Ausgang der spatzende Nachbar rät, dasgrotze Brotmesser mitzunehmen, datz du ihn besser zerschneidenkannst! Spatze du, Nachbar, was U-eitzt du Stubenhocker davon?Ein paar Statiönlein Bahn, dann ausgestiegen und jetzt bergauf.Immer noch nur das graue Nichts, in dem da und dort etwasdunkelt und wieder versinkt. Eine halbe Stunde weit höher, soist es ein weitzeS Nichts, und drohend schier treten von rechts undlinks abenteuerliche Riesengestalten zu dir heran und wiederzurück. Der Pfad wird steiler, sieh: ein Weiher Mond zirkelt sichdroben an. Nun achte Wohl, denn Schritt für Schritt jetzt kanndas Herrliche geschehen. Es geschieht— aufjauchzen willst du,aber der Jubel löst sich in Andacht. Ein wallendes Meer liegtunter dir, brandend mit seinen gewaltigen Wogen gegen schneeigeUfergelände, und in seinem Branden und Schäumen erstarrt. Wasdir Sommers so vertraut war, nun scheint es fremd wie voneinem andern Stern. Weitz umbrandet vom Urmeere ragen seligeInseln goldumlichtet ins Blau der Unendlichkeit. Verweile, dannwirst du sehen, wie mit der steigenden Sonne in die trägen Massenein Empören kommt, jetzt verhatten noch, dann in offenem Auf-rühr, ein Sturm in seinen Wogen, während sich doch kein Windleinregt, ein Bäumen und Zerreihen. Und nun ein Zerflattern. Datzdie Talgründe aufleuchten und wieder überspannen und überspültwerden. Und nun bleiben. Bleiben, indes in den äutzerstenSchluchten das Spukmeer mit seinen letzten Fetzen zerrinnt. Aberin der nächsten Nacht kriecht es wieder aus allen dunkeln Stellenauf und gespenstert sich zu Scharen und gietzt sich auS den Schwärmenwieder zur Masse zusamnien. Kommst du früh herauf, wenn derabnehmende Mond noch glänzt, und siehst du den in Einsamkeitkalt herrschen über dem grauen weiten, weiten Tod, du vergissesteS nie.Das Wasser ist des Winters Kaiser. Das Wasser in allenseinen Formen. Das Wasser von dem Dunste ab, den du als solchennicht erkennst, der dir nur Sommers ungesehene Fernen Wintersin blauem Duft« heranträgt, vom Dunsie über den Nebel zumReif, über den Regen zum geschwollenen Strom, über den mithunderterlei Kristallen von mikroskopischer Zierlichkeit stickenden undschmückenden und mit Hauben und Mänteln kinderlustig mummen-den Schnee zum Flutz auf Flutz und Bucht auf Bucht thrannen-hart bezwingenden Eise, das meilenweit durch die Nächte donnert,wenn es im Froste springt. Willst du aber sein Reich unbeschränktsehen, so gehe Winters anö Meer.Nicht weil du dort einen der Winterstürme erleben könntest,deren Erhabenheit zu dem Grötzten gehört, was unser Planetüberhaupt mitzuerleben hat. Ich will nur vom ruhigen Meeresprechen. Der Strand, der zur Sommerzeit„Promenade" ist, jetzt?on.Sittenbild aus Bukarest.Von Mite Kremnitz.In das grotze Hospital von Bukarest wurde ein Kind ein-geliefert: ein Knabe von kaum sechs Jahren, der vor derMarkthalle hingefallen und dem ein Lastfuhrwerk über denkleinen mageren Arm gegangen war. An zwei Stellen schiender Knochen gebrochen zu fein.Der leitende deutsche Arzt, der im Begriff stand, � nachvierstündiger Tätigkeit das Hospital zu verlassen, kehrte sofortum, als das Kind auf schmutziger Bahre anlangte. Er warein großer, starker Mann, aber Kinderleid konnte er nicht er-tragen: für ein armes Kind, und nun gar ein so elendes,schmächtiges, hatte er immer Zeit, das überlieb er keinemAssistenten. Er forderte von den Männern, die den trotz derKälte nur mit einigen Lumpen bedeckten Kleinen einlieferten,Bericht, wie und wo das Kind verletzt worden sei, wem esgehöre. Auf die letzte Frage wußte niemand Auskunft: derJunge hause immer zwischen den Abfällen des Marktes, hiebes. Der Knabe selbst schwieg: nicht einmal ein Laut der Klagekam bei der notwendigen, aber sehr schnrerzhaften Unter-suchung über seine feinen Lippen, aus seinen großen schwarzenAugen tropften nur langsam Tränen. Der Arzt bewundertediesen Heldenmut und fragte den Knaben freundlich, wie erheiße. Das Kind antwortete nicht, sondern blickte ihn scheuan. Sollte der arme Kleine, der in einem unbeschreiblichenZustande körperlicher Vernachlässigung war, auch noch tauboder stumm sein? Vorsichtig wurde er gebadet, die krausenHaare wurden ganz kurz geschnitten, damit der arme kleineKopf auch geseift werden konnte: dann steckte man ihn inHospitalkleider und legte den Arm in einen Verband. DerArzt beobachtete unterdessen mit feinen durchdringendenAugen das Kind scharf: taub oder stumm war der Knabenicht, aber er war in einer Verwilderung, wie sie selbst ibm,der so vieles gesehen, noch nicht vorgekommen war. DiesKind war irr vor Angst.,. �„Heißt Du Jon?" fragte der Doktor schließlich, auf gutGlück den gebräuchlichsten Namen wählend und streicheltedabei den kleinen Vatienten.Eine unbeschreibliche Verwunderung malte sich auf demAntlitz des Kleinen, dann sagte-er mit heiserer Stimme:„Jon."„Tut Dir etwas weh?" fragte der Arzt weiter, um seinenersten Erfolg auszunutzen. Das Kind verstand die Frageist er der Vorhos der See und weiter nichts, ein breiter, welligfester Vorhof, auf dem leisi. die langen Wogen hinauflaufen, umabzulegen, was sie nicht mehr wollen. Nichts beherrscht ihn nachrechts und links ins Unendliche hin, als das Meer. Das selberist leer von Schiffen, aber einjam isi es nie. Wenn du in denblaugrauen Duft darüber blickst, wie seltsam, so blitzt es plötzlichwie ein Silbernebel am Himmel hin und erlischt wieder und blitztwieder auf. Jetzt begreifst du erst, woher das kommt: ferne See-schwalbcnflüge sind's— wenn sie sich wenden, daß die Sonne dasWeiß der Gesieder trifft, dann jedesmal erglänzt am Himmel derSchimmer. Und welch Vogelleben überhaupt. Vom Norden sinddie Wintergäste gekommen, in unzähligen Scharen, in all denverschiedenen Arten die Enten und Gänse und sonstiges Flügel-getier. Dicht am Ufer kannst du die Enten sehen, die unermüdlichmuntern Gesellen, die schnattern, tauchen, sich zanken und spielen,wie hier zur Hochsaison nur die lustigsten Menschlein, währendwürdevoll ein Höckerschwan als Goliath zwischen dem Kleinzeugerudert. Heut ist ja hier in der Bucht das Wasser noch eisfrei,nur die Steinblöcke, die bor Uralters auf Gletschern und EiS-bergen dahergereisten, haben sich gewaltige weiße Kapuzen auf-gesetzt. Freilich, schon knistert es Mischen ihnen, und immermehr ummanteln und umpanzern, umstacheln und umzapfen siesich. Wohl morgen schon ist die Fläche ein Stück hinaus vonScholle an Scholle bedeckt, und träge nur hebt sie sich, wenn dieWogen unter der dünnen Schilderschicht verlangsamt herankriecken.Uebermorgen aber ist alles vieUeicht schon starr, eine feste Eis-ebene meilenweit hinaus, dann bleibt nur am Horizonte vomBrandungsgischt ein Streif vor. Silber und, steht die Sonne dar-über, von Gold. Dahin zieht auch all das Vogelvolk hinaus. Ausweiter Ferne hörst du dann nachts ein Bellen wie Rüdengeläut,oder ein Geräusch zum Täuschen genau, als lärme dort draußeneine Großstadt. Das kommt von den Tausenden und aber Tau-senden von Wildgänsen des Nordlands. Plötzlich erhebt es sichund naht und verstärkt sich und wächst und braust über dir durch'sDunkel, und nun ist eS ganz, ganz wie ein wildes Heer...Aus dem bereits besprochenen AvenariuS-Buch vonW. Stapel(München, Callway), das viele der besten Aufsätze desKnnstvermittlers und Kulturpolitikers enthält.Die Erfindung der Dpnamomafihme.1867— Januar— 1917Bon Artur Fürst.Die menschliche Kultur könnt« da?, was sie heute ist, nichtsei« ohne di« Einwirkung und Mtwirkung des elektrischen Stark-stromZ. Die Möglichkeiten, die uns die Ausnutzung der Natur-kraft Elektrizität in dieser Form erschlossen hat, sind so zahlreichund so innig mit dem gesamten Dasein und Treiben der heutigenMenschheit verwebt, daß das zwanzigste Jahrhundert ohne sienicht denkbar wäre.Starkstrom-Elektrizität treibt gewaltig« Maschinen an; siegestattet— und das ist ihre ureigenste grandiose Eigenschaft—Energie, die an einem geeignete« Punkt erzeugt wird, weithinzu leiten und überallhin zu verteilen; da? elektrische Kraftzentrumliefert nach Belieben vier Formen der Energie: Kraft, Licht,Wärme und chemische ZerspaltungS- oder Verbindungsenergie.Elektrische Bahnen find das beguemste und vorteilhafteste Be-förderungSmittel geworden. Der Elektromotor bebt die schwerstenLasten. Die Elektrometallurgie scheidet Metalle aus dem Erz,die elektrochemische Industrie bereitet das Aluminium, sie ent-nimmt Stickstoffverbindungen aus der Luft. Millionen und oberMillionen Menschen sind bei der Fabrikation elektrischer Maschinenund aller derjenigen Einrichtungen beschäftigt, die durch sie erstmöglich geworden sind. Fast die ganze zivilisierte Menschheit ge-nietzt heute die Segnungen, die von den elektrischen Leitungs-drähten ausgehen. Nicht lange mehr, und kein Ort in einemKulturstaat wird ohne öffentlich nutzbare Elecktrizitätsguelle sein.Daß wir diese unvergleichliche Kraft zu unserer Verfügunghaben, verdanken«vir Werner Siemens. Er hat die Ma-schine erfunden, durch die allein es bis zum heutigen Tag möglichist, nutzbare elektrische Ströme nn großen zu erzeugen.So wenig wie in irgendeinem anderen Bezirk entspringt imReiche der Technik ein großer Gedanke plötzlich und unvcrmftteltnicht: es hatte sich wohl noch nie jemand um seine Schmerzengekümmert! Auch der Begriff von Vater, Mutter und Hausschien ihm zu fehlen. Als man ihn jedoch fragte, wo er sichabends niederzulegen Pflege, zeigte er auf den Marktplatz.Ms der Doktor eine Notiz für die Polizei geschrieben,mußte er den kleinen Stummen verlassen: der pflegendenSchwester hatte er befohlen, dem Jungen möglichst kräftigeNahrung einzuflößen: benn er schien halbverhungert.Beim Nachmittagsbesuch war der erste Gang des Arzteszmn neu eingebrachten Kinde: das Bett war leer, und dieSchwester erklärte unwirsch, es sei unmöglich, den Khrabendarin zu halten, drciinal sei er ihr bis in den Hof entschlüpft,jetzt liege er in einer Ecke des Korridors! Der Doktor setzteihr auseinander, sie niüss« sich in die Seele dieses kleinenWilden, der gewiß noch nie in einem Bette gelegen hätte, ver-setzen. Vielleicht sei er auch davongelaufen, um seinen Anzug,den er mit so viel Ehrfurcht angefaßt hatte, in Sicherheit zubringen, weil er ihn wieder zu verlieren fürchtete? DerDoktor hatte inzwischen Jons Lagerstätte, unter einer Treppe,gefunden: elend zusammengekauert lag das fiebernde Kindda. Der Arzt nahm ihn behutsam in den Arm und trug ihnin sein Bett,„Jon wird hier liegen bleiben," sagte er be-stimmt. Dann erkundigte er sich, was der Knabe gegessen.habe.„Nichts," entgegnete die Schwester,„er schiebt allesfort."„Wahrscheinlich hat er noch nie gekochtes Essen ge-schmeckt." meinte der Doktor,„holen Sie mir einen Apfel undeine Tasse Suppe."Bis beides zur Stelle war, besuchte der Arzt die anderenKinder, die in demselben Saale lagen. Jon verfolgte ihngespannt mit den Augen. Der Doktor nickte ihm hin undwieder zu und rief:„Ganz still liegen!" Jon verharrte auchregungslos, bis die Schwester mit dem Apfel an sein Betttrat: nach dem streckte er die unverletzte Hand aus. Von derSuppe wollte er nichts wissen, man flößte ihm einige Lösselein, er schauderte vor Widerwillen. Den Avfcl, als er ihnendlich bekam, verspeiste er mit Stumpf und Stiel, wie einAeffchen nagend.„Wenn Jon in einer Stunde drei Löffel Suppe ißt, be-kommt er das," sagte der Arzt und zog eine Kupfermünzeaus der Tasche. Des Kindes Augen leuchteten: sogar mit derHand des kranken Armes suchte er sie zu fassen. Das kannteer, das schätzte er! Entzückt nahm er die Ällünze und suchte siein einer Falte seiner ungewohnten Bekleidung zu verstecken.Endlich hatte der Doktor ein Mittel, um sich zu verständigen,dem Gehirn deS Menschen, wie Athene fertig gepanzert dem Hauptdes Zeus emftteg. Generationen sind gewöhnlich nötig, um dasFeld zu düngen, aus dem dann endlich die Wunderblume des ab-schließeirden genialen Gedankens erblüht. Es ist erstaunlich, daßder ganze Werdegang der Dynamomaschine vom ersten Aufblitzendes theoretischen Gedankens, der zur Grundlage ward, bis zu ihrerFertigstellung kaum Möhr als drei Jahrzehnte gebraucht hat.Arago hatte entdeckt, daß elektrische Ströme Eisen, das siein darumgelegten Windungen umfließen, magnetisch machen. ESwährte mehrere Jahre, bis der geniale Entdecker der elektrischenInduktion, Michael Faraday, aus den Gedanken kam, daß dieseWechselwirkung zwischen Elektrizität und Magnetismus auch um-kchrbar sei. Durch bloße Ueberlcgung erkannte Faraday, daß,wenn Elektrizität Magnetismus zu erzeugen vermöge, Magnctis-mus auch imstande sein müsse, Elektrizität hervorzurufen. ImJahre 1881 vermochte er diese Behauptung durch ein Experimentzu beiveisen.Faraday fand, daß ein Magnetstab, den man in eine Draht-spule hineinstößt, in dieser einen Strom erzeugt, und daß das-selbe geschieht, wenn man den Magnet wieder herauszieht. Mäh-rend der Magnetstab in der Spule ruht, entsteht jedoch kein Ttron;.Man vermag ebenso eine Stromerzeugung zu bewirken, wenn maneinen weichen Eisenkern, der fest in der Spule steckt, abwechselndmagnetisiert und wieder entmagnetisiert.Aber bald wurden von anderen Maschinen gebaut, welche die-magnet-elektrische Induktion ausnutzten. Der Franzose Pixii undder Italiener Dal Negro konstruierten schon im Jahre 1832 Ma-schinen, bei denen die Magnetinduktion dadurch hervorgerufenwurde, daß Induktionsspulen den Polen von Magneten durch Dre-hung fortwährend genähert und wieder von ihnen entfernt wurden.1853 gelang es Rollet, eine sehr grotze Maschine dieser Art zubauen. Nachdem sie durch Holmes verbessert und ausgestaltetworden war, geschah es am 8. Dezember 1856 zum erstenmal, daßStrom für elektrisches Licht durch Maschinenkraft erzeugt wurde.Es brannte in dem Leuchtturm auf South-Foreland.Die so gebauten Maschinen erlangten bald eine gewisse Be-deutung. Der ihnen zugrunde liegende Gedanke war, die vondaueriaden Stahlmagneten erzeugten Kraftfelder zur Jnduzierungvon Strömen in Spulen"zu benutzen, die durch die Magnetfelderhindurchgedreht wurden. Den drehbaren Teil, auf dem die Spulensaßen, nannte man Anker.Da man den dringenden Wunsch hatte, recht starke und dau-«rnde elektrische Ströme zu erhalten, so wurden immer umfang-reichere magnet-elektrische Maschinen gebaut. Man««ahm jedochbald wahr, daß deren Leistungsfähigkeit durchuas nicht im Ver-hältnis zu ihrer Größe wuchs. Es wurde im Gegenteil die Kraftder induzierten Stahlmagnete durch den im Anker entstehendeninduzierten und entgegengesetzten MagnetiSorus immer mehr ge-schwächt.Daraus erwuchs der Gedanke, an Stelle der StahlmagnetsElcktromagnete zur Erzeugung der Induktion zu benutzen. Manversuchte dies zuerst in der Weise, daß man die Elektromagnetedurch Botterieströme erregte. Aber auch hier arbeitete die Ma-schine sich selbst bis zu einem gewissen Grade entgegen. Wilde inBirmingham benutzte dann an Stelle der Batterie zur Erregungder Elektromagnet« ein« kleine magnet-elektrische Maschine, diemit SiemenSschem Doppel-T-Auker ausgerüstet war. Hierdurchkonnte man schon recht kräftige Ströme erzeugen, aber eine ge-nüge>«de Steigerung»ar auch hier nicht möglich. Die richtige An-ovdnung brachte erst das dynamo-elektrische Prinzip.das von Werner Siemens im Jahre 1866 gefunden wurde.Siemens faßte den großartigen Gedanken, daß man für dieErregung der Magnete, di« dann im Anker der Maschine denStrom hervorrufen, doch nicht notwendigerweise von außen hergelieferten elektrischen Strom verwenden müsse. In jedem ein-mal magnettsierten Eisen, also auch in den Erregern, bleibt immeretwas Magnetismus zurück. Dieser genügt, um im Anker, wennman ihn dreht, elektrischen Strom hervorzurufen. Führt man nundiesen schwachen elektrischen Strom um die Wicklungen der er-regten Magnete herum, so mutz deren Magnetismus verstärktwerden, wodurch«run wieder die Stromentwicklung im Anker ge-steigert wird. Das wirkt von neuem aus die Erregermognete,von da wiederum auf den Anker, und so muß sich immer weitereine Steigerung der Maschinenleistung ergeben, bis die für ihreBauart höchstmögliche Leistung erreicht ist.Das Ergebnis war, als Siemens das Prinzip praktisch aus-probte, in der Tat so, wie er es erwartet hatte. Er nannte dengefunden! Er zeigte dem Kleinen noch eine zweite Kupfer-münze und sagte ihm. daß er sie bekäme, wenn er bis morgenfrüh im Bette bliebe.Weder Alter, noch Herkunft, noch Namen konnte manauf das Brett über seinem Bette schreiben. Auf der Polizeihatte niemand sich nach einem vermißten Kinde erkundigt.Abends fuhr der Doktor noch einmal in sein Krankenhaus,er wußte selbst nicht, warum es ihn so dorthin zog. Schonvor der Pforte sah er einen Auflauf. Richtig, die Leute um-standen einen Knaben, und der Knabe war Jon! In einemunbewachten Augenblick war er, geschmeidig wie ein Kätzchen,entwischt, hatte sich für sein Kupfergeld Rüben und Kohl ge-kaust, die er gerade roh verzehrte, als er eingefangen wurde.Die törichten Leute fuhren ihn hart an, der Doktor konntenoch beizeiten eingreifen.Der Verband war verrutscht: wenn man den kkrankennicht zur Ruhe brachte, konnte er fürs Leben den Gebranchdes Armes verlieren. Der Doktor überlegte, wie er das be-Werkstelligen könnte, ohne das Vertrauen Jons, der ihm wieein gefangenes, in der Menschenhand zitterndes Vögclchenvorkam, ganz zu verlieren. Er mochte ihn nicht festbinden,sondern setzte eine Schwester ans Bett, die nichts anderes tunsollte, als auf ihn aufpassen.Jon blieb nun liegen, aber schlafen konnte er nicht imBett. Augenscheinlich war es ihm so unbehaglich, wie es unsfein würde, unL auf ein Beet blühender Blumen auszustrecken:er war gewohnt, sich auf dem Erdboden zusammenzukauern.Am folgenden Tage gab man ibm eine beruhigendeArznei ein, die eine unvorhergesehene Wirkung ausübte: erschlief volle 24 Stunden. Sowie er zu sich gekommen, sckauteer gespannt auf die Tür. Erwartete er den freundlichenDoktor oder eine zweite Kupfermünze? Diesmal kam derArzt mit zwei blanken Münzen— enttäuscht wandte dasKind sich ab. es kannte nur blindes, schmutziges Geld, nursolches hatte ihm dazu verholfen, sich hin und wieder an einergerösteten Kürbisschnitte zu sättigen!Langsam sing der kleine Patient an zu sprechen, abernur mit dem Arzt. Aus seinen Erzählungen und den Nach-forschungen, die der Dostor an Ort und Stelle machen ließ,kam die furchtbare Wahrheit ans Licbt: dieser steine.Knabehatte seit Jahren kein Obdachl Im Winter verkroch er sich inLumpen oder Säcken unter irgendeinem Tisch der Markthallewährend der langen Stunden der Dunkelheit, im Sommerpflegte er auf der Straße zu schlafen. Mit den Hunden uin