» p«54. Fahrgaag. Nr. 11Seilage zum �vorwärts" Serliner VolksblattSerlln, IS. März 1417Die Mrbeit.Es sprang ein gewaltiges wort in den Arbeitstag.da verstummte der Räder, und Riemenschlag.da begann ein tausendfühiges Gehnund die Arbeit blieb halbfertig an den Sänken stehn.3 cht aber, in sehnsuchldurchflammler Rächt.nach Iubel und Sieg und mordender Schlachtkommen Gedanken und fragen still.ob denn keiner die Arbeit vollenden will!Da sehen wir uns im Arbeitstag.am saufenden Rad. am sprühenden Schlag.gesegnete Arbeit de» Fäusten entspringt.die sich die Welt zur Heimat zwingst.Da klopft unser herz und mancher sinnt.warum nicht das graste Schaffen beginnt.ob nicht die Dinge in» weite geh«,die halbfertig an den blanken ZNafchinen stehn!Max Barth« l.Standesgemäße Arbeiten.Von Gertrud Hanna.Ten jüngeren, heute in Fabriken und Werkstätten tätigenFrauen und Mädchen mag es unbekannt sein, dost lange Zeithindurch diese Tätigkeit als eine den Menschen entwürdigendeangesehen und dast sie zum Anlast genommen wurde, derFabrikarbeiterin die persönliche Achtung zu versagen, auf dieein Mensch Anspruch hat, der sich nichts hat zuschuldenkommen lassen. Erregte ein junges Mädchen durch sein Be-tragen Anstost, so mustte es ganz sicher.ein Fabrik-Mädchen" sein. Eltern und Kinder, die auf sich hielten,sträubten sich deshalb lange Fahre hindurch, Beschäftigungin einer Fabrik als passende Erwerbsgelegenheit anzusehenund diejenigen, die dazu gezwungen waren, verheimlichtendies nach Möglichkeit.Die Abneigung gegen die Fabrikarbeitwar eine Zeitlang so grost, dast die dort tätigen weiblichenArbeitskräfte sich tatsächlich aus Kreisen rekrutierten, die alsdie u n t e r st e Schicht der arbeitenden Bevölkerung bezeichnetwerden must, die nicht nur aus Mangel an Mitteln, sondernauch an Fähigkeiten keine andere Beschäftigung annehmenkonnte. Mangel an Mitteln sind ja nun in der Regel auch heutenoch Veranlassung zur Uebernahme von Fabrikarbeit. Wohl ohneAudnahine erhalten die in Fabrikbetricven in Arbeit Tretendenvom ersten Tage ihrer Beschäftigung an eine Entschädigung.während sie auf anderen Arbeitsplätzen, in Bureaus, Kon-toren, Verkaufsgeschäften, von den sogenannten höheren Bc-rufen gar nicht zu reden, meist längere Zeit ohne Cntschädi-gung arbeiten, manchmal sogar etwas zuzahlen, vorher irgendeinen Kursus durchmachen müssen. Denen, die sofort ver-dienen müssen, sind solche Plätze von vornherein verschlossen.Trotzdem gelten die Fabriken heute nicht mehr alsSchlupfwinkel für Personen, die wo anders nicht unter-kommen können. ES ist im Gegenteil manchmal gar nicht soeinfach, dort hineinzukommen ohne Empfehlung durch im Bc-triebe Arbeitende. Die Fabrikarbcit hat seit Iahren viel vondem harten Klang verloren, der ihr früher anhastete.Die Ursache dafür ist die Entwicklung, die daS Erwerbs-leben genommen hat. Die Warcnherstellung erfolgt zumgrößten Teil ist Fabrikbetriebe«. Die Entwick-lung hat neue Industriezweige geschaffen und alte vom Hand-wcrksmästigen zum fabrikmäßigen umgewandelt. FabrikmäßigeMassenherstellung kennen wir jetzt auch für Oualüäteprodukte.Gelernte Handwerker, die Künstlerstolz auf ihren Beruf undfür ihre Arbeit besaßen, mußten Fabrikarbeiter werden. Nachder amtlichen Berufszählung von 1907 gab eS in Deutschlandbereits über 1'/, Millionen Fabrikarbeiterinnen im Hauptberuf.Eine solche Entwicklung macht die Auswahl deS Berufsschon schwieriger. Bis auf eine verhältnismäßig kleine Zahlwürden die in Fabriken tätigen weidlichen Arbeitskräfte heutewo anders leine Erwerbsgelegenheit finden. Sie sind schonauS Mangel an genügend offenen Stellen— und weil sienun einmal aufs Verdienen angewiesen sind—.gezwungen,die Arbeit zu nehmen, wo sich welche bietet. Nur in den kurzenPerioden günstiger Konjunktur sind Arbeitskräfte reichlichvorhanden.Trotzdem sind die Fabriken auch heute noch in der RegelArbeitsplätze für die unbemittelte Bevölkerung. DiejenigenFamilien, die auf sofortigen Verdienst der schulentlassenenTöchter nicht gleich angewiesen sind, lasten diesen gern eineBcrusSauSbildung geben, die sie zu anderer als ungelernterArbeit befähigt. ÄuS falschem Stolz sehen solche Arbeits-kräfte dann recht häufig auch heute noch mit Naserümpfenauf die �gewöhnliche Arbeiterin" herab. Viel trägt hierzuder Umstand bei, daß die Tätigkeit an Maschinen dieArbeitenden schmutzig macht, schmutziger jedenfalls, als die amSchreibtisch oder hinter dem VerkaufStisch auszuübende, unddaß der Umgangston häufig ein etwas anderer ist alS derin Kontoren übliche. DaS Arbeiten im Getöse der Maschinen,daS Hantieren mit schwerem Material macht die Menschenzweifellos auch im persönlichen Verkehr etwas robuster. DerTon. der heute in den Maschinensälen und im Verkehr derarbeitenden Personen untereinander herrscht, unterscheidet sichvon den« vor 20 Jahren üblichen aber doch erheblich. Dasist in der Hauptsache den Arbeiterorganisationenzu danken, die die arbeitende Bevölkerung nichtnur wirtschaftlich, sondern auch geistig und moralisch aufeine höhere Stufe gebracht haben. Dies hat dazu bei-getragen, daß der Arbeiterschaft heute höhere Wertschätzungzuteil wird.Ganz erheblich nach dieser Richtung hin hat aber derKrieg gewirkt. Er hat gezeigt, ein wie wichtiger Faktor dieArbeiter und Arbeiterinnen im WirschaftSleben sind und wiedas ganze Getriebe nicht richtig funktioniert, wenn aneiner Stelle eine Stockung eintritt. Auch der Umstand,daß Personen mit Hochschulbildung und mit Titeln undWürden als Soldat vielfach Schulter an Schulter mit demArbeiter die gleichen Leistungen vollziehen müssen, wirddazu beitragen, die persönliche Achtung auch vor dem so-genannte niedere Arbeiten verrichtenden Menschen zu steigern.Nun darf man auS Einzelerscheinungen und aus der Notder Zeit geborenen Situationen nicht allzu optimistische Schlußfolgerungen ziehen. So sicher eS tfi,-daß die Kriegserscheinungen den: alten Sprichwort„Arbeit schändet nichtneue Anhänger gewinnen werden, so sicher ist eS andererseits. daß wir noch weit entfernt sind, ihm soweit Geltungverschafft zu sehen, daß darunter jede ehrliche Arbeitverstanden wird. Den Beweis dafür erbrachten im Herbstvorigen Jahres verschiedene Aufrufe, die Kriegersraueu, dieihrem Stande nach sich zum Kartoffelbuddeln eignen.dazu in größerer Zahl heranziehen wollten.Auch Fabrik arbeit gilt noch als nicht standesgemäßeTätigkeit für gebildete Mädchen, selbst dann nicht für dieKriegszeit und wenn sie im Interesse deS Vaterlandes notwendigerweise ausgeübt werden muß. Mit Verlaub: Wasrechnet alles zum„gebildeten" Mädchen?Nach allen Erfahrungen zählen dazu alle, die eine Schulebesucht haben, für die arme Leute kein Geld übrig hatten.Wenn aber das Geld entscheidend ist, so können Lebensmittclwucherer, Existenzen a la Frau Kupfer. Hyänen aufdem Arbeitsmarkt usw. ihre Kinder natürlich in„höhere"Schulen schicken, sie also zu„gebildeten" Menschen machen, denen„durch ihre Abstammung" die Fabrik verschlossen ist.Welche Gefühle muß solche Wertschätzung der Arbeit bei denFabrikarbeitern und Arbeüerinnen auslösen?„Freie Bahn allen Tüchtigen" verlangte derReichskanzler in ssiner Rede im Reichstage am 28. Sep-tember vorigen JahreS. Die Verwirklichung dieser Forde-rung, die sicher im Interesse einer gesunden Entwicklung un-screr Bevölkerung und unseres Landes liegt, setzt aber vor»auS, daß das Vorurteil fällt, daß Arbeit schändet, und daßdie Abstammung, für die niemand verantwortlich gemachtwerden kann, ausschlaggebend ist für seinen Beruf und seinegesellschaftliche Stellung.preußischer Melim 19. Jahrhundert.Bon H a rt 8 Leu ß.Trotz des Zusammenbruches in den napoleonischcn Kriegen,trotz seines hartnäckigen Widerstandes gegen die ErneuerungdeL preußischen Staates war der preußische Adel mächtig auchunter neuen Rechten und Zuständen geblieben und unterFriedrich Wilhelm IV. sogar mehr als ja die herrschende Klassegeworden.Unter Wilhelm I. führte der große Junker Bismarck denStaat in die Reihe der Großmächte Europas ein. Aber selbstBismarck erfuhr die Feindschaft seiner StandeSgonossen, alser an diesem neuen Wendepunkte nicht auskam, ohne den! Staat auf erweiterte Fundamente zu stellen, die Volksmasscselbst am Reich durch ein allgemeines Wahlrecht zu beteiligenund in Preußen sogar einige Standesvorrechte anzutasten.Bismarck war gewiß ein echter„ostelbischer Junker",wenn auch seine Mutter friesischem Baucrnblut entstammte.Aber er hatte Kriege zu führen, durch sie und nach ihnengroße politische Zwecke zu verfolgen, und er war willens undstark genug, dabei über Vasallenpolitik hinwegzugehen. DasPreußen, das eine Kaiserkrone gewinnen sollte und wollte,mußte zu den über vierzig Jahre lang verleugneten Ueber-lieferungen auS der Zeit der Not zurückkehren, zu denenauch die wirtschaftlichen Notwendigkeiten einer neuenEpoche gebieterisch hinwiesen. In der Zollvereins-Politik hatten sich jene Uebcrlieferungen auch in denJahrzehnten deS erneuerten PolizeistaateS ein Feldbehauptet, und die Wirkungen dieser WirtschaftS- undZollvereinspolitik hatten im Staate neue, sich auch politischhervorwagcnde wirtschaftliche Kräfte entwickelt. An diese an-zutnüpfen konnte Bismarck so wenig ablehnen, wie es zurZeit der napoleonischen Not möglich gewesen wäre, den Staatzu erneuern, ohne die Bolkskraft zu befreien voni Drucke derVasallenvorurteile, und ohne das Volks Heer an die Stelledes geworbenen Söldner Heeres mit adligen Offizieren zusetzen.Die Alten von unS haben eS miterlebt, wie in den sieb-ziger Jahren die neuen Perwaltungsgejetze die Vasollen aufden Plan riefen zur Verteidigung ihrer gutsherrlichen Vor-rechte, wie erst mst der Drohung eines Pairs schubs dasHerrenhaus zur Annahme bewogen werden konnte. Sie er-innern fich der Lorgänge zu Anfang dcS JahreS 1876, alsBismarck im Reichstag erklärte.- wer die„Kreuz-Zeitung"halte und bezahle, mache sich mitschuldig an Lüge und Ver-leumdung. worauf Vertreter fast aller preußischen Vasallen-familien. die eklatanten*, mit einem beleidigenden Protestantworteten: sie„verschmähten" es mit Bismarck„über dieAufrichtigkeit ihrer christlichen Gesinnung zu rechten" undlehnten von ihm„Belehrungen über Ehre und Anstand" ab.Als die Zeit erfüllet war. fanden sie den Heimweg zudcmselden Bismarck, den sie zu stürzen nicht vermocht hallen.Preußen war ein Agrarimportland geworden, die Grund-besitzet Schutzzöllucr. Zu einem solchen hatte sich auch Bis-marck gewandelt. Die Interessengemeinschaft war gegeben.Die Dellaranteil ließen sich den Inhalt der Briefe vorschreiben.mit denen sie nach dreijähriger Feindschaft den Getvaltige» versöhnten und sich denWcgzurMacht bahnten, nun zum erstenmal imBunde mit den Bauern, ihren Hörigen und natürlichen Feindenvon früher.Ihr Einfluß auf die Bcrivaliung hatte auch durch dieneuesten Verwaltungsgesetze nicht nur nicht gelitten, sondernwar noch gestiegen. WaS sie scheinbar eingebüßt hatten, dasgewannen sie über dem Umwege über die neuen Einrichtungen reichlich wieder. So gingen sie auch aus dem Zusammenstoß mst Bismarck stark hervor. Mst Hilfe des AgraibundeS genmnnen sie in den Parlamenten eine solche Mach:.daß sie die Wirtschaftspolitik Caprivi-5 über den Haufenrennen und auch gegen den ausgesprochenen Willen desKaisers den ihrigen durchsetzen konnten.In den letzten Jahren wurde ihre Uebermacht erschüttertdurch das Anwachsen der Sozialdemokratie mid die Bereitschaft dieser Partei zur Mitarbeit bei NeichSsteuergesetzen, denendie Vasallen äußersten Widerstand leisteten. So stand es v o rdem Kriege.Dieser hat alle die Notwendigkeiten wieder zu zwingen«der Gewalt gesteigert, die in Kämpfen der Vergangenheit dieKrone genötigt haben, den Vasallen Lorrechte zu entreißen.ihren Widerstand zu brechen. Offiziere und Zivilbehördcnsind einig darin, daß jetzt alles andere dem einen Zweckweichen muß— der„innigen Verbindung der Armee mit derNation", wie Scharnhorst sich ausdrückt: auch in dem anderenGedanken, der zur Zest der Zlot Stein und Hardenberg,Scharnhorst und Gneuenau beseelte: daß jene Verbindungnur durch die freie Mitarbeit des Volkes am Staate, dasheißt: durch politische Rechte des Volkes herzustellen und zubewahren ist.Nur die Vasallen und ihr polstischer Anhang sindauch diesmal anderer Meinung. Sie glaubenzwei Trümpfe in der Hand zu haben: sie verlassen sich aufihre Verbündeten wider Willen, die alleräußerste Linke, unddarauf, daß an den höchsten Stellen des Reiches ihnen keinüberlegener Wille, kein nnerschütterlichcr Entschlußbegegnen werden.Wenn diese Rechnung sich als richtig erweisen würde,dann würde das politische Leben des Reiches nach dem Kriegein einen chaotischen Zustand zurückgeworfen werden; der Zu-stand der Erschütterung würde verbittert werden durch win-schaftliche Entkrästung des Reiches, dessen politische und Wirt-schaftliche Aufgaben nach dem Kriege, wie immer dieser aus-§ehen möge, nur zu lösen sind durch dieselbe„innige Ver-indung mst der Nation", ohne die es in einen: modernen Kriegekeinen Sieg gibt.In dem halben Jähriausend der Hohenzollern in derMark und in Preußen haben sie mit ihren Vasallen alle dieErfahrungen gemacht, die überall den geschichtlichen Weg derLehensverfassiing kennzeichnen— mit, der einzigen Ausnahmedeb A n S g a n g S Punktes, nämlich der Verleihung der„Benefizien", der zu Lehen gegebenen Güter. Als. der Burg-gras in die Mark kam, saßen die Gänse Putlitz, die Ouitzows.die Bismarcks Jahrhunderte auf ihren Gütern. DaS ist denHohenzollern in Zeiten der Verstimmung manchmal vorgehaltenworden, in de» letzten Jahrzehnten noch öffentlich- von Herrnv. Kleist-Retzow.In allen europäischen Staaten, in denen das Lehcnrcchtdie Grundlage deS Staates gewesen ist. hat es diese Staaten— mit der einzigen Ausnahme Mecklenburg«— entwederaufgelöst oder ist von ihnen überwunden und ausgeschiedenworden. Die Grafen und Ministerialen, denen Karl der Großegrößere und kleinere Teile seines Reiches zu Lehen gab.gegen das Gelübde zu Treue und Dienst, sprengten dasReich, als ihr Lehen zugleich erbliches Eigen wurde. Waszuerst als eine feste Klammer dcS Reichs gebicteS erschien,wandelte sich zur zerrüttenden Gnindlage des L a n d e s-fürstentums! wandelte sich so, daß der Uebergang von Treueund Dienst zu Verrat und Felonie kaum bemerkt wurde.Wie es die Landesherren mst dem Kaiser machten, soverfuhren mit ihnen ihre eigenen Vasallen. Sie wuchsenihnen über den Kopf, bis durch Militär- und Polizeistaatder Absolutismus siegte. Aber auch dann blieb dieunterste rechtlose Klasse dcS LehenstaateS ein Opfer und eineBeute der Vasallen. Diese nur hatten ein Recht am Staate:ihre Hörigen waren mit der Staatsgewalt selbst in keinerBeziehung. Die Lastcnträger. so sagt ein Lasall irgendwo.„sind von Gott zu Untertanen gemacht, wir aber durchVertrag."Jahrhunderte waren nötig, um gegen die Zersplitterungin Landschaften und Standschaften die Einigkeit des Staatesdurchzusetzen, die rechtlose bäuerliche Masse mit Eigentumund eigenem Recht am Staate auszustatten. Aber noch inunseren Tagen ist das Vorrecht der Vasallen am Staate undim Staate in Preußen nicht ausgemerzt, wie in Frankreichradikal, in England aber durch organische EntWickelung.Erschütternde Krisen: den Staat, seine Festigkett undKraft, den stärksten Proben unterwerfende Kriege z große